Skip to content

Eine erfolgreiche Kampagne?

Anti-Minarette-Plakat

Die Anti-Minarett-Kampagne der rechts-populistischen Volkspartei SVP spaltet die Schweiz. Basel und Lausanne hatten den Aushang der Plakate verboten, Genf und St.Gallen ließen sie aufhängen. Die Wähler der Schweiz stimmten heute mit einer Mehrheit von 57% für ein Verbot weiterer muslimischer Gebetstürme. Ob sie alle wussten, dass es in der Schweiz gerade einmal vier Minarette gibt?

Gut möglich, dass bei einer Kampagne, die sich in der Gestaltung der Stilmittel der Nationalsozialisten bedient, der Inhalt in den Hintergrund tritt. Das Motiv nährt Vorurteile und schürt Ängste. Minarette, die aussehen, als wären sie in den Boden gestellte Pershing-Raketen sind nicht grenzwertig, sie überschreiten die Grenze.

Muss eine Demokratie den Aushang dieses Motivs dulden oder muss sie die Veröffentlichung verhindern? Genau hier gibt es offensichtlich keine Einigkeit. Wichtig ist, dass man die Bildsprache, die sich ganz bewusst an dem Erscheinungsbild der Nationalsozialisten orientiert, richtig deutet. Wie wäre die Wahl wohl ausgegangen, hätte die SVP CD-konform gehandelt und ein in grün gehaltenes und dadurch deutlich freundlicher wirkendes Plakatmotiv gewählt?

Dieser Beitrag hat 63 Kommentare

  1. Interessanter würde ich einen Vergleich zwischen dem JA- und NEIN-Plakat sehen. Das Kontra-Komitee hat mit folgendem Plakat geworben:

    https://www.gms-minderheiten.ch/minarettverbot/images/informationen/plakat_minarettverbot.jpg

    Dieses NEIN-Plakat ist von Euro RSCG, das JA-Plakat hingegen von einer kleinen unbekannten Agentur, die nie die Erfahrung einer Euro RSCG vorweisen kann. Doch trotzem hat meiner Meinung nach das kontroverese JA-Plakat das Ziel viel eher erreicht. Es wurde enorm viel über das Plakat diskutiert und überall in den Medien aufgegriffen, wie ja jetzt auch hier :-) Ich finde das NEIN-Plakat für Politwerbung sehr schlecht. Zu kleine Schrift, zu wenig klar.

  2. Muss eine Demokratie das aushalten? Selbstverständlich ja. Das Letzte was wir brauchen können ist eine Gestaltungspolizei.

  3. Bedient sich das Plakat tatsächlich der Stilmittel der Nationalsozialisten? Das Schwarz-Weiß-Rot ist wohl eher durch die Schweizer Nationalflagge und die Visualisierung einer (natürlich dunklen wiedergebenden) Bedrohung entstanden. Andererseits muss man festhalten, dass das Plakat doch dem “Mechanismus” von NS-Plakaten gegen Bevölkerungsgruppen zumindest nahe kommt. Allerdings finde ich im Gegensatz zu Achim, dass vielmehr die Darstellung einer Muslimin in einer Vollverschleierung (Burka) äußerst fragwürdig ist. Sie hat ja mit dem Minarett-Verbot erstmal gar nichts zu tun, im Gegensatz zu den – natürlich überzeichneten – Minaretten, die die Schweiz “besetzen”. Hier wird bewusst der aus europäischer Perspektive negativste Teil des Islam visualisiert. Dass die wahrscheinlich überragend große Mehrzahl der muslimischen Einwohner der Schweiz diese Auffassung des islamischen Glaubens nicht teilt, interessierte die Macher nicht. Wie Achim richtig schreibt, wird damit bewusst eine Angst und Vorurteile geschürt. Wen es interessiert, der kann sich beim Deutschen Historischen Museum mal das Plakat zum rassistischen NS-Propagandafilm “Der ewige Jude” anschauen. Ebenfalls zum Vergleich ein antisemitisches Plakat, das für eine Ausgabe des NS-Hetzblattes “Stürmer” wirbt. Natürlich sind beide verlinkte Plakate deutlich schlimmer und visualisieren viel unverhohlener die rassistische Propaganda. Der Grundmechanismus, die (aus Sicht der Verfasser) massive Bedrohung durch das vermeintlich “abartige” Fremde, ist allerdings m. E. derselbe.

