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FH-Trier-Crowdsourcing: Reaktion des Dekan FB Gestaltung Prof. Franz Kluge

Das vorerst letzte Kapitel in Sachen FH-Trier-Crowdsourcing. In seiner Antwort rechtfertigte Prof. Dr. Jörg Wallmeier, Präsident der FH Trier, die Projektausschreibung auf 12Designer.com mit den Worten: „Die gewählte Plattform 12designer.com und ihr Ruf waren der Hochschulleitung nicht bekannt, sondern wurden von Vertretern der betreffenden Fachrichtung vorgeschlagen.“ Verantwortlich für die Ausschreibung auf dem Crowdsourcing-Portal, so Wallmeier, sei ausschließlich der Fachbereich Gestaltung.

Gestern nun schrieb mich der Dekan des Fachbereichs Gestaltung der FH Trier an, Prof. Franz Kluge, der keineswegs gewillt ist, den von Wallmeier zugespielten schwarzen Peter anzunehmen. Allein die Hochschulleitung sei für das zweispurige Ausschreibungsverfahren verantwortlich. Damit steht Aussage gegen Aussage. Im dt äußert sich Prof. Kluge zum bisherigen Prozess.

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Ausschreibung Webauftritt FH Trier

Sehr geehrter Herr Schaffrinna,

da ich in den von Ihnen kritisierten Prozess nicht weiter involviert war und hiervon auch keine weitere Kenntnis hatte, möchte mich hierzu auch nicht weiter äußern. In meiner Funktion als Dekan des Fachbereichs Gestaltung an der Fachhochschule Trier sehe ich nun aber doch die Notwendigkeit einer Stellungnahme, um möglichen Missverständnissen bezüglich der Rolle des Fachbereichs bzw. seiner Fachrichtungen in dieser Sache vorzubeugen. Dazu sind die folgenden Punkte festzuhalten:

(1) Die Hochschulleitung der Fachhochschule Trier hatte entschieden, ein zweispuriges Ausschreibungsverfahren unter Hinzunahme einer Crowd-Sourcing-Plattform durchzuführen. Der Fachbereich Gestaltung war hieran nicht beteiligt. Die Verantwortung für diesen eingeschlagenen Weg liegt folglich nicht beim FB Gestaltung, auch nicht bei einer seiner Fachrichtungen oder bei einzelnen Fachvertretern.

(2) Der FB Gestaltung hätte über den Dekan bei dem Prozess beratend oder tätig zur Seite gestanden. Eine entsprechende Anfrage oder sonstige Einbeziehung ist jedoch nicht erfolgt. Der FB Gestaltung oder eine seiner Fachrichtungen hat weder bei der Wettbewerbsausschreibung noch in anderer Weise in verantwortlicher Rolle mitgewirkt.

(3) Sehr wohl wurde aber die Hochschulleitung von fachkompetenter Seite über die Problematik bzw. Angemessenheit verschiedener Wettbewerbsformate – in differenzierter Weise – in Kenntnis gesetzt; so insbesondere auch mit schriftlichen Hinweisen zur generellen Problematik von Crowdsourcing-Plattformen, worin es z.B. hieß: “Neben dem klassischen “Kreativwettbewerb” oder Agentur-Pitch werden heute vermehrt Gestaltungsvorschläge über Crowdsourcing-Plattformen eingeholt, wie designenlassen.de, quaxter.de u.v.a. (was ich sehr kritisch sehe, da hier spekulative Arbeit verrichtet und die Entwurfstätigkeit entwertet wird).”

Die Ausbildung einer Corporate Culture resp. Corporate Identity stellt aus unserer Sicht eine zentrale Voraussetzung für ein tragfähiges Corporate Design dar (und schließlich auch einen überzeugenden Webauftritt). Hierzu gehört neben einer gut entwickelten Dialogkultur zwischen den beteiligten Akteuren auch die dementsprechende Planung und Durchführung der notwendigen Prozesse.

Mit bestem Gruss
Prof. Franz Kluge

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Deutlich Worte fand bereits dt-Leser Michael, der den Präsidenten der FH Trier der Lüge bezichtigte. Wallmeier relativiert und beschwichtigt in seinem Schreiben und er delegiert Verantwortlichkeiten an den Fachbereich. Ein Schuldeingeständnis sucht man in seiner Antwort vergebens. Im Gegenteil. Mit dem Festhalten an der Ausschreibung auf 12Designer bekräftigt die Hochschulleitung ihren Entschluss, sich für ein Modell zu entscheiden, das auf Preisdumping beruht. Die Stellungnahme Kluges ist der in dieser Angelegenheit noch fehlende Mosaikstein, der sich nahtlos in das Bild einreiht, das man bislang im Zuge dieses Prozesses von der Hochschulleitung der FH Trier gewinnen konnte.

