Skip to content

Lacoste – mit 80 Zeichen in die X-Beliebigkeit

Lacoste

2013 feiert das von René Lacoste gegründete Label 80-jähriges Bestehen. Das Jahr soll nicht ausklingen, ohne dass auf das Jubiläum der Marke Lacoste eingegangen würde.

Bei Lacoste hatte man sich so einiges einfallen lassen und so gab es im Jubiläumsjahr limitierte Editionen, spezielle „Polo-Kits“ sowie allerlei Jubiläumsprodukte. Auch das berühmte Krokodil-Logo stand im Mittelpunkt. Die anlässlich des Jubiläums geschaffenen Logointerpretationen sind allerdings weniger Huldigung, denn vielmehr ein hilfloser Versuch, generische Zeichen möglichst bedeutungsschwanger aufzuladen.

Lacoste Logos
Lacoste Logos

Wenn Yahoo! sich im Rahmen eines Marketing-Coups 30 Logos gönnt, dann ist das eine Sache. Es gibt Marken, so muss man das wohl deuten, deren Verantwortliche lieber auf den kurzzeitigen Effekt als auf eine nachhaltige Entwicklung setzen. Eine so traditionsreiche Marke wie Lacoste hat eine solche Effekthascherei nicht nötig, könnte man meinen.

Lacoste beauftragte den britischen Grafikdesigner Peter Saville mit der Erstellung von 80 Logointerpretationen. Auf diese Weise möchte man offenbar, wie es so gerne im Designsprech heißt, die ikonische Marke samt ihrer langen Historie betonen. Schaut man sich das Ergebnis von Saville an, der vor allem durch seine in den Achtzigern für Factory Records gestallteten Plattencover (u.a. New Order) Bekanntheit erlangte und zuletzt das Trikot der englischen Nationalmannschaft für die Euro 2012 entwarf, muss man sich fragen, ob die Interpretationen der Marke tatsächlich huldigen oder ob sie ihr nicht viel eher schaden.

80 Lacoste Logos
80 Lacoste Logos

Die meisten der 80 Interpretationen sind das Ergebnis von Spielereien mit Illustrator-Effekt-Filtern, was die Frage aufwirft, ob drei Klicks ausreichen, um den Begriff der „Interpretation“ zu legitimieren. Sicherlich sind unter den 80 „Logos“ auch eine Handvoll durchaus gelungener Zeichen dabei. Zeichen, die sich tatsächlich auf die Ur-Form des von Robert George 1927 entworfenen Lacoste-Logos beziehen und die im Zuge der stärkeren Abstraktion nicht ihre Identität verlieren.

Aber genau dies geschieht bei zu vielen Zeichen, die Saville für Lacoste, wie er in einem Video (siehe unten) sagt, aus unzähligen Varianten ausgewählt hat: der Bezug zum Markenzeichen geht verloren. Und wenn der Bezug zur Marke verloren geht, weil von dem Umriss des Krokodils lediglich ein paar Punkte, ein Linienknäul oder eine Gerade übrig bleiben, die im Grunde genommen alles und nichts repräsentieren, sodass in dem grünen Etwas jede x-beliebige Marke hineininterpretiert werden kann, dann wird eben nicht die Einzigartigkeit von Lacoste betont, sondern die unterstellte Einzigartigkeit das Marke in yahoo!’scher Manier Preis gegeben. Selbst Google-Doodles transportieren in Summe mehr Exklusivität als die von Saville per Filtereffekt erzeugten Zeichen.

Video zum Lacoste-Jubiläum (Link wurde entfernt)

Dieser Beitrag hat 45 Kommentare

  1. Ich sehe es leider etwas “differenzierter”:
    Es geht nicht um Kunst und nicht um Design, sondern einzig und allein darum,
    Begehrlichkeiten zu wecken (Limitiert! Kunst! Oha!) und die 100-Euro-Polos für 150 Euro an den Mann (die Frau) zu bringen. Jedem seine persönliche Rarität.

    Im Kunstmarkt findet dementsprechend auch die berühmte “Offsetlithographie”, gern in der 10.000er-Auflage, ihren Platz – selbstverständlich unter “Originalgraphik” …

  2. Gottseidank. Weil das ein Blog ist mit kontroversen Ansätzen (gut so).
    Und kein Branchen-PR-Wägelchen.

    Ich bin unsicher, ob meine Kritik abgekommen ist. Grundsätzlich teile ich die obenstehende Aussage. Speziell die Branche an sich als lachhaft darzustellen halte ich jedoch für überzogen und sorgt nicht gerade für Vertrauen. Hier lesen vermutlich nicht nur Auftragnehmer …

  3. Genau. Darum.
    Dass Auftraggeber mal den Unfug auch mitkriegen.
    Wenn er lachhaft ist, dann ist er halt lachhaft.
    Wenn die ganze Branche langsam in lachhaftem Hipster-Blödsinn ohne jede minimale Branding Grundregel versinkt, dann muss man das thematisieren dürfen.

