Kitzbühel (Tirol) bekommt einen neuen Tourismus-Markenauftritt. Vorausgegangen ist dem Rebranding ein mehrjähriger Markenbildungsprozess, bei dem die Positionierung und strategische Ausrichtung von Kitzbühel weiterentwickelt wurde.
Das im Rahmen des Markenbildungsprozesses erarbeitete Zukunftsbild baue auf den Stärken von Kitzbühel auf und gebe relevante Antworten auf die veränderten Bedürfnisse der Gäste von morgen, wie es seitens Kitzbühel Tourismus anlässlich der Vorstellung des neuen Markenauftritts heißt. Der neue visuelle Stil mit auffälliger, futuristischer Bildwelt markiere die Vorreiterrolle Kitzbühels im Destinationsmarketing, so die Verantwortlichen.
Auszug der Pressemeldung
Mit dem 20. Juni 2024 beginnt in Kitzbühel eine neue Ära. Bekannt durch seine traditionsreiche Geschichte und seinen stets vorhandenen Pioniergeist präsentiert Kitzbühel Tourismus einen umfassend neuen Auftritt der Destinationsmarke und setzt neue Maßstäbe im alpinen Destinationsmarketing. Die Grenzen von Arbeit, Freizeit und Urlaub verschwimmen zunehmend. Kitzbühel hat deshalb den Anspruch, weit mehr als eine klassische Urlaubsdestination zu sein. Wir verstehen uns als ganzheitlicher Lebens- und Erholungsraum für Gäste, MitarbeiterInnen und LebensraumbewohnerInnen. Kitzbühel wird zum preferred place for being. […] Marken werden künftig weniger als Statussymbole fungieren, sondern als Anker für Wertegemeinschaften.
Die Gams, seit Jahrzehnten Erkennungszeichen der Tourismusmarke Kitzbühel, und noch länger zentrale Figur im städtischen Wappen, spielt auch weiterhin eine tragende Rolle innerhalb des Tourismus-Markenauftritts. Allerdings wurde die Tierdarstellung grundlegend überarbeitet. Anstelle einer auf einem Fels stehenden vollständigen Figur, wie sie bei Kitzbühel Tourismus seit den frühen 1980er-Jahren in Verwendung ist, besteht die neue Bildmarke allein aus dem gehörnten Tierkopf im Oberkörperanschnitt, stilistisch stark abstrahiert.
Auch die Wortmarke präsentiert sich in stark überarbeiteter Form. Der Schriftzug ist nun rein in Versalien in fetter Typo gesetzt, zudem sind alle Lettern auf der Grundlinie ausgerichtet. Das „Ü“ im Schriftzug enthält keine Umlaut-Pünktchen, stattdessen wurde der Aufstrich mit einem linksgerichteten Winkel ausgestattet. Direkt darüber ist die Gams-Bildmarke platziert.
Kommentar
Der Kontrast zwischen Volkstracht mit ihren Stickereien, Accessoires und Verzierungen auf der einen Seite und der massiven, blockartigen Wortbildmarke auf der anderen (siehe Visual), ist intensiv und spannungsgeladen. Im Zusammenspiel mit der Signalfarbe Rot entsteht ein ungewöhnlicher, expressiver, vor Kraft strotzender Look. Ein Markenbild, das sich einbrennt, einprägt. Ist dies das Kitzbühel von heute, von morgen?
Vorbei ist jedenfalls die Zeit mit traditionellen, recht almdudelig daherkommenden Logo. Schriftzeichen, die jegliche Bodenhaftung verloren haben, gleich einer Gruppe junger Gämse, die wild durchs Gelände hüpfen und springen. Ein Schriftzug mit dem Charme einer Einladungskarte für einen Kindergeburtstag. Doch in seiner rumpelig-naiven Machart ist der Anfang der 1980er-Jahre entstandene Schriftzug dem neuen Logo in einem voraus: er vermittelt Individualität, Natürlichkeit. Der bisherige Schriftzug erzeugt ein dem Menschen zugewandtes Markenbild. Ein sympathisches Bild der Unvollkommenheit.
