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Die neue australische 5-Dollar-Banknote, Erbrochenes, und wie auf schlechten Stil schlechtes Design folgt

Australischer Dollarschein (ab 09/2016)

Die Australische Zentralbank (RBA) hat vor wenigen Tagen das Design für die neue 5-Dollarnote präsentiert. Anders als in der Schweiz, wo die Gestaltung der neuen Banknotenserie ein Prozess markiert, der von einer in diesem Rahmen größtmöglichen Transparenz geprägt ist, werden die australischen Bürger vor vollendete Tatsachen gestellt. Das wenig überzeugende Design des Dollarscheins legt die Schwächen in der Konzeption und in der Prozesssteuerung frei. Schlechter Stil entwickelt sich meist schon VOR der eigentlichen Kreation.

Die Entwicklung einer Banknotenserie ist ein komplexes, langjähriges und wohl zuweilen auch zähes Unternehmen. Was in Norwegen mit der Neugestaltung der Kronen-Banknoten und in der Schweiz mit der Emission der 9. Banknotenserie erfolgreich verlief beziehungsweise verläuft und dabei jeweils herausragendes Design entstehen hat lassen, so zumindest meine Wahrnehmung, droht das Projekt in Australien zu einem Fiasko zu werden.

Während die Schweizer ihre neue Nötli lieben, da die Banknote im neuen Design „gedruckte Identität“ verkörpere, wie es NZZ-Autor Chanchal Biswas formuliert, machen sich die Australier über ihren neuen 5-Dollarschein lustig und spotten, der Schein würde wie Erbrochenes aussehen, wie es der Wirtschaftsblogger Jason Murphy nennt. Hiesige Medien (Stern, Welt, Sueddeutsche, u.v.a.) wiederum greifen größtenteils den Spott und die Häme auf, von denen es auf Twitter und Facebook nicht mangelt, um diese in einem schnell verfassten Artikel in Klickzahlen umzuwandeln.

Statt in erster Linie Tweets weitestgehend unbekannter Twitter-Nutzer einzubetten oder diese zu zitieren, wie es sich heutzutage in den Nachrichtenmedien leider eingebürgert hat, stelle ich mir lieber die Frage: Wie kann es sein, dass es zu derart großen Unterschieden in der Qualität der grafischen Ausführung der genannten Banknotenbeispiele kommen kann? Während die Gestaltung der 50-Frankenote wie auch des Kronen Siegerentwurfs zu überzeugen wissen, lässt die australische 5-Dollarnote jegliches Gefühl für Formensprache vermissen. Für Viele liegt die Antwort auf der Hand. Ganz klar. Das hat der Designer verbockt!

Das Fehlen der Qualität innerhalb Gestaltung der 5-Dollar-Note fällt auch Nicht-Designern sofort auf, was zahlreiche Mashups dokumentieren. Die darin formulierte Kritik richtet sich jedoch nicht an den Designer, sondern an die Verantwortlichen auf Seiten der Bank wie auch in der Regierung. In jedem Fall an „die da oben“. Tatsächlich reflektiert, so meine ich, die missratene Gestaltung der Banknote einen schlechten Stil, der das Projekt, wenn auch nicht insgesamt, so aber doch in den entscheidenden Fragen in Bezug auf das Design beschreibt.

„Next Generation Banknote (NGB)“, heißt das Projekt der Australischen Zentralbank, das 2007 initiiert worden ist. Anders als bei den Banknoten-Projekten in Norwegen und Schweiz verzichtete die RBA darauf, zu Beginn einen Ideenwettbewerb ins Leben zu rufen. Nicht, dass ein solcher Ideenwettbewerb stets eine Garant dafür wäre, dass ausgezeichnetes Design entstünde, und doch wird anhand eines solchen Instrumentes etwas wesentliches erkennbar, nämlich das Vorhandensein einer Dialogbereitschaft MIT DESIGNERN. Die Beispiele Norwegen und Schweiz verdeutlichten dies sehr gut.

