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JvM kreiert Logodublette

HSE AG Logo, Quelle: JvM

Die folgende Geschichte fällt in die Kategorie: Kann passieren, sollte aber nicht. Der Darmstädter Energieversorger HSE beauftragte Jung von Matt mit der Kreation seines zukünftigen Erscheinungsbildes. Als Ergebnis kam eine 1A-Logodublette heraus. Die Recherche muss bei dem Projekt hinten runter gefallen sein, denn sonst hätten die Kreativen der renommierten Agentur bemerkt, dass die Henningsdorfer Stahlfirma gleichen Namens ein Logo verwendet, das dem finalen Entwurf von JvM (Abb. rechts) äußerst nah kommt.

HSE Logo Dublette

Wer bei Google mit den Begriffen “HSE LOGO” die Bildersuche ausführt, erhält bereits auf Seite 1 das Logo der Stahlfirma (Abb. links). Der Fauxpas wurde erst bemerkt, nachdem der Entwurf von den Darmstädtern verabschiedet wurde. JvM ist, wie man liest, untröstlich und verzichtet auf 50% des Honorars, in Summe 200.000 Euro. Trotz der Zustimmung zum neuen Firmenlogo heißt es jedoch seitens HSE: „Wir werden die Zusammenarbeit mit der Agentur einstellen, sehen das schon als Schönheitsfehler”, so Dieter Weirich, Leiter der Konzernkommunikation von HSE.

So geht der Energieversorger mit einem Schönheitsfehler in das bevorstehende Redesign. Eigentlich vollzieht man ja ein Redesign unter anderem auch deshalb, um Schönheitsfehler auszumerzen. Eine sehr unglückliche Geschichte also. Nicht nur für die Beteiligten eine lehrreiche Erfahrung, auch für andere Kreative ist dies ein Beispiel, das die Notwendigkeit einer Recherche VOR der Entwurfsphase verdeutlicht.

Dieser Beitrag hat 116 Kommentare

  1. Vor etlichen Jahren wurde in einer Designagentur, in der ich gearbeitet habe, ein „Schwünge”-Verbot für Logoentwürfe ausgesprochen. Das war Anfang der Neunziger, als der Markt geradezu inflationär mit Schwüngen und Bögen zugeschmissen wurde und alle paar Wochen ein Nike-Klon das Licht der Öffentlichkeit erblickte.

    Es ist natürlich alles andere als leicht, wirklich neue Sachen zu entwickeln, aber in den Preisen für die Entwicklung eines Corporate Designs ist bei den großen Design-Agenturen eigentlich immer eine umfassende Recherche des Mitbewerber-Umfeldes mit drin. Da werden nicht nur Namen gegengecheckt sondern eben auch Farben, Schriften und Gestaltungselemente. Für uns Designer war das manchmal ordentlich frustrierend, wenn rauskam, dass der eigene, echt coole Entwurf leider von jemand anderem schon früher erfunden wurde. Dank der guten Recherche-Abteilung kam es aber zum Glück immer rechtzeitig raus, dass heißt, bevor der Kunde die Entwürfe überhaupt zu Gesicht bekam.

    Die JvM-Kollegen sind in dieser Angelegenheit wahrlich nicht zu beneiden …

  2. Nochmal zum Thema Recherche und damit auch auf Thias Kommentar #37 eingehend. Auf GazoPa kann man Bilder hochladen und nach ähnlichen Motiven suchen lassen. Ich habe einfach mal das HSE-Logo hochgeladen. Hier die Trefferliste
    Zugegeben, auch dieses Tool ist lediglich ein kleiner Baustein in der Recherche. Es spielt zudem so gut wie keine Rolle, ob etwa ein Recycling-Betrieb in Kanada ein ähnliches Logo einsetzt. Absolute Sicherheit gibt es ebenso wenig, wie es DAS einzigartige Signet gibt.

  3. Hallo Achim,

    wenn ich auf Deinen Link „Trefferliste“ klicke, dann erscheint folgende Meldung:

    Your search – – did not match any images.
    Suggestions:
    Make sure all words are spelled correctly.
    Try different keywords.
    Try more general keywords.
    Try fewer keywords.

    Wolltest Du das zeigen, oder gab es Treffer und der Link zeigt es falsch an?

  4. Hui. Schlimmer Fehler. Und auch die Qualität des Designs an sich lässt zu wünschen übrig.

    Wie es besser geht, haben die Stadtwerke Neuwied Anfang des Jahres gezeigt: Auch rund, auch mit Schwüngen, auch mit YinYang-Anlehnung, aber trotzdem eigenständig, mit Bezug zum Thema – mit einer Agentur vor Ort umgesetzt und viel viel viel viel günstiger eingekauft!

