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Die Plakate zur Bundestagswahl 2017

Bundestagswahl 2017 Wahlplakatkampagnen

Nirgends wird so viel gelogen wie vor einer Wahl, sagt der Volksmund. Die Erfahrungen rund um den Brexit und US-Präsident Donald Trump scheinen ihm recht zu geben. Tatsächlich wurden in beiden Fällen mittlerweile zentrale Versprechen der Wahlsieger von der Realität einkassiert. Wasser auf die Mühlen der Politikverdrossenen. Und wie viel Realität steckt in den Wahlplakatkampagnen zur Bundestagswahl?

Sieben Wochen vor der Bundestagswahl hängen mittlerweile in allen Städten in Deutschland die Plakate an den Laternen und auf Stellwänden. Die „heiße Phase des Wahlkampfs“ hat sich in den letzten Jahren, wohl auch unter dem Einfluss vergangener US-Präsidentschaftswahlen, von wenigen Wochen auf mehrere Monate ausgedehnt. Fristen, die von Städten und Gemeinden in Bezug auf die Plakatierung gesetzt werden – üblich sind Zeiträume von 6 bis 8 Wochen –, werden immer häufiger von Parteien verletzt. Würden viele Politiker die Bedeutung des Digitalen erkennen, müsste ihnen ein Licht aufgehen, wie absurd der damit verbundene Kampf um den besten Standort für ein Plakat ist.

Immer größer wird der Aufwand, den Parteien in Sachen Wahlwerbung betreiben, was die Vermutung nahe legt, diese beeinflusse den Ausgang von Wahlen immer stärker. Das Gegenteil dürfte näher an der Wahrheit liegen, was im Umkehrschluss eine Bewertung von Wahlplakaten im Grunde überflüssig erscheinen lässt. Was sie dennoch interessant macht,…

Achim Schaffrinna

Achim Schaffrinna ist Designer und Autor. Hier im Design Tagebuch, 2006 von mir gegründet, schreibe ich über die Themen Corporate Identity und Markendesign. Ich konzipiere und entwerfe Kommunikationsdesign-Lösungen und unterstütze Unternehmen innerhalb von Designprozessen. Designanalyse ist Teil meiner Arbeit. Kontakt aufnehmen.

Dieser Beitrag hat 83 Kommentare

      1. Vorallem: Hauptsache “die Flüchtlinge” werden schön im Schatten dargestellt, damit sie schwarz und wie eine bedrohliche anonyme Masse wirken. Die Kampagne ist an Rassismus und Sexismus und allerhand sonstigen Dingen einfach schon voll auf NPD Niveau. Und das arme Kind von Frauke Petry. Muss schon für Werbung für eine Partei herhalten, obwohl es noch keine politsche Meinung hat.

  1. Auf mich wirken diese Kampagnen immer wieder wie der Horoskop von morgen. Alle Aussagen Treffen zu aber konkret wird keiner.
    Zugegeben. Das FDP Plakat hab ich noch nicht gesehen und durch gelesen.
    Aber es sind schon ein paar Unfälle dabei. Statt mit Versprechen sollte mal mit Ergebnissen und Taten geworben werden.

  2. Ich kann mich kaum an inhaltslosere, uninspiriertere und bräsigere Wahlplakate erinnern als zu dieser Bundestagswahl. Das passt hervorragend zur derzeitigen politischen Stimmung im Lande, bei der die Bevölkerung im Allgemeinen “eher irgendwie schon ganz zufrieden” mit der Regierung Merkel ist und sich so schön eingelullt gar nicht für die Wahl interessiert.

    1. …kaum an inhaltslosere, uninspiriertere und bräsigere Wahlplakate

      Jau. Es gab sogar in der Welt der langweiligen Polit-Plakate schon besseres.

      Alle haben heuer indifferente Wohlfühl-Kalendersprüche genommen, auch die ehemalige Protestpartei Die Grünen, die besser schauen sollte, dass sie wieder ein Profil kriegt statt indifferente Kalendersprüche mit “man” abzuliefern.

      Die SPD:
      “Damit die Rente nicht zu klein ist, wenn die Kinder groß sind.”

      Ah. Das war die Partei, die mit Schröder die Minijobs förderte und den zweiten Arbeitsmarkt dank Hartz4 -Druck erst so richtig boomen ließ. Genau das, was kleine Renten verursacht, die sie jetzt beseitigen will. Himmel hilf.

      Dieser Spruch zeigt, wie schwer sich diese Partei tut, das was sie selbst verbockt hat, plausibel anzugreifen und glaubwürdig anzupacken. Nur markige Wohlfühl-Sprüche, bei denen jeder weiß: Das sind nur leere Versprechungen des Bocks, der ein Sozial-Schredderer war.

      Ob Roter Würfel oder Kasten-Optik, egal: Glaubwürdigkeit kann nicht allein durch Design erzielt werden. Dazu braucht es Taten, nach denen beurteilt werden kann. 5 Minus.