Sicherheit, Schutz und Barrierearmut respektive Zugänglichkeit sind die maßgeblichen Themen, die das australische NGB-Projekt prägen. Aspekte wie Identität, die des Landes und seiner Bürger, und die Möglichkeit, über die Gestaltung Werte vermittelbar zu machen, wurden jedoch offenkundig stark vernachlässigt. Kein Wort findet sich in den von offizieller Stelle veröffentlichten Medien über den oder die verantwortliche Designer/in des neuen 5-Dollar-Scheins. Auf Anfrage verweist die Kommunikationsstelle der RBA auf den Zeitpunkt der Emission der Banknote, die für Anfang September 2016 vorgesehen ist. Die Gestaltung der Banknote, die in erster Linie und zurecht für Negativschlagzeilen sorgt, ist das Ergebnis von Entscheidungen, die in der Tat von weiter oben gefällt worden sind.

Das Ergebnis und die Aufbereitung des Projektes in den Medien, wie es etwa auch über die eigens eingerichtete Website dokumentiert wird, legen nah, dass die „Konsultation von Designern“, wie es in einem Projektpapier (PDF) heißt, nicht sonderlich intensiv gewesen sein kann. Der Mangel an Austausch mit Fachleuchten im Bereich der Gestaltung ist offenkundig. Was entstehen kann, wenn entsprechende Fachleute frühzeitig und langfristig in ein Projekt involviert werden (anstatt sie lediglich sporadisch zu konsultieren), lässt sich an den Beispielen in der Schweiz und in Norwegen ablesen. Hinzu kommt, dass die Art und Weise der Informationsaufbereitung insbesondere in Bezug auf die neuen Sicherheitsmerkmale wie auch den (wenigen) neuen Gestaltungsmerkmalen zu wünschen übrig lässt. Aktuelle Erklärvideos, wie es sie von der 50-Franken-Note gibt, hat die RBA von der neuen 5-Dollar-Note bislang nicht produziert. In der Öffentlichkeitsarbeit bleibt die RBA vieles schuldig. Da darf man sich nicht wundern, wenn die Kritik heftig ist und die Identifikation mit der neuen Banknote ausbleibt.

Manuela Pfrunder, die mit ihrem Designbüro für die Gestaltung der neuen Schweizer Banknotenserie verantwortlich zeichnet, erkennt einen weiteren großen Unterschied zwischen beiden Projekten und beschreibt die neue 5-Dollar Note wie folgt:

„Die australische 5-Dollar-Note ist das Produkt einer völlig anderen Ideologie, als dies die 50 CHF Note ist. Nach Ablauf der Lebensdauer einer Notenserie hat sich die schweizerische Nationalbank bislang immer dafür entschieden, das Design komplett umzugestalten, wohingegen die australische Zentralbank diesbezüglich eine Strategie verfolgt, die wohl eher mit derjenigen des US-Dollars verwandt ist: Am Erscheinungskleid einer Note soll möglichst wenig geändert werden, d. h. nur so viel, wie für einen ’Upgrade’ mit neuen Sicherheitsmerkmalen gerade notwendig ist. Das sind zwei völlig unterschiedliche Strategien. Letztere Strategie meine ich in der australischen 5-Dollar-Note entdecken zu können: Wenn man die neue 5-Dollar-Note der alten gegenüber hält, kommt man meiner Ansicht nach nicht umhin festzustellen, dass vieles gleich geblieben ist: Farbigkeit, Konterfei der Queen (übrigens immer noch in S/W), Position der Gestaltungselemente und Position der Sicherheitsmerkmale. Eine markante Änderung, die sogleich ins Auge sticht, ist allerdings die blaue Farbe, die die Note umrahmt.

