Das Investmentbanking- und Wertpapierhandelsunternehmen Goldman Sachs hat in den letzten Monaten sukzessive den eigenen Markenauftritt weiterentwickelt. Im Umfeld von Social Media hat das Bankinstitut vor wenigen Tagen sein Logo ausgetauscht. Ein Comeback feiert dabei ein typografisches Element, das erst 2016 im Zuge des letzten Rebrandings aussortiert wurde.
Den Grundstein für das Unternehmen Goldman Sachs hatte der in Trappstadt (Bayern) geborene Marcus Goldman gelegt. Im Jahr 1869 migrierte Goldmann in die Vereinigten Staaten, wo er im gleichen Jahr in New York City das Unternehmen M. Goldman & Company gründete. 1882 trat Goldmans Schwiegersohn Samuel Sachs in die Firma ein. 1885 änderte sich der Name des Unternehmens in M. Goldman & Sachs. Heute gehört das Unternehmen, das weltweit rund 48.500 Mitarbeiter beschäftigt, zu den umsatzstärksten Unternehmen in den USA (aktuell Platz 60. Fortune 500).
Das letzte nennenswerte Rebranding hatte Goldman Sachs vor vier Jahren durchgeführt. Damals wurde die Wortmarke im traditionell blau-weiß gehaltenen Logo neu gesetzt, und dabei die für das Unternehmen charakteristische Verbindung der Buchstaben „G“ und „S“ aufgelöst. Auch eine eigene Hausschrift namens Goldman Sans wurde 2020 eingeführt (NY Times berichtete).
Kurze Zeit später übernahm Fiona Carter, als erste Frau auf dieser Position bei Goldman Sachs, die Marketing-Leitung (CMO). Carter fungierte zuvor bei AT&T als Chief Brand Officer, davor war sie 10 Jahre Managing Director bei BBDO (New York). Unter Carter wurden in der jüngeren Vergangenheit verschiedene Justierungen am Markendesign vorgenommen, insbesondere bei der Typographie wurde Hand angelegt. Die „GS“-Ligatur, lange Zeit ein zentrales Gestaltungsmerkmal im Logo von Goldman Sachs, ist zurück. Mehr noch: zusätzlich zur vertikalen GS-Ligatur führt das Unternehmen ein Monogramm ein, das über eine horizontale GS-Ligatur verfügt und fortan als Profilbild zum Einsatz kommt, wie die nachfolgende Gegenüberstellung veranschaulicht.
Profilbild – vorher und nachher
Seit den frühen 1970er-Jahren besteht das Logo von Goldman Sachs aus einer in Serifenschrift gesetzten, zweizeiligen weißen Wortmarke, die in einem hellblauen Quadrat („blue box“) am oberen Rand platziert ist. Entworfen wurde diese erste Version von der Agentur Lippincott. In verschiedenen Anwendungskontexten hat das Unternehmen auch eine mittige Ausrichtung des Schriftzugs innerhalb des Quadrats genutzt.
Nun verabschiedet sich das Unternehmen von zwei Gestaltungsmerkmalen. 1. Die Typo ist neuerdings in schwarz statt in weiß gehalten. 2. Das Quadrat als Korpus entfällt. Zudem fungiert neben dem vollständigen Logo auch ein neues GS-Monogramm (Abb. oben) als Markenabsender. Auf goldmansachs.com nutzt das Unternehmen seit kurzem die in der Farbe schwarz gesetzte Wortmarke „Goldman Sachs“ als Logo, ohne das Quadrat.
In den vergangenen Wochen und Monaten wurde nicht nur das Logo ausgetauscht, es erfolgte auch eine Umstellung der Hausschriften. Erst vor vier Jahren hatte das Unternehmen eine Serifenlose namens „Goldman Sans“ eingeführt. Die von Dalton Maag (London) gezeichnete Schrift wurde teilweise als langweilig, als zu wenig eigenständig kritisiert. „Goldman Sans is a typeface that does not wear a tie. It’s a casual Friday“, so Schriftgestalter Erik Spiekermann gegenüber der New York Times.
Auf die „Goldman Sans“ folgt nun die Serifenschrift namens „GS Serif“ (Abb. oben). Die „GS Serif“ kommt bei Überschriften und kurzen Textstellen zum Einsatz. Längere Texte sind fortan in der „GS Sans“ gesetzt, zuvor „Basis Grotesque“. Zur Schriftfamilie der „GS Sans“ gehört auch ein Schnitt mit schmalen Lettern („GS Sans Condensed“).
Hellblau, seit Jahrzehnten für Goldman Sachs charakteristisch, bleibt als Primärfarbe bestehen.