  5. Ich möchte hier einmal den „ist doch gar nicht so schlimm“-Standpunkt vertreten. Sicherlich wirkt die Parallele besonders wegen der Namensgleichheit auf den ersten Blick etwas unangenehm, allerdings haben wir hier keine Warengruppen- oder sonstigen Überschneidungen, die diese Parallele verbieten. Hier in den Kommentaren wird meist urheberrechtlich argumentiert, aber das Markenrecht setzt andere Maßstäbe an und lässt bei nicht gegebener Verwechslungsgefahr (hierzu ist in der Regel ein Wettbewerbsverhältnis erforderlich) solche Parallelen bewusst zu.

    Und das mit gutem Grund: Wer sucht, wird noch Tausende solcher Parallelen finden – der Trend zu einfachen Formen führt nun einmal statistisch dazu, dass es so ziemlich jede Lösung mittlerweile schon einmal gab. Wie gesagt, meines Erachtens nicht so schlimm, solange man, wie in diesem Fall, nur auf Logos von bestenfalls lokaler Bedeutung trifft, die sich zudem noch in einem anderen Warensegment tummeln.

    Ich nehme einmal an, dass bei dem genannten Budget (zu dem der Auftragsumfang gar nicht dargestellt wird, wie Oliver Schuh richtig anmerkt) eine entsprechende Markenrecherche inklusive war. Dumm nur: sie hat bzw. hätte – selbst wenn man auf die Idde gekommen wäre, nach den parallel verwendeten Buchstaben „HSE“ zu suchen – in diesem Falle gar nicht weitergeholfen, da das „Original“-Logo (laut kurzer DPMA-Recherche) gar keine eingetragene Bildmarke ist. Im Gegensatz zum JvM-Logo, übrigens.

  6. Da bei einem Redesign das neue Logo ja schon meist auf der Basis des halten erstellt wird würde ich hier einfach von einem Übermittlungsfehler ausgehen. Da soll ein Grafiker auf Zuruf “mal was fertig machen”, wenn er dann nach einer Vorlage fragt bekommt er dann “Google halt mal nach HSE und schau’s dir auf der Webseite an” zur Antwort.

  7. Der GazoPa-Link zeigt alles, was irgendwie rot und rund ist. Ob das für eine Recherche dieser Art taugt, möchte ich doch sehr bezweifeln.

  8. Ich sehe das so.

    1. Das Logo, ein No-go. Google Bildersuche dauert 5 min. Das ist für jeden Designer Pflicht und hat nichts mit “Recherche” zu tun.

    2. Fast eine halbe Million Euro für ein 08/15 Corporate Design, das schon in den 90ern langweilig und identitätslos gewesen wäre. omg. Wenn man bedenkt das in Deutschland Heere von freelancenden Grafikdesignern und kleinen Büros (die den Job alle besser machen würden) täglich am Existenzminimum vorbeischrammen.

    3. Es ist eine Frechheit, für ein offensichtliches Plagiat auch noch 200.000 Euro zu verlangen, diesen “epic fail” auf den Markt zu drücken und zu behaupten “rechtlich wäre alles geklärt” nur weil man finanziell und juristisch am längeren Hebel sitzt.

    (Aber beim Thema Plagiat immer auf die Chinesen zeigen …)

    4. Das Argument “in der heutigen Zeit ist es so gut wie unmöglich unverbrauchte Logos zu gestalten” ist eigentlich ein Armutszeugnis das versucht Einfallslosigkeit zu rechtfertigen. Wie kann man so etwas behaupten und sich dabei “kreativ” nennen? Formensprache kann man nicht begrenzen, nur das eigene Denken.

    5. Wenn sich JvM bei einem 400.000 Euro Job so wenig Mühe gibt. Wieviel Etat bekommen die bei “wichtigen” Aufträgen? In welcher Welt leben die (wir) eigentlich?

    6. Diese ganze Geschichte ist eigentlich ein Zeichen dafür, dass die Zeit der ganz großen Werbeagenturen abzulaufen scheint. Vor allem sehr peinlich für den Auftraggeber HSE. Die fühlen sich sicher komplett verarscht, haben aber kein Budget (oder Mut) mehr für ein neues CD mit neuer Agentur.

    ——
    Manchmal passiert es das man sich Dinge aneignet und später vergisst woher die Quelle stammt. Ich kann mir vorstellen, das der Designer bei JvM das Original-Logo ganz am Anfang entdeckt hat und später wieder vergessen. Ab und zu verdrängt man Dinge im kreativen Prozess auch sehr schnell und gerne wenn man nicht aufpasst …

Kommentare sind geschlossen.

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