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Im buddhistischen Königreich Bhutan setzt man auf Nation Branding

Bhutan Logo, Quelle: Tourism Council of Bhutan
Bhutan Logo, Quelle: Tourism Council of Bhutan

Das Königreich Bhutan positioniert sich in Sachen Nation Branding und präsentiert sich fortan mit neuem Markenauftritt. Nachdem auch Bhutan Pandemie-bedingt zwei Jahre lang die Einreisemöglichkeiten massiv eingeschränkt hat, heißt das Land, auf Basis einer neuen Marken- und Tourismusstrategie, nun wieder Gäste willkommen.

Vor wenigen Tagen hat Bhutan eine neue nationale Identität vorgestellt. Die als Nation Brand konzipierte Identität solle die Entwicklung des Landes und die Aufbruchstimmung zeigen, nach Außen wie nach Innen, wie die nationale Tourismusbehörde Bhutans in einer Pressemeldung erklärt. Die neue Marke sei dazu bestimmt, den Stolz der eigenen Bürger auf das Land zu wecken, und gleichermaßen die Fantasie von Besuchern anzuregen.

Zunächst werde das neue Markenkonzept – „Bhutan Believe“ – innerhalb der Tourismusbranche eingeführt und implementiert. Später sollen auch Regierungsorganisationen das neue visuelle Erscheinungsbild übernehmen. Es ist geplant das Markenkonzept auch im Kontext offizieller Websites, im Rahmen von Feierlichkeiten etwa zum Nationalfeiertag und sogar auf Briefmarken anzuwenden.

Auszug der Pressemeldung

To mark the reopening of the kingdom and to look to the future, Bhutan created a whole new identity for the country to inspire a new vision of the future to its citizens. The result reflects Bhutan’s character and landscapes, history and ambitions: bold, vivid, richly storied and utterly distinctive – rebranding it for a new future, both for its people and its guests who are seeking a different travel experience.

Bhutan Brand Visual, Quelle: Tourism Council of Bhutan
Bhutan Brand Visual, Quelle: Tourism Council of Bhutan

Ein wesentliches Element der Nation-Brand-Strategie ist die Schaffung einer neuen grafischen Identität für Bhutan – „eine zeitgemäße Interpretation des Erbes des Landes, welche einen Weg in die Zukunft beschreitet“, so die Tourismusbehörde. Farblich baut das Konzept auf dem Gelb und Orange der bhutanischen Flagge auf, ergänzt um eine Farbpalette, die von der Natur inspiriert ist – „dem Zypressengrün der Wälder, die 70 % des Landes bedecken, dem Blau von Bhutans Nationalblume, dem Blaumohn aus dem Himalaya und einem sanften Schwarz als Referenz der natürliche Ruß der Feuer, die in den Herden des Landes brennen“.

Unter Verwendung dieser Farben wurde ein völlig neues grafisches Identitätssystem geschaffen, das sich auf traditionelle bhutanische Ikonographie wie handgemalte Dekoration, die mythische Tierwelt, Folklore und Symbolik stützt.

Bhutans neue Tourismuspolitik wird als Teil einer landesweiten Transformation verstanden, die zudem Bildungs- und Finanzreformen wie auch Veränderungen im öffentlichen Dienst mit einschließen. Die Veränderungen seien darauf ausgerichtet, neue Wege zu beschreiten und langfristige Chancen für kommende Generationen zu schaffen. Die Entwicklung der neuen nationalen Marke gehe über die bloße Schaffung einer neuen visuellen Identität hinaus und ziele darauf ab, „die Kraft des Brandings zu nutzen, um Bhutan und die Geschichten, die es erzählen möchte, mit einem globalen Publikum zu verbinden“.

Bhutan Logo – vorher und nachher, Bildquelle: Tourism Council of Bhutan, Bildmontage: dt
Bhutan Logo – vorher und nachher, Bildquelle: Tourism Council of Bhutan, Bildmontage: dt

Zuletzt wurde am Tourismusauftritt Bhutans vor 11 Jahren Hand angelegt (dt berichtete). Damals wurde eine blaue Mohnblüte als Erkennungszeichen eingeführt. Von der floralen Ästhetik hat sich das Land nun verabschiedet. Beim neuen Markenlogo handelt es sich um eine reine Typomarke. Das Logo sei zeitgenössisch, klar, eine Manifestation eines mutigen und selbstbewussten Landes und spiegele so das zukunftsorientierte Ethos der Nation wider, wie es erklärend heißt. Man habe das Logo für die Verwendung in vielen Formaten, Proportionen und Medien optimiert und auf die Nutzung im digitalen Umfeld besonders geachtet.

