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Kommunikationsdesign in der (lokalen) Berichterstattung

Im Zusammenhang mit der Vorstellung des neuen Corporate Designs der Stadt Kassel erscheint es mir sinnvoll, ein paar allgemeine Dinge anzusprechen. Wieder einmal wird deutlich, dass Kommunikationsdesign außerhalb der Kreativbranche zum Teil schwer(st) vermittelbar ist, vor allem die Notwendigkeit für Kommunikationsdesign. Seit vielen Jahren beobachte ich das im Umfeld zumeist lokaler Nachrichtenorgane stets sich auf die gleiche Weise abspielende Prozedere. Auch der Fall Kassel macht hier keine große Ausnahme.

Eine Stadt erhält ein komplett neues Erscheinungsbild. Ein Lokalredakteur nimmt sich der Sache an und berichtet: „Neues Logo der Stadt hat 50.000 Euro gekostet!“ (oder ähnlich). Was schon allein deshalb grober Unfug ist, da das Erscheinungsbild weit mehr umfasst als lediglich ein Logo. Schon allein die Überschrift samt Ausrufezeichen verdeutlicht, dass es dem Verfasser nicht um eine faire geschweige denn fundierte Berichterstattung geht, sondern um Meinungsmache. Der besagte Artikel wird durch eine tendenziell populistisch gefärbte Onlineabstimmung ergänzt, bei der sich schließlich mindestens 80% der Leser gegen das neue Logo aussprechen. In Folge des Artikels entsteht eine feurige, meist unsachlich geführte, weil kaum die eigentliche Gestaltung des Erscheinungsbildes betreffende Diskussion, die letztendlich aber doch den Artikel zum meistgelesenen Beitrag des Tages macht. Ziel erreicht? Wohl kaum.

Stadtlogos emotionalisieren

Ende 2011 schlugen in Oberbayern die Wellen hoch, als die Stadt Burghausen ihr neues Design präsentierte. Das Wochenblatt ließ sich damals zu der Überschrift hinreißen: „99 Prozent hassen das neue Burghausen-Logo“. Der verantwortliche Redakteur war vollkommen überzeugt davon, die gerade einmal etwa 300 Leser, die sich an einer Onlineumfrage beteiligten und mehrheitlich gegen das neue Logo stimmten, seien die notwendige Legitimation dafür, im Namen aller Bürger der Stadt sprechen zu dürfen, so zumindest liest sich die Überschrift. In diesem Fall war weniger das fehlende Fachwissen Grund für eine fruchtlose Berichterstattung samt nachfolgender Diskussion, sondern vielmehr der Hang zur Unsachlichkeit, mit der sich das Wochenblatt des Themas Redesigns näherte.

In einem Kommentar hier im dt bestritt der verantwortliche Redakteur Mike Schmitzer seinerzeit, die Onlineumfrage sei in irgendeiner Weise manipulativ, obwohl die Fragestellung eigentlich keine andere Deutung gestattet, da sie wie folgt formuliert war: „Soll die Stadt Burghausen ein neues Logo in Auftrag geben, das sympathisch wirkt und die Burg als Wahrzeichen miteinbezieht?“ Die Fragestellung impliziert, das jüngst vorgestellte Logo sei unsympathisch, weswegen ein weiteres neues Zeichen entwickelt werden müsse. Ein Rechenfehler, der dem Redakteur zudem unterlief, wirft ebenfalls kein gutes Licht auf die lokale Berichterstattung in diesem Fall. Tatsächlich votierten 90,6% und nicht 99% im Sinne des Fragestellers. Zu verdanken ist dieses Ergebnis vor allem der zum Teil von Polemik durchzogenen Berichterstattung des Redakteurs.

Kritik, die an der Sache vorbei geht

Auch wenn im Fall Kassel der ursprüngliche Artikel der Hessische/Niedersächsische Allgemeine (HNA) durchaus aufzeigt, dass ein Erscheinungsbild aus weitaus mehr als nur aus einem Logo besteht, wird das neue, rein typographische Logo von der Leserschaft verrissen, zu Unrecht wie ich meine. Wenn Steuergelder im Spiel sind, ist es um die Sachlichkeit oft schlecht bestellt. Dessen sollten sich Redakteure bewusst sein. In einer Rangliste der am dringlichsten benötigten Maßnahmen würden Bürger ein zeitgemäßes Erscheinungsbild ihrer Stadt vermutlich auf den allerletzten Platz manövrieren. Während in anderen Bereichen des Designs etwa im Möbel- und Produktdesign wie auch im automobilen Design die grundsätzliche Notwendigkeit von Design allgemein erkannt, anerkannt und ja sogar geschätzt wird, ist es im Kommunikationsdesign nach wie vor so, dass dieser Disziplin jeglicher Bedarf aberkannt wird. „Überflüssig wie ein Kropf“, heißt es dann gerne in Kommentaren und Artikeln.

