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Chicago Fire bekommt erneut ein neues Logo – diesmal entstand es unter Mitwirkung der Fans

Chicago Fire FC Logo / Branding, Quelle: MLS
Chicago Fire FC Logo / Branding, Quelle: MLS

Chicago Fire FC Logo / Branding, Quelle: MLS

Keine zwei Jahre sind vergangen, seit sich das US-amerikanische Fußball-Franchise Chicago Fire FC einen neuen Namen und ein neues Logo zugelegt hat (dt berichtete). Das damals eingeführte ovalförmige Signet stieß bei den Fans von Anfang an mehrheitlich auf Ablehnung. Nun präsentiert der Club abermals eine komplett erneuerte visuelle Identität einschließlich neuem Logo. Im Gegensatz zum vorherigen Redesign wurden dieses Mal jedoch Fans in den Designprozess einbezogen. Und das scheint sich auszuzahlen.

Die Major League Soccer, in der Chicago Fire seit Gründung der Franchise (1997) spielt, gilt vielen Fans als Inbegriff der Kommerzialisierung des (Fußball)Sports. Dabei wird oftmals übersehen, dass auch in europäischen Ligen ohne Sponsoren und Vermarktung kein Ball mehr rollen würde. Während hierzulande schon länger über die Schwächen des Profifußball-Systems diskutiert wird, und die Corona-Krise die Entfremdung zwischen Fans auf der einen Seite und dem „Fußball-Zirkus“, den Vereinen und den Verbänden auf der anderen Seite zusätzlich verstärkt zu haben scheint, hat Chicago Fire Anfang des Jahres das Projekt „Crest“ initiiert, mit dem das Franchise so manches Klischee widerlegen dürfte und ein Zeichen des Zusammenhalts setzt.

Chicago Fire FC – Branding, Quelle: MLS
Chicago Fire FC – Branding, Quelle: MLS

Gemeinsam mit Fans und Mitarbeitern sowie mit Unterstützung von Markenexperten wurde die visuelle Identität von Chicago Fire weiterentwickelt. Grundlage hierfür bildeten zahlreiche Gesprächsrunden und Fachdiskussionen, die seit Januar geführt wurden. Insgesamt habe man so 500 Stunden im direkten Austausch verbracht. Über Onlineformulare wurden Fans zudem dazu eingeladen, Anregungen und Kritik kundzutun. Das auf diesem Wege erhaltene Feedback umfasse in Summe 225.000 Wörter. „So sehr es bei diesem Projekt um die Schaffung eines neuen Wappens für Chicago Fire ging, ging es auch darum, den Geist der Zusammenarbeit und Kollaboration mit unseren Fans zu erneuern“, so Joe Mansueto, seit 2019 Besitzer und Chairman von Chicago Fire. Viele der von außen eingebrachten Ideen seien im Zuge dessen berücksichtigt worden (Abbildung).

Wie das Franchise erklärt, habe man die überwiegende negative Kritik an dem 2019 eingeführten Logo seitens der Fans sehr ernst genommen. Mit dem unter Einbindung der Fans entstandenen neuen Logo wolle man nun, ein Jahr von dem 25-jährigen Bestehen von Chicago Fire, ein neues Kapitel aufschlagen.

Auszug der Pressemeldung

Chicago Fire FC today unveiled the Club’s new primary crest and visual identity following a months-long, fan-focused project that saw more than 20,000 Fire fans, supporters, and Chicagoans at large add their voice to the creation of the new identity. Crafted by soccer identity specialist Matthew Wolff, the new crest’s core elements were inspired by the collective voice of Fire fans through a series of roundtables, website submissions, surveys and social media responses.

Chicago Fire FC Logo – vorher und nachher, Bildquelle: MLS, Bildmontage: dt
Chicago Fire FC Logo – vorher und nachher, Bildquelle: MLS, Bildmontage: dt

Im neuen Emblem finden sich zahlreiche Bezüge zur Stadt Chicago wie auch zum Ursprungslogo. Wie bereits in dem bis 2019 verwendeten Logo steht nun wieder ein rotes „C“ im Zentrum. In Anlehnung an die Flagge der Stadt wurden ein sechszackiger Stern und die Farbe Hellblau übernommen. Ähnlich wie Chicago nach dem großen Brand 1871 auf Grundlage eines Gittersystems wiederaufgebaut wurde, verfügt das rote „C“ über 45-Grad- und 90-Grad-Winkel. Die im hellblauen Innenring enthaltenen Einkerbungen zitieren das im Ursprungslogo dargestellte „Florian“-Kreuz (der heilige Florian gilt als Schutzpatron u.a. gegen Feuer und der Feuerwehr).

Zur Anwendung kommt das neue Design erstmals beginnend mit der Vorsaison 2022. Bis dahin behält das aktuelle Logo seine Gültigkeit. Im Rahmen des ersten Heimspiels der Saison 2021 plant das Franchise am 4. Juli erste Sticker mit dem Logo an Fans zu verteilen.

Für die Kreation des neuen Logos verantwortlich zeichnet Matthew Wolff. Der auf Sports-Branding, -Logos und Jersey-Designs spezialisierte Designer lebt in Minneapolis und London hat für zahlreiche Clubs, Vereine und Sportverbände visuelle Identitäten entwickelt. Unterstützt wurde Wolff von der in Chicago ansässigen Branding-Agentur Studio/lab. Weitere Partner des Franchise sind die Marketing-Agentur rEvolution sowie „The Stand for Chicago Council“, ein Komitee aus prominenten Chicagoern, die jeweils unterschiedliche Expertisen in das Projekt eingebracht haben.

