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Das neue Erscheinungsbild der Hochschule Trier … polarisiert

Die Hochschule Trier, eine der größten Hochschulen in Rheinland-Pfalz, hat ein neues Erscheinungsbild präsentiert. Insbesondere das Logo, einer von zahlreichen Leerzeichen unterbrochenen Wortmarke, sorgt nicht nur innerhalb der Studentenschaft für Diskussionsstoff. Es ist nicht das erste Mal, dass die Hochschule in der Kritik steht.

Langjährige dt-Leser erinnern sich: im Frühjahr 2012 ließ die Hochschule, die damals noch „Fachhochschule Trier“ hieß, das Design für den eigenen Webauftritt crowdsourcen. In einem Offenen Brief kritisierte ich damals das Vorgehen der Hochschulleitung, was zu einer breiten Debatte führte und insbesondere auch innerhalb der Hochschule selbst für Gesprächsstoff sorgte. Eine äußerst fragwürdige Crowdsourcing-Aktion, die vor allem eines dokumentiert: das Fehlen eines Konzeptes lässt sich nicht mit Hilfe schlecht bezahlter Scribbels kompensieren. Vor der Kreation, und das gilt insbesondere für Corporate Design, das Tief in der Unternehmenskultur ansetzt, steht nun einmal die Konzeption.

Viereinhalb Jahre später – zwischenzeitlich sind ein neuer Präsident sowie ein neuer Dekan des Fachbereichs Gestaltung in Amt und Würden –, hat die Hochschule zwar immer noch keinen neuen Webauftritt, dafür hat sie kürzlich ein neues Erscheinungsbild vorgestellt. „Grenzenlos. pulsierend. visionär.“, so der Slogan, den sich die Hochschule im Zuge des Redesigns zulegt, beschreibe die Essenz des Designprozesses, der sich in Trier über gut zwei Jahre vollzogen hat. Ein Prozess, der offenbar ohne Unterstützung seitens externer Partner/Agenturen vorangetrieben worden ist.

Auszug der Pressemeldung, in der unter anderem die Form der Wortmarke erklärt wird:

Die Bildungslandschaft wie auch die Hochschule Trier haben sich in den letzten Jahren stark verändert. Das nun abgelöste Design hat vor allem die Vergangenheit widergespiegelt. Das neue Logo ist in die Zukunft gerichtet. Es visualisiert die Aktivität und Dynamik der Hochschule – und transportiert eine starke Persönlichkeit.
Ausgehend vom dem Drei-Campus-Prinzip wurde eine auffällige typografische Wortmarke konzipiert. Drei Zeilen und die Verdreifachung der Buchstaben bilden hierbei die Grundlage. Im weiteren Schritt wurden die überschüssigen Buchstaben entfernt, denn es handelt sich um EINE Hochschule, welche sich durch das individuelle Zusammenspiel der einzelnen Disziplinen zu einer einzigartigen Persönlichkeit in der Bildungslandschaft formiert.

Das neue Corporate Design entstand in Zusammenarbeit mit der Kommunikationsdesignerin Silke Wohner, einer Absolventin der FH Trier, der Abteilung für Öffentlichkeitsarbeit sowie der eigens für das Projekt eingerichteten „Arbeitsgruppe Corporate Design“. Die Arbeitsgruppe setzt sich aus insgesamt 11 Mitgliedern zusammen, in erster Linie Professoren; neben Hochschulpräsident Prof. Dr. Norbert Kuhn gehören ihr mit Prof. Henriette Sauvant und Till Neuer auch zwei Designer an.

Hochschule Trier Logo

Seit 20 Jahren verfügt die Hochschule über drei Standorte: Trier, Birkenfeld und Idar-Oberstein. Bereits im Vorgängerlogo findet sich die daraus resultierende Trialität visuell umgesetzt, so auch im neuen Logo, wenngleich weniger offensichtlich.

Offensichtlich ist jedoch der Unmut, der in erster Linie dem neuen Logo unter anderem auf der Facebook-Fanpage der Hochschule entgegen schlägt. Das neue Signet sei eine Beleidigung. Die von großen Lücken unterbrochene Zeichenkette sei abgrundtief hässlich, unverständlich und wirke wie die visuelle Umsetzung eines Stotterns. Gesetzt ist die Wortmarke in der neuen Hausschrift der Hochschule, der Alwyn New.

„Eine einprägsame, individuelle und unverwechselbare Marke, die durchaus polarisiert und zur Diskussion und Kommunikation einlädt“, wie es in der mir vorliegenden offiziellen Pressemeldung heißt, die offenbar als Reaktion auf die auf Facebook & Co. vielfach geäußerte Kritik verfasst wurde.

