Im Oktober dieses Jahres wurde die neue visuelle Identität der Luxemburger Polizei der Öffentlichkeit präsentiert (dt berichtete). Im Nachgang dazu haben sich neun der insgesamt vierzehn am vorausgegangenen Pitch teilnehmenden Agenturen formiert, um ihren Unmut über die aus ihrer Sicht unfairen Pitch-Bedingungen zu äußern.
Agenturen, die an der Ausschreibung für die Entwicklung einer neuen visuelle Identität für die Luxemburger Polizei teilgenommen haben, erhielten keinerlei Aufwandsentschädigung für ihre Leistung. Um die Chance auf die Erteilung des Auftrags zu haben, mussten alle Agenturen für lau arbeiten.
Eine in der Kreativbranche auch über die Landesgrenze hinweg leider weit verbreitete Praxis: bereits mit Einreichung des Angebotes werden von Seite des Auftraggebers nicht selten komplett ausgearbeitete Corporate-Design-Lösungen erwartet, ohne dass die Agentur hierfür Geld erhält. Ein pervertiertes System, das es in dieser Ausprägung wohl in keiner anderen Branche gibt. Ein Ausscheren seitens der Agenturen aus diesem Teufelskreis birgt die Gefahr, weniger bis hin zu keine Aufträge mehr zu erhalten. Ein höchst unanständiges Spiel, bei dem kleine wie große Unternehmen bis hin zu staatliche Institutionen und Ministerien seit Jahren mitmachen, auch und in besonderem Maße in Deutschland.
In dem konkreten Fall lag das Gesamtbudget, das seitens des Ministeriums für innere Sicherheit für die Neuentwicklung der visuellen Identität inklusive der Implementierung des Designs über alle Medienanwendungen hinweg bereitgestellt hat, bei rund 825.000 Euro. In diesem Budget sind auch der Entwurf und der Bau eines neuen Informationsstandes und die Definition einer neuen Klangidentität enthalten. Kaum vorstellbar, dass die Berücksichtigung eines gesonderten Kostenpostens, der die Bereitstellung einer Aufwandsentschädigung beispielsweise in Höhe von 1.000 Euro pro Agentur vorsieht, nicht vom Ministerium zu stemmen gewesen wäre. Wichtiger noch als das Geld wäre die auf diese Weise durch die ausschreibende Stelle zum Ausdruck gebrachte Anerkennung und Wertschätzung hinsichtlich der erbrachten Leistung gegenüber den Agenturen.
Neun der beim Pitch beteiligten Agenturen haben sich nun in einem gemeinsamen Aufruf an die Öffentlichkeit gewandt, um auf diese Weise eine Debatte über unbezahlte Pitches anzustoßen. Sie rechnen vor, dass im Zuge der Einreichungen pro Agentur 300 bis 400 Arbeitsstunden angefallen seien, was von der Gesamtsumme (aller beteiligten Agenturen) einem Gegenwert in Höhe von 400.000 Euro entspräche. Gleichzeitig werben die Agenturen für mehr Transparenz im Zusammenhang mit derlei Ausschreibungen. Aus diesem Grund haben sich die Agenturen dazu entschlossen, ihre eingereichten Arbeiten zu veröffentlichen, auch um den Wert dieser Kreativleistung hervorzuheben. Ein Wert, der nach Ansicht der Agenturen auch finanziell honoriert werden sollte.
Diese Auffassung teile ich uneingeschränkt. Eine Debatte, die unbedingt auch hierzulande in die Öffentlichkeit getragen gehört. Wenn man sich das Ziel gesetzt hat, die hiesige Wirtschaft zu fördern, muss man auch die Rahmenbedingungen dafür schaffen, dass Leistungen fair und angemessen honoriert werden. Unentgeltlich zu arbeiten kann sich kein Unternehmen und auch kein Staat auf Dauer leisten. Hier stehen Regierungen in der Verantwortung. Das Einfordern unbezahlter (Kreativ)Leistungen muss aufhören, da es die erbrachte Arbeit entwertet!
Die ganze Absurdität von unentgeltlich erbrachten Designleistungen im Rahmen von Pitches wird in dem Video #saynotospec auf den Punkt gebracht.