      Damit teurer Käs’ auf unsere Kosten: Es muss jedem Bürger bewusst sein, dass die Parteien diese langweiligste Plakatwerbung aller Zeiten und weitere Wahlwerbung zu großen Teilen mit der Wahlkampfkostenrückerstattung bestreiten, die im Grunde Geld des Steuerzahlers ist …)

      Dabei stelle ich mir immer die Gretchenfrage: Warum sind die Plakate so. Öd, mainstreamig, langweilig.

      1.
      Weil der Bürger nicht anders angeprochen werden kann (Marketinregel: immer schön positiver Approach und Harmonie, besonders bei Deutschen, nur ja nicht polarisieren).

      2.
      Oder weil die Agenturen es nicht mehr können. (Problem-Auftraggeber namens Partei)
      Antwort: Gut möglich.

      3.
      Oder weil Politiker es nicht anders wollen.
      Am ehesten möglich.

  3. Ich bin ja schwer verwundert über die Plakate der CDU:
    Einerseits halte ich die Schwarz-Rot-Gold Kompositionen für sehr gelungen. Diese transportieren einen ästhetischen Anspruch den ich lange nicht auf Wahlplakaten gesehen habe.
    Die klassische Kompositonslehre allerdings sagt, dass stürzende Linien und nach unten weisende Keilformen Unruhe, Spannung und Bedrohung suggerieren – in meinen Augen hier parademässig gut visualisiert. Ist das ein bewusster Kontrapunkt zu den Textinhalten? Ist der Kontrast aus dem Inhalt „Sicherheit“ vor dem zusammenstürzenden oder berstenden Deutschland Absicht?

    Wie gesagt, ästhetisch mag ich die Kompositionen sehr, ich sehe lediglich eine große Diskrepanz zwischen der intendierten Aussage und der grafischen Wirkung der Motive.

    Ein Randnotiz dieser Zeiten ist wohl, dass die CDU ihr traditionelles Blau zugunsten der Landesfarben aufgibt – wahrscheinlich um den „anderen Blauen“ etwas entgegen zu setzen und den nationalistischen Aspekt etwas stärker zu betonen.

  4. Achim, deine Analysen der Wahlplakate sind das Schmankerl dieses Blogs, danke dafür!

    Zum Thema: Ich bin äußerst überrascht von der Kampagne der FDP, da ich noch gut die gestalterischen Fehltritte der Vergangenheit im Kopf habe. Hier gibt es visuell nichts zu meckern und darüber hinaus kann man hier wohl am ehesten sagen, dass der Inhalt im Vordergrund steht. Das Experiment, textliche Argumente mit ins Wahlplakat aufzunehmen, finde ich gelungen und mutig. Die Plakate der anderen Parteien haben dem in diesem Wahlkampf wenig entgegenzusetzen.

    1. Ja. die FDP hat auch schönen Weißraum …

      Die Themen, die sie besetzen, heben sich angenehm ab vom Gemüse-Einerlei “Famillje, Bildung, Allet-is-jut”-Quark.

      Nur, Textkritik, Sprachkritik auch hier von mir:
      Bei aller interessanten Themensetzung versteckt sich auch die FDP hinter allgemeinen Text-Floskeln.

      Warum sagt sie nicht statt des allgemeinen aphoristischen Klugsprechs:
      “Die Digitalisierung ändert alles. Wann ändet sich die Politik?”

      … dieses: “Wir. Die. FDP. wollen den Dornröschenschlaf der Politik beenden, indem wir die Digitalisierung aktiv gestalten statt geschehen zu lassen.”

      Oder so ähnlich. Was Aktives. Eine klare Willensbekundung.
      Haben die Parteien alle keine Eier mehr?

      Warum verstecken sich die Parteien heuer hinter allgemeinen Redewendungen und hinter “man”…
      Warum sagt keine der Parteien: “Ich als Partei X will das so und mache das so, ich will das anders, dafür stehe ich.”

      Dieses samtpfötige Wattebäuschchenwerfen ein verräterisches implizites Eingeständnis der Parteien, dass sie machtlos und kraftlos sind? Weil unsere Parteien und Politiker eher regiert werden (von Lobbies, von vorgeblich Sachzwängen etc.), denn regieren?

      Es kann ja nicht sein, dass ich mich eines Tages zu einem ehemaligen Basta-Kanzler zurücksehnen muss (noch tue ich das nicht …) oder schlimmer gar: zu F.J.S. Nur weil diese zwar auch logen, dass sich die Balken bogen, aber zwischendurch wenigstens ab und an Klartext im Wahlkampf redeten.

      Ich vermisse klare Willensbekundungen.

  5. hi Achim, danke für deine Zusammenstellung und Analyse.
    Die Wahlplakate sind zu so etwas wie dem Eurovision Song Contest für politische Pointierung geworden. Der Spaß besteht auch darin, das Schreckliche auszuhalten und die grellsten Äußerungen zu bewerten. Erstaunlicherweise verraten die Plakate viel über die jeweiligen Milieus der Absender.

