Ein neues Herkunftszeichen für in Deutschland erzeugte und produzierte Agrarprodukte und Lebensmittel soll für mehr Klarheit und Transparenz im Lebensmittelhandel sorgen und Konsumenten Orientierung beim Einkauf geben. So wünscht es sich jedenfalls die Zentrale Koordination Handel-Landwirtschaft (ZKHL), die das Herkunftszeichen dieser Tage vorgestellt hat.
Die ZKHL wurde im März 2022 gegründet. Der Verein, hervorgegangen aus einer Initiative des Bundesverbandes der Deutschen Lebensmittelindustrie (BVL) und des Deutschen Raiffeisenverbands (DRV), verfolgt das Ziel, die Zusammenarbeit zwischen Handel und Landwirtschaft zu fördern. Zusammengeschlossen haben sich in dem Verein zahlreiche Verbände und Gesellschaften aus der Agrar- und Lebensmittelwirtschaft (DLG, DBV, DRV, HDE, u.a.). Die Arbeit des Vereins ist vorrangig auf die Produktgruppen Fleisch, Milch, Eier und Geflügel sowie Obst, Gemüse und Kartoffeln ausgerichtet.
Mitte November hat die ZKHL ein nationales Herkunftszeichen vorgestellt, mit dem Verbraucher zukünftig Erzeugnisse der deutschen Land- und Ernährungswirtschaft auf den ersten Blick im Lebensmitteleinzelhandel erkennen können sollen, so das Ziel. Im Rahmen einer Presseveranstaltung wurde in Berlin das in Nationalfarben gehaltene Herkunftszeichen mit Siegel-ähnlicher Optik vorgestellt.
Auszug der Pressemeldung
“Das Herkunftskennzeichen Deutschland markiert einen wichtigen Schritt auf dem Weg zur Stärkung der Zukunftsfähigkeit unserer heimischen Land- und Ernährungswirtschaft. Es steht für Transparenz und bietet den Konsumentinnen und Konsumenten beim Einkauf die gewünschte Orientierung und Sicherheit”, erklärte Josef Sanktjohanser, Vorstandsvorsitzender der ZKHL. Die Branchenvereinbarung tritt ab Januar 2024 in Kraft. Ab diesem Zeitpunkt können Fleisch von Schwein, Rind und Geflügel, Obst, Gemüse, Kartoffeln sowie Eier und Milch gekennzeichnet werden. Voraussetzung für die Kennzeichnung ist die vollständige Produktion in Deutschland – vom Anbau bzw. der Geburt, bei Geflügelfleisch auch die Elterntierhaltung, bis zur Verpackung.
Für ihre Produkte nutzen können Lebensmittelunternehmen und Lebensmittelhersteller das Zeichen, sofern Sie den Vorgaben der Branchenvereinbarung und den darin festgelegten Kriterien entsprechen. Das Zeichen dient der Kennzeichnung von Agrarprodukten, die in Deutschland erzeugt, verarbeitet und verpackt wurden. Mit dem „Herkunftskennzeichen Deutschland“ soll es einfacher sein, diese Produkte auf den ersten Blick zu erkennen. Die Umsetzung erfolgt auf Basis einer freiwilligen Selbstverpflichtung. Unternehmen, die das Herkunftskennzeichen aktiv zur Kennzeichnung ihrer Ware einsetzen wollen, entrichten an ZKHL eine jährliche Lizenzgebühr.
Bei der Entwicklung des Zeichens wurden repräsentative Umfragen genutzt, um das Zeichen aus Verbrauchersicht attraktiv und aussagekräftig zu gestalten, wie ZKHL-Geschäftsführer Peter Jürgens in einem Interview auf topagrar.com erklärt. „Alle Unternehmen, die das Herkunftskennzeichen auf ihren Produkten führen wollen, verpflichten sich zur ordnungsgemäßen Zeichennutzung und unterwerfen sich der Prüfsystematik, die die ZKHL in Abstimmung mit den im Markt bekannten und bewährten Prüfsystemen erarbeitet hat“, so Jürgen. In einem Styleguide / Benutzerhandbuch werde eine einheitliche Zeichenverwendung in Bezug auf Größe, Farben, Positionierung u.a. geregelt. Unter herkunft-deutschland.de wurde vor Kurzem zudem eine entsprechende Website veröffentlicht.
