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Burgtheater Wien erhält neue visuelle Identität

Burgtheater Wien Logo, Quelle: Burgtheater Wien
Burgtheater Wien Logo, Quelle: Burgtheater Wien

Mit Stefan Bachmann als neuen künstlerischen Leiter und „Hamlet“ zum Saisonauftakt ist das Burgtheater Wien in die Spielzeit 2024/25 gestartet. Premiere feiert auch das visuelle Erscheinungsbild, mit dem sich die „Burg“ fortan präsentiert und von der bisherigen Außendarstellung deutlich absetzt.

Auf das Anfang 2019 unter der Intendanz von Martin Kušej eingeführte Erscheinungsbild (dt berichtete), bei dem sich auf Basis eines generativen Designs Texte, Überschriften und auch das Logo selbst fortwährend dynamisch verändern, um auf diese Weise das Theater „zum Raum für den lebendigen künstlerischen Austausch“ zu erklären, so die Idee, folgt nach fünf Jahren ein neuer Gestaltungsansatz. Eine Identität und Sprache, die sowohl im Visuellen wie im Textlichen konträr zur bisherigen Außendarstellung steht.

Für Bachmanns Vorgänger, Martin Kušej, war die verkürzte Bezeichnung „Burg“ eher ein Kampfname. Wer in seiner Gegenwart „Burg“ sagte, hatte zehn Euro zu zahlen, wie er in einem Interview gegenüber „Profil“ erklärte. Er mochte das Wehrhafte daran nicht, es klang für ihn zu sehr nach Festung und Bollwerk.

Burgtheater Wien – Corporate Design, Spielzeitheft, Quelle: Herburg Weiland
Burgtheater Wien – Corporate Design, Spielzeitheft, Quelle: Herburg Weiland

„Im Bewusstsein der Vergangenheit eröffnen wir neue Perspektiven auf Gegenwart und Zukunft – im Burgtheater, im Akademietheater, im Kasino und im Vestibül. Oder kurz: an der BURG“.

In Bachmanns Vorstellung meint „BURG“, wie er selbst sagt, „etwas Freies, Offenes, Durchlässiges, Zugängliches – voll Spiel, Kunst und Sprache“. Der neue künstlerische Leiter des Burgtheaters mag „die Vielfalt, das Alte und das Neue, das Bunte, den Streit, die Diskussion, das Widersprüchliche“.

Burgtheater Wien Logo – vorher und nachher, Bildquelle: Burgtheater Wien, Bildmontage: dt
Burgtheater Wien Logo – vorher und nachher, Bildquelle: Burgtheater Wien, Bildmontage: dt

Als Logoabsender kommt fortan eine in Versalien angelegte Wortmarke zum Einsatz, gesetzt ist diese in der Schriftart Avantt (Displaay Type Foundry). Wie schon in den Jahren vor 2019, unter der Direktion von Karin Bergmann, ist „BURG“ wieder der im Logo verwendete Name – nun allerdings in der Schreibweise mit Großbuchstaben und freigestellt, ohne umgebendes Rechteck.

Als zentrales, wiederkehrendes grafisches Element dient ein dreidimensional anmutender Korpus, mit dem Wörter eingefasst/eingerahmt werden, genannt „Stage“. „Die Stages sind Informationsträger oder Call to Action, Einladung und Experimentierraum und sie geben der Burg im realen Raum als dreidimensionales Objekt zukünftig die Möglichkeit, ihre Angebote auch in den Stadtraum zu tragen“, wie es seitens der Agentur Herburg Weiland (München) heißt, die für die Kreation verantwortlich zeichnet.

Das neue Corporate Design solle der Idee Ausdruck verleihen, dass die „Burg“ kein Ort mit undurchdringlichen Mauern ist, „sondern etwas Offenes, Durchlässiges, das an verschiedenen Orten und aus unterschiedlichen Bausteinen besteht – den fünf Spielstätten, Ensemble, Communities und dem Publikum“.