Der Nachhaltigkeitsreport 2023 (PDF) gehört zu den ersten Medienanwendungen, in denen die weiterentwickelten Brand Guidelines und die neuen Hausschriften zur Anwendung gekommen sind. Die Weiterentwicklung des Markendesigns erfolgt, laut Informationen von Business Insider, in Zusammenarbeit mit Jones Knowles Ritchie (JKR).
Kommentar
Nun trägt die Marke Goldman Sachs wieder Anzug und Krawatte respektive Business-Kleid. Auch wenn der Dress Code im Unternehmen zuletzt etwas gelockert wurde – über die Typographie vermittelt die Marke nun wieder mehr Stil, mehr Klasse. Die GS-Ligatur, kürzlich erst ausradiert, wird nun reaktiviert und zum identitätsstiftenden Brand-Asset ausgebaut. Beides, die neuen Hausschriften wie auch die mikrotypographischen Details im Logo, sorgen für mehr Eigenständigkeit.
Die „GS Serif“ macht sich in Überschriften gut. Braucht es mit der „GS Sans Condensed“ wirklich eine zweite Headline-Schrift, die zudem über völlig verschiedene stilistische Merkmale verfügt? Darüber kann man diskutieren.
Goldman Sachs ist, ähnlich wie etwa auch Konkurrent J.P.Morgan, als Marke eher konservativ, klassisch-traditionell ausgerichtet. Das Hellblau bei Goldman Sachs ist weiterhin gedeckt, entgegen dem Trend zu satt-leuchtenden RGB-Tönen. Die Bildsprache ist wenig auffallend, größtenteils konventionell. Auf illustrative, dekorative Elemente wird bei GS weitestgehend verzichtet. Um so bedeutender ist für eine Marke wie Goldman Sachs die Typographie. Da ist es schon verwunderlich, wenn, wie beim letzten Redesign vor vier Jahren geschehen, die wenigen wirklich identitätsstiftenden Gestaltungsmerkmale dem Rotstift zum Opfer fallen. Als würde man die Rendite-stärksten Titel aus dem Wertpapier-Portfolio streichen.
Anders als zuletzt zahlen die jüngsten Anpassungen wieder positiv aufs Markenkonto ein, so jedenfalls mein Eindruck. Der Markenauftritt wirkt wertiger, die Marke klassischer ergo verlässlicher, beständiger. Gerade in wirtschaftlich wie politisch herausfordernden Zeiten sind Verlässlichkeit und Beständigkeit Schlüsselwerte.
Mal G+S zusammen, dann getrennt und nun wieder zusammen. Viel hat sich auf den ersten Blick nicht getan, ich meine aber, dass nun die Breite von G und S angeglichen wurde (der obere S-Bogen), sodass das vertikale Signet insgesamt harmonischer wirkt. Da nun die Marke in schwarz auf dem blauen Hintergrund liegt, frage ich mir nur, ob ein etwas hellerer Blauton besser gewesen wäre. So wirkt es schon etwas dunkel.
Goldman Sachs liefert ein schönes Beispiel dafür, wie ein gutes Logo auch über Jahrzehnte hinweg Bestand haben kann. Natürlich ändern sich die umgebenden Materialien, Medien, Bilderwelten, Schriftarten und ja, die Ligatur wird auch mal aufgelöst und wieder gebildet, aber die Konsistenz bis zurück in die 1970er Jahre finde ich sehr beeindruckend. Damit steht es wohl in einer Liga mit Größen wie IBM, Coca-Cola, General Electric und vielen Automobil-Marken. Mein spontaner, nicht recherchierter und völlig subjektiver Eindruck ist, dass es nicht mehr viele dieser langen Logo-Historien gibt!?
Die GS-Ligatur jetzt horizontal und vertikal zu haben finde ich nur konsequent. Sehr gut! Da ansonsten sehr wenige zusätzliche Gestaltungselemente eingesetzt werden, stehen die genutzten umso mehr auf dem Prüfstand: Farbe geht für mich in Ordnung, die Exklusivschrift wirkt auf mich allerdings gar nicht so exklusiv. Da hätte ich formal zu mehr Eigenständigkeit und vor allem Bezug zur Wortmarke geraten.
Alle reden über das GS. Mir gefällt es überhaupt nicht, dass das ch sich wieder berührt.
Aus welchem Grund? Solche Wiederholungen können ja auch dafür sorgen die GS-Ligatur als bewusstes Stilelement wahrzunehmen und nicht als Fremdkörper.