Herkunftszeichen, nationale wie regionale, gibt es im Handel viele. Einige davon gibt es bereits sehr lange, etwa das 1972 eingeführte Gütezeichen „Qualität aus deutschen Landen“ (aus-deutschen-landen.de), deren Initiatorin die Centrale Marketing-Gesellschaft der deutschen Agrarwirtschaft mbH (CMA) war (2009 aufgelöst). Der Europäische Gerichtshof (EuGH) sah in einem Urteil im Jahr 2002 eine Verknüpfung von Qualität und Herkunft in einem Gütezeichen als nicht zulässig an, da eine solche Bewerbung eine Barriere für Wettbewerber aus anderen Ländern darstelle. Ungeachtet dessen setzt beispielsweise Edeka das CMA-Zeichen aktuell in der Werbung ein. Andere Lebensmittelhändler wie Aldi, Lidl, Norma oder Kaufland nutzen jeweils eigene Zeichen, um damit in Deutschland hergestellte Lebensmittel wie Fleisch kenntlich zu machen.
Bestehende Herkunftszeichen von Handelsunternehmen / Initiativen
![Herkunftszeichen Deutschland Siegel/Logos, Quelle: Aldi, Kaufland, Lidl, CMA, Norma](https://www.designtagebuch.de/wp-content/uploads/mediathek//2023/11/deutschland-herkunftszeichen-743x545.jpg)
Nach den Vorstellungen der Zentrale Koordination Handel-Landwirtschaft (ZKHL) solle das „Gutes aus deutscher Landwirtschaft“-Signet die Eigenkreationen der Lebensmittelhändler ablösen, um so für Einheitlichkeit bei der Kennzeichnung zu sorgen. Ab Januar 2024 tritt die Branchenvereinbarung in Kraft. Ab diesem Zeitpunkt können Fleisch von Schwein, Rind und Geflügel, Obst, Gemüse, Kartoffeln sowie Eier und Milch mit dem neuen „Herkunftszeichen Deutschland“ gekennzeichnet werden.
Auch die Bundesregierung plant, so jedenfalls ist es im Koalitionsvertrag zwischen SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP vereinbart, die Einführung einer nationalen Herkunftskennzeichnung für Lebensmittel. Die Bundesregierung unterstützt die Pläne der EU-Kommission, die verpflichtende Herkunftskennzeichnung EU-weit auf weitere Lebensmittel auszudehnen (nähere Infos unter BMEL).
Entwickelt wurde das in diesem Beitrag vorgestellte neue Signet von der Agentur Brandship (Hamburg).
Kommentar
Weniger unterschiedliche Zeichen für ein und dieselbe Information wären wünschenswert, ein einziges Zeichen ideal. Doch selbst die Einführung eines Europa-weit einheitlichen Logos/Labels bedeutet nicht, wie etwa das seit 2010 gültige verpflichtende EU-Bio-Logo belegt, dass Lebensmittelhändler auf die Verwendung eigener Logos, in diesem Fall für Bio-Produkte, verzichten würden.
Für Verbraucher und Konsumenten bedeutet dies, dass sie immer wieder mit neuen Zeichen, Siegeln und Signet konfrontiert werden. Die von REWE in der „Siegelkunde“ gelisteten knapp 30 Zeichen (Bio, Nachhaltigkeit, Inhaltsstoffe, Herkunft, u.a.) bilden nur einen Bruchteil der im deutschen Handel verwendeten Label ab. Unter siegelklarheit.de (BMZ/GIZ) werden 273 Zeichen aufgeführt, Herkunftszeichen (national, regional) nicht eingerechnet.
