In Tokio wurden dieser Tage vom Organisationskomitee für die Olympischen und Paralympischen Sommerspiele 2020 die Piktogramme präsentiert. Im Design Tagebuch werfen wir einen Blick auf die Serie, für die in diesem Fall der japanische Grafikdesigner Masaaki Hiromura verantwortlich zeichnet.
Jede neue Piktogramm-Serie für Olympische Spiele wird stets auch an den von Otl Aicher und seinen Team gestalteten Piktogrammen gemessen, die seinerzeit für die Sommerspiele 1972 in München entwickelt wurden und die in vielerlei Hinsicht nach wie vor Vorbildcharakter haben. Seit dieser Zeit hat sich das Erscheinungsbild von Olympischen Spielen und damit auch das Design von Piktogrammen allerdings signifikant weiterentwickelt – weg vom strengen Funktionalismus hin zu einer spielerischen Formensprache, die starke illustrative Elemente beinhaltet.
Besser, so mein Eindruck, wurden die Piktogramme in den vergangenen Jahrzehnten nicht unbedingt, wie ein Blick auf die Piktogramme für Rio 2016 oder vor allem auch die Piktogramme der Winterspiele in Vancouver 2010 verdeutlicht. Je grafisch aufwendiger, opulenter ein Zeichen, umso unverständlicher wird es meist. Eine zu minimalistische Formensprache trägt wiederum dem Umstand zu wenig Rechnung, dass Olympische Spiele heutzutage nicht nur sportlicher Wettstreit, sondern auch bzw. in besonderem Maße eine Unterhaltungs-Show darstellen. Genau deshalb ist die Gestaltung von Olympia-Piktogrammen so anspruchsvoll. Stets gilt es, das richtige Maß zwischen der reinen Informationen und einer identitätsstiftenden Grafik zu finden. Hiromura scheint dies, so mein Eindruck, gelungen zu sein. Die Entwicklung der Piktogramme habe man in großen Respekt in Bezug auf die Spiele von Tokio 1964 vollzogen, wie das zuständige Organisationskomitee mitteilt. Ziel sei neben der Informationsvermittlung auch eine „attraktive Darstellung lebendiger Bewegungen der Sportler“.
Was als erstes positiv auffällt: die Piktogramme haben in der Standardversion keinen Korpus (siehe Abb. oben „free type“). Positiv ist dies deshalb, da die Form des Korpus keinerlei Information hinsichtlich der dargestellten Sportart enthält. Bestes Negativbeispiel diesbezüglich sind die Rio-2016-Piktorgramme, deren variable, an einen Stein erinnernde Korpusform zu sehr vom eigentlichen Inhalt ablenkt. Die Tokio-Piktogramme sind im direkten Vergleich verständlicher.
Ebenfalls auffällig und positiv ist die vergleichsweise große Varianz in Bezug auf die Abbildung der Figuren. Statt, wie üblich, stets nur die gesamte Figur abzubilden, kommen innerhalb der Tokio-2020-Serie auch Ausschnitte von Figuren zur Anwendung. Beispielsweise wird vom Golfer oder vom Baseball-Spieler lediglich der Oberkörper abgebildet. Die dadurch erreichte Streuung und Formenvielfalt ermöglicht bestmögliche Unterscheidbarkeit der Sportarten. In bin begeistert. Interessant finde ich auch die Idee, den Piktogrammen, je nach Austragungsort, eine individuelle Farbe zu verpassen. Ich bin gespannt, wie die dt-Leser die Piktogramm-Serie bewerten.
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Sehr schönes Set! Bei “Diving“ habe ich mir im ersten Moment schwer getan, weil sich eine merkwürdige Form aus Beinen und Armen ergibt und hier der fehlende Torso wirklich “fehlt“. Es entsteht ein komisches “F“ mit einem Ball.
Ging mir genauso. Ich habe zuerst ein Art Möhre gesehen, die sich nach unten schraubt. Hat man’s einmal erfasst, dann ist es ok.
Es ist ja oft ein wenig heikel, wenn man mit negativem Raum gestaltet. Der Designer lässt Raum frei in dem er konkret etwas sieht, andere könne es erst mal nichts erkennen, weil sie nicht das passende Konzept haben. Wenn man allerdings die Reihe kennt, kennt man das Konzept und das erkennen wird viel einfacher. Als Einzelpictogramn wäre manches schwerer verständlich. In der Hinsicht finde ich das meiste sehr gut. Ich hatte meine Probleme bei Baseball…
Da hatte ich gar kein Problem. Wahrscheinlich weil ich seit 30 jahren Baseball spiele :-)
Genau – und ich habe 0% Affinität zu dem Sport. Ich denke aber es ist in diesem Kontext die einmal erkannt – immer erkannt Nummer und schmälert dann genau nicht die Qualität denke ich.