Erst bei sowas mitmachen und dann drüber jammern? Wenn keiner bei sowas mitmachen würde dann würde sich das ganz schnell aufhören. Zumal ja die Bedingungen im Vorfeld ja bekannt waren.
Selbiges habe ich auch gedacht. Dennoch ist es ein guter Anknüpfungspunkt um nun öffentlich auf diese Problematik aufmerksam zu machen.
Jup. Wenn jemand nicht mitmacht und jammert, bin ich gespaltener Meinung. Aber erst mitmachen und dann jammern geht gar nicht.
Und was ist der bessere Vorschlag, damit Auftraggeber Agenturen mit guten Kreativen von Agenturen mit guten Verkaufsdroiden unterscheiden können?
Dafür gibt es im Vorfeld immer die Möglichkeit, sich mit Agenturen zusammenzusetzen und Gespräche zu führen, deren Portfolios und Referenzen zu studieren – um dann zu entscheiden, ob es passt. Wem die erforderliche Kenntnis fehlt, Droiden von Menschen zu unterscheiden, kann allerdings nicht geholfen werden.
Das kann nur jemand tun, der sich mit der Materie auskennt.
Und viele große Agenturen haben das erkannt und schicken inzwischen gezielt ausgewähltes und rhetorisch begabtes Personal um potentielle und fachlich unbedarfte Auftraggeber mit mehrmals recycelten Arbeiten einzuwickeln.
Ausschreibungen wie obige müssen aufgrund von Vergabeverfahren in speziellen Portalen und Amtsblättern verkündet werden. Die stetige Marktbeobachtung solcher Portale und Amtsblätter können sich nur große Agenturen leisten. Und für diese sind Krokodilstränen nun wirklich fehl am Platze; zumal wohl kaum davon auszugehen ist, daß die Kreativleistung -so sie denn tatsächlich neu geleistet wurde und nicht bereits recycelt wurde- danach in den Mülleimer landet.
@ Wolfgang Wiese
Recycling ist in der Tat nicht das Unintelligenteste ;-) , wenn die Preise und das Marktgebaren im Eimer sind.
Habe auch schon inhaltliche Ideen recycelt. Das ist sogar wirtschaftlich vernünftig, nicht jedesmal das Rad neu zu erfinden – auch nicht im kreativen Bereich.
Aber nie typische formale Ideen ( jedenfalls solange sie vorher nicht öffentlich waren, habe da meinen persönlichen Fundus. Jeder sollte einen haben).
Da sind manche Anbieter schon frecher.
Kein Mitleid mit den Teilnehmern, die in diesem Pitch leer ausgegangen sind. Mich würde zudem interessieren, ob jede dieser Agenturen auch das Fass geöffnet hätten, wären sie als Sieger aus diesem unheilvollen Prozedere hervorgegangen. Sieht in der verlangsamten Wiederholung ein wenig nach einem gepflegten Nachtreten aus.
Ein Pitch ist für viele Agenturen anscheinend die einzige Möglichkeit, an größere Auftraggeber zu gelangen. Über die Teilnahme muss jeder für sich selbst entscheiden, besonders dann, wenn die Bedingungen klar formuliert sind. Wir nehmen grundsätzlich nicht an unvergüteten Ausschreibungen und Pitches teil.
Die Problematik ist einleuchtend und auch für Auftraggeber nahvollziehbar: In einem ausgearbeiteten Konzept steckt das gesamte Know-how, einschl. Einarbeitung ins Thema, Recherche, Idee und Entwurf. Und somit der gesamte Kern der Arbeit.
Wer für diese entscheidende Leistung auf eine Vergütung verzichtet, verschenkt sein Kapital. Das kann man sehr gerne machen, wenn es um wohltätige Dinge geht. Alle anderen Auftraggeber sollten erkennen, dass das nicht geht.
Ich arbeite seit 13 Jahren als deutscher Designer in Wien und habe hier seit dieser Zeit kaum einen Pitch erlebt, bei dem an die »Verlierer« ein Aufwandshonorar gezahlt wurde. Hier ist es fast durchweg usus, dass Agenturen völlig gratis und damit auf volles Risiko pitchen.