So wie ich die Darstellung beurteile, ist die Farbe Blau aber lediglich der Hintergrund, auf dem die Note liegt und an dem man erkennen soll, dass hier die Note transparent ist (das Blau also durchschimmert). Die Art, wie uns das Merkmal der Transparenz präsentiert wird, und insbesondere auch die Wahl der Farbe Blau empfinde ich jedoch eher als ungeschickt, da diese Aufmachung der effektiven Notengestaltung doch sehr abträglich ist.“

Im direkten Vergleich werden die Unterschiede im Design, aber noch mehr in der Konzeption wie auch in der generellen Auffassung hinsichtlich der Funktionen einer Banknotenserie deutlich. Wenn, wie in der Schweiz und Norwegen der Fall, eine solche Serie als Ausdruck nationaler Identität erkannt wird, wenn neben einem Sicherheitskonzept auch ein Designkonzept erkennbar ist, dann lassen sich Bürger für eine Idee einnehmen und begeistern. Besser lässt sich der Sinn und der Nutzen eines durch Design beeinflussten Prozesses nicht beschreiben.

Australischer Dollarschein (ab 09/2016)

Australischer Dollarschein (ab 09/2016)

Zum Vergleich die bisherigen Dollarscheine

Und zur besseren Veranschaulichung des von Manuela Pfrunder angemerkten Aspekts hinsichtlich der Transparenz hier noch eine Darstellung (von mir), die die Note auf einem neutralen Grauton zeigt.

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Dieser Beitrag hat 24 Kommentare

    1. Haha, denselben Gedanken hatte ich auch. Die Visualisierung von all den Keimen, die auf dem Papier nach der Zeit haften bleiben. Nice try! :D

  1. Die schweizerische Banknote hat also designtechnisch eine höhere Qualität als die australische? Kann man das an irgendwelchen Punkten an der Banknote direkt und für Laien verständlich festmachen? Ich finde zwar auch, dass die schweizerische Banknote mir wesentlich besser gefällt, als die australische, aber das ist sehr subjektiv. Geht das auch objektiver?
    (Dies ist eine ernstgemeinte Frage eines in diesem Thema absolut unkundigen, wenn auch interessierten Lesers).

    1. Die im Artikel von mir attestierte geringere Qualität bezieht sich sowohl auf die Gestaltung der Banknote selbst wie auch auf die Prozesssteuerung, die Öffentlichkeitsarbeit und die Aufbereitung von Informationsmedien. Die Problematik in Bezug auf die gewählte Darstellungsform, um die im Schein enthaltenen transparenten Bereiche zu verdeutlichen, wurde bereits von Pfrunder angesprochen.

      In Bezug auf die formal-ästhetische Qualität fällt zunächst einmal auf, wie in einigen Fällen geradezu plump Objekte und grafische Elemente eingefügt sind. Die Blüten der Quil-Akazie – von Einigen als Amöben oder Streptokokken tituliert –, sind die alles dominierenden Gestaltungselemente. Selbst das Konterfei von Queen Elisabeth II., das etwa ein Viertel der Fläche einnimmt, tritt hinten den gelben Grafiken in der Wahrnehmungshierarchie zurück. Der Kontrast zwischen Blüten und allen anderen Elementen erscheint als deutlich zu groß gewählt.
      Vogekundler beklagen in australischen Medien die Darstellung der Farben des abgebildeten Rotnacken-Honigfressers. Diese entsprächen nicht der Realität. Auch als Laie kann man dies erkennen.
      Blüten, Vogel, Sterne und andere Elemente wirken wie zufällig zusammengewürfelt. Ein tragendes Gestaltungskonzept ist weder erkennbar, noch wird es über Informationsmaterial erklärt.
      Der transparente Streifen auf der linken Seite teilt die Banknote scheinbar in zwei Hälften. Dies wirkt wie ein Bruch. „AUSTRALIA“ und die Queen – sie sind sich nicht sonderlich verbunden, so könnte man deuten.
      Auch die Einbettung der Queen erscheint recht plump. Eine schwarzweiße(!) Darstellung der Büste im Copy&Paste-Verfahren eingefügt, so wirkt es zumindest, losgelöst vom Umfeld und freischwebend. Das wirkt altbacken.
      Auch hinsichtlich der Farbgestaltung hinkt die 5-Dollar-Note beispielsweise hinter dem 50-Franken-Schein zurück. Blass, unausgewogen und einfallslos die 5-Dollar-Note – spannungsreich, lebendig und akzentuiert beim 50-Franken-Schein.