Individualität kann man dem Logo attestieren, Prägnanz eher weniger. Dafür ist die Wortmarke zu luftig, zu sperrig, zu wenig Zeichen, das memorierbar wäre. Genau dies jedoch beschreibt einen zentralen Aspekt innerhalb der Designprozesse, wie sie sich beispielsweise zuletzt an den Hochschulen Hannover, Bremen und Flensburg vollzogen haben: auf sperrige Logos, die im digitalen Zeitalter nur noch bedingt praktikabel waren, folgten jeweils prägnantere, einfachere Zeichen. Das Redesign des Logos der Hochschule Trier beschreibt hingegen die umgekehrte Richtung, die Loslösung von einem bildhaften Zeichen hin zur komplexen und Raum einnehmenden Wortmarke.

Hochschule Trier Logo – vorher und nachher

Als Profilbild, Favicon und App-Symbol ist das neue Logo der HS Trier kaum zu gebrauchen, weshalb in den beiden erstgenannten Fällen jeweils Sonderformate zum Einsatz kommen. Auch die Verwendung eines vertikalen Trennstrichs, der dem Konstrukt Halt und eine gewisse Symmetrie verleihen soll, ist Beleg für eine von aktuellen Strömungen eher losgelöste visuelle Ausrichtung. Eine klassische, ja vielleicht sogar konservative Herangehensweise ein Logo zu gestalten, in jedem Fall keine visionäre.

Es gibt (mindestens) zwei Dinge, die störender sind als die Gestaltung des Logos.

1. Als Designer zerreißt’s einem das Herz, wenn das neu entworfene Logo, das mit so viel positiver Energie aufgeladen ist und von dem nicht zuletzt der Auftraggeber sagt, es symbolisiere eine Art Neuanfang, in Brachial-Manier auf die veraltete Website draufgebappt wird. Der letzte Relaunch der Hochschule-Website erfolgte vor 11 Jahren. Wenn der Anzug zerschlissen ist, nützt dir auch der neue Hut nix. Das Problem ließe sich beheben, indem man die Website zeitnah relaunchte, wovon angesichts der Vorgeschichte zunächst einmal eher nicht ausgegangen werden kann.

2. Die Chance, ein Corporate Design zu schaffen, das tatsächlich alle drei Standorte der Hochschule vereint, und zwar OHNE Sonderformen (Umwelt-Campus Birkenfeld), wurde verpasst. Denn offensichtlich konnte man sich nicht auf EINEN Absender, EINE visuelle Linie einigen. Dass Hochschulen über mehrere Standorte verfügen, ist nun alles andere als ungewöhnlich. Ziel müsste, nein muss es aber doch sein, als Einheit aufzutreten, anstatt, wie im Fall Trier, einzelne Fachbereiche als eigenständige Marke samt Website (Beispiel umwelt-campus.de) auszulagern, von der sich wiederum Submarken ableiten. Hochschulen wie die in Aachen und Bremen zeigen auf, dass ein einheitlicher Auftritt sehr wohl gelingen kann, wenn denn alle Beteiligten am gleichen Strang ziehen und Standortpolitik außen vor bleibt. Auch die handwerklich überzeugende Gestaltung vermag nicht zu begradigen, was zuvor in Gremien und Gruppen die Strategie und die Ausrichtung betreffend verabschiedet wurde. Bei aller Vorsicht, die bei der Beurteilung von außen geboten ist, aber: so sehen Kompromisse aus.

Und so verkörpert die in fünfzehn Einzelbuchstaben zerstückelte Wortmarke die Heterogenität und die Dezentralisierung der Hochschule Trier auf äquivalente Weise.

Mediengalerie

Weiterführende Links

  • Hochschule Trier präsentiert ihr neues Erscheinungsbild | hochschule-trier.de

Dieser Beitrag hat 39 Kommentare

  1. “Krass wie Designer heutzutage selbst die grundsätzlichsten Regeln für Logogestaltung nicht nur missachten, sondern auch nicht verstanden haben, dass es einen Grund für diese Regeln gibt.Regeln brechen ist gut und schön, aber die blosse Tatsache Regeln zu brechen ergibt nicht automatisch sinnvolles Design.Selten ein so besch.. Logo gesehen.”

    F t e u e b f e P n t e ch
    r n h w d r r u d k g b t
    a k a s n a a u ra

    Als “Design-Absolvent” der soetwas mitkonzipiert würde ich mich schämen und es wirft auch keinen gutes Licht auf den Zweig in dem eine entsprechende Kenntnis über Design-Prinzipien vermittelt werden “sollte”.

  2. Shakespeare hat das recht prägnant zusammen gefaßt:
    “Too much about nothing!”
    oder auch in den Märchen der Brüder Grimm sagt doch ein Kind glatt:
    “Der Kaiser ist ja nackt!”

Kommentare sind geschlossen.

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