Ich selbst weigere mich schon seit vielen Jahren hartnäckig, Ideen und Designs unentgeltlich zu präsentieren. Leider dann eben mit der Folge, an interessanten Ausschreibungen nicht teilnehmen zu können.
Ich sehe es ebenso wie einige der Vorredner: Erst am Gratis-Pitch teilnehmen und hinterher mosern, ist die völlig falsche Politik. JEDER Kreative und JEDE Agentur sollte diese Art der Selbstausbeutung und Kreativ-Prostitution strikt boykottieren.
Ja.
Sorry, falls ich hier als Laie nicht ganz im Bilde bin, aber welche Designfirma hat denn bitteschön tatsächlich 400.000 Euro in die Entwicklung gesteckt??? Das müssten schon unmenschliche Stundenlöhne bei jahrelanger intensiver Arbeit gewesen sein.
Fakt ist doch, die Arbeit, wenn diese vom Kunden angenommen wird, mag am Ende zwar diesen Preis haben, aber die tatsächlichen Ausgaben für den nicht erwählten Design-Entwurf sind mit Sicherheit weit unter dieser Preisspanne.
Man möge mich für meine Einschätzung bitte nicht steinigen, vielleicht liege ich ja auch komplett daneben. Wenn es tatsächlich derart massive Verluste gibt, dann muss ich auch nur sagen, dass man nach dem Lesen und Teilnehmen an der Ausschreibung selbst Schuld ist.
Es ist dies das geschätzte Gesamthonorar aller beteiligten Agenturen, siehe dazu im Artikel: „dass im Zuge der Einreichungen pro Agentur 300 bis 400 Arbeitsstunden angefallen seien, was in Summe einem Gegenwert in Höhe von 400.000 Euro entspräche.“
Ich dachte gerade ich fall aus allen Wolken … Ich konnte die Rechnung nämlich auch nicht nachvollziehen, denn im Text steht:
Also irgendwo steckt der Fehlerteufel drin …
700 bis 1100 € (je nachdem ob der Wert jetzt für 9 oder 14 Agenturen gilt) klingt schon nach einem etwas utopischen Stundensatz!
Ganz einfache Rechnung:
9 Agenturen x 400 Stunden x 110 € pro Stunde = fast 400.000 €
Das heißt ja nun nicht, dass so viele Kosten durch Löhne entstanden sind. Ich kenne auch nicht den Stundensatz von Luxemburgischen Agenturen. Aber in Deutschland sind Stundensätze um die 100€ als Endkundenpreis völlig normal.
Selbst wenn man mit den niedrigsten Zahlen rechnet, kommt man auf Summe in ähnlicher Größenordnung:
9 Agenturen x 300 Stunden x 90 € pro Stunden = 243.000 €
Und diese Rechnungen zeigen doch nur, um welche Größenordnungen an Verlusten geht. 200.000 € die nicht entlohnt werden kann neunmal nicht jede Agentur so einfach durch andere Aufträge auffangen.
Okay, hatte heute nur Zeit den Text zu überfliegen. Die Summe wirkt natürlich in der »Schlagzeile« etwas gewaltiger. Das sind dann im Durchnitt für eine Agentur um die 45.000 €. Das ist nicht ganz so viel, aber immerhin eine Preislage, wo ich mir gut überlegen würde, einen Entwurf abzugeben, in dem Wissen, das Geld könnte in den Sand gesetzt sein…
Aber auch wie »thomas« unten durch »Architektur« ergänzt hat, sind diese Berufsgruppen – ich bitte um Entschuldigung – nicht die Notleidensten in der Verdienerliste. Wenn ich einen Puffer von 50.000 € habe (oder auch nicht) und das Risiko eingehe, es zu verlieren, fehlt mir als normaler Arbeiter leider trotzdem irgendwo das Mitleid. ;-)
“Ein pervertiertes System, das es in dieser Ausprägung wohl in keiner anderen Branche gibt”
-> Architektur
Unabhängig vom konkreten Fall: Das Hauptproblem ist, dass im Gegensatz zum Wettbewerbswesen bei z.B. Architekten, in unserer Branche keine genormten Verfahren mit Fachjury etc. existieren. Man ist der Entscheidung nach Präsentation meist völlig erklärungsfrei ausgeliefert. Es werden weder 2. noch 3. Plätze vergeben und auch keine Ankäufe getätigt. Genau das verlangt nach zumindest pauschaler und im Regelfall eher symbolischer Vergütung. Zumal es sich in vielen Fällen um zweistufige Verfahren handelt, also die Leistungsfähigkeit der Agentur vorab durch Referenzen, Mindest-Jahresumsätze, Erfahrungs- und Qualifikationsnachweise etc. abgeklärt wurde und man zum Pitch geladen wird. Das Briefing für den Entwurf ist meist so schwammig, dass letztlich nur das Glück und der persönliche Geschmack der »Jury« entscheidet, wer den Zuschlag aufgrund des präsentierten Entwurfes bekommt.
