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Bundeswehr setzt im neuen Corporate Design auf „Tarn-Polygon“

Bundeswehr Corporate Design, Quelle: Bundesministerium der Verteidigung
Bundeswehr Corporate Design, Quelle: Bundesministerium der Verteidigung

Die Bundeswehr hat dieser Tage ihr neues Erscheinungsbild präsentiert. Im Mittelpunkt des überarbeiteten Erscheinungsbildes stehen zwei Elemente: das Eiserne Kreuz als Logo der Bundeswehr sowie das sogenannte „Tarn-Polygon“ als gestalterische Klammer.

25 Jahre, nachdem das Erscheinungsbild der Bundeswehr zuletzt grundlegend überarbeitet wurde, bekommen die Streitkräfte der Bundesrepublik Deutschland ein neues visuelles Profil. Das sogenannte Eiserne Kreuz, seit 1956 als Hoheitszeichen der Bundeswehr in Verwendung, erfährt in diesem Zuge eine Redesign.

Auszug der Pressemeldung

„Das Eiserne Kreuz hat einen hohen Wiedererkennungswert in der Gesamtbevölkerung, allerdings ist bei den jungen Menschen das Polygon noch bekannter. Für das neue Design kombinieren wir daher beide Elemente. Wir haben das Eiserne Kreuz behutsam weiterentwickelt, es ist sozusagen schlanker geworden und funktioniert jetzt auch vor allem digital“, sagt Ministerialrat Dirk von Holleben, Leiter des Referates 3 „Arbeitgebermarke Bundeswehr; Social Media“ im Presse- und Informationsstab des Verteidigungsministeriums.

Das tarnfarbene Polygonmuster fungiert als optische Klammer des neuen Erscheinungsbildes der Bundeswehr. Seit 2015 wird dieses Designelement in der Kommunikation der Arbeitgebermarke der Bundeswehr (bundeswehrkarriere.de) eingesetzt, auch auf Plakaten. Zum Missfallen von Ford und Volkswagen warb die Bundeswehr zuletzt auch mit Plakatmotiven, in denen der jeweilige Markenname aufgegriffen wurde. Zuvor hatten beide Autobauer bekannt gegeben, mehrere tausend Stellen abbauen zu wollen. Es ist nicht das erste Mal, dass die Bundeswehr mit ihrer Werbung provoziert.

Bundeswehr Logo – vorher und nachher

Das Eiserne Kreuz bleibt als Erkennungszeichen erhalten. Seit 1996 ist das vom Hamburger Designer Peter Schmidt entworfene Logo fester Bestandteil in der öffentlichkeitswirksamen Außendarstellung der Streitkräfte. Beim neuen Logo wurde die Gewichtung von Kreuz (Bildmarke) und Schriftzug (Wortmarke) zugunsten ersterem verändert, und zwar so stark, dass das Kreuz nun innerhalb der Wahrnehmungshierarchien an erster Stelle steht. Mit Verkleinerung der Wortmarke ändern sich auch die Außenmaße. Inklusive Schutzzone ist das Logo nun eher quadratisch statt horizontal-rechteckig. Die zentrische Anordnung bleibt erhalten.

Bundeswehr – Anzeige „Job Fort?", Quelle: Bundeswehr
Bundeswehr – Anzeige „Job Fort?”, Quelle: Bundeswehr

Auch wenn das Polygonmuster in der Werbung dominiert – Dunkelblau bleibt weiterhin die Primärfarbe der Bundeswehr. Die einzelnen Teilstreitkräfte und Organisationsbereiche erhalten jeweils eigene Farben, die zum Teil auch vorher schon genutzt wurden (Streitkräftebasis = Orange, Heer = Dunkelgrünen, Luftwaffe = Petrolblau, siehe Abbildung). Auf Basis einheitlicher Gestaltungsrichtlinien und mit Hilfe gemeinsamer Schrifttypen soll das Erscheinungsbild der Bundeswehr professionalisiert und harmonisiert werden. Ziel des neuen Corporate Designs sei es, als EINE Bundeswehr wahrgenommen zu werden.