HNA-Redakteur Mark-Christian von Busse behauptet in seinem für die HNA verfassten Kommentar, die einzige zulässige Schreibweise im neuen Stadtlogo Kassels wäre „Kassel, documenta-Stadt“. Kurios: während er das Fehlen des Bindestrichs moniert, wird die Kleinschreibweise von „documenta“ mit keiner Silbe beanstandet. Die Kritik gilt zudem allein dem Logo, das aufgrund dieses scheinbaren Rechtschreib-Fauxpas eine „Torheit“ sei, ohne dass Bezug zum damit in Verbindung stehenden Erscheinungsbild genommen würde. Im Grunde genommen ist dies, als würde man den Inhalt eines Buches auf Grundlage seines Buchdeckels bewerten. Kann man machen, eine wertvolle Rezension sieht allerdings anders aus. Auch der Verweis auf das Regelwerk der Rechtschreibung geht an der Sache vorbei. Genauso gut könnte man kritisieren, die Logos, um nur einige wenige zu nennen, des Robert Koch-Instituts, des Vitra Design Museums oder der Konrad-Adenauer-Stiftung (kas.de) seien allesamt falsch, da hier die Orthografie nicht befolgt würde.

Banalisierung des Kommunikationsdesigns

Nicht, dass ich den Mangel an Fachwissen in Sachen Design/Kommunikationsdesign in Redaktionen beklagte, nichts läge mir ferner. Wer allerdings in dieses Themenfeld vorstößt und (ein) Design in Frage stellt, von dem darf erwartet werden, zumal ein Verlagshaus im Hintergrund steht, dass man sich ernsthaft mit dem Thema befasst, bevor Artikel verfasst werden. Und es darf erwartet werden, dass sich der Autor der Verantwortung bewusst ist, die er in Bezug auf die Meinungsbildung hat. Beides geht der allgemeinen Berichterstattung über Kommunikationsdesign leider meist ab.

Während in Nachrichtenhäusern Themen wie Politik, Wirtschaft, Technik, Sport, Theater oder Literatur nur von den jeweiligen verantwortlichen Redakteuren bespielt werden, laufen Designthemen gerne schon einmal unter Panorama – und hier darf offenbar Jeder schreiben, ungeachtet seines Schwerpunktes. Die Art und Weise der Berichterstattung ist mitverantwortlich für das verhältnismäßig schlechte Image, das Kommunikationsdesign in weiten Teilen der Gesellschaft genießt. Gerade auch ihr ist es zu verdanken, dass es den Werbefuzzi, den Videofritzen und den überbezahlten, unterbeschäftigten Grafiker gibt und kaum jemand im Stande ist zwischen Designer und Werber zu unterscheiden, mal abgesehen von Designern und Werbern.

Nach Jahrzehnten der Oberflächlichkeit auf Seiten der Nachrichtenredaktionen hat sich dieser zum Teil negative Eindruck von Kreativschaffenden eingestellt. Ich stelle mir vor, wie Autoren in hitzigen Diskussionen in Dialog mit der eigenen Leserschaft träten, um zu vermitteln, zu erklären, zu relativieren, um Substanz und Polemik zu sortieren. Moderation innerhalb der durch eigene Artikel angestoßenen Diskussionen findet in großen wie in kleinen Nachrichtenhäusern kaum statt, so zumindest mein Eindruck, was allerdings ein großes Manko darstellt, denn gerade auch der Dialog mit den Lesern/Zuschauern/Hörern zeichnet einen zeitgemäßen Journalismus aus.

