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Die Plakate zur Europawahl 2014 – Teil 1

Plakate Europawahl 2014
Plakate Europawahl 2014

Plakate Europawahl 2014

Am 25. Mai sind 400 Millionen Europäer aufgerufen, das Europäische Parlament zu wählen. Im dt werden die Kampagnen analysiert, mit denen die Parteien in die Europawahl gehen. Keine Experimente, weniger Emotionalität und die recycelte Kette der Kanzlerin – so könnte man zusammenfassen, was DIE GRÜNEN, die Piratenpartei und die CDU dieser Tage präsentiert haben.

Die Grünen

Europawahl 2014 – Die Grünen

Nein, auf das Thema Steuern zu setzen, hatte den Grünen nicht gut bekommen. Die umstrittenen Steuerpläne gelten als Hauptgrund für das für die Partei unbefriedigende Abschneiden im vergangenen Bundestagswahlkampf. Personell neu aufgestellt und inhaltlich wieder stärker auf die Kernthemen Klimaschutz, Agrarwende und Atomausstieg konzentriert, gehen die Grünen in den Wahlkampf zur Europawahl.

„Grün für ein besseres Europa“ so das Motto der Kampagne, die von den Spitzenkandidaten Rebecca Harms und Sven Giegold angeführt wird. Die Plakatgestaltung ist im Vergleich zur Bundestagswahlkampagne 2013 deutlich konventioneller geraten. Keine auf den Kopf gestellten Motive, keine locker-flockigen Sprüche a la „Meine Mudda wird Chef“ und auch kein „DU“, das uns auf jedem der Plakate begegnete.

Stattdessen werden aktuelle Motive von einem Sprechblasen-Element dominiert, in dem sich der jeweilige thematische Leitspruch wie etwa „Für ein Europa, in dem niemand untergeht“ befindet. Während wir auf den Motiven zur Bundestagswahl – von einer Ausnahme abgesehen – gezielt Nahaufnahmen von Menschen sehen und dadurch auch emotional angesprochen werden, sorgt die Gegenständlichkeit innerhalb der Europawahlplakate dafür, dass wir als Beobachter eine eher passive Haltung einnehmen. Ein Rettungsring, zumal umgeben von türkisblauem Wasser, das eher an die Karibik erinnert, kann nicht die gleiche Emotionalität erzeugen, wie es etwa ein mit Hunderten Flüchtlingen besetztes Boot vermag. Ein solches Motiv würde sicherlich deutlich stärker polarisieren. Und polarisieren, so signalisiert es (auch) die Plakatkampagne, wollen die Grünen derzeit nicht.

Fazit

Insgesamt ist die Kampagne weniger homogen, weniger originell und vor allem weniger gewagt als 2013. Die Plakate sprechen aus, was wohl kein Grünen-Politiker so offen kundtun würde: Bloß keine Experimente! Diesmal gehen die Grünen auf Nummer sicher.

Verantwortlich für die Gestaltung der Plakate ist, wie schon bei der Bundestagswahl 2013, die Agentur Zum goldenen Hirschen.

Piratenpartei

Europawahl 2014 – Piratenpartei

Zweieinhalb Jahre nach dem phänomenalen Einzug in das Berliner Abgeordnetenhaus, könnte die Europawahl zum entscheidenden Richtungsgeber für die Piratenpartei werden. Der anfängliche Medien-Hype ist längst verklungen. Die gleichen Medien, die einst für einen ordentlichen Rückenwind gesorgt hatten, sehen nun bereits das Piratenschiff vor dem Untergang. Meldungen über Vorstandsrücktritte, Positionierungsstreitigkeiten und dem Mitgliederrückgang dominieren seit geraumer Zeit die Berichterstattung. Kein ruhiger Hafen, von dem es sich gemächlich in den Wahlkampf starten ließe.

Zumindest die Plakatkampagne erweckt den Eindruck, als sei die Partei angekommen, als hätte sie ihren Stil gefunden. Die Irrungen und Wirrungen vergangener Wahlen, als sich die Piraten als Raubkopierer betätigten – sie sind verflogen, so scheints. Die Gestaltung der Plakate folgt nun klaren, nachvollziehbaren Regeln. Das mittlerweile etablierte Farbkonzept aus Orange und Blau sorgt für Einheitlichkeit, ebenso der grafische Duktus innerhalb der Motive, die, wie schon bei den Grünen, von der Darstellung von Personen hin zu der Abbildung von Gegenständen wechseln.