Das neue Markendesign ist gestalterisch anspruchsvoll, bis ins Detail durchdekliniert und hochindividuell. Menschlichkeit, Herzlichkeit, Natürlichkeit – all dies sehe ich im neuen Tourismuslogo jedoch nicht. Vielmehr vermittelt das neue Markendesign in Summe Extravaganz, Edgyness, Andersartigkeit, vor allem maximales Selbstbewusstsein. Ist der neue Look somit besser als der bisherige Markenauftritt? #Diskussion
Es passt zudem was Kitzbühel ist: ein versnobter Zweitwohnsitz-Alpenort für Reiche in dem kaum gewöhnliche Naturliebhaberinnen freiwillig Urlaub machen. Das einheimische, nicht mit dem Tourismus stark gewinnbringend verbundene Bewohnerinnen in den Markenbildungsprozess eingebunden waren, kann man sich schwer vorstellen. Das Logo selbst find ich ganz schick, dadurch dass man nach Kitzb… ohnehin automatisch vervosltändigt find ich die Ü-Lösung auch gut. Das K ist zu weit vim I entfernt. Die Gams wirkt am ersten Blick auch schön, hätte aber vielleicht noch den einen oder anderen Kniff gebraucht. Diesen Your time is now-Sujets kann ich weder grafisch noch inhaltlich was abgewinnen.
Bildgalerie:
Dieses „Your Time is now“ in das eine Trachtlerin ‚eingewickelt‘ ist, mutet seltsam an.
Vielleicht weil Kitzbühel so ist. Am ebenso begüterten und von allerlei internationalen Promis bewohnten Tegernsee würde man mit so einer Bild-Text-Idee jedoch keine großen Freunde finden, um das mal vorsichtig zu sagen
Bin aus München. Wenn ich so ein Plakat im bayerischen Oberland sehen würde, würde ich einen Lachanfall kriegen.
Wenn ich davon ausgehe, dass eine Tourismusmarke in mir das Gefühl wecken müsste, in dieser Region Urlaub machen zu wollen, hat diese in meinen Augen ganz schön versagt. Der Claim ist maximal austauschbar, die Region ist praktisch nicht zu sehen. Für mich könnte es alles sein. Das Logo erinnert mich an Arbeitsbekleidung, einige Anwendungsbeispiele an Mobilfunkprovider. Immerhin ist die Gams noch Bestandteil des neuen CD, wenn auch in einer weniger sympathischen Form.
Für mich ganz klar Thema verfehlt. Zu einigen Mode?Mobilfunk?Tech?-Marken hätte das besser gepasst, aber für den Tourismus sehe ich das nicht. Ich finde das sogar eher unpassend, es ist keine Einladung nach Kitzbühel – Zudem finde ich, dass das, auch wenn Kitzbühel geläufig ist, nicht erkennbar ist – ich lese Kitzbuhel, vielleicht auch, weil das weg vom Ort/Tourismus geht…
Wen es interessiert:
hier die Schöpfer des Ganzen:
https://brandpulse.ch
Danke für die Ergänzung!
Man misst sich nicht mit Mittelstandsdestinationen wie Garmisch, Saalbach, Schladming, Brixen etc., sondern mit Cortina, Davos und St. Moritz. Menschlichkeit, Herzlichkeit, Natürlichkeit spielen in solchen Orten für die Zielgruppe dabei eine eher untergeordnete Rolle. Es geht um Bling-Bling, Polo, Golf, Champagner, Pinzettenküche und Luxusshopping – insofern ist der neue Markenauftritt im Look and Feel bis ins Detail konsequent und dafür m.E. auch gut gemacht.
Die alte Kitz-Bildmarke war ein großes Alleinstellungsmerkmal. Diese einer Statue oder Pokal anmutende Figur konnte perfekt vermarktet und z.B. als Holzschnitzerei verkauft werden. Der jetzt verbliebene Kopf alleine macht hier keine gute (Werbe-)Figur.
Die gesamte Bildsprache, so auch die Trachtler, die Schickimicki-Models zu sein scheinen, passt aber perfekt zur Promi- und Bonzenthematik. Daher für mich keine Themaverfehlung und keine Vortäuschung nicht vorhandener alpenländischer Idylle. Snobs und Après-Ski eben.
Mit der Gams von Alfons Walde beerdigt man ein über 90 Jahre altes Logo. Sehr schade.