Also die hätten sich einfach eine gute Agentur ins Boot geholt und locker 2/3 der Kosten sparen können.
Leider auch ein im Messebau, in der IT, in der Industrie und bei anderen Dienstleistungen ein durchaus völlig normales Vorgehen und nicht wirklich auf die Designbranche beschränkt – ein bis zwei Wochen Arbeit gehen bei mir bekannten Messebaufirmen, IT-Unternehmen (Individualsoftware oder -projekt), Ingenieurgesellschaften, … schnell für eine detaillierte Angebotsstellung drauf, die nur mit einem mehr oder weniger ausgearbeitetem Konzept funktioniert. Die meisten potentiellen Auftraggeber halten es jedoch nicht für nötig, ihre Entscheidung oder gar Gründe für die Ablehnung mitzuteilen. Oft stecken Einkaufsplattformen bzw. eher der Zentraleinkauf dahinter, der möglichst objektiviert die eigentlich sehr individuellen Dienstleistungen versucht zu bewerten. Gelingt natürlich nicht. Da hilft nur, diesen Weg der Akquisition auszuschließen und andere Vertriebswege einzuschlagen. Ist möglich, will aber hart erarbeitet werden – weil sie oft auf persönlichen Kontakten und persönlichen Vertriebsaktivitäten fussen.
Ich sehe ein, dass die Strukturen fehlen, um derlei Bedingungen im Vorfeld anzuprangern – nichtsdestotrotz bleibt der Aufschrei der “Verlierer” im Nachhinein eher ein wenig mitleiderregendes Quäken.
Mit einem derartigen Einsatz gegen 13 professionelle Mitbewerber anzutreten erscheint mir nicht kommunizierbar. Dann lieber gleich ins Casino. Das ist ein zutiefst unseriöses Geschäftsgebaren, auch auf Seiten der Teilnehmer. Was ja oft ausser Acht gelassen wird: Selbst die Gewinner, “gewinnen” ja nichts, sie erhalten lediglich einen Auftrag, der beinhaltet, für die Bezahlung auch Leistung zu bringen. Wo ist also der Anreiz, sich einem derartigen Verlustrisiko auszusetzen?
Zum Glück bereitet der Deutsche Designtag (https://www.designtag.org/2017/08/vergabe-von-designauftraegen/) gerade Vergaberichtlinien vor, die angemessene regeln auch für die Ausschreibung von Wettbewerben definieren. Bis dahin hilft hoffentlich de gesunde Menschenverstand (Ich verteufle Wettbewerbe nicht, entscheidend sind aber natürlich die Bedingungen! Ein Wettstreit mit 14 Teilnehmern? Ernsthaft? Da geh ich lieber ins Hallenbad…)
Luxembourg Light Festival 2017: Es sollten Konzepte für Lichtinstallationen u. ä. eingereicht werden, die auf spezifische Orte zugeschnitten sein sollten, welche in einer Liste vorgegeben waren. Im Rahmen der Jurysitzung (also nach Einreichung) entschied man sich dann, einige Orte heraus zu nehmen. Wer für einen dieser Orte gepitcht hatte, hatte nie eine Chance. Nie wieder.
Unentgeltliche Pitches sind immer eine miese Nummer wenn vorab schon fertige Entwürfe gefordert werden. Ich verstehe jedoch auch wenn für ein Projekt mit einer solchen Außenwirkung einige Agenturen schwach werden und das Risiko eingehen.