Ein Zeichen für in Deutschland erzeugte und produzierte Agrarprodukte und Lebensmittel stellt aus meiner Sicht – solitär gesehen – nicht zwingend ein Qualitätsmerkmal dar. Denn in den Vergabekriterien zum neuen „Herkunftszeichen Deutschland“ werden Aspekte wie Tierwohl/tiergerechte(re) Haltung, Nachhaltigkeit und Umweltschutz nicht berücksichtigt. Erst im Zusammenspiel mit weiteren Kennzeichnungen, etwa der verpflichtenden Tierhaltungskennzeichnung, anderen Tierhaltungskennzeichen und/oder einem Bio-Label, kann aus der deutschen Herkunftsangabe tatsächlich ein Merkmal entstehen, das auch eine wertende, eben qualitative Aussage enthält, so jedenfalls mein Verständnis. Dass die Herkunftsbezeichnung „Made in Germany“ seit langem in bestimmten Anwendungsfällen (Maschinen, Technik, Autos, u.ä.) von vielen Menschen, auch über die Grenzen des Landes hinaus, sehr wohl als Qualitätsmerkmal verstanden und angesehen wird, soll nicht unerwähnt bleiben.
Im Supermarkt stehen Konsumenten einmal mehr vor einer Entscheidung, fortan ein zusätzliches Zeichen auf den Verpackungen begutachtend: Soll man nun Fleisch von einem Rind kaufen, das „aus deutschen Landen“ stammt, welches allerdings laut Tierhaltungskennzeichnung sein Leben lang in einem beengten Stall verbracht hat? Oder kauft man Fleisch eines Tieres, das zwar Auslauf (auf der Weide) hatte, jedoch aus Frankreich, Polen oder aus (dem weit entfernten) Argentinien (argentinebeef.ar) stammt? Besser gar kein Fleisch? #Vegan #CO2
Ein Gewissenskonflikt, der sich kaum mit Siegeln und Logos lösen lässt. Oder doch? Bedarf es eines weiteren Zeichens / Designs? Welchen Beitrag können Designer leisten, um mehr Klarheit und Transparenz zu schaffen? Kann/sollte die Politik regulierend wirken? Falls ja, wie?
Von der Aufmachung her wirkt das neue Zeichen, da hier die Darstellung eines Traktors im Fokus steht, eher wie der Absender des VDMA (Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau). Ein Zeichen also, das ich persönlich weniger bis gar nicht mit deutschen Produkten wie Fleisch, Eier oder Obst in Verbindung bringe als vielmehr mit deutscher Landtechnikindustrie. Dass der Schriftzug „Gutes aus deutscher Landwirtschaft“ möglichst gut lesbar sein soll, war offenkundig kein Gestaltungskriterium, denn sonst hätte man diesen kaum in schmalgestellten Lettern in Versalien als umlaufende Form angelegt. Rein grafisch betrachtet kommuniziert das Zeichen „Qualität“ nur bedingt.
![EU-Siegel „Geografische Angaben“, Quelle: EU](https://www.designtagebuch.de/wp-content/uploads/mediathek//2023/12/eu-siegel-geografische-angaben-743x545.jpg)
Die aus sechs Segmenten in Nationalfarben geformte Feld-/Hügel-Grafik hingegen stellt eine gute und passende Form mit Potenzial dar, insbesondere in Bezug auf Kriterien wie Erfassbarkeit, Memorierbarkeit und Differenzierung. Offenbar hat man sich hier an die Gestaltung der EU-Siegel „geografische Angaben“ angelehnt, die eine ganz ähnliche Linienstruktur enthalten. Bereits seit 1992 gibt es diese drei gelb-blauen bzw. gelb-roten EU-Siegel.
Mediengalerie
- Herkunftskennzeichen Deutschland, Quelle: ZKHL
- Herkunftskennzeichen Deutschland, Joachim Rukwied, Friedrich-Otto Ripke, Josef Sanktjohanser, Dagmar Klingelhöller, Dr. Henning Ehlers (v.l.n.r.) präsentieren die Branchenvereinbarung Herkunftskennzeichen Deutschland, Quelle: ZKHL
- Herkunftszeichen Deutschland Siegel/Logos, Quelle: Aldi, Kaufland, Lidl, CMA, Norma
Weiterführende Links
Es ist ein Zeichen der Zeit, dass alles immer weiter fragmentiert wird. Siegel, Geschlechter, KFZ-Segmente, Einsatzzweck für Sportartikel (MTB-Kategorien!), Unabhängigkeitswünsche von Kleinstaaten, Politische Parteien, neue Gesetze etc, etc. Mit jeder gefüllten Lücke entstehen zwei neue und es findet sich schon jemand, der diese besetzen will. Und jeder will dafür natürlich gebührende Aufmerksamkeit und Rechte einklagen. Wir verlieren uns in Details und immer mehr Bürokratie, um all die Details für jeden erdenklichen Fall, jede erdenkliche Gruppe zu regeln. Aber hey, es schafft Jobs, zwar Bullshit-Jobs, aber egal. Dabei gerät das Ziel völlig außer Augen, die Wurzel der Probleme bleibt bestehen. Nur Symptome werden oberflächlich behandelt. Ich kann absolut nachvollziehen, wenn man davon überfordert ist und keinen Bock darauf hat. Man verliert den Überblick und sehnt sich nach einfachen Lösungen. Es ist m.M. nach offensichtlich, dass die fortschreitende Fragmentierung zum Scheitern verurteilt ist. Irgendwann platzt das Ganze.
