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Interview mit Mark Adams – Chefdesigner bei General Motors

Interview Mark Adams

Interview Mark Adams

Zum Abschluss der Beitragsserie vom Auto-Salon Genf 2008 folgt an dieser Stelle nun wie bereits angekündigt ein Interview mit Mark Adams, Vize-Präsident Global Design General Motors Europa. In der Rangfolge innerhalb des GM-Konzerns steht er direkt hinter Ed Welburn, Vize-Präsident Global Design General Motors. Mark Adams leitet in Europa markenübergreifend alle Designteams und ist vor allem auch in Bezug auf das Design der deutschen Marke Opel im Konzernportfolio die führende Persönlichkeit. Sein Home-Office hat er im Designcenter in Rüsselsheim.

Ich traf ihn am ersten Pressetag in einem 25-minütigen Interview und beim abschließenden Abendessen in der sehr schönen Location des Parc des Eaux-Vives. Das Foto oben stammt allerdings aus einem zusätzlichen Gruppen-Interview gemeinsam mit Ed Welburn (rechts im Bild), der eine Reihe von Journalisten und Bloggern auf alle Messestände der vertretenen GM-Marken führte, die da wären Opel, Saab, Chevrolet, Cadillac, Hummer und Corvette.

Nun die Fragen an Mark Adams

dt: Mister Adams, worin genau besteht Ihre Arbeit bei General Motors?

Mark Adams: Nun, ich bin verantwortlich für das Design bei Opel, Vauxhall und Saab. Es gibt innerhalb des GM-Konzerns 11 Designcenter. Ed Welburn ist Head of Global Design. Wir führen regelmäßig Besprechungen innerhalb des Führungsteams um sicher zu stellen, dass unsere Marken jeweils unterschiedlich aufgestellt und positioniert sind und funktionieren. In Europa haben wir außerdem die Marken Chevrolet, Cadillac und Hummer vertreten, die jeweils in Nordamerika entwickelt werden. Wir stellen sicher, dass eine klare Vorstellung vom Design der jeweiligen Marke besteht und dass wir die maximale Leistung herausholen.

Mit dem Astra haben wir das Rebranding der Marke Opel begonnen. Die nächste Stufe war der Corsa, der sehr erfolgreich ist, wofür maßgeblich auch das Design verantwortlich zeichnet. Bei diesem Modell war ich von Beginn an und bis zum Schluss verantwortlich für das Design. Und nun sehen wir mit der nächsten Welle der Produktentwicklung, die wir in den letzten Jahren mit Konzeptstudien wie dem Flextreme angekündigt haben, mit dem Neustart des Insignia später dieses Jahres und den nachfolgenden Modellen, wie wir Opel auf ein völlig neues Niveau bringen möchten.

Mit Saab ist es ein bisschen anders. Hier haben wir in den letzten Jahr eine sehr klare Vorstellung von der Positionierung und wie wir Saab als Marke sehen entwickelt. Nun geht es daran dieses Design in die Anwendung und Umsetzung zu überführen. Ich glaube innerhalb beider Marken haben wir jedoch das Design in den letzten Jahren enorm angetrieben und weiter entwickelt.

dt: Ich nehme an, in ihrer Position verbringen sie sehr viel Zeit mit dem Reisen, Organisieren, Präsentieren und Kommunizieren. Haben Sie für das eigentliche Designen überhaupt Zeit?

Mark Adams: Nun, da kennen Sie mich schlecht. Ich verbringe jeden einzelnen Tag damit über Design nachzudenken und das Designthema voranzutreiben. Ich habe ein wirklich gutes Team, das für mich arbeitet, ein wirklich gutes Team. Ich glaube, dass es sehr wichtig ist eine genaue Vorstellung von Design zu haben, um es an das Team weiterzugeben. Mit Sicherheit zeichne ich nicht jede einzelne Linie eines Autos aber ich nehme Einfluss auf die Kreativität unserer Designer. Wir haben jede Woche Besprechungen und den kompletten Freitag verbringe ich damit alle wichtigen Projekte zu sichten und zu koordinieren.

Zwischenfrage dt: Scribbeln Sie mitunter?

Mark Adams: Sicher mache ich auch schon einmal ein Scribbel. Meine Aufgabe besteht jedoch in erste Linie darin, zwischen den vielen Zeichnungen und Entwürfen, die von den Designteams erarbeitet und präsentiert werden eine Entscheidung zu treffen, welche Idee und welches Modell weiterentwickelt wird. Ich verbringe mittlerweile viel Zeit damit zum richtigen Zeitpunkt eine richtige Entscheidung zu treffen, die dafür sorgt, dass das Design der Marke auf einer konsistenten Linie weiter voran getrieben wird.

dt: Wie groß ist die Freiheit, die man unter Berücksichtigung bestehender Corporate Guidelines und technischer sowie aerodynamischer Erfordernisse bei der Entwicklung eines Designs hat, wenn zusätzlich auch noch die typischen modellspezifischen Erkennungsmerkmale beachtet werden sollen?