Kommentar

Das US-Franchise zeigt, was möglich ist, wenn eine Club-Führung Fans, Mitarbeiter, Interessenvertreter und Markenfachleute zu einem runden Tisch einlädt. Beim Projekt „Crest“ geht es um viel mehr als nur um ein Logo. Es geht um die Identität des Clubs, um Teilhabe und Partizipation, um das Gefühl, Teil einer Gemeinschaft zu sein. Schon allein deshalb verdient das Projekt Anerkennung und Respekt.

Und das Ergebnis gibt den Verantwortlichen recht, denn das Design ist überzeugend gut: prägnant, eigenständig und ansprechend. Die Negativkritik am neuen Logo hält sich dieses Mal in engen Grenzen. Im Umfeld etwa von Social Media findet das Logo und die neue visuelle Identität mehrheitlich Zuspruch.

Mir imponiert der Mut seitens der Franchise-Leitung ein solches „Open-Design“-Projekt anzustoßen. Indirekt gesteht sich diese damit ein, dass die Einführung des ovalen „Kronen“-Logos 2019 ein Fehler war. Genau dies ist ein zentraler Aspekt im Design. Denn Design ist ein Prozess bestehend aus Versuch, Irrtum und Verbesserung. Und das zukünftige Logo ist auch in meinen Augen eine deutliche Verbesserung. Regelmäßige Updates zum Crest-Projekt zeugen zudem davon, wie sehr die Franchise-Führung um Transparenz bemüht gewesen ist. Ein solches Vorgehen kann man nur als vorbildlich bezeichnen. Meines Wissens ein im Bereich Sport einzigartiger Designprozess. Zu dieser Einschätzung kommt auch der maßgeblich beteiligte Designer Matthew Wolff, so jedenfalls ist es der Pressemeldung zu entnehmen.

So wie Sport die unterschiedlichsten Menschen und Charaktere zusammenbringen kann, steckt auch im Design eine soziale Komponente und eine integrative Kraft. Eine Chance natürlich auch für europäische und deutsche Vereine, Fans wieder stärker an den Club zu binden. Mitgliedern halbgare Logoneuerungen vor die Nase zu setzen, ist meiner Ansicht nach der falsche Ansatz. Besser als lediglich an der Oberfläche zu kratzen, ist es, einen wirklich substanziellen und nachhaltigen Erneuerungsprozess anzustoßen, um so die eigene Identität, Werte, Ziele und Positionierung zu hinterfragen. Chicago Fire scheint dies gelungen zu sein. Das neue Logo von Chicago Fire ist nicht bloß der Absender einer Fußball-Francise, vor allem ist es ein Zeichen des neu erwachsenen Wir-Gefühls. Aus dieser Stärkung heraus lassen sich sportliche Misserfolge besser wegstecken und Erfolge noch intensiver erleben.

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Dieser Beitrag hat 3 Kommentare

  1. Ich finde das Ergebnis gelungen und durch den vorbildlichen Designprozess wird auf jeden Fall das Wir-Gefühl des Vereins gestärkt.

  2. Für mich persönlich das beste Wappen der amerikanischen Liga, welche grundsätzlich einen sehr eigenen Stil besitzt, der sehr stark vom europäischen und südamerikanischen abweicht.
    Das neue Wappen geht meiner Meinung nach aber eher einen eigenen Weg, welcher sich, anders als der Vorgänger, wieder auf das Gründungswappen bezieht und zusätzlich die Stadt mit einbindet.

    Man sieht an diesem Beispiel, was man erreichen kann, wenn man die Fans mit in den Prozess einbindet. Gerade die jüngsten Anpassungen, wie Beispielweise die des FC Metz und Inter Mailand, sind Negativbeispiele, die genau dies nicht getan haben und dadurch auch zurecht sehr negative Resonanzen erhalten haben.

    Es ist nicht immer gut, die Vermarktung mit aller Gewalt auf die Spitze zu treiben, denn ein Wappen ist die Basis jeglicher Identifikation mit dem Verein. Zerstört man diese, vergrault man ebenfalls seine treusten Anhänger.
    Versteht mich nicht falsch, Änderungen sind nicht verkehrt, aber oft nicht zwingend notwendig. Zudem werden diese scheinbar oft von den falschen Personen oder Agenturen durchgeführt, welche keine Verbindung zu den Vereinen besitzen (bspw. FC Metz mit einer belgischen Agentur).

    Zusammengefasst kann man also sagen, sieht man das Wappen im Vergleich zum bisherigen, bzw. der vorherigen Anpassung, so ist hier eine deutlich besseres Endprodukt entstanden.
    Mir gefällt es und es ist ein Beispiel dafür, dass man bei solchen Schritten öfters mit den Fans gemeinsam arbeiten sollte. Zudem gefällt mir die Farbauswahl sehr.

  3. In einer Sportkultur, in der “Vereine” einfach mal die Stadt wechseln wenn es mehr Potenzial verspricht eine wohltuende Ausnahme.

    Alles sinnig hergeleitet, die Fans mit ins Boot geholt und gut umgesetzt, da kann man nur gratulieren.

    Inzwischen ist selbst in der MLS an einigen Standorten eine lebendige Fankultur erwachsen, die natürlich auch mit südamerikanischen und europäischen Auswanderen zu tun hat. Auf jeden Fall eine spannende Entwicklung.

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