Polarisieren statt erklären

Stattdessen wird Öl ins Feuer gegossen, wie etwa im Fall Zwickau, wo im März 2009 die Freie Presse zu einer fragwürdigen Unterschriftenaktion aufrief (dt berichtete: Wieviel Demokratie verkraftet das Design in Zwickau?), in der Hoffnung, damit die Einführung des neuen Stadtlogos zu stoppen. Die Agentur ö_konzept aus Zwickau sah sich seinerzeit massiver Kritik ausgesetzt, ungerechtfertigterweise, denn die Arbeit ist handwerklich sauber und visuell ansprechend. Mit einigen Hundert Unterschriften einen Prozess stoppen zu wollen, der zum Teil viele Monate, im Einzelfall sogar Jahre in Anspruch genommen hat – das ist töricht!

Ein gelungenes Konzept tauscht man nicht aufgrund eines Anflugs von Kritik aus. Hier heißt es auf Seiten der Verantwortlichen kühlen Kopf bewahren. Je besser die Implementierung des Designs gelingt, und hiervon hängt letztlich der Erfolg des gesamten Entwicklungsprozesses ab, um so wahrscheinlicher ist, dass aus anfänglicher Kritik Zuspruch wird.

In knapp 7 Jahren, in denen ich im dt schreibe, sind gerade einmal zwei Fälle dokumentiert, in denen die Einführung eines neuen Logos aufgrund eines Aufbegehrens gestoppt wurde. Gegen das Logo der University of California wehrten sich tausende Universitätsangehörige, gegen das GAP-Logo gar hunderttausende auf Facebook. Solch ein Einlenken respektive Einknicken auf Seiten der Verantwortlichen ist jedoch sehr selten, die Wahrscheinlichkeit, mit solch einer Unterschriftenaktion Erfolg zu haben, ist sehr gering.

Michael Rösch, Vorstand und Managing Director der Designagentur wirDesign, die im Sommer 2011 ein neues Erscheinungsbild für die Stadt Nürnberg entwickelt hat, ist sich sicher: „Corporate Design für öffentliche Einrichtungen ist ein Prozess, der nur dann zum Erfolg führt, wenn die Qualität der Implementierung stimmt. Deshalb ist es unerlässlich, frühzeitig die richtigen Personen zusammenzubringen, um emotionale Barrieren zu vermeiden. Der eigentliche Faktor, der öffentlichkeitswirksam kommuniziert werden muss, ist der Einsparungseffekt, der durch ein neues Corporate-Design-System erreicht wird.“ Hierzu später noch mehr.

Im Kommunikationsdesign stößt das Duden-Regelwerk an seine Grenzen

Bei der visuellen Kommunikation gelten die in der Rechtschreibung in Bezug auf die Lesbarkeit von Text vorgegeben Regeln in besonderer Weise. Während das Hinzufügen eines Bindestrichs in der Regel die Lesbarkeit eines Wortes innerhalb eines Textes verbessert, wirkt sich ein Bindestrich innerhalb eines Logos, das vor allem in puncto Einfachheit überzeugen muss, eher negativ aus. Schnelle Erfassbarkeit, leichte Reproduzierbarkeit und selbstverständlich auch formalästhetische Aspekte (Form, Ausdruck, Originalität), die allzu oft in derlei vorgetragener Kritik ausgeblendet werden, stehen im Kommunikationsdesign VOR der orthografischen Korrektheit!

Bekanntermaßen sind visuelle Zeichen um so verständlicher, je einfacher sie gestaltetet sind. Denken wir an Piktogramme und Verkehrsschilder, die uns den Weg weisen. Zusätzlicher visueller Ballast wie Verzierungen erschwert die Verständlichkeit ebenso wie zu eng gesetzte Buchstaben. Auch die Typographie verfolgt ähnliche Ziele. In einem über mehrere Jahretausende hinweg andauernden Prozess haben sich stets die Schriftzeichen mit den besten Leseeigenschaften durchgesetzt. In solch einer Evolution, wie sie etwa Adrian Frutiger in seinem Buch: „Der Mensch und seine Zeichen“ aufzeigt, gibt es kein richtig oder falsch, eben nur ein besser bzw. ein weniger gut. Die Formensprache, in der Reduktion die vielleicht wichtigste Erfordernis überhaupt im Design darstellt, ist keinem Rechtschreibregelwerk verpflichtet, sondern zunächst einmal der Form selbst.

