Die September-Ausgabe von „Frisch im Netz“. Wieder mit den jüngsten Relaunchs der vergangenen Tage/Wochen. Mit dabei sind Stern.de, Neon.de, Deutsche-Bank.de, FCK.de und Uni-Trier.de. Soviel vorab: in dieser Ausgabe gibt es mehr Schatten als Licht zu sehen.
Stern.de
Als im Juli auf Stern.de Icons getilgt wurden, war dies gewissermaßen der Vorbote für den nun vollzogenen Relaunch. Ein Relaunch, der bezeichnend für die Verlagsbranche ist: bloß nicht zu viel verändern, nur keine Experimente und bitte keine Novitäten. Weder macht Stern.de in Sachen Aufbereitung für mobile Endgeräte einen Schritt nach vorne, noch ändert sich etwas hinsichtlich der Werbemittelformate. Das Festhalten an Skyscraper & Co. wirkt wie ein Korsett, das dem Auftritt bei einer Gesamtbreite von unverändert 850 Pixel jegliche Kreativität abschnürt. Eine statt zwei Spalten für die Ressort-Teaser – eine Marginalie. Der letzte Relaunch ist mittlerweile vier Jahre her. Stern.de braucht kein modifiziertes Logo im Header oder einen neuen Nachrichten-Slider sondern eine Neukonzeption. In eigener Sache – stern.de in frischem Gewand
Neon.de
Mit Neon.de hat ein weiteres Angebot aus dem Hause Gruner & Jahr in jüngster Zeit ein Relaunch erfahren. In der eigenen Community kommt die „optische Überarbeitung“ nicht sonderlich gut an. Das viele Weiß und die Schriftart seien furchtbar, es fehle an Übersichtlichkeit, so unisono die Kritik. Tatsächlich sorgte eine Hintergrundfarbe bislang für eindeutige Grenzen bei Content-Modulen. Klar, dass gerade Stammleser diese Eindeutigkeit nun vermissen und sich die ein oder andere Linie als strukturierendes Element wünschen, etwa bei der Hauptnavigation. Auch nach dem Relaunch ist unverkennbar, dass die Schwerpunkte der Nachrichtenmarke NEON eher im Print liegen. Davon zeugt auch das selbst drei Wochen nach dem Relaunch auf Twitter verwendete veraltete, grüne Profilbild.
Deutsche-Bank.de
Die Deutsche Bank hat ihr Privatkunden-Portal erneuert. „Optimal auch für PC und Tablet“, wie es auf der entsprechenden Infoseite heißt, ist der Auftritt freilich nicht. Dafür ist unter anderem die Schrift zu klein geraten. Auf Seiten mit großformatigen Bildern erscheint zudem bereits unterhalb von 1.500 Pixeln ein Scrollbalken. Das sollte nicht sein. Optimaler (Lese)Komfort auf dem Tablet sieht sicherlich anders aus. Ebenfalls nicht sonderlich elegant sind in Grafiken/Bildern eingebettete Texte. Auf der Startseite bewirkt ein Klick auf den größten Teaser (Private Banking), dass sich ein Tab öffnet und man das Privatkunden-Portal verlässt. Auch dies sollte nicht sein. Da alle bildlastigen Teaser-Module optisch gleich aussehen, erwartet der Nutzer auch eine funktionale Gleichbehandlung. Leider steckt hinter der grundsätzlich ansprechenden Fassade kein schlüssiges Konzept.
FCK.de
Auch wenn es für den 1. FC Kaiserslautern sportlich derzeit noch nicht rund zu laufen scheint – in der 2. Bundesliga belegt der Verein nur Platz 11 – in Sachen digitaler Präsenz geht der Verein als Taktgeber voran (siehe Pressemeldung). Wie ich Anfang September auf Twitter schrieb, verfügen von den insgesamt 36 Bundesligavereinen gerade einmal 4 über einen Webauftritt mit Responsive Design. Es sind dies FC Bayern, DSC Arminia Bielefeld, Fortuna Düsseldorf und nun eben 1. FC Kaiserslautern. Zweifellos besteht kein Automatismus a la: Responsive Design = optimaler Webauftritt. Die Maßnahme zeigt allerdings, dass man mit der Ausrichtung auf aktuelle Webtechnologien die mit dem eigenen Webauftritt verbundenen Chancen offensichtlich erkannt hat.