Mark Adams: Richtig, das ist in der Tat ziemlich schwierig. Ich glaube nur ein wirklich guter Designer kann sich dieser Herausforderung stellen. Das ist wie bei der Formel 1, bei der jedes Jahr die Regeln verschärft werden, so dass die Autos erst einmal langsamer fahren. Die Kreativität der Ingenieure und Designer sorgt aber wiederum dafür, dass die Rennwagen im nächsten Jahr wieder deutlich schneller unterwegs sind. Auch im neuen Meriva-Konzept haben wir versucht die Erfordernisse an die Sicherheit mit dem grundsätzlichen modellspezifischen Look und den Anforderungen an eine praktische und familiengerechte Lösung mit einer kreativen Herangehensweise unter einen Hut zu bringen. Ich glaube, dass wir mit den vielen praktischen Besonderheiten wie den FlexDoors auch ein Design anbieten, dass einen einzigartigen Ausruck und einen frischen Wechsel zum Ausdruck bringt. Es ist aber tatsächlich immer wieder eine neue Herausforderung für das gesamte Designteam kreative Lösungen innerhalb der bestehenden Anforderungen, die ja für alle Autobauer ähnlich sind, zu entwickeln. Am Führungsteam liegt es dann, wie diese kreativen Lösungen interpretiert werden.

dt: Das bedeutet, sie entscheiden nicht nur welches die Guidelines sind sondern auch wann und in welcher Weise eine Guideline modifiziert und erweitert wird. Was sind die Guidelines in Bezug auf die Marke Opel?

Mark Adams: Zwei Dinge sind mir wichtig, die ich meinen Designern mit auf den Weg gebe und für die ich stehe: „sculpture artistry” was für kreative wunderschöne Gestaltung und Formen steht und auf der anderen Seite „routing the brand with its german precision“. Es ist diese Mischung aus Emotion und deutschen Werten in Bezug auf die Präzision, die die Marke Opel ausmacht.

dt: Was ist notwendig, damit bestehende Guidelines aufgebrochen und neu interpretiert werden? Ist es eine Frage der Zeit oder eine Mode, die zu solch einem Schritt führt?

Mark Adams: Es hängt viel von Persönlichkeiten ab. Menschen, die in der Verantwortung stehen können bestehende Guidelines verändern. Der Kurs von A nach B beschreibt die Richtung, die in Bezug auf die Werte einer Marke eingeschlagen werden soll. Daran muss man festhalten. Es gibt jedoch unterschiedliche Wege diese Strecke zu absolvieren. Es ist wichtig eine Beständigkeit der Werte zu gewährleisten. Opel ist eine sportliche Marke aber zugleich ungemein praxisorientiert, was wir mit immer neuen Features wie dem Flex-Fix-System, dem integrierten Fahrradträger zum Ausdruck bringen.

dt: Das Image von Opel hat ja durchaus Aufholpotenzial hinsichtlich eines starken Profils und eines positiv wahrgenommenen Images. Sehen sie das ähnlich?

Mark Adams: Absolut. Es besteht kein Zweifel daran, dass wir das Gesicht von Opel verändern müssen. Wir bauen mit dem Corsa den erfolgreichsten Kleinwagen überhaupt aber Verkaufszahlen alleine reichen nicht aus, um das Bild einer Marke zu verändern. Es hängen viele Faktoren am Image. Das fängt schon bei den Händlern und dem Service an. Wir führen regelmäßig Schulungen in dieser Richtung durch. Das Design spielt eine wichtige Rolle, auch beim Autokauf. In meinem Bereich trage ich dafür Sorge, dass die bestmögliche Leistung abgerufen wird.

dt: Als Kommunikationsdesigner beginnt bei mir jedes Projekt mit dem Kundengespräch. Hier werden die Wünsche aus Kundensicht formuliert und gemeinsam die Anforderungen und Ziele für einen Entwurf einer Website oder eines Logos definiert. Woher bekommen sie die Information hinsichtlich der Kundenwünsche, wenn es darum geht ein Design für ein Auto zu entwickeln? Werden diese überhaupt an sie herangetragen und berücksichtigt?

Mark Adams: Nun, erst einmal ist es nicht ganz leicht die Kundenwünsche auf einen Nenner zu bringen. Wenn sie 20 Kunden fragen, was ihnen an einem Auto am besten gefällt, werden sie ebenso viele unterschiedliche Aussagen erhalten. Wir führen regelmäßig Befragungen über die Händler durch, in denen wir die Kundenmeinung aufnehmen und auswerten. Wenn es aber darum geht ein Design zu entwickeln, das aufgrund nachfolgender Prozessschritte mehrere Jahre bedarf, ehe man es in einem Serienauto sehen kann, kommen wir mit solchen Befragungen nicht weiter. Stellen sie sich vor, sie müssten sich heute einen Anzug kaufen, den sie erst in drei Jahren anziehen und von dem sie meinen, dass er genau dann nicht nur ihren eigenen Geschmack immer noch trifft, sondern dass er dann auch von anderen als modern, zeitgemäß oder schick angesehen wird. Wenn wir heute ein Design entwickeln, haben wir diesen Horizont vor Augen und versuchen uns vorzustellen, welche Formen in drei Jahren stilprägend sein werden. Beim Erscheinen muss das Design noch nicht allen gefallen aber diesen Umstand kennt man ja auch aus vielen anderen Bereichen. Neue Ideen brauchen mitunter seine Zeit.

dt: Worin liegt für sie die größere Herausforderung? Ein gänzlich neues Auto zu entwickeln oder ein bereits bestehendes und erfolgreiches Modell neu zu gestalten?