Es ist wichtig, das Duden-Regelwerk zu kennen. Im Bedarfsfall ist es jedoch im Kommunikationsdesign unerlässlich, sich über geltende Rechtschreibregeln hinwegzusetzen. Dabei gilt für Kommunikationsdesign das gleiche wie für Rechtschreibregeln: in beiden Fällen ist die Verbesserung der Kommunikation das Ziel! Zweifelsfrei gibt es genügend Beispiele, die diesen theoretischen Ansatz untergraben, wohlgemerkt in beiden Bereichen. Verallgemeinerungen wie: falsche Orthografie = schlechtes Design sind ebenso unangebracht wie die Behauptung, Lokaljournalismus sei durchweg oberflächlich.

Corporate Design als Chance begreifen

Kommunikationsdesign stellt in weiten Teilen unserer Gesellschaft ein rein Kosten verursachendes Übel dar. Die Chancen und die positiven Effekte, die mit einem konsequenten, durchdachten und ansprechendem Corporate Design verknüpft sind, bleiben den Menschen meist, gerade in der lokalen Berichterstattung, verborgen. Ich stelle mir vor, wie ein Redakteur in seiner Recherche herausfände, dass mit Hilfe des neuen Corporate Designs die Ausgaben in der Stadtverwaltung in den vergangenen 10 Jahren um 10–20% gesenkt werden konnten. Initiale Kosten relativieren sich sehr schnell, wenn man das Thema Nachhaltigkeit berücksichtigt.

Denn natürlich lassen sich Kosten senken, indem Broschüren, Plakate, Briefpapier und viele andere Medien mittels einheitlicher Gestaltung entworfen und gedruckt werden. Wo früher vielleicht 5 oder 6 Werbeagenturen beauftragt worden sind, zahlreiche Meetings geführt werden mussten, braucht zukünftig nach Implementierung eines neuen Designs womöglich nur noch ein Dienstleister aktiv werden. Auch das spart Geld, Zeit obendrein, weil Verantwortlichkeiten eindeutig und Abläufe klar sind.

Oftmals gleicht das Erscheinungsbild einer Stadt vor Beginn eines Redesigns einem bunten Wirrwarr. Dass sich solch ein Flickenteppich-Äußeres schlecht verkaufen lässt, sollte sich auch Nicht-Designern erschließen. Denn natürlich muss auch eine Stadt für sich werben, will sie Investoren und Touristen anlocken, möchte sie in der Gunst der Bürger bestehen.

Fair und fundiert, statt zugespitzt und oberflächlich

Wer Design als ein wichtiges Kriterium für den Kauf eines Autos, eines Smartphones, einer Markenjeans, von Schuhen oder der Wohnzimmereinrichtung nennt, und das tun weitaus mehr Menschen als in der Kreativbranche tätig sind, der dürfte die Bedeutung einer ansprechenden und in sich stimmigen Gestaltung im Bereich des Kommunikationsdesigns, zudem auch die Gestaltung eines Stadtlogos zählt, eigentlich nicht in Abrede stellen, schon gar nicht, wer aufgrund seiner schreibenden Profession in der Verantwortung steht, eine inhaltlich überzeugende, gerne kritische aber doch insgesamt faire Berichterstattung abzuliefern. Der Nachholbedarf auf Seiten der schreibenden Zunft ist diesbezüglich immens, ebenso der Hang zur Meinungsmache, gerade im Umfeld der angesprochenen Medien. Neu ist das nicht, auch keineswegs ein rein deutsches bzw. deutschsprachiges Phänomen, goutieren muss man es deshalb aber noch lange nicht.

Ich stelle mir vor, Nachrichtenredaktionen wiesen in ihren Meldungen über Design auf all diese Chancen hin, zumindest ansatzweise, die Design insbesondere Corporate Design bietet, anstatt wiederholend „Düsseldorf-Logo kostet 160.000 Euro“ zu kolportieren oder von „Steuerverschwendung“ zu sprechen. Die Motivation auf Seiten der verantwortlichen Autoren, in solch einem Maße zu polarisieren ist ausgeprägter als meine Naivität. So dürfte es beim frommen Wunsch bleiben. Und dennoch. Design scheint immer nur Schuld an allem zu sein. Darüber, wozu es gut ist, ließt man hingegen nur selten etwas, und damit meine ich keine „Unternehmen XY hat XY-Award in Silber gewonnen“-Meldungen, die sich in Selbstbeweihräucherung verlieren. Auch das muss sich ändern.

