2017 hatte sich der italienische Fußballverband (FIGC) ein neues Logo zugelegt. Nach gerade einmal vier Jahren hat der Verband am vergangenen Montag in Mailand im Rahmen einer Veranstaltung abermals ein neues Logo präsentiert. Das bisherige Logo bleibt weiterhin im Einsatz, wenn auch nicht als Absender des Verbandes.
Das vor vier Jahren eingeführte Logo in Schildform diente bislang gleichermaßen dem Verband wie auch den Nationalmannschaften als Absender. Fortan treten beide Entitäten, so wurde es vom FIGC in Mailand verkündet, mit unterschiedlichen Signets auf. Während das bisherige Logo nurmehr den Nationalmannschaften vorbehalten bleibe, trete der Verband, die Institution also, zukünftig mit einem kreisrunden Logo in der Öffentlichkeit in Erscheinung.
Mit der Maßnahme verfolge der Fußballverband das Ziel, sich strukturell und inhaltlich auf die Herausforderungen der Zukunft hin auszurichten. Dafür bedürfe es der Trennung vom traditionellen Weg. Während für die Nationalmannschaften der sportliche Erfolg im Mittelpunkt stehe, beschäftige sich der Verband zunehmend mit Aktivitäten im Bereich sozialer Verantwortung, Jugendarbeit und fördere institutionelle und internationale Beziehungen. Es gelte, wie es in der offiziellen Pressemeldung heißt, „die Multidimensionalität des Fußballs in all seinen Facetten zu verbessern und den Verband noch bekannter zu machen“.
Ander als im Vorgängerlogo nimmt das Akronym „FIGC“ im neuen Logo des Verbandes eine prominente Position ein. Umgeben ist das Akronym von den vertikal verlaufenden Farben der italienischen Trikolore, welche wiederum eingefasst werden von zwei Kreisen, die nach oben und unten hin geöffnet sind. Mit der Rückkehr zur Kreisform greife man die Ästhetik der ersten Fußbälle auf, die aus vernähten Lederstreifen gefertigt wurden, um so einen tiefen Bezug zu den Ursprüngen des Fußballsports herzustellen.
Dass der Verband als Institution nun ein eigenständiges Signet erhalte, welches sich von dem Signet der Nationalmannschafte unterscheidet, sei international üblich, wie der FIGC im Rahmen der Pressemeldung erklärt. Auch in Ländern wie Deutschland, Belgien und Spanien sei man vor kurzem diesen Schritt gegangen. Diese Aussage ist so allerdings nicht korrekt, siehe Kommentar.
Entwickelt wurde das neue Verbandslogo von der zur Publicis Gruppe gehörenden Agentur Independent Ideas (Mailand/Turin).
Kommentar
Sich bereits nach vier Jahren wieder ein neues Logo zuzulegen, ist keine gute Idee. Und das gilt für jedwede Entität, ob Verband, Verein, Unternehmen, Marke, Organisation. Denn zu viele Redesigns in kurzer Zeit sind weniger Ausdruck von Weiterentwicklung als vielmehr ein Zeichen von Orientierungslosigkeit. So auch in diesem Fall. Allerdings könnte der FIGC die Phase der Orientierungslosigkeit, so scheint es, erfolgreich hinter sich gelassen haben.
Zum Hintergrund und zur Einordnung: das Vorgängerlogo wurde 2017 unter der Präsidentschaft von Carlo Tavecchio eingeführt. Nachdem die italienische Nationalmannschaft Ende Oktober 2017 die Qualifikation für die WM 2018 verpasste, trat Tavecchio, der 2014 aufgrund von rassistischen Äusserungen 6 Monate lang keine Ämter innerhalb der UEFA bekleiden durfte, wenige Tage später zurück. Die verpasste Qualifikation wurde in den Medien als Schande, Desaster und Apokalypse bezeichnet. Ende 2018 belegte Italien im FIFA-Ranking gerade einmal Platz 18. Auf Tavecchio folgte im Oktober 2018 Gabriele Gravina. Unter Gravina wurden seitens des FIGC Maßnahmen zur Bekämpfung von Rassismus im Fußball ergriffen. In Gravinas Amtszeit fällt der Gewinn des Europameistertitels bei der EURO 2020 (ausgetragen 2021), für Italien der 2. EM-Titel. Mittlerweile ist Italien im FIFA-Ranking auf Platz 5 geklettert. Anfang 2021 wurde Gravina wiedergewählt.