    Zu Lacoste nochmal:
    Die hatten mal ein Popper-Problem.
    (“In den neunziger Jahren war Lacoste plötzlich out, Poloshirts waren plötzlich spießig. Der frühere MTV-Moderator Markus Kavka beschrieb die Trendwende so: Das Label sei damals für ihn eine “Arschgeigen-Marke” geworden, tragbar nur noch für “die Söhne von Ingolstädter Audi-Ingenieuren”.

    Ein neuer Chefdesigner befreite Lacoste um die Jahrtausendwende vom Popper-Image.”

    Quelle: https://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/familie-lacoste-streitet-ueber-verkauf-der-modemarke-a-864288.html )

    Jetzt müssen sie aufpassen, dass sie nicht ein Kunsthipster-Problem kriegen. 2011 war ein gutes Jahr, aber das ist kein Grund, die Marke zu verömmeln. Dieser Saville behauptet anbiederisch, dass Lacoste unsterblich, quasi unzerstörbar sei. Welcher Kunde hört das nicht zu gerne und ist zu allen Branding-Schandtaten bereit. Wenn sich Saville aber mal nicht täuscht. Zuerst zerstören sie genau diese Lobhudel-Schickimickis mit ihrem “O wie schick, endlich mal was anderes!”. Wie bei Des Kaisers neue Kleider.

    Hatte so eine Erfahrung mal mit dem Marketing einer Firma. Die garantiert bescheuertste Idee, ein echter Krampf mit dem Branding (eine zum Abschießen, haha) wurde against all odds plötzlich deren Liebling und sie waren kaum davon wegzubringen. Seit diesem Schock mache ich keine Ideen zum Abschießen mehr. Todgefährlich.

  4. Ein paar davon sehen aus wie genäht, die finde ich spannend. Der Rest erinnert an den legendären Twirlfilter.

  5. Was richtig beschämend für die Branche ist, sind die Kommentare. Genauer gesagt die Kommentare, die keine sind – nämlich die – welche kritisieren ohne genau zu sagen weshalb.

    Ein weiterer Punkt ist die Diskussion um Kunst und Design. Leute schon mal was von Kommunikation gehört. Aus dieser Sicht ist das Beispiel ein gelungenes, weil es Aufmerksamkeit erzeugt. Ein Grund dafür ist, es traut sich jemand – für einen kurzen Zeitraum – sein Signet anzutasten. Bei diesem Punkt darf man nicht vergessen das Poloshirt ist das Medium das Lacoste mit einigen wenigen weiteren Labels, wohl am meisten geprägt hat. Ein weiterer Punkt sind die sogenannten Touchingpoints – pfui ich mag das Wort nicht. Dort wo ein potenzieller Käufer mit der Limited Edition in Berührung kommt, ist das Lacoste Logo zu sehen. Demnach ist das Argument die Marke ist nicht mehr erkennbar, widerlegt.

    Dass es ein Designer wie Saville das Projekt begleitet hat, sorgt zusätzlich für Aufmerksamkeit.

    Das er es im Illustrator gemacht hat ist erstens egal, wieso sollte er die Mittel, die er zur Verfügung hat, nicht nutzen – außerdem ist aus dem Video ersichtlich, dass es er es doch von Hand gemacht.

    Ich bin sonst auch kein Freund des Marketings, in dem Fall muss man jedoch sagen die Jungs/Mädels und der Designer haben alles richtig gemacht.

  6. Ed

    Oder die Kommentare, welche alles supi finden, ohne zu sagen weshalb.
    Außer natürlich die unvermeidliche Aufmerksamkeitskeule.

    Ich bleibe dabei: Die Idee der Aktion an sich kann man sich durch den Kopf gehen lassen, umgesetzt ist sie jedoch schlecht. Das Lacoste-Krokodil zur Unkenntlichkeit mit Blindenpunkt, oder einmal zick und einmal zack ist dann eben doch nicht mehr Lacoste, sondern irgendwas aufm Hemd. Und das war die Kritik und sonst nix.

    Wenn engagierte Afficionados das moralisch beleidigt zu einem Shitsorm aufblähen wollen, kann man machen.

    Aber dann bitte genau begründen, warum das Krokodil auch dann noch Lacoste-“Meaning” sein soll, wenn es zum Heuhaufen dekonstruiert ähm degeneriert ist. Und nicht beleidigt rumtun.

Kommentare sind geschlossen.

An den Anfang scrollen