    “Muss eine Demokratie das aushalten?” Gute Frage, allerdings schwierig zu beantworten. Das Plakat rückt meiner Meinung nach alle Muslime, die als Minderheit ca. 5% der Gesamtbevölkerung in der Schweiz ausmachen, in die Nähe radikaler Auslegungen (Burka etc.) des Islams und suggeriert zudem eine “Besetzung” der Schweiz. Ob man das jetzt verbieten soll oder nicht, da bin ich selbst nicht ganz sicher. Ich bin auch eher gegen Verbote und für eine offene und argumentative Auseinandersetzung mit solchen Meinungen. Demokratie muss prinzipiell auch extreme Meinungen dulden. Auf der anderen Seite ist der Schutz der Minderheit vor der Mehrheit auch ein wichtiger Bestandteil moderner Demokratien. Wie Konrad Adenauer im Parlamentarischen Rat mal sagte: “Es gibt auch die Diktatur der Mehrheit”. Irgendwo muss deshalb eine Grenze erreicht sein, das hat auch nichts mit “Gestaltungspolizei” zu tun. Wo diese Grenze verläuft, ist allerdings nicht leicht zu beantworten …

  4. Wow … überhaupt kein Kontrast beim Gegenplakat in der Headline vorhanden. So eine Gegenkampagne die optisch so schwachbrüstig ist und eine Agentur die mit “The world’s fifth-largest global agency network” wirbt. Danke für ein Paradebeispiel dessen was große Agenturen zunehmend sind.

  5. Der ganze Vorgang ist meiner Meinung nach genauso ekelhaft wie die Kampagne und das Plakat. Andererseits stellt sich die Frage was man auf so einem Plakat denn anderes darstellen sollte als düstere Burka Frauen und “Raketen-Minarette” die die Schweiz besetzen. Objektive Gründe Minarette zu verbieten? Na da bin ich ja gespannt wie die aussehen sollen und wie die mit der Religionsfreiheit, die es auch in der Schweiz angeblich gibt, vereinbar sein sollen.

  6. Wie wäre die Wahl wohl ausgegangen, hätte die SVP CD-konform gehandelt und ein in grün gehaltenes und dadurch deutlich freundlicher wirkendes Plakatmotiv gewählt?

    Allerdings wählte die SVP bzw. UDC auch in anderen Themen den starken Kontrast:
    https://yahoo.lausanne.bondyblog.fr/images/IMG_1196.jpg

    Somit bleibt sie ja praktisch im Plakat CD? “Schweizer Design” kann man’s insofern nicht nennen, als dass die Agentur von Alexander Segert, der aus Hamburg stammt, geleitet wird.

  7. @Thomas Maier

    Ich würde vielleicht einmal entsprechende Interview Artikel genau lesen, anstatt, wie verschiedene Organisationen oder Medien, sich einer ehrlichen Diskussion entziehend, in einer Form von Tabooisierung und Vergleichen die selben Parolen zu vertreten. Man sollte von Leuten die studieren eigtl. erwarten können, dass man die Medienmechanismen hinterfragt – insbesondere in einer Zeit, in der die Politik über Redakteure entscheidet (ZDF).

  8. Mit Sicherheit ist dieses Motiv eine Grenzüberschreitung. Ich meine übrigens in einem zurückliegenden Spiegel Artikel darüber gelesen zu haben, dass die Minarette jedoch keine Raketen darstellen sollen, sondern vielmehr Speere, die symbolisch die schweizerfahne/-kultur durchbohren. Alles eine Frage der Betrachtung.

    Mit Blick auf den Ausgang der Wahl, würde ich diesem Plakat allerdings keine allzu große Einflußnahme zusprechen wollen.

  9. Betrachtet man das Plakat nüchtern als Produkt eines Kommunikationsdesigner, so ist es sicherlich eine hervorragende Arbeit. Die Botschaft ist absolut wirksam aufbereitet. Es nutzt das Prinzip Archetypus und Klischee perfekt. Dummerweise ist leider fremdenfeindlich. Ja und es erinnert mich auch an “Nazi-Klassiker”.

    Der Gestalter muss also entweder ein prima Mac-Monkey gewesen sein, oder er ist ein Rechts-Populist. Achso, oder er hat drei Kinder und brauchte das Geld.

    Das Wahlergebnis spricht aus meiner Sicht nicht gerade für die Schweiz.

    Schade.
    Schade auch, dass es so viele Gestalter gibt, die für „Schlechtes“ so viel Gutes tun!

Kommentare sind geschlossen.

An den Anfang scrollen