Dieser Clip von Switch reloaded nimmt das mit Bezug Essen ganz gut aufs Korn:
https://www.youtube.com/watch?v=f4GDh-bIpAk
Was wär denn in diesem Zusammenhang „das Ziel“? Und was genau „die Wurzel“ und welcher „Probleme“ denn überhaupt? „Symtome“ wovon werden behandelt? Wovon ist wer „überfordert“ und wer hat „keinen Bock” auf was genau? Was ist in deinem Fall „das Ganze“ und wie sähe das „Scheitern“ aus? Fragen über Fragen.
Besonders listig die Aneinanderreihung billiger Floskeln mit einem Video vollgestopft mit billigen Pointen belegen zu wollen.
Oh boy, da ist aber jemand angefressen…
Aber OK, bleiben wir mal bei Siegeln/diesem Siegel: Die Kennzeichnung von Qualität und Regionalität sowie eine Verbesserung/Vereinfachung der Entscheidungsfindung des Kunden (=das Ziel) wird durch das Siegel m.E. nicht erreicht, da es, wie im Artikel beschrieben, immer mehr/zu viele solcher Siegel gibt. Es gibt für alles ein Siegel, die muss man vergleichen und dann abwägen, welchem man vertrauen kann. Das ist für den Kunden erstmal mehr Aufwand (=Überforderung, keinen Bock, man gibt von vorneherein auf), wobei er nicht sicher weiß, ob es sich lohnt.
Minderwertige Lebensmittel/bedenkliche Haltungsformen (=das Problem) werden nicht dadurch besser, dass ein Siegel daraufklebt (=Symptombehandlung), welches das behauptet. Und nur weil etwas aus Deutschland kommt, ist es nicht automatisch besser, siehe Tierwohllabel.
https://www.instagram.com/p/CzZIg_ssFCt/?img_index=1
Jemand muss sich die Siegel und die Konzepte dahinter ausdenken, Regeln festlegen, kontrollieren (=Bürokratie, Bullshit-Jobs).
Die ganzen Siegel und alles, was damit verbunden ist (=das Ganze), wären unnötig, wenn der niedrigste Qualitätsstandard so hoch wäre, dass man sich keine zusätzlichen Gedanken machen muss, ob das noch extra gekennzeichnet werden muss bzw. ob man etwas vernünftiges kauft oder nicht (=einfache Lösung für den Kunden). Dabei steht aber m.E. der Kapitalismus (=die Wurzel des Problems) entscheidend im Weg, weshalb ich ihn als gescheitert bezeichne (außer natürlich für das obere 1% der Weltbevölkerung).
Wie das auf die anderen Bereiche anzuwenden ist, die ich exemplarisch aufgezählt habe, darfst du dir selbst überlegen.
Das Video trifft halt meinen Humor und war eine Assoziation. Belegen soll und kann das gar nichts. Eher überspitzt veranschaulichen. Das ist Satire.
Bravo! …Wer nicht sehen und verstehen will bleibt blind und begrenzt , trotz Augen und Hirn.
Hm, jetzt weiß ich schon wieder nicht woraus sich eine „Angefressenheit“ aus meinem Beitrag lesen liesse. Allein so mühsam hingebogen wie die Antworten daherkommen zeigt schon, dass das so beantwortete nur mit hellseherischen Qualitäten aus deinem ersten Poster herauszulesen wär.