Es wäre spannend zu wissen ob kommuniziert wurde wie viele andere Agenturen noch teilnehmen. Bei 2-3 Mitkonkurrenten kann man sich ja tatsächlich noch Hoffnungen machen. Aber bei 13 anderen…da kann man sein Glück auch beim Lotto versuchen.
Was mich wundert ist, dass es in anderen Bereichen der öffentlichen Auftragsvergabe ausschließlich darauf ankommt, des günstigsten Anbieter zu berücksichtigen. Liegt vermutlich daran, dass die Qualität gestalterischer Arbeiten vermeintlich vom Auftraggeber selbst beurteilt werden kann. Im Straßenbau geht das nicht so leicht.
Dass man im Rahmen einer Ausschreibung ein Angebot abgibt, stellt einen kalkulierbaren Aufwand dar, den ich i.d.R. zu leisten bereit bin. Das ist nicht zu beanstanden. Die unentgeltliche Herausgabe konzeptioneller Arbeiten hingegen wohl.
In kleinerem Rahmen findet diese Art der Selbstausbeutung übrigens jeden Tag auf den bekannten Logoverscherbelplattformen statt. Logo für 250 Euro, 40 Teilnehmer, 39 gucken in die Röhre. Albern, aber es steht jedem zu.
Die FDP in Form von Westerwelle sagte einmal, man muss auch als Putzfrau für 2,55 EUR die Stunde arbeiten können dürfen, diese Entscheidung stehe ihr zu.
Soviel ahnungslose Liberalität in Ehren einer Großverdienerpartei, doch diese Pseudoliberalität bricht genau den Schwächsten das Kreuz.
Zum Problem hier: Es muss dringend aufhören, dass man denkt, och naja, es steht ihnen zu, ihre Arbeitskraft dort nutzlos zu verballern und einer Branche ins Kreuz zu treten.
Zumal dort auch verdeckt Agenturen als Auftraggeber auftreten.
Das muss aufhören. Gibt es keinen begabten Anwalt, der da mal antritt?
Bitte nicht nur den letzten Satz beachten und aus dem Zusammenhang reißen.
Das ist eine andere Situation. Es steht jedem zu, sich an einer solchen Plattform zu beteiligen und seine “Arbeitskraft dort nutzlos zu verballern”. Das ist eine freiwillige Teilnahme im Sinne eines Wettbewerbs (den ich sehr wohl kritisiere) und etwas ganz anderes als eine Arbeitsleistung, die systematisch von oben herab schlecht bezahlt wird. Gegen was soll denn der Anwalt helfen? Gegen einen Pseudowettbewerb? Die Branche der Berufsfotografen ist sicher auch nicht glücklich darüber, dass heute vermeintlich jeder fotografieren kann. Am Ende zählt die Substanz und Qualität.
Sollte man mal bei Politikern einführen. Wer sich am Ende bei einer Diskussion zu einem Gesetz etc. durchsetzt bekommt Geld, alle anderen für die gesamte Zeit nichts. ^^
Deswegen haben Politiker, im Eigennutz immer sehr weise, früh festgelegt, dass sie nicht nur immer und überall mit steigenden Diäten zu vergüten sind, sondern auch noch darüber hinaus – nach Beendigung der Tätigkeit nicht im Armenhaus landen.
Es ist so:
Es gibt von größeren Agenturen regelmäßig darüber Wellen in der W&V und #Aufschrei Me-too.
Dann ist wieder ein wenig Ruhe. dann geht es wieder los, diesmal in der HORIZONT.
So geht der Zyklus.
Unternehmenkunden können sich beruhigt zurücklehnen.
Solange sogar mittlere Agenturen, wenn sie vom Kunden eingeladen wurden, sogar ohne dazu aufgefordert worden zu sein, druckfertige Ausarbeitungen mitbringen, solange kann ich nur leidend lächeln.
Ein kleines Designbüro wie Herr Karl oder ich können sich das nicht leisten, bei jedem Neubesuch in der Akquise druckfertige auf den Kunden zugeschnittene Erzeugnisse zu präsentieren.