Wenn Markenzeichen eine neue Form erhalten, spiegelt dies sehr oft strukturelle und personelle Veränderung wider. Denn hinter jeder Marke stehen Menschen, die sie führen, prägen und formen. Oftmals ist ein neues Logo eben nicht nur ein aufgehübschstes, womöglich am Zeitgeschmack ausgerichtetes Zeichen, sondern vielfach ein Symbol des Aufbruchs. Ein Zeichen auch der inhaltlichen Neuausrichtung und Veränderung, nach außen und vor allem auch nach innen. Keine Symbolpolitik, die sich lediglich darin erschöpft, symbolische Gesten auszusenden, sondern, im Idealfall, eine glaubhafte und passende visuelle Entsprechung für tatsächlich erbrachte Leistung und erfolgte und gelebte Veränderung. Der FIGC unter Gravina, so das Signal, das von dem neuen Design ausgehen soll, ist ein anderer als der FIGC unter Tavecchio. Im Hinblick auf die zuvor beschriebene Situation innerhalb des Verbandes ist dies ein absolut nachvollziehbares Motiv und ein guter Grund für ein Redesign.
Wohingegen die Aussage falsch ist, auch Fußballdachverbände in Deutschland, Belgien und Spanien würden eine ähnliche Strategie verfolgen wie sie nun auch vom FIGC eingeschlagen wird. In Spanien und auch Deutschland werden zwar seit langem Verband und Nationalmannschaften jeweils als eigenständige Marken geführt, nicht so jedoch in Belgien, wo beide Entitäten seit vielen Jahren unter dem gleichen Zeichen vereint sind, seit 2019 unter einem neuen. Auch die Fußballdachverbände in Brasilien, Argentinien, Ecuador und vielen anderen Ländern fahren sei je her eine Ein-Marken-Strategie.
Im internationalen Fußballsport gibt es also keineswegs nur EINE Strategie, der man folgen müsste, sondern vielmehr ZWEI unterschiedliche konzeptionelle Ansätze Verband und Nationalmannschaften als Marke zu führen. Da ein Verband andere Aufgaben und Ziele verfolgt als ein Nationalteam und zudem beiden Entitäten strukturell wie personell unterschiedlich organisiert sind, scheint es mir sinnvoll auch auf der visuellen Ebene Unterschiedlichkeit kenntlich zu machen. Zumal dies in der Markenführung völlig andere, kreative Möglichkeiten gestattet, wie etwa der isländische Verband KSI eindrucksvoll mit dem starken im letzten Jahr lancierten Markenauftritt für die isländischen Nationalmannschaften demonstriert.
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Weiterführende Links
Das neue ist um Größenordnungen besser als das 2017er, dessen Formgebung (nicht aber dessen Farbe) an die Fuffziger letztes Jahrhundert gemahnt. Also: gut so!
Was soll das neue Logo mit kaum erkennbarer Schrift “Italia” und neu riesiger Schrift FIGC symbolisieren?
Steht man jetzt als Verband über der Nation?
Für mich eine Entwicklung in die falsche Richtung.
Gegenfrage: Würden Sie in einer Podiumsdiskussion mit einem Redebeitrag beginnen, ohne die Beiträge der anderen Teilnehmer mitzuberücksichtigen? Sicher nicht. Kommentieren ohne zuvor den Artikel respektive die Kommentarbeiträge gelesen zu haben, ist ebenso wenig hilfreich. Im Beitrag werden Ihre Fragen beantwortet.