Burgtheater Wien Corporate Design, „Stage“-Element „FREI“, Quelle: Burgtheater Wien
Burgtheater Wien Corporate Design, „Stage“-Element „FREI“, Quelle: Burgtheater Wien

Kommentar

Frei von Widersprüchen ist das neue Corporate Design sicherlich nicht. Denn die „Stage“-Symbolik (Abb. oben) kommuniziert über ihre geschlossene, statische, rechteckige Form mit dicken, raumeinnehmenden Balken eben dies: sie vermitteln Undurchdringlichkeit, Unnahbarkeit, Unzugänglichkeit, Abgeschottenheit, Unfreiheit. Wahrlich ein Bollwerk.

Offenheit und Durchlässigkeit vermitteln diese grafischen Elemente in einer Weise, zumindest jedes Element einzeln für sich betrachtet, wie eine Mauer als Symbolbild Offenheit und Durchlässigkeit beschreibt: nämlich gar nicht. Ein Konzept, bei dem der Versuch der Umkehrung von Zeichen (Semiotik) und Symboliken unternommen wird. In einer Welt, in der das Abgeschlossene Offenheit, das Dunkle Helligkeit und das Unfreie Freiheit meint, kann auch eine solche abgeschottete „Stage“-Grafik Offenheit vermitteln. NUR in dieser Welt.

Ein Spiel mit Ausdrucksformen, und ein Paradoxon. Ein Design, das der gewöhnlichen Meinung, der Erwartung und der gelernten Sprache nicht entspricht. Im Kontext Signage, der Gestaltung im öffentlichen Raum, wäre eine Pfeilsymbolik, die nach unten weist, allerdings konträr dazu die Bedeutung „nach oben“ meint, gänzlich ungeeignet, da sie unserer gelernten Sprache widerspricht. Von der Kunst hingegen darf man schon erwarten, dass sie zuweilen tradierte Wahrnehmungsmuster durchbricht; und sich nicht / nicht immer an Konventionen hält oder um Normen schert beziehungsweise diese in Frage stellt.

Im Zusammenspiel mit weiteren „Stage“-Elementen – Beispiel Cover Spielzeitheft – ändern sich Ausdruck und Charakter der Bildsprache. Die hier nun wie lose, bunte Bausteine herumliegend wirkenden „Stage“-Elemente transportieren etwas Rhythmisches, Dynamisches, Spielerisches. Im Hinblick auf die Zwischenräume auch etwas Durchlässiges.

Was bleibt, ist die Frage, ob ein solches Corporate Design, das grundlegende Aspekte der visuellen Wahrnehmung (teilweise) auf den Kopf stellt, zweckdienlich ist – im Sinne des Designs, nicht im Sinne der Kunst. #Diskussion

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Dieser Beitrag hat 17 Kommentare

  1. Ein befreundeter Designer hatte zu mir mal gesagt “Warum muss das Licht eigentlich immer von links oben kommen?”

    Hier in den Stages das Gleiche. Finde ich interessant, dass oft (oder sogar meistens) in dreidimensional anmutenden Objekten das Licht immer von links oben kommt.

    Die Schriftart gefällt mir. Was ich im Kunstgewerbe aber nicht verstehe ist warum sich die Theater ihre CI immer von der Intendanz abhängig machen. Das ist ein Aufgeplustere der Intendanten, meiner Meinung nach, ein Zeichen dass die eigene Präsenz wichtiger ist als die lange vorherrschende Identität eines Theaters.

      1. „Burg“ gelesen, schon hat mein Gehirn auf „Bühne“ geschaltet. Dann kommt der Linus mit seinem „herauskommend“, zefix, schon ist sie weg die Bühne.

        1. Problem is, dass die hinteren Flächen in den meisten Fällen zu hell sind, deswegen wirken sie erhaben, die müssten wahrscheinlich dunkler sein, dann würden sie optisch eher zurücktreten, ich habe diese “Stages” deswegen von Anfang an nur als hervorstehende Körper / Buttons wahrgenommen

        2. Für mich war es von Anfang an schwierig die “Stages” als Bühnen wahrzunehmen, da die hinteren Flächen in den meisten Fällen heller / klarer sind als die umliegenden, dadurch wirken sie auf mich eher erhaben, die müssten wahrscheinlich dunkler sein, dann würden sie optisch eher zurücktreten, ich habe sie deswegen von Anfang an nur als hervorstehende Körper / Buttons wahrgenommen. Aber dieses Wahrnehmungspiel scheint ja gewollt zu sein, oder?