Realisiert wurde das Markenkonzept in Zusammenarbeit mit der Agentur MMBP & Associates (London).

Kommentar

Dass die Regierung Bhutans wie auch die Menschen des Landes ganzheitliche Denkansetze verfolgen, lässt sich nicht nur am Bruttonationalglück erkennen, dem Gross National Happiness (GNH), für welches das südasiatische Königreich bekannt ist. Ein holistisches Prinzip Gesellschaft zu gestalten. Statt, wie sonst üblich, Finanzindikatoren oder den Wohlstandsindex (Human Development Index, HDI) heranzuziehen, um daraus abzuleiten, wie „gesund“ und vital eine Volkswirtschaft ist, wird in Bhutan mittels Umfragen bei den Menschen direkt vor Ort abgefragt und erhoben, wie glücklich die Bevölkerung ist.

Und mit einem ganzheitlichen Ansatz wird in Bhutan nun auch die Frage beantwortet, wie sich das Land insgesamt darstellt und positioniert, visuell und darüber hinaus auch inhaltlich. Während Tourismusmarken in erster Linie darauf angelegt sind, nach Außen zu senden, eben um Touristen anzulocken, beinhaltet eine Nation-Brand-Strategie insbesondere auch eine nach Innen gerichtete Kommunikation, mit der die eigene Bevölkerung gezielt angesprochen werden soll.

Beide Modelle kennzeichnen die demokratische Entwicklung des Landes, seit 2008 eine konstitutionelle Monarchie. Die Entwicklung ist bemerkenswert. Vielleicht sogar vorbildlich. Ließe sich das GNH-Modell auch auf Länder wie Deutschland, Österreich oder die Schweiz übertragen? Wäre es wünschenswert, wenn ein solcher Indikator, wie glücklich die Menschen vor Ort sind, von Regierungen und Politikern in ihrem Handeln mitberücksichtigt werden würde? Woran machen wir fest, wie modern und fortschrittlich eine Gesellschaft ist? Anhand der Anzahl von auf Parkplätzen montierten Stromladesäulen?

Wie viel Aussagekraft liegt in Rang 9 im Human Development Index, über den Deutschland verfügt? Für Bhutan wird Platz 127 ausgewiesen. Anders als Deutschland verfügt Bhutan nun über ein modernes Nation-Brand-Konzept. Die Tourismusmarke, mit der sich Deutschland nach Außen präsentiert (germany.travel), darf man unter formal-ästhetischen Aspekten als gruselig bezeichnen. Das schwarz-rot-gelbe Markenzeichen: ein gequirltes, indifferentes Etwas.

Bhutan hingegen präsentiert sich als eine vitale, stolze, kreative und fortschrittliche Marke (bhutan.travel), die mehr darstellt als bloß eine Reisedestination. An diesem über das Visuelle vermittelte Versprechen wird sich das Land freilich messen lassen müssen. Der Wille, sich stärker als bislang an den Wünschen, Bedürfnissen und den Gefühlen der eigenen Bevölkerung zu orientieren und die Dinge ganzheitlicher anzugehen, ist allerdings deutlich zu erkennen. In Bhutan womöglich deutlicher als in jedem anderen Land.

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Dieser Beitrag hat 4 Kommentare

  1. Wunderschönes Design, gefällt mir sehr gut. Steht relativ weit oben auf der Liste der Länder, die ich noch besuchen möchte. Interessant ist neben den US$40 Visagebühren die “US$200 (!) per person, per night” Nachhaltigkeitspauschale.

    1. Ein Land besuchen zu wollen, in das du nur mit dem Flugzeug kommst, und da dann eine “Nachhaltigkeitspauschale” zahlen: So viel Selbstbetrug nötigt mir fast schon Hochachtung ab.
      Aber auch nur fast.

  2. Wow! Mit das Beste was ich seit langem im Thema Design einer Nation gesehen habe. Die Muster und Farben harmonieren perfekt miteinander. Ich bin sehr begeistert.

  3. Das Komplettpaket wirkt sehr harmonisch und durchdacht; gefällt mir!

    Das Logo alleine wiederum … nicht. Hier fehlt einfach das Eigenständige, was den “Spirit” dieses Landes beschreibt. Auf dem ersten blick habe ich tatsächlich gedacht, dass es sich hierbei um eine Modemarke handelt. Auch wenn das alte Logo nicht perfekt war, so hat es doch mehr “Bhutan” transportiert.

    Dennoch: Handwerklich gibt es hierbei nicht viel auszusetzen.

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