Diese mittleren Agenturen mit ihren möglicherweise recycelten Sachen ärgern mich daher sehr. Und die großen, die sich mit großem Theaterdonner bei der W&V-Redaktion das Herz ausschütteten, weil sie bei einer 10-er Runde unbezahlt rausflogen, tun mir als kleinem Hansel nicht leid.
Unabhängig von der Sache in Luxembourg, so groß ist meine Solidarität dann doch nicht, dass ich mich ständig und generös für solche Agenturen einsetze, die mir als kleinem Büro mit ihrem präpotenten Verhalten im Wettbewerb den Hahn abdrehen. Sorry.
Keine Sorge, die Stufe 1 hat bestimmt einen Jahresumsatz von vl. 400tsd für jedes der letzten 3 Jahre gefordert, natürlich mit angemessenem Anteil in der CD-Entwicklung. Da dürfen die kleinen feinen Büros, die so etwas prima könnten, gar nicht mitmachen. Wer keinen Media-Etat durch das eigene Konto schleift und damit den Umsatz aufbläht, hat auch als mittlere »Agentur« mitunter Probleme, solche Vorgaben zu erfüllen. Und je größer der Laden, umso kostenloser die Praktikanten… die Verluste sind also überschaubar und es wird sich nichts ändern ;)
So ist es.
Ich habe letztens 80 Euro beim Pokern verloren. Das war mies, eigentlich habe ich damit gerechnet, den Pott zu gewinnen.
Natürlich bin ich auch gegen spekulative Arbeiten. Verweise bei den Gelegenheiten immer gerne auf https://www.nospec.com/
In unregelmäßigen Abständen wird immer mal wieder darüber geklagt, dass Schüler, Studenten, Freelancer oder Agenturen kostenlos oder unter Wert ihre Fähigkeiten anbieten und dadürch der Wert unseres Handwerks heruntergesetzt wird und immer mehr Auftraggeber immer mehr Leistungen für immer weniger Geld erwarten. Das ist inhaltlich auch richtig, da gibt es überhaupt nichts zu diskutieren. Aber es ändert einfach nichts.
Es wäre schön, wenn sich alle, die aus dem Gewerbe kommen, gegen diese Ausschreibungen oder Wettbewerbe stellen würden und nicht daran teilnehmen, aber das wird nicht passieren.
Aber was soll man tun? Alle die daran teilnehmen an den Pranger stellen? Nein. Natürlich nicht.
Wenn ich eines Tages im Lotto gewinne, werde ich bei dieser großen deutschen Plattform für spec work einen Wettbewerb für ein CI für 1M einstellen, 500 Revisions pro Designer fordern und nach Wochen das ganze ohne Gewinner abschließen, sodass keiner mehr Lust auf sowas hat.
Bis dahin lehne ich mich zurück und genieße es, Texte zu lesen, in denen Teilnehmer dieser Ausschreibungen darüber jammern, dass sie nichts verdient haben.
Frage:
Was hält die Gemeinde hier eigentlich von Pro-Bono-Arbeit für NGO’s, die komplett aus ehrenamtlichen Mitarbeitern bestehen und alle Spenden an Bedürftige weitergeben?
@Achim:
Bitte im Text die Arbeitsstundenzahlen korrigieren. Die Rechnung geht sonst nicht auf :-)
Im Original-Text ist von 300 bis 400 Stunden die Rede, nicht 30 bis 40 Arbeitsstunden.
Danke aber ansonsten für den tollen Artikel!
Sehr schwieriges Thema. Ich bin der Letzte, der für Werbeagenturen eine Lanze brechen würde. Mich hat deren Selbstherrlichkeit schon immer mega angenervt. Und oft trifft der Satz zu: Hochmut kommt immer vor dem Fall.
