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Das neue Logo der Universität Jena … irritiert

Die Friedrich-Schiller-Universität Jena, 1558 gegründet und mit über 18.000 Studenten größte Hochschule Thüringens, hat seit Anfang Juli ein neues Logo. Angesichts aktueller Redesigns, bei denen kleine wie große Marken (wieder) verstärkt auf vereinfachte Formgebung setzen, wirkt das Siegel-Logo der Uni Jena aus der Zeit gefallen.

Eindeutigkeit, Lesbarkeit und Funktionalität zeichneten, wie es von Seiten der Uni Jena im Rahmen der Logovorstellung heißt, das neue Logo aus. Mit Hilfe des neuen Signets, das sich möglichst nahe an das historische Original anlehnen soll und fortan in Fakultätsfarben eingefärbt werden kann, werde das Erscheinungsbild der Universität Jena vereinheitlicht. Im Zuge des Redesigns wird der frei verfügbare Google-Font Roboto die Univers als Hausschrift ablösen. Auch die Wortmarke „Friedrich-Schiller-Universität Jena“ wurde in der Roboto gesetzt.

Entwickelt wurde das neue Logo von der Fakultät für Gestaltung der Bauhaus-Universität Weimar. Noch erscheint das Logo lediglich an vereinzelten Stellen, etwa in einem Flyer, ab Oktober 2017 ist die Nutzung des neuen Logos universitätsweit verbindlich.

Logo der Universität Jena – vorher und nachher

Kommentar

Während zunehmend responsive Logos im Netz die Runde machen, also speziell für die Darstellung auf Smartphones optimierte vereinfachte Logovarianten, ist das Siegel-Logo der Uni Jena derart komplex, dass es in kleinen Größen – ganz offiziell – gar nicht erst zum Einsatz kommen soll. „Unterschreitet es in einer Abbildung einen Durchmesser von zwei Zentimetern, sollte zugunsten der Lesbarkeit auf seinen Einsatz verzichtet werden“, so die Order. Anno 2017 sehr irritierend, wird auf diese Weise doch zum Ausdruck gebracht, welch geringen Stellenwert die Uni den Digitalen Medien beimisst. Ein veralteter Webauftritt uni-jena.de bestätigt diesen Eindruck.

Während für die Gestaltung von Logos früher die Lehrmeinung galt, es müsse auch auf einem Fax funktionieren und gut aussehen, steht und fällt heutzutage die Qualität eines Logos mit der Darstellung als App-Symbol oder Profilbild. Ein Logo, das nicht auch als App-Symbol taugt, ist zu nichts gut!

Schwer nachvollziehbar, wie 1.) die Fakultät für Gestaltung der Bauhaus-Universität Weimar ein solches Zeichen entwickeln konnte, das sich derart schwierig reproduzieren lässt, und das 2.) von dem Präsidium der Uni Jena in dieser Form so abgenickt wurde. Schon in Normalgröße ist die Lesbarkeit des Logos respektive die Darstellung des Siegels absolut ungenügend. Von der Ästhetik ganz zu schweigen. Die gewählte Form als quasi-fotografische Darstellung lässt Buchstaben, Linien und jedes Detail zusammenlaufen, macht aus dem Siegel einen monochromen Klumpen, ein blaues indifferentes Etwas, mit dem sich Exzellenz und Expertise wohl kaum kommunizieren lässt.

Dass sich heraldische Wappen und siegelähnliche Zeichen ins digitale Zeitalter transformieren lassen, haben unter anderem die Handelshochschule Leipzig (HHL) oder zuletzt die Stadt Danzig bewiesen. Möglichst nahe an das Original heranreichen zu wollen, ist, meiner Ansicht nach, der völlig falsche Ansatz. Denn Fortschrittlichkeit lässt sich auf diese Weise jedenfalls nicht vermitteln. Die Vereinfachung der Formgebung des Siegels wäre sicherlich der bessere Weg gewesen.

Mindestens ebenso unkonventionell wie die Darstellung des Siegels ist die Wortmarke samt links überstehendem „JENA“. Der Anblick schmerzt. Eine ziemlich eigenwillige Interpretation in Sachen optischer Randausgleich.

Mediengalerie

Weiterführende Links

  • Das neue Logo der Universität Jena | uni-jena.de

Dieser Beitrag hat 74 Kommentare

  1. Da würde ich nicht studieren wollen. Das Logo hat aber auch so garnichts. Vor Dreißig Jahren hat man noch gesagt, ein Logo muss möglichst mit einem glühenden Eisen in das Holz einer Kiste gebrannt werden. Der Spruch ist nicht ganz verkehrt und bei der Uni Jena würde ich es gerne sehen, wie das Brandeisen aussieht.