Es ist kein gutes Bild, das die Leitung der FH Trier abgibt und doch ist es nicht untypisch. Vermutlich jeder Kreative bekommt es im Laufe seiner Tätigkeit mit Auftraggebern zu tun, die glauben, man könne das Fehlen von Konzepten durch Aktionismus ausgleichen. Ein paar schlecht bezahlte Scribbels eignen sich als Fundament einer (Unternehmens)Identität in etwa so gut, wie eine Insel aus Sand, auf der ein Turm errichtet werden soll. Vor der Kreation liegt die Konzeption. Ohne Konzept ist jegliche Gestaltung Dekoration. Der vermeintliche Erfolg von Design-Crowdsourcing-Angeboten geht nicht zuletzt auf den Mangel an Führungsqualitäten zurück und er entlarvt Defizite im Bereich der Unternehmenskultur. Dass diese Defizite ausgerechnet dort sichtbar werden, wo die Visualisierung von Unternehmensidentitäten unterrichtet wird, ist alles andere als eine Petitesse.

Heute endet die Ausschreibung auf 12Designer. In 4 Wochen haben letztendlich 8 Designer 13 Entwürfe eingereicht, was, soweit ich das überblicke, eine äußert geringe Beteiligung für ein Projekt darstellt. Und das ist gut so. Offensichtlich haben die meisten Kreativen erkannt, dass sie sich ins eigene Fleisch schneiden, wenn sie bei derlei Ausschreibungen tätig werden würden.

Das Crowdsourcing der FH-Trier ist ein Lehrstück in Sachen „Wie Corporate Design NICHT entstehen kann“. Wer es besser machen will, schaut sich den von dt-Leser matt erstellten 6-Punkte-Plan an oder orientiert sich an dem von Prof. Alex Kolaschnik skizzierten Vorgehen. Beispiele wie die an der TU Braunschweig oder an der FH Aachen (cd-labor.de) zeigen, dass es auch anders geht, dass es besser geht. Ich bin gespannt, welche Richtung man bei der FH Trier gedenkt einzuschlagen. Ich werde den Weg verfolgen. Vor dem Corporate Design – und das hat dieser Fall aufgezeigt – steht die Identitätsfindung. Es wäre allen Beteiligten zu wünschen, wenn sich die Hochschulleitung in der zweiten Phase für die Zusammenarbeit mit Fachleuten entschied, anstatt diese zu übergehen.

Dieser Beitrag hat 44 Kommentare

  1. Autsch… Das dürfte schmerzhaft für den Kollegen gewesen sein.

    Wir lesen nur die öffentliche Klarstellung, bleibt zu hoffen, dass in den Besprechungszimmern nun auch über die Verbesserungsmöglichkeiten gesprochen wird.

    Toitoitoi wünscht
    Friederike

  2. Vielleicht sollte Herr Wallmeier mal einige Kurse des Grundstudiums Gestaltung besuchen. Denn dort lernt man z.B. das auch die Außenkommunikation zur Unternehmensidentität gehört. Im Prinzip wird hier von anfang an alles konsequent falsch gemacht, mit einer Starrköpfigkeit die ihresgleichen sucht.

    Als jemand, der an der FH Gestaltung studiert hat, lege ich meine Hand für die Aussagen von Prof. Kluge ins Feuer. Er und seine Kollegen haben sich immer dafür eingesetzt, interessante und nach Möglichkeit auch vergütete Projekte für die Studierenden zu finden, zu betreuen, und in die Ausbildung zu integrieren. Im Gegensatz zur Hochschulleitung. Als Mitglied einiger Ausschüsse habe ich live mitbekommen, wie seitens der Hochschulleitung größte Anstrengungen betrieben wurden, um dem FB Gestaltung das Leben noch etwas schwerer zu machen, ohne dass sich für dieses Verhalten rationale Gründe hätten finden lassen.

    Warum das so ist, kann ich auch nicht beurteilen – aber es ist kontraproduktiv und einer Hochschule, die den Anspruch einer modernen Ausbildungsstätte hat, einfach unwürdig.

  3. Ich hoffe inständig, dass dieser Kommunikations- und Strategiegau zum raschen Umdenken der Hochschulleitung führt. Fehler – auch krasse – passieren leider. Es liegt an Prof. Dr. Jörg Wallmeier und an den übrigen Entscheidern, aus den Fehlern die korrekten Schlüsse zu ziehen. Hoffentlich lesen wir in ein paar Monaten hier im dt von einer erfolgreichen und fruchtbaren Zusammenarbeit der FH mit einer Agentur oder einem Designstudio, auf jeden Fall aber von einem Ergebnis, das Hand und Fuß hat.