Finde es passt überhaupt nicht zum Rest der Schriftart
Die GS-Ligatur verstehe ich. Die beim »ch« aber nicht. Das wirkt eher austauschbar und steht in Konkurrenz zu dem GS. Als deutliche Verbesserung empfinde ich, dass das vertikal GS jetzt links und rechts gleichermaßen bündig ist, im Gegensatz zur Version von 2016, wo das noch nicht der Fall war.
Das Beispiel mit »The Power Of Partnering with Goldman Sachs« würde etwas mehr Zeilenabstand vertragen. Das »g« und »S« berühren sich ja fast. Aber ansonsten sehr reduziert und schick.
Für meine Augen ist Schwarz-Auf-Blau irgendwie anstrengend. Die weißen Schriften der älteren Logos finde ich sehr leicht zu lesen, das Schwarz verschwimmt etwas vor meinen Augen. Liegt das nur an mir, oder ist da der Kontrast jetzt wirklich ungünstiger geworden?
Mmh… die Berechnung ist da ziemlich eindeutig. Der Farbkontrast Schwarz auf GS-Hellblau (7.11:1) ist deutlich größer als bei Weiß auf GS-Hellblau (2.95:1).
Als Minimum gemäß ISO-9241-3 und ANSI-HFES-100-1988 gilt ein Kontrastverhältnis von 3:1. Der Farbkontrast im bisherigen Logo ist demnach unzureichend, während er im neuen Logo sehr gut ist.
Danke für die Ergänzung. Ein schönes Beispiel dafür, wie unterschiedlich Farb- und Kontrastwahrnehmung sind. Mir selbst geht es genau wie Florian Auer. Entgegen der Berechnung kann ich die weiße Schrift viel besser lesen als die schwarze. Auch ich empfinde Schwarz auf Blau sehr anstrengend, während ich mit dem Weiß überhaupt keine Probleme habe. Hätte ich die berechneten Werte den Beispielen zuordnen müssen, hätte ich sie ohne zu Zögern dem jeweils ‘falschen’ Beispiel zugewiesen.
Danke Achim, für diese interessante Info (für mich als Laie bisher unbekannt). Nichts desto trotz ist es dann wohl doch pure Theorie, wenn bereits eine Mehrheit den Kontrast schlechter empfindet. Die Formel 3:1 lässt sich sicherlich auch nicht bedenkenlos auf alle Farbtöne und gleichermaßen schwer von weiß zu schwarz übertragen. Schließlich muss es wohl für alles eine Norm geben… Am Ende zählt aber der Eindruck am realen Objekt.
PS: Gerade Blau- und Rottöne wirken mit gleicher Helligkeit deutlich dunkler, als z.B. grün bzw. beinahe der gesamten restlichen Farbskala. In der untersten Reihe ist der Hintergrund einen Hauch heller gesetzt:
Besten Dank Paddy.
Hier spielt ein weiterer Aspekt hinein. Für das Farbempfinden ist neben der Helligkeit der Farbe auch ihr Sättigungsgrad entscheidend. Das menschliche Auge nimmt gesättigte Farben allgemein heller wahr (Helmholtz-Kohlrausch-Effekt). Konkret bedeutet dies: Blau wirkt in diesem Fall dunkler, da der Sättigungsgrad dieser Farbe, wie meine Messung ergeben hat, geringer ist, als der von Grün und Rot.
Allgemein: Farben können über den gleichen Helligkeitswert verfügen, und dennoch aufgrund ihrer unterschiedlichen Sättigung unterschiedlich hell wirken.
Die in der Grafik oben enthaltenen Farben sind zwar gleich hell, allerdings verfügen sie über unterschiedliche Sättigungswerte! Mit identischen Helligkeits-(67) und Sättigungswerten (44) schwindet der Unterschied (Abb. unten). Blau wirkt dann (in meinem Empfinden) nicht mehr dunkler als Grün oder Rot, unabhängig davon, ob Text davor in weiß oder in schwarz gesetzt ist.
Danke Paddy.
Zunächst einmal: wenn drei Leser den Blau-Weiß-Kontrast als stärker wahrnehmen, lässt sich davon keinesfalls ableiten, dass „eine Mehrheit“ – per se – diese Auffassung vertritt.
Das Ergebnis der Farbwertkontrast-Messung ist zugegebenermaßen auch für mich überraschend. Ich hätte spontan den Unterschied der Kontrastwerte nicht als so groß eingeschätzt. Die persönliche Wahrnehmung ist jedoch nachrangig. Denn die eigene Wahrnehmung hängt von der jeweiligen Anwendungsumgebung ab (Endgerät, Monitor, Browser, Lichtverhältnisse, etc.). Beispielsweise auch körperliche Faktoren wie Müdigkeit, Konzentrationsfähigkeit beeinflussen die Wahrnehmung. Da die Anwendungsumgebungen verschieden sind, braucht es allgemeingültige Richtwerte und Standards.