  2. Das Siegel ist meiner Meinung nach super. Es hebt sich ab vom Trend der anderen Logos. Ich finde die reduzierten Logos, z.B. das der Universität Leipzig, weiter oben im Verlauf, gleichen sich doch alle sehr und verlieren deutlich an Charakter.

    Für kleine Darstellungen hätte man sich auf jeden Fall etwas überlegen müssen, da reicht meiner Meinung nach der Schriftzug nicht aus.

    Und das verschobene J, ja das ist mutig, man scheint hier eine Botschaft der Nonkonformität aussenden zu wollen. Dazu ist der Schriftzug aber allgemein zu unaufgeräumt.

    1. Manchmal hats halt seine Gründe, warum Dinge oft gleich gemacht werden und eben nicht “so”… ;)

      Nach der Logik müsste jedes Logo eines lokalen Elektroinstallateurs auch toll sein, denn die heben sich ja von den großen Herstellern klar ab. Aber nicht weil sie so gut sind. :D

  3. Die Logos, die man mit glühendem Eisen …

    Nunja. Die Einfachheit. Die Reduzierung, das Flat, wasauchimmer …

    Ein Uni-Logo ist kein Verbraucherlogo, das fürs Mainstream- und Goebbelsche Volksmarketing ohne Wenn und Aber in die Köpfe gehämmert gebrannt werden muss, sonst kaufen sie nix diese misera plebs mit ihrem miserablen Gedächtnis. Nach dem Motto ” …mit Vergesslichkeit angefüllt ist dein Gehirne …” (aus einem Gedicht von Heine)
    Um beim Brutalo-Bild Brenneisen zu bleiben.

    Das Siegel zeigt ja Johann Friedrich den Großmütigen. („Hanfried“)
    ;-)

    Somit würde ich persönlich mich großmütig zeigen und der traditionsreichen Uni Jena einen Übungs-Sonderweg zugestehen. Diese Wahnsinns-Detailverliebtheit ist sicher falsch bei einem Logo nach unserer Diktion. Doch man sieht eben damit rasch und superdeutlich, was ihnen wichtig ist: ihre alte Tradition.

    Schaue ich mir die digitalen Möglichkeiten an, die sich heute bieten, muss ein Logo weder einfarbig, noch holzgeschnitzt, noch scharfkantig sein:

    Die digitale Technik erlaubt heutzutage alles, was früher bei einem Logo wirklich echt nicht ging (und daher in der ehrpusseligen schwarzen Zunft schon immer als Riesenfehler geahndet wurde bis in die Enkelgeneration des fehlgegangenen Gestalters, Typografen oder Setzers… ): Halbtöne, Verläufe, Unschärfe, mehr als 2 Farben sogar vieleviele Farben …

    Natürlich muss man bei einem Logo nicht alles machen, was technisch geht.
    Doch warum nicht die Vorteile des Digitalen nutzen, um das Alte darzustellen.
    Nur als Denken gegen den Strich.

    1. “Doch warum nicht die Vorteile des Digitalen nutzen, um das Alte darzustellen.”

      Aber genau das ist doch hier gar nicht mehr der Fall wenn es um die Darstellung auf mobilen Endgeräten geht. Da wird dann schlicht gesagt: weg mit dem Siegel!

    1. Ps. wenn man den Zeitungsartikel per Suchmaschine sucht, hat man übrigens auch Zugang auf den kompletten Artikeltext.

    2. Besten Dank für den Hinweis Soeren.

      Sehr souverän, wie der Pressesprecher der Uni Jena, Axel Burchardt, die Kritik am Logo mit dem Kommentar „Logo-Fragen sind immer auch Geschmacksfragen“ vom Tisch zu wischen versucht. Dabei übersieht er jedoch folgendes:

      Reproduzierbarkeit und Funktionalität eines Logos zählen zu den leicht objektivierbaren Kriterien, anhand derer sich die Qualität von Logos bewerten lassen. Wenn, wie in dem vorliegenden Fall, die Reproduzierbarkeit eingeschränkt ist, erkennt dies selbst ein Design-ungeschultes Auge, etwa wenn Formen und Schriften zulaufen und verwaschen wirken, was regelmäßig beispielsweise im Zeitungsdruck vorkommt. Diese Kritik ist also gänzlich losgelöst von Fragen die die Ästhetik und das subjektive Geschmacksempfinden betreffen. Ästhetik hingegen ist ein schwer objektivierbares Kriterium. Über Geschmack lässt sich sprichwörtlich nicht streiten – den hat man oder den hat man nicht. Aber ein so zwingendes Kriterium wie die Reproduzierbarkeit eines Signets quasi als obsolet zu betrachten, ist schon ein Offenbarungseid.