Wenn das neue Logo rein den italienischen Fußball-Verband repräsentieren soll, was meiner Meinung nach nachvollziehbar ist, dann verstehe ich jedoch nicht, warum man vier Sterne im Logo abbildet. Diese vier Sterne sind variabel und könnten theoretisch schon nach der WM 2022 wieder veraltet sein, so dass hier erneut eine Anpassung des Logos erforderlich wäre. Zudem stehen die vier Sterne für die WM-Erfolge der Herren-Nationalmannschaft. Was ist mit den EM-Titeln? Den zumindest in der damaligen Zeit sehr bedeutenden Olympia-Siegen? Oder den Erfolgen anderer Fußball-Nationalmannschaften, wie z. B. der U21? Gut, die Frauen haben bis jetzt noch nichts gewonnen, aber wie würde man das würdigen? Daher denke ich, wäre es besser gewesen, auf die Sterne beim Verbandslogo zu verzichten, da dadurch am Ende doch nur wieder die A-Nationalmannschaft der Herren gewürdigt wird, die mit einem eigenen Logo aufläuft. Oder einfach alles so lassen, wie es war.
Guter Punkt!
Ob die Entscheidung, den Verband von der Mannschaft optisch zu trennen, gut ist, sei dahingestellt. Aber immerhin sollten sie optisch gleich gesichtet sein, denn es wird zwangsläufig vorkommen, daß beide Logos nebeneinander verwendet werden. Und da sind die Sterne über dem Verbands-Logo deutlich zu groß.
@Patrick Viola: absolut richtiger Gedanke. Der Verband sollte für alle “Unterkategorien” stehen, mit den vier Sternen wird aber optisch vermittelt, nur die Herrenmannschaft zu vertreten.
Ich muss auch sagen, dass es alles für mich (he he) nicht so richtig rund wirkt.
Wie schon von anderen auf den Punkt gebracht, wirken die Sterne wie eine unnötige Fokussierung auf die A-Nationalmannschaft. Da hat das (zum Glück unten verlinkt) der englische Verband unfassbar viel cleverer gemacht mit dem Zusammenführen von Löwe, Löwin und Löwenjunges in einem einzigen Wappen, um so die einzelnen Departments zu repräsentieren.
Da ein Design-System hier bisweilen fehlt kann man auch nicht genau sagen, wie das Logo in der Anwendung genau ankommen wird. Wie auch schon der DFB oder die FA tritt diese Marke eher im Hintergrund auf und muss sich dementsprechend zeigen. Da wiederum hat es der spanische Verband deutlich besser gemacht, der um ein auf den ersten Blick langweiliges Logo eine fantastische Toolbox an Möglichkeiten zur adäquaten Repräsentanz hat bauen lassen.
Visuell kann es mich leider auch nicht so recht überzeugen. Es lässt einen doch sehr an das Maul eines Nacktmulls oder eines ähnlichen Nagers erinnern, das sich die FIGC einverleibt. Dazu das winzig kleine »Italia«, dass das ganze Konstrukt aus der Balance bringt und ja auch irgendwie doppelt bzw. dreifach gemoppelt ist. Das I steht ja ebenfalls für Italia und die Flagge spricht ja auch für sich zusammen mit dem ikonsichen Blau. Das ist etwa so, als würde man um den Adler schreiben »DFB Deutschland«.
Gerade in kleinen Abmessungen wie etwa Favicon oder Social Media Icon wird das kleine »Italien« gänzlich untergehen. Ich werde das Gefühl nicht los, dass den Designer:innen da von einigen Stellen reingequatscht wurde, damit irgendwelche Funktionäre ihr Ego nochmal streicheln konnten. »Mehr Italia! Mehr Sterne! Wir sind immerhin genauso Oft Weltmeister geworden wie die Tedescis da hinter den Alpen!«