Die vom W3C-Konsotium herausgegebenen Richtlinien, die sogenannten „Web Content Accessibility Guidelines (WCAG)“, in denen auch Farbkontrastwerte definiert sind, sind keine pure Theorie, sie sind elementare Eckpfeiler im Design digitaler Anwendungen (Apps, Websites, u.a.). Auch wenn Logos diesen Richtlinien nicht unmittelbar unterliegen, ist es sinnvoll, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen. Gutes Design ist schließlich zugänglich.
Bereits seit 2016 sind Städte und Gemeinden verpflichtet, Inhalte von Webseiten Menschen mit Einschränkungen und Behinderungen zugänglich und lesbar, sprich barrierefrei zu machen (EU-Richtlinie 2016/2102). Barrierefrei bzw. barrierearm heißt auch, Texte und Funktionselemente, wie Links und Schaltflächen, mit entsprechend großem Farbkontrast auszustatten. Die WCAG-Farbkontrastwerte sind in vielen Bereichen verbindlich, kein „nice to have“, kein Gimmick. Bundesbehörden (§ 11 BGG) sind verpflichtet digitale Angebote barrierefrei und nach entsprechenden Richtlinien zu gestalten. Beispielsweise auch im Rahmen von ISO-Zertifizierungen sind für Unternehmen Normen, die die Benutzerfreundlichkeit von Geräten betreffen (ISO 9241), zwingend einzuhalten, so diese denn zertifiziert sein sollen.
Ab August 2025 gilt zudem für alle Websites und Apps und alle Unternehmen eine gesetzliche Pflicht zur Barrierefreiheit. Geregelt ist dies im Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG), das 2021 verabschiedet wurde. Es ist also wichtig, sich als UI/UX Designer, -Konzepter, etc. mit derlei Richtlinien und Normen auseinanderzusetzen.
Vielen Dank Achim, für Deine ausführliche und fachliche Rückmeldung! Da will ich mich gar nicht weiter dagegen stellen, sicherlich haben Normen ihren Grund und sind als Leitfaden/Basis grundsätzlich wichtig. Auch verstehe ich die Subjektivität der von Dir genannten Punkte im Hinblick auf technische und menschliche Unterschiede.
Im aktuellen Fall bin ich und einige Weitere (Mehrheit hin oder her) nur definitiv der Meinung, dass der Kontrast zu gering bzw. das blau zu dunkel (oder zu gesättigt) ist. Vermutlich wollte man einfach die Farbe beibehalten, um weitere CI-Änderungen zu vermeiden. Auch bleibt nun die Option, dass das Logo oder Text nach wie vor auch in weiß funktioniert.
Ich denke auch, dass hier der Wunsch auf Seiten der Verantwortlichen zu erkennen ist, das Hellblau in seiner bestehenden Zusammensetzung unbedingt zu erhalten, als Konstante, um so Verlässlichkeit zu kommunizieren. Ein möglichst geringer Aufwand bei der Implementierung, wie von Dir angedeutet, könnte hier ebenfalls mit hineinspielen.
Als ideal empfinde ich die aktuelle Lösung ebenfalls nicht. Schon eine minimale Aufhellung des Blautons, wie in dem von mir hochgeladenen Beispiel zu sehen, lässt die darauf abgebildete schwarze Wortmarke nicht mehr schmutzig / düster erscheinen. So jedenfalls meine Wahrnehmung.
Ich finde auch Weiß auf dem Blau besser zu lesen. Der Blauton scheint einer von denen zu sein, die relativ schnell “dreckig” und schwarz wirken, obwohl sie ja klar im oberen Helligkeitsbereich liegen. Wenn da dann noch schwarzer Text drauf liegt zieht er das optisch noch weiter runter.
Das vertikale Monogramm finde ich stimmig, die horizontale Variante aber überhaupt nicht elegant. Ich kann verstehen, dass eine Anordnung mit quadratischer Grundfläche bei Social Media sehr praktisch ist, aber vielleicht hätte man das S höher oder tiefer am G ansetzen sollen?
Ohne das Monogramm wirkte das Logo seiner Identität beraubt, daher gefällt mir die Rückkehr zur Verbindung.
Also ich weiß nicht, ob nur mir das so geht, aber ich empfinde die ausgeschriebene Variante als total unbalanciert. Die Spationierung haut für mich mit diesen Ligaturen einfach nicht hin.