    1. “Warum muss das Licht eigentlich immer von links oben kommen?”
      Das frage ich mich auch bei landkarten mit relief. In der realität kommt das licht auf der nördlichen hemisphäre nie aus einer nördlichen richtung, sondern eher aus süden ….

    2. Man kann auch in der traditionellen Portraitmalerei feststellen, dass das Licht fast immer von oben links kommt, vielleicht hat sich diese Konvention (unbewusst?) fortgesetzt. Ich vermute, bei den Portraits hat der Lichtfall den Grund, dass auf diese Weise (bei unserer europäischen) Leserichtung der Blick zuerst auf Licht fällt und nicht auf Schatten und das so irgendwie harmonischer wirkt.

  2. Oh weh. Hat man man sich im vorherigen Design wirklich so sehr und offensichtlich von der Marke Supreme inspirieren lassen? In sofern eine gelungene Weiterentwicklung.

    1. Zur Einordnung:
      Das Supreme-Logo ist ein dreister “Diebstahl” der Arbeit von Barbara Kruger.
      (Quelle: https://logos-world.net/supreme-logo/)

      Auch das statische Logo der “Burg” wurde offensichtlich von Barbara Kruger inspiriert, wird aber seit der Saison 2019/2020 nicht mehr verwendet, da es durch das Konzept des generativen Designs ersetzt wurde.

      1. Ich Weiß nicht was sich der Designer tatsächlich gedacht hat bei dem Burg Logo bzw. Ob er’s wirklich kopiert hat, ich kann mich damals an die dazugehörigen drucksorten erinnern und das die Anwendungen und restliche Gestaltung sehr gelungen waren und mir der Gedanke in dem Kontext tatsächlich nicht gekommen ist das es Supreme ähnelt, aus dem Kontext versteh ich aber den Gedanken komplett und stimme dabei zu. Tatsächlich handelt es sich bei Burg um die Neutra wenn mich nicht alles täuscht, die ist der Futura (Supreme) auf jedenfall ähnlich aber hat vor allem im italic ein ganz anders Gefühl (halt leider nicht bei den vier Buchstaben von Burg)

        Ob man weiße Schrift in italic auf einem Rechteck wirklich stehlen kann ist eine andere Frage, im Kontext der Gesamten Marke und Kommunikation find ich sowas immer zweit ranging tatsächlich ;)

  3. Ich’s finde es visuell spanned, man bleibt hängen…aber für mich kommen diese stages heraus, hatte das Design schon am Instagram der Designer gesehen und für mich war das quasi ein visuelles Darstellen einer Burg, eines bollwerkes, quasi der Hügel/die Motte auf der die Burg steht und somit eigentlich das Gegenteil von dem was man aussagen möchte ;) schade eigentlich, finde es visuell wie gesagt spannend, aber kommuniziert wohl nicht ganz das Richtige

  4. Von den bisherigen Logos gefällt mir dieses am besten. Das runde G »eckt« so schön an, weil es nicht zur Breite der anderen Buchstaben passt bzw. passen will.

  5. Wurde der generische Ansatz von 2019 wirklich schon ausgeschöpft? Für meine Begriffe beim Logo zu schnell vom eigenständigen Vorgänger verabschiedet und wie viele andere Kulturstätten ins generische abgerutscht. Schade.

  6. Wow, als hätte jemand sich schnell bei dafont.de eine beliebige Schrift runtergeladen und schnell das Wort “Burg” eingegeben -> Fertig!

  7. Na endlich hat man sich – wahrscheinlich nach sehr viel berechtigter Kritik – für eine deutlich lesbarere Schrift entschieden. Das was man unter Kusej, neben allen möglichen anderen schwer bis kaum nachvollziebaren und merkwürdigen Maßnahmen getroffen hatte, hat man jetzt, zumindest was diese merkwürdige, unsympathische Schrift, die so was von überhaupt nicht zum Burgtheater passte, endlich gekübelt, danke!

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