Dieser Beitrag hat 115 Kommentare

  1. Vielen Dank für diesen Artikel! Das immer wiederkehrende Problem der sehr oberflächlichen Berichterstattung (insbesondere der lokalen Medien) zu diesem Thema wird sehr gut und reflektiert auf den Punkt gebracht.

  2. Der Artikel bringt viele Dinge auf den Punkt. Die Wertlosigkeit von Online-Umfragen und meist auch von Leser-Kommentaren ist aber kein Phänomen, das auf dieses Thema beschränkt ist.

    Nicht ganz unterschreiben kann ich jedoch die Ausführungen zum Thema Rechtschreibung. Ich weiß, dass es für viele nicht nachvollziehbar ist, aber es gibt nun einmal Leute wie mich, denen Abweichungen dieser Art dominierend ins Auge springen und so die ganze Arbeit herunterziehen. Dies betrifft falsche Apostrophe, Anführungen, Komposita mit Leerzeichen und schlicht auch Rechtschreibfehler.

    Der Punkt ist, dass diese Abweichungen in der Regel schlicht unnötig sind und sich die Frage stellt, ob – wenn denn tatsächlich eine Intentition vorliegt – diese tatsächlich den hohen Preis wert ist, auch als Fehler und damit schlimmstenfalls als Dilettantismus wahrgenommen zu werden. Dies kann man in der Regel verneinen: „documenta“ klein zu schreiben ist eine rein typografische Angelegenheit und kann nicht mit einem verbreiteten Fehler verwechselt werden. Der fehlende Bindestrich hingegen schon – zumal er ja auch keinerlei gestalterische Punkte bringt. Der Vergleich hinkt also etwas.

    Ich weiß, mit dem letzten Hinweis bin ich im „design tagebuch“ offensichtlich falsch, aber Gestalter sollten doch auch das Phänomen berücksichtigen, dass es nicht wenige Leute gibt, die Fehler als solche wahrnehmen – und damit als Mangel. Und sich überlegen, ob der „intendierte Fehler“ tatsächlich gestalterisch so viel bringt, dass dieser Effekt ignoriert werden darf.

  3. Hallo Achim,

    danke für diesen Artikel!
    Während man sich vermutlich kaum wundern muss warum die Journaille in Zeiten des Verlagssterbens und prekärer Journalisten-Honorare nur wenig fachliche Qualität zu bestimmten Themen liefern kann, weist die äusserst ungenügende Darstellung von Design-Arbeit in der Öffentlichkeit doch auf ein größeres Problem hin.
    Meiner Meinung nach ist die künstlerisch-ästhetische Bildung in unserer Gesellschaft deutlich ausbaufähig.
    Eine Diskussion um Design dreht sich in der Breite, in den meisten Fällen, um Automobile, mit etwas Abstand findet noch die Gestaltung von Unterhaltungselektronik etwas Beachtung. Darüberhinaus wird Gestaltung schlicht hingenommen, weder kommentiert, noch kritisiert. (Beispiel: Das SZ Magazin bespricht in seiner jährlichen Designausgabe nahezu ausschließlich Nippes-Produkte – Grafik scheint, trotz des durchaus hohen Anspruches des Hefts, nicht als interessante “Design-Disziplin” durchzugehen, nicht einmal ausnahmsweise).

    Im Gespräch mit Laien habe ich immer wieder den Eindruck einer großen Unsicherheit in Bezug auf die Beurteilung von Grafik oder Design. Man muss manchen Leute wahrlich zwingen ihre Eindrücke zu schildern, es fehlt, neben dem beschreibenden Wortschatz, auch am Selbstbewusstsein eine eigene Meinung zu vertreten. Ich persönlich meine das diese subjektiv empfundene Unsicherheit zuweilen in eine solide Abwehrhaltung gegenüber diesen Fragen mündet – “Unsinn, Nutzlos, Unnötig” sind häufige gebrachte Totschlagargumente um sich der Frage der Beurteilung zu entziehen.

    Ich bin mir nicht sicher ob das technik-orientierte Deustchland eine gesteigerte Sensibilität für die ästhetisch-künstlerischen Aspekte unseres Alltags jemals erreichen kann. Meiner Meinung nach ist schon die Rolle der Kunsterziehung in Schulen zu klein bzw. zu fehlgeleitet.
    Darüberhinaus reflektieren wir unsere allzeit-dominante Medienwelt zu wenig: Meines Wissens nach, gibt es im deutschen TV nur eine einzige (!) Sendung die sich kritisch mit Medien, speziell TV, auseinandersetzt (“Zapp” im NDR). Angesichts der großen Motivation der Menschen, sich ständig über ihren Medienkonsum auszutauschen (“gestern Tatort gesehen?”) sollten man doch meinen dass die Beschäftigung mit sich selbst, mehr Raum in den Medien einnehmen könnte.