Die Schriftart Conduit fand bereits in der Kampagne zur Bundestagswahl 2013 Anwendung und hat sich also zwischenzeitlich zur Hausschrift der Piraten gemausert. Auch in Bezug auf die inhaltliche Ausrichtung der Plakate haben die Piraten hinzugelernt. Statt, wie zuletzt, die Motive mit zu vielen Elementen und Texten zu überfrachten, belässt man es nun sinnvollerweise dabei, nur wenige Wörter unterzubringen, diese dafür umso größer. So ist es selbst bei flüchtigem Blick möglich, Sätze wie „ZU MIR ODER ZU DIR“ zu erfassen und, was noch wichtiger ist, in Kombination mit entsprechenden, einfach gehaltenen Illustrationen einem politischen Kontext richtig zuzuordnen – in diesem Fall, der eines grenzenlosen Europas, in dem Jeder arbeiten und leben kann wo er möchte. Lediglich beim Motiv Manneken Pis funktioniert dies nicht, weil nicht deutlich wird, dass mit dem Motiv die Überwachung, etwa durch die NSA, kritisiert wird. Im Vergleich dazu ist das Motiv Kamera eindeutiger.

Fazit

Eine ansprechende Gestaltung sorgt dafür, dass politische Aussagen schnell und weitestgehend leicht verständlich vermittelt werden. Sollte der Piratenpartei der Einzug in das EU-Parlament verwehrt bleiben, dann ist nicht die Kampagne der Grund hierfür.

Verantwortlich für die Plakate ist die parteiinterne Servicegruppe Gestaltung.

CDU

Europawahl 2014 – CDU Großplakat Chancen

Mit David McAllister als nationalen Spitzenkandidaten zieht die CDU in den Wahlkampf. Somit wäre der ehemalige Ministerpräsident Niedersachsens zumindest namentlich einmal erwähnt, denn innerhalb der Plakatkampagne spielt er keine Rolle. Bereits im Februar hatten sich die europäischen Konservativen (EPP) auf Jean-Claude Juncker als gemeinsamen Spitzenkandidaten verständigt, der im Rennen um die Kommissionspräsidentschaft auf den für die Sozialdemokraten antretenden EU-Parlamentspräsidenten Martin Schulz trifft. Bloß keine Experimente scheint man sich auch bei der CDU gedacht zu haben – Kanzlerin Merkel darf noch einmal Kette und Slogan auftragen.

Die Friede-Freude-Eierkuchen-Welt aus dem Bundestagswahlkampf 2013 mit aufgesetzt wirkendem Lachen weicht in der Europawahlkampagne einem milden Lächeln, mitunter auch nachdenklichen Gesichtszügen. Die Fotografien wurden in einer Weise bearbeitet, dass lediglich die abgebildeten Personen farbig dargestellt sind. Ein Stilmittel, mit dem kommuniziert werden soll: Bei uns steht der Mensch, stehen die Bedürfnisse der Menschen im Mittelpunkt. Ob dieser Anspruch auch in entsprechende Politik umgesetzt wird, darüber kann die Gestaltung am aller wenigsten eine Aussage treffen.

„Mehr“ und „alle“ sind die im Rahmen der Kampagne am häufigsten verwendeten Wörter. „Mehr für Alle“ ließe sich daraus ableiten, eine Utopie freilich, die aber in nahezu jeder politischen Kampagne eine Rolle spielt. Je allgemeiner die politische Aussage, desto größer die Chance auf Zustimmung. „Damit Europa Chancen für alle bringt“ – sicher. Wer will da widersprechen!? „Wischi-waschi“-Politik, wie es der gemeine Bürger gerne formuliert. Das Konkrete gilt es zu vermeiden. Klartext und klare Kante verschreckt eher die Menschen. Das hat auch Peer Steinbrück zu spüren bekommen. Vage, weich und abgerundet, wie die Textboxen der CDU-Plakate, das ist der Stil, der hier gefragt ist. Für das Minimum an klarer Kante sorgen zumindest die Endstriche der in der Schriftart Skopex gesetzten Buchstaben. Skopex und Kievit kamen in dieser Kombination bereits 2013 zum Einsatz – letztere ist die offizielle Hausschrift der CDU.