Komplexität ergibt sich einfach aus der Tatsache, dass jeder Mensch ein Individuum mit ganz eigener Perönlichkeit ist. Jedem Menschen seine Individualität soweit zu lassen wie sie eben die anderer nicht tangiert halte ich schon für eine Selbstverändlichkeit. Der Gedanke, den Menschen Uniformität überzustülpen ist für mich ein eher beängstigender.
Dieses Siegel ( das ich für genauso überflüssig halte wie du) soll ja andere ersetzen und also eher mehr Übersichtlichkeit ins das Siegelwirrwarr bringen. Ich persönlich bin dann doch auch ein wenig froh darum weil es für mich dann eher ein Warnhinweis denn ein Kaufanreiz ist. Die Glyphosatlobby will allein mit Herkunft und bar jedweden Qualitätsanspruchs locken. Anständig finde ich es dann sogar dass sie diesen ihren Anspruch auch bildlich sichtbar macht.
@NSA liest sich nach einem klassischen Confirmation Bias und selektiver Wahrnehmung deinerseits. Ja die Welt wird komplexer – schon immer. Gute Kommunikation und verständliche Symbole sind daher gefragt.
Es kann sein, dass ich eine skeptische Grundeinstellung habe und deshalb eher auf etwas anspringe, was meine Skepsis legitimiert. Aber natürlich ist nicht jede neue Erfindung oder jedes neue Produkt schlecht, überflüssig oder komplex. Manches darf auch einfach nur schön sein. Und manches ist nunmal komplex. Ich bin einfach der Meinung, dass man sich bei so alltäglichen, einfach notwendigen Dingen wie Einkaufen nicht auch noch anstrengen müssen sollte, um sie zu erledigen. Gleiches betrifft z.B. die Kommunikation mit Behörden. Komplexität sollte abgebaut werden, wo immer es geht, damit man Energie für Dinge hat, deren Komplexität nicht abgebaut werden kann. Gute Kommunikation und Symbole sind definitiv wichtig, nur wenn sie sich auf etwas bezieht, was nicht erklärungsbedürftig sein müsste, wenn es anders (=besser) umgesetzt wäre, macht das auch die Kommunikation und die Symbole überflüssig.
Die Komplexität ist kein Zufallsprodukt oder gar ein biologisch natürliches Phänomen der Welt. Sie resultiert aus den bereits genannten Argumenten: Kapitalismus, Wachstum, Werteverlust und Gier. … Manchen reicht ein weiterer Sticker auf der Verpackung aus um den eigenen Verstand wieder auf Sleep-Mode (…“die Welt ist nunmal komplexer geworden“) zu setzen. Und manchen eben nicht.
“Gute Kommunikation und verständliche Symbole sind daher gefragt.”
Ist das aber nicht Kern der Kritik von NSA? Das Siegel fügt dem Gespräch eine Nullinformation zu – die beansprucht Aufmerksamkeit, bringt aber keinerlei Mehrwert. Wie Achim andeutet, zwischen der Herkunft “Deutschland” und der Qualität des Landwirtschaftlichen Erzeugnisses gibt es keinen kausalen Zusammenhang. Auch die vtl. interpretierbare Regionalität ist kein Argument, schließlich gibt es von nahezu jedem Punkt in Deutschland immer auch “ausländische ” Anbaugebiete die geographisch näher liegen als inländische.
“gute Kommunkation” wäre eine Information, mit der man etwas anfangen kann. Gäbe es einen allgemeingültogen Standard der Qualität bemisst, dann hätte “Gutes” vlt. einen Informationsgehalt. Brächte deutsche Landwirtschaft im europäischen vergleich grundsätzlich bessere Produkte hervor, dann hätte die Info “aus deutscher LW” einen Wert. Nichts davon aber ist Realität – das Siegel ist nur eine Simulation von Information – und damit ausgewiesen schlechte Kommunikation. (Und über die Gestaltung sprechen wir da noch gar nicht ;-)
Danke für den Artikel!
Das Zeichen macht zumindest deutlich, dass sich der Frachtaufwand für die Produkte in (deutschen) Grenzen hält. Was aber »Gutes« im Detail bedeutet und welche Kriterien dafür stehen, kann ich noch nicht erkennen.
Gestalterisch wirkt es auf mich noch nicht so richtig aus einem Guss. Und irgendwie schreit der Inhalt geradezu nach einer Schrift mit deutscher Herkunft.