  4. Das ist halt das alte Problem mit Leuten, die nichts davon verstehen. Gerade bei IT’lern seh ich auch oft, dass die nur die technische Umsetzung sehen. Nach dem Motto “lol, 50.000€ für nen Namen in Schriftart XY? Das kann ich auch in 10s in Paint machen”. Von der Arbeit dahinter wissen die gar nichts und wollen es oft auch gar nicht.

  5. Ein lesenswerter Artikel.
    Man kann nicht erwarten dass Redakteure oder Leser wissen welche Überlegungen und Arbeit z.B. in einem neuen Stadtlogo stecken, man sollte aber erwarten können dass jemand der einen Artikel schreibt sich über die Hintergründe und Entstehung informiert. Gleichzeitig ist besonders bei Logogestaltung von öffentlichen Auftraggebern (da ist der Steuerzahler empfindlicher) wichtig dass die Entstehung, Notwendigkeit des Redesigns kommuniziert wird. Es geht um Kommunikationsdesign, da sollte am Ende nicht nur ein stummes Logo stehen sondern es sollte das ganze Vermittelt werden. Das passiert in vielen Fällen erst nach der Welle der Entrüstung.

  6. Danke Achim für Deinen Artikel, danke Jürgen für Deinen Kommentar!

    Es ist für die Entwicklung der allgemeinen Akzeptanz enorm wichtig, die Bedeutung und die Relevanz von Kommunikationsdesign immer wieder sachlich und schlüssig zu erklären – Eure Beiträge leisten dazu wertvolle Hilfe.

    Statt uns immer wieder (natürlich allzu menschlich!) von 2,50-€-Logoklitschen-Verteidigern zu fruchtlosen Grabenkämpfen provozieren zu lassen, sollten wir Kommunikationsdesigner uns besser auf das konzentrieren, was unseren Beruf ausmacht: Kommunikation. Erklären, warum eine gute Gestaltung wichtig ist und was sie zu beeinflussen vermag. Die Zusammenhänge sichtbar machen zwischen guter Gestaltung und Akzeptanz/Bekanntheit/Wiedererkennung/Funktionalität einer Marke, eines Produktes oder auch einer Dienstleistung. Und neben der reinen Aufklärungsarbeit müssen wir die in Achims Artikel geschilderte Kritik zum Ansporn nehmen, konzeptionell so sauber und nachvollziehbar wie möglich zu arbeiten um geschmäcklerischen Diskussionen sachlich und perfekt vorbereitet begegnen zu können.

    Wichtig ist, gerade so kritisch beobachtete Projekte wie die Entwicklung von Erscheinungsbildern für Gemeinden/Städte/Bundesländer o. ä. sauber zu erklären und die interessierte/kritische/skeptische Öffentlichkeit auf diese Weise zu informieren und bestenfalls auch zu überzeugen, dass die geleistete Arbeit auf fundierter konzeptioneller Grundlage basiert und in ihrer Komplexität und dem geleisteten Umfang ihre monetäre Vergütung (mehr als) wert ist. Ich glaube, dass noch zu häufig unterschätzt wird, wie wichtig eine begleitenden Öffentlichkeitsarbeit ist, die interessierten Betrachtern die theoretische Basis eines solchen Projektes erklärt. Leider viel zu oft werden der Öffentlichkeit solche Projekte von fachfremden Menschen (Verwaltungsangestellten, Lokalreportern, etc.) präsentiert, die mehr schlecht als angemessen auf Nachfragen reagieren können und die das Projekt vielleicht auch gar nicht in vollem Umfang kennen. Auch dies, die umfassende Vorbereitung der Kommunikatoren, der Distributoren und auch der Anwender neuer Corporate Designs (und anderer Bestandteile der Corporate Identity), muss von uns im Vorfeld der Markeneinführung bedacht, vorbeitet und verbreitet werden.

    Auch in diesem Sinne noch einmal herzlichen Dank, Achim und Jürgen!

    Edit: Tippfehler

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