Uni-Trier.de
Wenn ein Relaunch eine Eigenproduktion ist und weitgehend aus Bordmitteln geschultert wurde, muss man das dem Webauftritt nicht zwangsläufig ansehen. Wenn dabei allerdings Informatiker den Hut auf haben, dann lässt sich das nicht verbergen, zumindest optisch. Typisch, dass auf der Erklärseite von „Unterseiten vererbt“ gesprochen wird. Auch anhand dieses Websprechs wird deutlich, dass in diesem Fall die interne Sichtweise dominiert, was per se für ein solches Informationsangebot keine Ideal darstellt. Kacheldesign ist zudem kein Garant für gute Nutzerführung. Das war schon beim Relaunch von Heidenheim zu beobachten. Auch Uni-Trier.de kann in Sachen intuitive Nutzerführung nicht überzeugen, wie auch das folgende Beispiel zeigt. Ein dt-Leser schlug den neuen Auftritt gar für den Spooky-Award vor, da er „noch hässlicher und unübersichtlicher als zuvor“ sei. So sah der Webauftritt vorher aus. Es ließen sich viele Fragen wie die folgende formulieren. Wenn die Hausschrift eine Times New Roman ist, wieso nimmt man dann im Web ausschließlich eine zu klein gesetzte Arial? Warum werden die den Texten vorgestellte Pfeilgrafiken nicht konsequent und ausschließlich als Link-Symbole eingesetzt? Und so weiter und sofort. Hier gehts zur Pressemeldung: Modern und mobil – der neue Internetauftritt der Universität Trier
Internet ist scheinbar schwierig. Uni Trier ist wirklich gruselig. Die Änderungen beim Stern *hüst* nicht spürbar. Schaut altbacken aus. Leider haben auf FCK.de einige Elemente dem Startschuss nicht gehört und verhalten sich nur begrenzt responsive. Tja, zur Deutschen Bank kann ich nur mit dem Kopf schüttelln. So viel Kapital und so ein Ergebnis. Wurde das in Eigenregie gemacht? Man müsste doch nur mal bei der Postbank schmulen. Sehr moderner Auftritt mit erstklassigem und fortschrittlichem Online-Banking.
Ich muss dem Siedler leider zustimmen. Es ist traurig zu sehen, was für lausige Websites mit diesen teils riesigen Budgets erstellt und abgenickt werden. Wobei ich die Seite der Deutschen Bank rein optisch in Ordnung finde.
Und wie so oft gilt: Nur weil ich die Werkzeuge hab, bin ich noch lang kein Flaschner.
Über kreative Fähigkeiten und wie diese beurteilt werden lässt sich wie immer kaum streiten, der eine sieht was der andere sieht und das dann auch wieder aus einem anderen Winkel.
Was ich aber meine häufig feststellen zu können, das Printgestalter aus Überschätzung meinen, Web könne ja jeder und sei auch nichts anderes. Ich glaube eines der Hauptprobleme unserer Gilde ist, das wir uns gerne über die unzureichende Arbeit anderer Aufregen aber unsere eigenen Grenzen nicht kennen oder nicht wahr haben wollen.
Am Beispiel Neon ist doch auffällig wie wenig der User geführt wird. Die Vorliebe für reduzierte schlichte Gestaltung, die im Print funktioniert, lässt hier die User verantwortungslos hängen, überfordert Ihn und langweilt Ihn zu gleich.
Ich wünsche mir einen ehrlicheren Umgang mit den eigenen Fähigkeiten und mehr Bewusstsein für die Verantwortung, die wir für den Kunden tragen. Das wir uns unsere Grenzen eingestehen und andere Profis mit ins Boot holen um für den Kunden das Optimum aus einer übertragenen Aufgabe holen, kreativ und verantwortlich! … naja und den Weltfrieden natürlich.
Beim Stern wird kritisiert, dass das Logo des Online-Auftritts an das veränderte des Print-Mutterblatts angepasst wurde, und bei Neon wird kritisiert, dass das nicht (konsequent) geschah. Da ist die Kritik aber auch nicht ganz konsistent.
Also die Website der Uni-Trier .. ne, geht gar nicht. Schließe mich der Forderung nach der Vergabe des “Spooky-Awards” mit an.
Nebenbei lügen die in ihrer “News”-Meldung so kräftig, dass sich die Balken biegen – von Responsiveness konnte ich nix, aber auch wirklich GAR NICHTS erkennen. Sowohl klassisches Resizing (mit der Webdeveloper Toolbar > Resize > Responsive Layouts) als auch auf echter Hardware ist von auflösungsgerechter Anpassung und Skalierung nichts zu spüren.
Nachtrag: Und weder Media Queries noch sonstige etwaige JS-Helferlein waren in den eingebundenen CSS- bzw. JS-Dateien zu finden.
Um die Pressemitteilung zu zitieren: Ja, “kostengünstig”. Man wollte wohl das Wort “billig” vermeiden … Ein Übungsmittel für die Erstsemester. Gruselkabinett.
cu, w0lf.