Der Internetauftritt bundeswehr.de soll zum Herbst dieses Jahres auf das veränderte Design umgestellt werden. In diesem Zuge sollen insgesamt über 60 Einzelauftritte von Teilstreitkräften, Organisationsbereichen und Instituten unter der Domain bundeswehr.de zusammengeführt werden.

Verantwortlich für das Corpo­rate Design ist der Presse- und Informationsstab im Bundesministerium der Verteidigung (BMVg). Auf Grundlage des bestehenden Rahmenvertrags wurde die Agentur Castenow beauf­tragt, das bestehende Corporate Design weiterzuentwickeln.

Kommentar

In einem aufwendig aufbereiteten Magazin (PDF) informiert die Bundeswehr über die bevorstehenden Änderungen, die mit Einführung des neuen Corporate Designs verbunden sind. Das ist lobenswert, zeigt es doch, wie wichtig es den Verantwortlichen auf Seiten der Bundeswehr zu sein scheint, die Bevölkerung wie auch die eigenen Mitarbeiter bei dem bevorstehenden Wechsel mitzunehmen. Durch verschiedene Marketing-Maßnahmen, die die Bundeswehr in den letzten Monaten durchgeführt hat, werden jedoch alle Bemühungen im Bereich Corporate Design jäh zunichte gemacht.

Den Stellenabbau bei Volkswagen und Ford für eigene Werbezwecke zu instrumentalisieren, empfinde ich als ein Armutszeugnis. Wenn man derart marktschreierisch mit Hilfe von Werbefahrzeugen, die vor den Werkstoren der Autobauer auf- und abfahren, gewissermaßen in Guerilla-Marketing-Manier um eigene Mitarbeiter werben muss, vermittelt dies nicht eben Zuverlässigkeit und Souveränität, im Gegenteil.

Die Bundeswehr, wer hätte es gedacht, macht es der Piratenpartei gleich, die 2013 ebenfalls Markenlogos Anderer plagiierte (dt berichtete). Die Piraten erlebten seinerzeit ein Wahldebakel und verpassten den Einzug ins niedersächsische Parlament. Ähnlich hilflos wirkt, wie die Bundeswehr derzeit auf der visuellen und sprachlichen Ebene in Bezug auf ihre Werbeaktivitäten agiert. Es gibt, wie ich meine, adäquatere, dem Bundesverteidigungsministerium angemessenere Kommunikationsmöglichkeiten, um sich als Arbeitgeber anzubieten. Zumal die eher auf junge Menschen ausgerichtete Ansprache in diesem Fall völlig fehl am Platz ist, da offenbar die Mehrheit der von den Stellenstreichungen Betroffenen älteren Jahrgangs ist und daher auch in Rente gehen wird. Eine konzeptionell, inhaltlich, sprachlich wie auch visuell vermurkste Werbeaktion, die vor allem auch aus ethisch-moralischer Sicht höchst fragwürdig ist. Genau dafür steht, und zwar selbstverschuldet, nun auch das tarnfarbene Polygonmuster der Bundeswehr.

Tragischerweise wird das zentrale Stilmittel der jüngsten Plakataktion nun auch noch fester Bestandteil des visuellen Erscheinungsbildes der Bundeswehr. Ob sich mit plumpen Job-Abwerbe-Sprüchen, gewaltverharmlosenden Plakatmotiven, Plagiieren und modischen Polygonmustern die Wahrnehmung der Bundeswehr in der Öffentlichkeit zum Positiven beeinflussen lässt, möchte ich bezweifeln.

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Dieser Beitrag hat 48 Kommentare

  1. Den Polygon-Look finde ich ja ganz okay für die Bundeswehr. Gibts ja schon wie schon gesagt. Ich mag aber die Typokästen nicht. Zumindest nicht wie man die Headlines darin gesetzt hat.

    Kleiner Funfact am Rande über die Agentur. Sie betreut auch das Bistum Münster der katholischen Kirche.