In diesem Fall sehe ich das jedoch anders. Ich nähere mich dem Ganzen juristisch: Gehört der Pitch bereits zur Auftragsvergabe und muss dieser vergütet werden oder läuft es unter ‘unternehmerisches Risiko’? Ich sage ja, es muss vergütet werden. Maßgeblich sind die Besonderheiten der Branche. Denn: Die sogennante Freiwilligkeit ist in Wirklichkeit keine. Es ist eine spezifisch, mittlerweile eingebürgerte Vorgehensweise bei der die Auftraggeber ihre Marktmacht ausnutzen. Die Juristen sprechen von Lebenswirklichkeit. Sehr entscheidend hierbei ist, das grundsätzlich fertige Entwürfe, sprich Reinlayouts Usus sind. Wären es grobe Skizzen wäre die Sachlage anders. Oft kupfert der Auftraggeber aus den zahlreichen fertigen Entwürfen das Beste zusammen.
Warum gibt es eigentlich einen Verband der nicht in der Lage ist, Standards für die Branche zu definieren? Und was macht dieser den ganzen lieben Tag? Das hätte schon vor Jahren definiert werden müssen. Stattdessen schaut man dem Treiben tatenlos zu…
Hätte der erste Satz nicht andersrum sein müssen, »kein Verband, der sich einsetzt«? Egal: Verbände leben von der Mitgliederschaft, je größer sie ist, umso größer die Möglichkeiten des Verbandes. Designer sind leider zu selten organisiert und zu wenig aktiv in ihren Verbänden. Trotzdem sind die Verbände aktiv, in dieser Richtung besonders der Deutscher Designtag, der Dach-Verband der Designer-Verbände, wie dem Link im Beitrag von Jürgen (ein anderer) zu entnehmen ist: https://www.designtag.org/2017/08/vergabe-von-designauftraegen/
Bleibt nicht tatenlos, engagiert Euch!
Was ich wirklich gut finden würde: Wettbewerbsbeiträge, die wesentliche Teile der gestalterischen Gesamtlösung offen lassen und dazu lediglich Fragen stellen. Die dadurch eine Zusammenarbeit des (potentiellen) Kunden mit der Agentur geradezu fordern. “Wie wollen wir das machen?” ist ja keine Frage, mit der man Unkenntnis oder Fantasielosigkeit zugibt, sondern eher ein Zeichen, dass wir das Gespräch suchen — zurückfragen, diskutieren, gemeinsam nach der besten Lösung suchen.
So wird Gestaltung auch eher als das wahrgenommen, was es ist: Keine Gesamtleistung zum Preis X (der im Fall, dass man den Job nicht bekommt, ja leider Null ist), sondern etwas, das in vielen Arbeitsstunden und Treffen erarbeitet werden muss.
Ich bin aus der Editorialbranche. In den vergangenen 15 Jahren wurde uns dort kein einziger Pitch bezahlt. Zudem erhielten bei 70% der Pitches jeweils die Etathalter den Auftrag, natürlich zu deutlich schlechteren Konditionen, weitere 15% der Pitches verliefen im Sande oder dienten als kostenloser Ideenklau. Die Pitch-Anforderungen sind dort ähnlich wie im CD-Bereich. Es ist absurd und pervers, in der Tat. Erzählen sie mal ihrem Garten- und Landschaftsbauer, dass er bitte den Vorgarten umsonst gestalten möge, damit er vielleicht hinterher den Auftrag für den Hauptgarten bekommt. Oder den Fliesenleger, der ja schon mal für Lau das Gäste-WC machen kann, und dann, wenn es ihnen gefällt, den Auftrag für das Badezimmer bekommt.
Wir machen diesen Irrsinn schon seit einigen Jahren nicht mehr mit. Ich gehe zwar nicht ins Hallenbad, wie ein Kollege hier schrieb, aber habe mittlerweile komplett die Branche gewechselt. Handel mit Waren. Da geht es noch halbwegs ehrlich zu.
es tut mir leid aber über eine Situation weinen die man selbst befeuert und am Laufen hält, sich bereitwillig dafür hingibt, das ist lächerlich. Die Branche macht sich selbst zum Opfer…. Es müssen einfach alle Agenturen/Designer geschlossen verweigern an unbezahlten Pitches teilzunehmen und schon müssen sich Auftraggeber automatisch gezwungener Maßen ein anderes System ausdenken. Die Forderung eines jeden Unternehmens sollte es sein dass die geleistete Arbeit bezahlt wird. Und dafür ist jede Agentur/jeder Designer selbstverantwortlich, sorry. Wer sich diesem miesen Treiben also freiwillig hingibt ist selbst Schuld. Meine Meinung. Ich arbeite selbst in einer Agentur und kann sagen dass man absolut nicht darauf angewiesen ist an unbezahlten Pitches teilzunehmen um eventuell Aufträge zu erhalten. Es gibt genug tolle und bezahlte Aufträge da draußen!