Fazit

Nicht McAllister, sondern Merkel führt die CDU in den Wahlkampf. Dass die CDU mit ihrer Kampagne nirgends anecken und möglichst „alle“ mitnehmen möchte, drückt sich auch sprachlich aus. Die farbliche Hervorhebung der abgebildeten Personen ist ein visueller Effekt, den man im Kontext von Wahlwerbung bis dato noch nicht gesehen hat. Hochformatige Plakate sind, wie auch in den Jahren zuvor, rein auf die Abbildung von politischen Leitsätzen reduziert und gestalterisch eher anspruchslos.

Verantwortlich für die Gestaltung der CDU-Plakate zeichnet wie zuletzt bei der Bundestagswahl 2013 die Agentur Blumberry.

Dieser Beitrag hat 25 Kommentare

  1. Diese Wahlplakat-Analaysen sind immer so mein kleines Highlight hier auf dem Blog. :)

    Ich persönlich finde sowohl die Plakate der Grünen mit ihrem grundfreundlichen Ausdruck und die der Piraten, die ich ansprechend originell finde, beide sehr gut.
    Die der CDU finde ich dagegen absoult unansprechend. Zu ‘langweiliger’ Ausdruck beim schnellen Draufschauen, die Bilder wirken für mich weniger als identifikationspotential, viel mehr verleihen sie für mich einen gekünstelten Ausdruck. Ansonsten kann ich mich dem Eindruck des ‘möglichst-nirgendwo-aneckens’ nur anschließen.

  2. Unglücklich auf einem Plakat, wo die Hintergründe in schwarzweiss gehalten sind jemanden mit grauen Haaren abzubilden. Irgendwie komme ich mit den CDU-Motiven aber eh nicht klar, weil durch die Farbunterschiede die Retusche noch betont wird und das ganz irgendwie altbacken aussieht.

  3. zum Thema CDU-Plakate:

    schon visuell sind die verlogen: in den gated communities der CDU-Wähler mag das im direkten Umfeld noch stimmen, aber in vielen Städten leben mittlerweile um 50% ehemals Eingewanderte; die gesellschaftliche Realität sieht mittlerweile völlig anders aus. Die abgebildeten “Familien” gibt’s wohl nur aus der Retorte.

  4. Eigentlich schlimm, dass über Gestaltung statt über Inhalte gesprochen wird, bzw. dass sehr viele davon ihr Wahlverhalten abhängig machen. (Ja ich weiß, auf welchem Blog ich bin.)
    Mir wäre die Optik egal, wenn ich mal das Gefühl bekäme, es passiert was. Leider geht die Methode: “ºBloß nicht anecken und so allgemein wie möglich sein.“¹ immer wieder auf.

  5. Grafisch gefallen mir die Piraten-Plakate recht gut, aber farblich … wirkt das doch recht billig. Das eine mit den Grenzen sieht aus hundert Meter Entfernung immer aus wie von der ehemaligen Discounter-Kette Plus.

    Die der Grünen sind wie immer recht ordentlich und nett. Und die der CDU wie immer auch recht bieder und einfallslos. Das mit dem Graustufen-Hintergrund ist im Grunde eine gute Idee, den Vordergrund eindeutiger zu fokussieren. Aber warum die sich vor ein paar Jahren ausgerechnet für ein Orange (mit Verlauf!) entschieden haben, bleibt mir schleierhaft.

  6. Und was soll das mit den abgerissenen Zetteln bedeuten? Einkaufszettel? Fax? Schmierzettel? Wegwerfthesen? Spickzettel? CDU goes Punk? Fehlen nur noch die Lochungen und die blauen Linien.

  7. Je kleiner eine Partei ist, desto mutiger kann sie sein, desto spitzer kann sie ihre Kampagne auf die Zielgruppe zuschneiden. Klar, dass bei der CDU das Gegenteil der Fall ist – unter der Prämisse sind die Plakate vergleichsweise innovativ.
    @14 nbc
    Dort, wo die CDU ihre Hochburgen hat, ist das die Realität, und in der Unions-Diaspora, sammelt die CDU ihre Stimmen auch eher bei den anderen 50% ein.

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