Richtig. Das neue „Herkunftszeichen Deutschland“ trägt eine Schweizer Handschrift! Der umlaufende Text ist in der Helvetica (in schmal, fett) gesetzt, gezeichnet von den Schweizer Gestaltern Max Miedinger und Eduard Hoffmann.
Genau darauf wollte ich hinaus. Ist ja nicht so, dass wir in Deutschland keine fähigen Schriftgestalter hätten. 😉 Und dass der Traktor viel detaillierter/filigraner gestaltet ist als der Acker, auf dem er zu versinken droht. 😬🫣
Genau! Deshalb erlaube ich mir noch zu ergänzen, dass solche “Ackergewölbe” jenseits der künstlich beschneiten alpinen Buckelpisten in DEUTSCHER LANDWIRTSCHAFT kaum (noch) existieren! Weil es nix besseres für Profitgier (und deutsche Landmaschinen) gibt, als flaches Land…!
Ist das mit dem Frachtaufwand wirklich so? Ich wohne in Bayern: Obst und Gemüse aus Südtirol, der Schweiz, Österreich und Tschechien dürfte mit weniger Aufwand in meine Küche kommen als welches aus Schleswig Holstein…
furchtbar und nochdazu furchtbar originär:![](https://s20.directupload.net/images/231201/xwvmwswu.png)
ps: https://herkunft-deutschland.de/ : ein Traktor der Trauer beflügt…
ZKHL: Herkunftssiegel „Gutes aus Deutscher Landwirtschaft“ geht an den Start
(c)ZKHL: Herkunftskennezeichnung Deutschland
Anlässlich des Handelskongresses haben die fünf Vorstandsmitglieder der Zentrale Koordination Handel-Landwirtschaft e. V. (ZKHL) heute in Berlin eine wegweisende Branchenvereinbarung zur Einführung des Herkunftskennzeichens Deutschland unterzeichnet. Am selben Tag haben die Vertreter der führenden deutschen Handelsunternehmen ALDI Nord, ALDI SÜD, EDEKA, Lidl sowie Kaufland und REWE Group eine Absichtserklärung zugunsten des neuen Signets abgegeben, welches für Authentizität und echtes Made in Germany stehen wird. Mit dem Herkunftskennzeichen Deutschland werden Verbraucherinnen und Verbraucher zukünftig Erzeugnisse der deutschen Land- und Ernährungswirtschaft auf den ersten Blick im Lebensmitteleinzelhandel erkennen.
Das einzige Gute an dem gezeigten Logo scheint mir, dass das Wort Landwirtschaft hier “auf den Kopf” gestellt wird – und das trifft es ja dann auch ziemlich genau, betrachtet man sich die ZKHL etwas genauer…
Hui, das ist ja mal übel: Inhaltlich ist es schon fragwürdig genug, aber die gestaltung sieht aus wie eine erste Skizze? Ich bin wahrlich kein Typo-Nerd – und ich weiß dass Kreissatz immer eine Sache für sich ist – aber die Lücken bei “L A N” und die gequetschten Lettern bei “GUTE” tun fast physisch weh, beim Hinsehen… Jaja, ein “A” im Kreissatz – da muss man sich halt was überlegen und es nicht einfach nur stur hinschreiben und für “fertig” erklären.
Auch die Zeichnung ist nicht gut gelungen: Die Komplexität macht sie schwer lesbar, dass die Strichstärken, positiv wie negativ, zwischen Land und Traktor so unterschiedlich ausfallen ist einfach nur lieblos und faul.
Das ganze Siegel wirkt trashig, wie Wegwerfware – dass ausgerechnet dieses Zeichen ein Beleg für “Gutes” sein soll ist dann schon echtes Discounter-Marketing: Wir flüstern “gut”, aber wir schreien “billig”….
Der Traktor wirkt, als quäle er sich über die Hügel. Und als würde er sich gleich mit dem Hinterrad verhaken.
Der Strich, auf dem das Vorderrad steht, ist nach links so abgeschnitten, als gäbe es dort einen weißen Strich, der ihn überlappt. So wie es auch weiße Striche darunter auf dem Acker gibt. Das Hinterrad allerdings fährt nicht auf diesem weißen Strich sondern quasi im Strich drin. Das stört mich sehr. Würde man das korrigieren, würde es aber auch irgendwie so aussehen, als würde der Traktor halb schweben.