Mark Adams: Beides ist gleich reizvoll und anspruchsvoll. Ich muss aber sagen, dass ich mit dem neuen Design für den Insignia, den wir im Sommer in London (britishmotorshow.co.uk) offiziell vorstellen werden sehr sehr glücklich bin. Der neue Insignia zeigt alles, was wir mit der Marke Opel zukünftig darstellen möchten.

dt: Wenn Autos der Öffentlichkeit vorgestellt werden, wie hier auf dem Auto-Salon Genf, sind Superlative nicht weit. Jedes noch so winzige Detail wird zu einem markanten Stilelement und jede halbwegs geneigte Fläche zur dramatischen Welle. Entweder ist das Design „visionär” oder wahlweise die Technologie „revolutionär”. Muss man beim Präsentieren eines Autos eine rosarote Brille tragen?

Mark Adams: Nein. Aber man muss leidenschaftlich hinter seiner Sache stehen und ich hoffe man merkt, wie groß meine Leidenschaft für das Design und für die dahinter stehenden Produkte ist. Ich bin sehr zuversichtlich, dass der Weg, den wir sowohl bei Opel, als auch bei Saab eingeschlagen haben, in den nächsten Jahren dazu führt, dass wir mit den Wagen in den entsprechenden Segmenten eine führende Rolle einnehmen werden. Ich bin mir sicher, dass wir mit dem neuen Design bei viele Menschen, die Opel und Saab früher eher wenig Beachtung schenkten, zukünftig eine stärke Aufmerksamkeit erreichen werden. Ich glaube nicht, dass ich durch rosarot gefärbte Gläser schaue. Ich bin Realist, stehe aber ebenso voller Leidenschaft hinter dem, was ich mache. Ich liebe meine Arbeit.

dt: Was können wir zukünftig von Opel in Bezug auf das Design erwarten?

Mark Adams: Eine Menge Überraschungen. Jeder, der die nächsten Entwicklungsstufen zu Gesicht bekommt ist überrascht. Keiner erwartet von uns solch einen Sprung. Ich bin sehr zuversichtlich, dass wir mit dem eingeschlagenen Weg dabei sind die Marke nicht nur weiter zu entwickeln, sondern sie auch zu verändern. Wie gesagt ich bin Realist. Wir wissen, dass wir nicht auf der höchsten Stufe stehen. Jedes vorgestellte Konzeptauto ist aber ein Teil der Reise, die wir unternehmen. Auch der Insignia wird ein deutliches Signal dafür sein, wie wir die Marke zukünftig sehen. Ich bin sehr zuversichtlich, dass wir mit dem eingeschlagenen Weg das Gesicht der Marke verändern werden.

dt: Vielen Dank, Herr Adams für das Interview

Das Interview wurde geführt von Achim Schaffrinna.

Dieser Beitrag hat 14 Kommentare

  1. Ich schließe mich CL an finde Interviews mit erfolgreichen Designern empfahls sehr interessant und ein stückweit notwendig, der kleine blick über den Tellerrand hat noch niemanden Geschadet.

    Eine eigene Rubrik zu Interviews mit Designer für Designer erachte ich als nichtmal so verkehrt !
    Von daher finde ich es nicht weiter schlimm das Achim die Gelegenheit durch die Einladung nutzte diese auch wahr zu nehmen.

    Außerdem finde ich diese Abwechslung relativ angenehm, denn es gibt mehr dinge im Leben als nur das Design von Wort und Bildmarken oder Webseiten.

    Und anstatt großartige Unterstellungen zu machen das hier irgendwelche Abhängigkeiten im spiel sind oder sonstige Sachen würde ich lieber Danke sagen für die existentes des DT.

    Mal im ernst Wertschätzung wäre das mindeste, bin selber sehr darüber erfreut das es diesen Blog gibt, und ganz ehrlich hab mich selber dran versucht ähnlich konstant von Design zu berichten im eigenen Blog, aber andauernd Informationen besorgen zu filtern und in einen ansprechende Form bringen und dann for free zu präsentieren, das geht einen ziemlich schnell an die Zeitliche bzw. Finanzielle-Konsistenz von daher hab ich großen Respekt davor was Achim mit DT leistet!

    Weiter so, Gruß aus Hamburg

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