Wenns so einfach wäre.
Aber es ist richtig. Um das System zu ändern, braucht es im Grunde alle Agenturen. Da reicht es nicht, wie in der Vergangenheit geschehen, wenn einige namhafte Agenturen ihre Pitch-Abstinenz beschließen, gewissermaßen um ein Zeichen zu setzen. Um dieses perfide System am Laufen zu halten, braucht es nur wenige Agenturen, denen selbst eine sehr geringe Aussicht auf Erfolg ausreicht, um an derlei unfairen Pitches teilzunehmen. Ganz klar: hier sollten/müssten sich auch die luxembourger Kollegen hinterfragen, die bei diesem Pitch mitgemischt haben. Erst mitmachen und im Nachgang Kritik üben, ist auch meiner Ansicht nach der falsche Weg.
An die Adresse von Firmen und institutionellen Stellen, die einen Pitch ausrichten:
Im Sinne einer fairen, angemessenen und erfolgreichen Zusammenarbeit im Rahmen eines Pitches empfehlen Berufsverbände wie BDG und AGD allen werbetreibenden Unternehmen die Zahlung von Pitch-Honoraren. Die Empfehlungen über die Höhe des Pitch-Honorars reichen von mind. 3.000 Euro für kleine, bis zu 30.000 Euro für komplexe oder internationale Pitch-Aufgaben, so beispielsweise die Empfehlung der Hamburger Pitchberatung Cherrypicker. Kein Pitch-Honorar, keine Leistung.
An Agenturen gerichtet:
Agenturen, die bei einer Ausschreibung mitmachen möchten, sollten VOR der Teilnahme die Verantwortlichen der Ausschreibung kontaktieren, um auf möglicherweise inakzeptable Bedingungen hinzuweisen. Nur dann hat der Ausschreiber die Möglichkeit, die Bedingungen anzupassen, um etwa nachträglich ein Pitch-Honorar zu ergänzen.
Die Wahrscheinlichkeit ist auch ohne Pitch zu jeder Zeit gleich hoch. Sie steigt lediglich dann an, wenn man beim Auftraggeber kein Vertrauen genießt oder seinen Job schlecht macht. Ein Mangel an Respekt kann ebenfalls ein Faktor sein, der z.B. dann entsteht, wenn ich in unfaire Geschäfte einwillige die den Auftragnehmer entweder:
a: als haltungslosen und selbstverliebten Trottel auszeichnen oder
b: als zu doof für das Verständnis einfachster marktwirtschaftlicher Prinzipien qualifizieren
Beide Optionen, einzeln oder in Kombination, verdienen kein Mitleid. Ein Gejammer darum ist lediglich peinlich.
Das ist hart formuliert, im Prinzip leider richtig.
Große Designbüros sind in der Regel jedoch keine Trottel und auch nicht zu doof für marktwirtschaftliche Prinzipien.
Achim sagte auch gleich im Satz danach:
Ja. Istso.
Habe als Angestellter in einem etwas größeren Laden in diversen solcher Spielchen nolens volens mitspielen müssen. (Meine Chefs hassten das auch, glaubten aber zu müssen.)
Fazit: Am unangenehmsten und repektlosesten ging es deutlich bei kleineren Pitch-Ausschreibern mit Minivergütungen zu.
Eine Pitch-Präsi bei einer Städteverbund-Marketingregion ist mir unangenehm in Erinnerung.
Man lud 11 Büros ein (ein Unding), man ging während der Präsi rein und raus – alles lauter NoGos. Mir kam es so vor, dass je unbedeutender der Pitchausrufer ist, umso irrer, aufgeblasener ist deren Ego und umso mehr wollen sie die (Kreativ-)Puppen tanzen lassen. NoRespect.
Ein guten Rutsch trotzdem.
Glaube nicht, dass es 2018 besser wird. Eher irrer.
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