    Eine Intelligente und ansprechende neue Nutzung des Mediums Plakat sehe ich ehrlich gesagt nur darin, das vollständige Parteiprogramm zu zeigen. Jegliche Interpretation einfach zu verweigern ist ein cleverer Zug, den die Personen- und Frisurenfixierung sehr gut vertragen kann. Ich bin auf die Punkteverteilung gespannt.

    1. Erstaunlicherweise verraten die Plakate viel über die jeweiligen Milieus der Absender.

      Wobei sich hierbei immer auch die Frage aufdrängt, inwieweit das Erscheinungsbild die visuelle Entsprechung der Realität abbildet oder ob es den vermittelten Eindruck lediglich suggeriert, demnach also eine Wunschprojektion darstellt. Ad hoc lässt sich das meiner Meinung nach nicht beantworten, schon gar nicht von Außen. Ähnlich wie bei Wahlkampfversprechen wird sich erst im Nachhinein zeigen, ob der vermittelte Eindruck weitestgehend kongruent „die Wahrheit“ wiedergegeben hat.

      1. das stimmt, man wird es erst rückwirkend einordnen können. Und dennoch kann man eine Menge ablesen über das Verhältnis der Parteien zu Themen wie Ordnung, Normalität, Autorität, Innovation oder Misstrauen.
        Die Plakate der Grünen zum Beispiel sind stark bearbeitete Bilder, die weit weg von einem »gewöhnlichen« Bild sind. Eine starke Anpassung des einzelnen, die einem größeren Zusammenhang dient.

        Die Linke misstraut offenbar allem ansprechend gestaltetem und setzt auf eine große Dosis Ungelenkheit, damit keine Straßenglaubwürdigkeit verloren geht.

        Die SPD will es allen recht machen und versteckt sich hinter einem roten Quadrat und Helvetica. Weniger geht nicht.

        Die CDU hat gar nichts neues zu sagen, also macht sie schönen nationalen Dekor.

        Die FDP will ganz viel sagen, was sie Jahrzehnte nicht gesagt hat und hat sich dafür in einen Maßanzug geworfen, der sogar bunte Nähte hat.

        Die AfD muss inhaltlich am wenigsten Kompromisse machen, daher ist die Gestaltung nicht so wichtig oder war nicht besser möglich.

  6. “Damit ist die AfD die einzige Partei, die mit einer Agentur zusammenarbeitet, die ihren Sitz nicht in Deutschland hat.”

    Kein Wunder, sonst würde die Agentur ja gleich wieder von Linksextremisten “entglast” werden.

    1. “gleich wieder”?
      Ich bin schon gespannt, auf welche Vorkommnisse Sie hier anspielen. Parolen um sich zu schmettern ist ja immer einfacher als Fakten und Quellen zu liefern. :-)

      Natürlich sind Drohungen wie die gegenüber Mitarbeitern des Maritim-Hotels (https://www1.wdr.de/nachrichten/rheinland/afd-koeln-maritim-drohung-100.html) absolut inakzeptabel und scharf zu verurteilen, die Meinungsfreiheit gilt auch für die Hetzer der AfD.
      Nur kann sich die AfD nicht wirklich beklagen, wenn sie keine Unterstützung von Tagungsräumen, Restaurants, Hotels oder Agenturen bekommt, weil deren Verantwortlichen die teils menschenverachtenden Ideologien der AfD nicht teilen. Das gehört dann eben auch zur Meinungsfreiheit. :-)

        1. Ich weiß, solche Aktionen sind in meinen Augen wie gesagt inakzeptabel und gehören natürlich straftrechtlich verfolgt.
          Wie du meinem Kommentar auch entnommen haben solltest, geht es mir in dem Fall um Sonjas Aussage “Kein Wunder, sonst würde die Agentur ja gleich wieder von Linksextremisten „entglast“ werden.”
          Diese soll implizieren, dass schon “Agenturen entglast” wurden, wozu ich gerne eine Quellenangabe hätte. Ansonsten ist das nur wieder unnötige Polemik.

          1. Es dürfte vielmehr so sein, dass die Agenturen hierzulande die AfD als Klienten ablehnen, weil sie – salopp ausgedrückt – keine ausgesprochenen Anhänger dieser Partei sind oder zumindest massive Rufschädigung befürchten, falls eine Zusammenarbeit bekannt würde.

  7. Habe im deutschen Wahlkampf bisher nichts vergleichbar ästhetisches und überraschendes wie die Motive der FDP gesehen. Tolle Proportionen, Platzierungen, Verhältnisse, Kompositionen. Schöne Weißräume, mutige Anordnungen. Die verschiedenen Elemente wie Bild, Logo, Headlines, Texte sind erfrischend ungewöhnlich (für ein Wahlplakat) und mit einem guten Blick für Gestaltung gesetzt. Wirklich toll.

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