      Wie Christian schon schrieb: da hat sich die Bauhaus-Uni so kurz vor dem Jubiläum wahrlich nicht mit Ruhm bekleckert, ebenso die Uni Jena. Dass ein ehemaliger Professor die Verantwortlichkeit für ein Projekt hier im dt persönlich von sich weist, spricht Bände.

      1. Logos sind natürlich dem Geschmack unterworfen, sonst gäbe es keine Logo-Trends. Die Anmutung wurde hier aber kaum kritisiert, sondern die Qualität der Realisierung. Auch ein gut geschulter Pressesprecher kann die Mängel eines offenbar mangelhaften Designprozesses nicht verdecken. Das Ergebnis zeigt diese Schwächen, ob man will oder nicht.

        1. Ein typischer 08/15-Kommentar vom Pressesprecher der Uni. Klar das er den “Logo-Mist” gut reden muss, auch wenn er es evtl. auch nicht toll findet. Andererseits, er könnte auch keine Ahnung von der Materie haben und das 08/15 auch noch richtig findet.
          Ich selber habe keinerlei grafisch-designerische Ausbildung, interessiere mich rein hobbymäßig, sammle Wappen/Logos und zeichne das eine oder andere für Kleinstunternehmer bzw. gemeinnützige Organisationen. Aber das ein Logo tunlichst auch in kleineren Proportionen erkennbar sein sollte habe ich schon vor 10 Jahren gelernt, wo ich autodidaktisch mit dem Selberzeichnen anfing. Da braucht man kein mehrjähriges Studium, da braucht man gesunden Sachverstand.

    3. Die Argumentation des Journalisten mit dem “Geschmack” ist mir auch aufgefallen.
      Niedlich.

      Es hat mit “Geschmack” nichts zu tun, wenn Linien und Details trotz eifrigster Zeitungsretusche-Höhung in der Verkleinerung absaufen. In dieser Hinsicht war ja das alte Siegel besser, dessen Friedrich hatte zumindest einen weißen Hintergrund, keinen zugesoffenen. (“Zusaufen” sagt man tatsächlich unter Druck-Producern.)

      Dann hat das was mit Technik zu tun.
      Technik ist doch in unserem tollen Technik-affinen Deutschland DAS Argument überhaupt.

  4. UNGLAUBLICH … Und dann noch Bauhaus-Uni … und wer das alles abgenickt hat …
    Die Verantwortlichen sollten in einer ruhigen Minute mal über ihre Lehrkompetenz nachdenken.

  5. Mich würde vor dem Hintergrund der ausnahmslos negativen Kommentare im DT wirklich interessieren, was die Verantwortlichen dazu zu sagen haben. Vor allem die von der Bahaus-Universität.

  6. Ein vielleicht interessanter Einblick in den Prozess: Die Bauhaus-Uni ist anscheinend zur Zeit dabei, nachzulegen; ein uniseitiger Kriterienkatalog wurde nur zu einem Drittel erfüllt. Worum es dabei geht, kann man sich basierend auf den obigen Kommentaren denken, u.a. kann der Hanfried in der aktuellen Form wohl nur auf einem Drucker vor Ort gedruckt werden. Weiterer Fun Fact: Das Logo schien vor allem den Jenaer Präsidenten überzeugt zu haben.

    Unabhängig davon: Mir gefällt das ausrückende J. Nonkonformität. Durch das Brechen mit einer simplen Konvention hebt man sich von dem Logo-Einheitsbrei ab, der wirklich überall anders zu beobachten ist.

    1. Durch das Brechen mit einer simplen Konvention hebt man sich von dem Logo-Einheitsbrei ab,

      Es geht in diesem Fall gar nicht, quasi als Ausdruck der eigenen avantgardistischen Haltung, um das Brechen von Konventionen! Es geht schlicht darum, dass grundlegende Gestaltungsprinzipien missachtet worden sind, die die Reproduktion und das Verbreiten des Logos erschweren. Ein solches Defizit lässt sich auch mit schönen Worten nicht wegreden.

      Was den von Dir genannten Kriterienkatalog betrifft: lass uns doch gerne teilhaben. Vielleicht magst Du weitere Details nennen.

      1. Ähm, wieso sind »die Reproduktion und das Verbreiten des Logos« durch den Stand von U und J erschwert? Nur auf diesen Aspekt bezieht sich das zitierte »Brechen mit einer simplen Konvention«.
        Ja, der Hinweis auf den Kriterienkatalog ist interessant “” und auch, warum die Uni mit einem so unfertigen Logo an die Öffentlichkeit geht?

Kommentare sind geschlossen.

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