Die Piktogramme sind absolut gelungen. Besonders gefallen mir die unterschiedlichen Radsportdisziplinen: “normales” Rennrad für Straßenrennen, verkleidetes Hinterrad und Windkanalhelm für den Bahnsport.
Nur beim 3×3 Basketball (kannte ich gar nicht) tu ich mich ein bisschen schwer mit dem 3×3 – da les ich immer “exe”.
Auch ich blieb am Diving hängen, aber eher, ewil ich “tauchen” im Kopf hatte und schnell bemerkt habe, dass ich englische Begriffe für Sportarten gar nicht mal alle so korrekt im Kopf habe. Das Piktogramm war also wegen eines Denkfehlers aufgefallen, die Form hatte ich gleich erkannt … :-)
Schön wie mit hier mit negativem Raum umgegangen wird. Das war bei den Icons von 1964 an manchen Stellen auch schon so. Die Proportionen sind hier aber insgesamt viel besser. Schön ist auch wieviel Dynamik in den meisten Pictogrammen steckt. Und sogar die asiatischen Kampfkünste passen ganz gut in die Reihe. Die haben öfters geschwächelt – selbst bei Otl Aicher.
Hier sieht man doch ganz gut
1. die bessere Proportionierung der Pictogramme und
2. das der Kontext wichtig ist zur Interpretation des negativen Raumes. In der Reihe ist es kein Problem auch bei unbekannten Sportarten den Bezug zum Wasser zu erkennen durch die Wellige untere Kante. Ist dieses Konzept unbekannt, wird der Leerraum nicht als Ding wahrgenommen und erlaubt ganz andere Interpretationen ;-)
Ich frage mich, wie man – gerade in Japan – auf die Idee gekommen ist, die perfekt runden Kreise, die Köpfe repräsentieren, zu entfernen und stattdessen die Kopfbedeckung für sich stehen zu lassen. Hallo? :D
Schönes Wochenende!
Ist das wohl vorgegeben, dass z.b. Fünfkampf immer ein Icon bestehend aus 5 Icons sein muss? Das sieht bei allen Spielen bisher total übertrieben aus. Warum kein Pentagon/Zahl/etc?
Ein gewisser Herr Aicher hat das z.B gemacht. Zwischendurch andere auch…
Eine Vorgabe, wonach in einem Piktogramm für Moderner Fünfkampf immer alle fünf Disziplinen abgebildet werden müssten, wird es nicht geben, denn die bisherige Darstellungen waren sehr verschieden:
Endlich mal wieder ein Set, bei dem man von Piktogrammen sprechen kann. Keine Bildchen, bei denen man viel zu genau hinsehen muss, sondern funktionelle und dennoch eigenständige Icons. Good work!
Richtig gut gemachte, ansprechende Piktogramme von hoher visueller Kraft – man hat wunderbar gezeigt, dass man mit klarer Form, ausgewogenen Proportionen und einem spannenden, durchaus manchmal anspruchsvollen Spiel aus Negativ-Positiv-Kombinationen nicht nur funktionierende Piktogramme erzeugen kann sondern auch, dass man nicht unbedingt ultra-komplex und fancy werden musss.
Insgesamt kann ich Achims Kommentar voll zustimmen. Wie hier auch schon geschrieben wurde, ist das Piktogramm fürs Turmspringen etwas verunglückt. Sieht ein bisschen aus, wie ein Kanut, der im Wildwasser irgendwo runter fällt. Die Rad- und Reit-Disziplinen könnte ich nicht zuordnen, ohne dass ich sie einmal mit Titel gesehen habe. Und Karate Kata erinnert mich eher an Tanzsport. Das mag aber alles meiner Unkenntnis geschuldet sein. Insgesamt wie gesagt eine hervorragende Arbeit!
Karate Kata ist wohl eine Art Tanz, aber nur mit Bewegungen aus dem Karate. Das es was eine japanische Kampfkunst sein muss hab ich am Gi erkannt.
Ich hab nur mit dem Softball Logo Probleme zu erkennen was damit gemeint ist und aus irgendwelchen Gründen beim Beachvolleyball, weil ich die Punkte nicht als Sand wahrgenommen habe.
Hiessen die in Rio echt Piktorgramme? :D
Also Diving und Marathon-Schwimmen (soll das ein Berg oder was sein?) fand ich sehr unglücklich.