Oder wollte man einen möglichen Shitstorm vermeiden? Denn diese Gams gab es auch bei der Wehrmacht: https://www.lexikon-der-wehrmacht.de/Gliederungen/Gebirgsdivisionen/5GebDiv-R.htm
Das Ganze wirkt auf mich sehr technisch und überhaupt nicht naturverbunden, mit den Wintersport-Sujets zusammen mehr wie eine Ski- als eine Tourismusmarke. Man geht hier wohl davon aus, dass der Name für sich spricht, aber das allein reicht nicht mehr. Wenn ich nicht schon zur Kitzbüheler Schickeria gehöre, warum sollte ich dann, ausgehend von diesem fremdartigen Design, ausgerechnet dahin fahren und nicht nach Südtirol oder sonstwo hin? Das scheint aber wohl genau die Überlegung der Agentur gewesen zu sein, wenn man sich mal deren Webseite anschaut. Ich habe da so meine Zweifel, ob das der richtige Weg ist…
…wenn das Logo die im Video adressierte Zielgruppe ansprechen will, dann ist der Rebrand mehr als gelungen und die Abkehr vom Liebgewonnen richtig. Allerdings passen die beiden Testimonials da überhaupt nicht. Das ist nicht konsequent. Diesem Traditionellen will man doch gar nicht mehr gerecht werden. Es ist nicht schlimm, wenn man sich diese zahlungskräftige höher-schneller-weiter-Partyklientel auserkoren hat (vollkommen legitim als Geschäftsmodell, jeder nach sein Fason*), aber dann hätte man “ehrlichere” Testimonials nehmen können…
*PS: Mich wird Kitzbühel niemals sehen…
PPS: Etwas schlimm ist es dann doch, weil diese Klientel oft nicht auf ökologosche Aspekte achtet. Aber das ist meine subjektive Meinung dazu und hat nichts mit dem Design an sich zu tun…
Sehe es ähnlich.
Mich erinnert der Auftritt an diverse Nike-Poster. Ähnlicher Tonfall, ähnliche Slogans. Brute Typographie.
Mich hat es (Snowboarder) eh nie dahin gezogen. Dieser neue Auftritt bestätigt es mir: Glam-, Fashion und hedonistisches Sportgetue, nicht mein Ding.
Wenn man an die Auswirkungen des Klimawandels in den alpinen Regionen denkt, wirkt der Auftritt seltsam 90er – wie aus der Zeit gefallen.
Laut der Agenturseite soll Kitzbühel als “sportlicher Luxus-Lifestyle-Brand” positioniert werden. Das kann man richtig oder falsch finden, das muss Kitzbühel für sich selbst entscheiden. Objektiv gesehen ist das dann aber eine Knaller-Arbeit von brandpulse. Das könnte sich neben Sportscheck und auch einigen High-Fashion-Sportlabels sehen lassen. Respekt und Applaus.
Man kann in diesem Zusammenhang auch die Erwartungen an eine Tourismusmarke hintenanstellen, da Kitzbühel eben ein Abbild eines Lifestyles ist und nicht Erholungsort mit Land und Leute kennenlernen. Es ist eben Turbokapitalismus in netter Bergkulisse. Wirklich profilierte Marken müssen in manchen Aspekten polarisieren und das tut sie definitiv.
Ich persönlich weiß jetzt zum Beispiel umso mehr, dass Kitzbühel für mich nichts ist, das erspart mit aber auch eine eventuelle Enttäuschung. Auch das ist Marke und auch deshalb ist es in seiner Konsequenz gut gemacht.
Einzig dem Trachtenmotiv kann ich in diesem Zusammenhang nichts abgewinnen. Ich verstehe die Intention nicht, zumal die biedere Inszenierung der Trachtenträgerin so gar nichts von Fashion hat. Aber wer weiß, wer da auf dem Weg alles mitquatscht.
Mutig, aber ich fürchte nicht sehr langlebig. Dafür eben sehr leicht dem Zeitgeist und dem trend anpassbar.
Alles in allem eine tolle Arbeit.
“It’s a lifestyle experience.” Das sagt doch alles über die Zielgruppe. Es sollen nicht Wanderer, Bergfexe, Naturliebhaberinnen oder Traditionsorientierte angesprochen werden. Nicht einmal der Jetset. Sondern die, die gerne dazu gehören würden. Und die Geld ausgeben müssen, um jemand zu sein. Darum sollen Trachtenträger:innen auch gar nicht authentisch rüberkommen. Sie müssen zum Instaklick passen. Insofern: Alles richtig gemacht.
Grausam. Und dumm. Marketing ist nichts für Dilettanten. Und ich wette, ihr habt eurer Agentur für diesen Quatsch noch eine Menge Geld bezahlt. Willkommen in der Welt der Austauschbarkeit. So einen legendären Schriftzug verjüngt man höchstens ein bisschen, aber ganz, ganz behutsam.