  2. Also ich bin auch auf die blaue Farbe reingefallen. Wenn die Flächen wirklich transparent sind, ändert das einiges.

  3. Zitat:
    “Anders als in der Schweiz, wo die Gestaltung der neuen Banknotenserie ein Prozess markiert, der von einer in diesem Rahmen größtmöglichen Transparenz geprägt ist, werden die australischen Bürger vor vollendete Tatsachen gestellt.”
    Ist das nicht eher ein neuer Trend das auch die Bürger ein Mitspracherecht bei der Gestaltung neuer Banknoten hat? Mir fällt kein Beispiel ein das wir in Deutschland jemals ein Mitspracherecht hatten.

    By the Way: Mit den transparenten Elementen finde ich den Schein gar nicht mal schlecht.

    1. Es geht hierbei weniger um Mitspracherecht, als vielmehr um Teilhabe. Darum, die Bürger an dem Entwicklungs- und Gestaltungsprozess teilhaben zu lassen, sie beim Entstehen des Designs mitzunehmen.

  4. “…Statt in erster Linie Tweets weitestgehend unbekannter Twitter-Nutzer einzubetten oder diese zu zitieren, wie es sich heutzutage in den Nachrichtenmedien leider eingebürgert hat”… Endlich sagt es mal einer, Danke!

    @Muddi: Ich finde auch, dass die Banknote an Coolness gewinnt, sobald man mal die Transparenz mal etwas mehr in Action sieht. Das Bild ist eine schöne Ergänzung.

  5. WAS genau ist jetzt an dieser Banknote bitte schlecht??? Ich lese kein einziges Mal, was genau an der Gestaltung denn bitte so verdammt schlecht sein sollte! Auch nicht von der geschätzten Kollegin aus der Schweiz. Ich kann auch einfach sagen “sieht kacke aus”. Aber von einem Design-Blog erwarte ich mir konkrete handfeste Beweise für die Schlechtheit eines Designs. Note für den Artikel im Designtagebuch: Mangelhaft!

  6. Ergänzend: Kriegt es der Autor eigentlich nicht hin, im oberen Bild über dem Artikel eine unbeschnittene Vorschau der Note einzubauen, ohne das rechts und links etwas fehlt?

    1. Auch wenn das jetzt vielleicht nicht in Ihr von Vorurteilen nicht ganz freies Bild passt: Der Ausschnitt ist ganz bewusst so gewählt, um in der vergrößerten Darstellung die Details der Banknotengestaltung gleich in der Vorschau erkennen zu können.

  7. Ja, aber… gibt es denn irgendwo Ansichten dieses Scheins, der die Transparenz sichtbar macht?
    Gerade die gelbenBlüten wirken auf dem Blau ja schon sehr grell bis schockierend – ich kann mir vorstellen, dass die Note (Sofern alle blauen Stellen tatsächlich transparent sind) auf besser passenden Hintergründen (mal auf Weiß ausprobieren?) deutlich moderater wirkt.

    Dass diese teiltransparente Gestaltung unglückliche Farbwirkungen provoziert, ist aber natürlich ein weiterer Kritikpunkt. Der darüberhinaus angeführten Kritik, dass die etwas konzeptlos im Collagen-Stil zusammengewürfelten Elemente nicht wirklich ein großes Ganzes ergeben schliesse ich mich an.

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