  2. Ein Polygonmuster von vor 10 Jahren, Icons die nach 2000er aussehen und die Wortmarke unleserlicher gestaltet in Versalien – auch ganz im Stil von vor 10 Jahren. Glückwunsch, jetzt ist die Bundeswehr wenigstens nicht mehr nur von innen heraus ein Wrack, sondern stellt sich auch so nach außen dar. Aber eins muss man dem CD lassen: Es passt hervorragend zur Bundeswehr.

  3. Ich finde es erstaunlich das eine Institution wie die Bundeswehr nicht mit den großen Partner in der Brange zusammenarbeitet und somit sicherstellt das Qualität Vorrang hat. Anstattdessen sind es Argenturen die tatsächlich in den 90ern hängen geblieben sind. :/

  4. Selten unharmonischere Icons gesehen. Eine Einrichtung wie die Bundeswehr sollte doch die Mittel haben sich ein stringentes Icon-Set erstellen zu lassen. Dafür hätten sie mal Berater engagieren sollen. Das für Infrastruktur ist ja wohl ein schlechter Witz!

  5. Das Eiserne Kreuz an sich gefällt mir in der abgespeckten Variante besser, wenn es durch die “Verlängerungen” in den Ecken nicht eine quadratische Form hätte, die ich fürchterlich finde. Optisch hätte es mehr her gemacht, wenn man das Kreuz pur genommen hätte.

    1. Pur geht nicht, aber das dünnere Kreuz ist in meinen Augen auch klar besser. Ich finde die neue Variante hat was von der “fetten Henne” die im Bundestag hängt und so nach 50er Jahren aussieht.

  6. Bitte die Kritik sachbezogen halten. Ich möchte nicht, dass der Eindruck entsteht, hier im dt würde Agentur-Bashing betrieben. Wie das Portfolio einer verantwortlichen Agentur aussieht, ist für das Ergebnis unerheblich. Das Erscheinungsbild der Bundeswehr gibt eigentlich genug Anlass, um darüber zu diskutieren.

  7. Sagt mal Leute… ich bin ja hier nur Laie, aber warum darf eine Agentur nicht ihren eigenen Stil vertreten? Und wenn diese auf dem 90er-Wagen fährt? Wo ist das Problem, wenn man Mitarbeiter an einer Art “Handschrift”, wegen ähnlicher Gestaltungselemente in verschiedenen Projekten, wiederfindet? Kann ich grad nicht ganz verstehen…

    Einerseits wird hier immer drüber gemeckert, dass alles dem “aktuellen Einheitsbrei” entspricht und wenn dann eine Agentur (aus Eurer Sicht) etwas in die Retrokiste greift, oder das generell deren Stil ist, kommt die Klatsche von der anderen Seite…

    Bleibt doch dem Kunden überlassen, wo er einkauft. Am Ende entscheidet vielleicht ja auch der Preis, schließlich macht es sich auch nicht so gut, wenn Millionen von Steuergeldern für ein Redesign rausgeschleudert werden?!

    1. Gebe dir da soweit Recht, als mündigem Kunden bleibt die Entscheidung der Agentur und des Designs dem Bundesheer vorbehalten. Das nun auf dieser Agentur hier ein wenig rumgehakt wird, finde ich nicht sonderlich fair oder kollegial!

      Einzig wo der Kunde einkauft ist ein heikles Thema. Denn wenn beispielsweise jemand zu einer Werbeagentur geht und dort ein packaging Design bestellt, dann ist man vermutlich nicht so ganz gut beraten. Nicht dass die Werbeagentur das nicht technisch kann, aber das Fachwissen und die Expertise liegen eben woanders, das Ergebnis kann dann “Schwächen” haben.

      Ich schließe aber nicht aus, dass in einer “Consultant/Branding”-Agentur auch kompetente Menschen sitzen, die ein CD stemmen können. Erfahrunsggemäß leiten dann aber nicht Kreative den Laden, was wiederum auch zu weniger starken Ergebnissen führt.

      Kurzum: klar kann ich ne Pizza in ner Döner-Bude kaufen, aber im Zweifel gehe dann doch in ne Pizzeria und setze auf die Expertise.

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