    Eine Institution wie die FH Trier sollte sich der Tragweite und des Schadenpotentials einer solchen Entscheidung – allerspätestens jetzt(!) – bewusst werden.

  4. Hab aktuell auch wieder eine Anfrage, wo es kein Geld gibt.
    Ich überleg mir dann immer: Würde ICH so etwas tun?
    Ich geh doch auch nicht zum Bad-Handwerker und frage, ob er es nicht auch so machen würde. Und wenn er ablehnt, ob wir uns dann halt mal einfach so treffen könnten.
    Er wird denken, ich spinne.
    Aber mit Designern macht man das.

    Die Branche hat sich das selbst verbockt.
    Sie verbiegt sich schon lange, handelt gegen Ihre eigene Einstellung und beschädigt damit
    Ihre Integrität. Ein nicht mit allen akademischen Wässern gebadeter Bad-Handwerker kennt komischerweise den Kant’schen Satz: »Wer sich aber zum Wurm macht, kann nachher nicht klagen, wenn er mit Füßen getreten wird.«

  5. … oh Weia! Was für eine Hoch-Not-Peinliche Situation! … nur: Watt Nu?

    Als ich an der – hier so gelobten FH Aachen Visuelle Kommunikation studiert habe – hat das Logo noch so ausgesehen …

    … auch damals gab es im Übrigen vielfältige Bemühungen um ein neues Erscheinungsbild – mit ähnlichem Ergebnis wie in Trier. (Man hat sich früher nur nicht so vielfältig und leichtfertig über digitale Medien austauschen können.) Die Studenten waren damals übrigens nicht besser oder schlechter als heute – fragen sie ruhig mal Prof. Klaus Mohr. Manche Professoren hatten halt einfach die besseren Beziehungen … wie etwa Prof. Klaus Endrikat. Was die verantwortlichen Professoren in Trier wohl umtreibt?

    Das Ganze hat meiner Meinung nach einen nicht zu vernachlässigenden regionalen Aspekt der mit der Mentalität der Menschen hier zusammenhängt. Hier mal ein trauriges Beispiel. Oder auch hier.

    Da ich in der Region selbständig bin, hat man hin und wieder solche Fälle und macht so seine Erfahrungen. In solchen Situationen frage ich meinen Gesprächspartner dann gerne warum er beispielsweise sein Fahrrad nicht im Baumarkt kaufen geht. Sieht doch aus wie ein richtiges Mountainbike und ist dabei viel viel billiger. Nur ist aus irgendeinem Grund der Lenker nicht montiert und das Teil wiegt 28 Kilo, Bremsen und Schaltung gehen nach 2 Wochen nicht mehr und, und, und … Anschließend: nehmen sie’s sportlich … lassen sie sich das ganze noch mal durch den Kopf gehen … ich koch’ ihnen schon mal ‘nen kaffee … usw … usw. Die Einsichtigen kommen wieder, die anderen kriegen halt keinen Kaffee und können sich zum Teufel scheren.

    Naja … Wie man sieht, dieser ganze Corporate-Behaviour-Kiki kann einem ganz schön lästig werden – viel lästiger als es nachher im CI-Handbuch steht. Mal sehen wie die Geschichte weitergeht …

  6. Es ist schon bezeichnend, wenn jemand keine Verantwortung für Entscheidungen übernimmt. Irren ist menschlich. Das ist ja klar. Jetzt schieben sich hinterher alle den schwarzen Peter zu? Hoffentlich nehmen die Studenten sich das nicht zum Vorbild.

    Es kam mir schon etwas komisch vor als ein Antwortschreiben “in Arbeit” war um im Laufe der kommenden Woche versandt zu werden. Es ist ja gut, wenn sich jemand intensiv mit einem Thema auseinandersetzt. Bei mir entstand allerdings der Eindruck, dass es nur darum ging möglichst viele Punkte zu relativieren. Eine Entschuldigung kann man durchaus schneller verfassen, wenn man einen Fehler einsieht.

  7. Mehr Macht bedeutet nicht gleichzeitig mehr Charakter.
    Leider entwickeln sich die beiden Eigenschaften oft entgegengesetzt.

  8. Oh ja, Fehler sind Menschlich doch ob das wirklich ein Fehl war? mh.. das sei mal so hingestellt.

    Ich finde, der größte bittere Beigeschmack ist die Sache mit dem Nutzungsrecht & – honorar. Auch wenn 500 EUR wenig sind für den Gewinner, aber als Verlier noch all seine Rechte verlieren?

    Bitter …

Kommentare sind geschlossen.

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