– Also so oder so irgendwie kein schöner Ansatz.
Aber ich erkenne durchaus einen Wert und ein Qualitätsmerkmal in diesem Logo. Lange wurde über Lieferketten geredet und warum man Tomaten vom anderen Kontinent essen muss. Das ist doch eine gute Reaktion darauf. Nach der “Reindustrialisierung” wird womöglich auch bald über eine “Reagrarisierung” geredet.
Aber:
Das Verhalten deutscher Bauern beäuge ich schon seit Langem mit Skepsis. Die “fünfte Fruchtfolge”, Ackerland bzw. Weideland teuer an Gemeinden für Bauland zu verkaufen (“grüne Wiese”), und gleichzeitig aber jammern, die Bevölkerung würde die gute Landwirtschaft nicht zu schätzen wissen, halte ich für widersprüchliche Argumente. Mit Slogans a’la “deutsche Landwirtschaft bedeutet Qualität!” kann man die Preise für Ackerland auch in die Höhe treiben und sich selbst besser verkaufen, wenn man mal wieder Subventionen will. Bauernschläue.
Ich hingegen beobachte “das Verhalten” ALLER Grundbesitzer mit Skepsis. Wie sind sie zu ihrem Grundbesitz gekommen? Der Adel, die Klöster, die Kirche, der “Staat”? Hat was mit (Früh-)Kapitalismus zu tun, denke (nicht nur) ich…Wenn man da mitspielt, ist Verkaufen doch nur eines, nämlich “systemrelevant”. Das ist Kapitalismus. Nenne mir eine/n, der da nicht mitspielen wollte…? “Wirklich schlaue Bauern” – um die Frage gleich selbst zu beantworten…
Übrigens: das Einzige, was man vom anderen Kontinent essen “muss” sind Bananen, Kiwis und anderer Lifestylevegankram. Guten Appetit dabei…!
Sehr gut getroffen! Der Trecker versinkt in
schwarze Gülle
rotes Glyphosat
gelbes Pestizid.
Die erdrückenden Versalien sperren alles schön ein und ersetzen jeden überflüssigen Baumknick.
Das finde ich ich eine richtig gelungene Interpretation! Kompliment!
Hi, ein Landwirt im Studium hier.
Das Siegel an sich halte ich für einfallslos und handwerklich wenig anspruchsvoll. Da muss ich allen Vorrednern recht geben. Eine Suche nach dem Keyword “Farm Logo” wirft bei Google genau dieses Motiv “Traktor und Feld im Kreis” aus. Ein Ausdruck von Qualität entsteht so leider überhaupt nicht.
Was mich aber immer wieder überrascht, ist das allgemein vorhandene Misstrauen gegenüber der deutschen Landwirtschaft, dass sich auch hier wieder in den Kommentaren und in der Kommentierung des Autors selbst zeigt. Die mitunter drastische Darstellung der Bauern als Umweltzerstörer und Tierquäler ist ein lange Zeit (manchmal mehr, manchmal weniger berechtigt) geprägtes Zerrbild. Dabei haben die EU und insbesondere Deutschland im internationalen Vergleich sehr hohe Standards in der Lebensmittelerzeugung (man erinnere sich an die Diskussionen um den Import von Chlorhühnern aus den USA im Zusammenhang mit dem TTIP-Handelsabkommen oder die Kontroversen um deutlich niedrigere Umweltschutzstandards der südamerikanischen Landwirtschaft bei der Verhandlung des EU-Mercosur-Abkommens). Düngung und Pflanzenschutz müssen akribisch dokumentiert werden und sind nur noch in sehr engen gesetzlichen Rahmen möglich. Glyphosat ist eines der am besten erforschten Pestizide weltweit.
Was die Tierhaltung angeht, kann ich die weit verbreitete Kritik durchaus nachvollziehen. Jahrelang wurden die Tiere immer mehr dem Haltungssystem angepasst, als andersherum. Da gibt es aber ein Umdenken innerhalb der Branche.
Was mir bei all diesen Diskussionen immer wieder zu kurz kommt, ist die Rolle, die der allmächtige Lebensmitteleinzelhandel in Deutschland hat. Vier große Konzerne (Edeka, Aldi Nord & Süd, Schwarz Gruppe mit Lidl & Kaufland, Rewe) bilden ein Oligopol, welches den Erzeugern die Bedingungen und den Preis diktiert. Gleiches gilt auch gegenüber Verarbeitern wie Molkereien, die sich nach dem Preisdiktat der vier Großen zu richten haben. Einziges Ziel dieser Preisvorgaben ist, dass die einzelne Kette dann Grundnahrungsmittel, besonders Fleisch, am günstigsten in der Werbung auspreisen kann. Damit ist eine ruinöse Preisspirale entstanden, die am Ende auf dem Rücken der Erzeuger ausgetragen wird und natürlich auch die sinkende Wertschätzung gegenüber diesen eigentlich wertvollen Lebensmitteln bestärkt.
https://www.topagrar.com/markt/news/lebensmitteleinzelhandel-betreibt-gefuehlt-ein-monopol-13395828.html
Gleiches gilt übrigens auch für den Handel mit Erzeugnissen wie Weizen oder Mais. Beides wird an internationalen Börsen gehandelt und der Einfluss der Erzeuger auf den Preis, den sie am Ende erhalten, ist im Prinzip nicht vorhanden. Das unterscheidet die Landwirtschaft ganz grundlegend von anderen Wirtschaftszweigen, die in der Preisgestaltung für ihre Produkte doch sehr viel freier sind.
Nun aber zurück zum eigentlichen Thema des Blogs. Mir fiel jetzt kürzlich in der Werbung auf, dass die Grüne Woche in Berlin das Logo und gesamte CI im Jahr 2023 erneuert hat. Das vorherige Logo war ursprünglich von 1935, mit einer Anpassung im Jahr 2006. Vielleicht wäre diese Entwicklung ja ein passendes Thema für einen neuen Artikel?
https://www.gruenewoche.de/internationale-gruene-woche/downloads-alle-sprachen/fuer-aussteller/marketing_logos/kommunikationskit.pdf
https://de.linkedin.com/posts/messe-berlin-gmbh_alles-gl%C3%A4nzt-so-sch%C3%B6n-gr%C3%BCn-neuer-markenauftritt-activity-7059499166028185600-gln9
@ Anton:
Zu “Vier große Konzerne (Edeka, Aldi Nord & Süd, Schwarz Gruppe mit Lidl & Kaufland, Rewe) bilden ein Oligopol, welches den Erzeugern die Bedingungen und den Preis diktiert. ” erlaube ich mir ein “Fragezeichen”:
Wenn die Erzeuger im großen Umfang dabei “mitmachen” ist es kein “diktieren” des Preises durch die Genannten, sondern ein “akzeptieren” der Landwirte. Wo waren denn hier in Deutschland in den letzten Jahrzehnten vergleichbare Traktor-Demonstrationen gegen die angeführten Oligopolisten? Ich kenne Bauern und Bäuerinnen, die schon in den 1970ern selbst in den großen Lebensmittelmärkten eingekauft haben, obwohl es noch Tante-Emma-Läden in den Dörfern gab (Stichwort: “Geiz ist geil”).
Übrigens: ich kenne Land- und Forstwirtschaft bestens aus eigener Mitarbeit in meiner Kindheit und Jugend, bis heute versuche ich “Selbstkritik” zu fördern. Deshalb kann ich über den Missbrauch von Pestiziden, Düngemitteln und Monokulturen “ein Lied singen”…und von der “Hörigkeit” der Bauern gegenüber den Landwirtschaftsministern und – ämtern. Jede Sau, die von dort aus über das Land getrieben wurde, ist (wegen der Subventionen?) gerne in einer Wachstumsideologie der meist konservativen Kräfte im Land umgesetzt worden. Wenn die eine Sau dann “tot” war, wurde auf ein anderes Pferd gesetzt…(also wie in der freien und unsubventionierten Marktwirtschaft halt auch)…
Ich wünsche viel Erfolg noch beim Studium und beim Umsetzen besserer Ideen als bisher und freue mich über jede bereits schon jetzt erreichte Verbesserung. Das Logo der Oligopolisten habe ich hier bereits kommentiert.