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Buchvorstellung: Wie Design wirkt

Wie Design wirkt

Im Design steht der Mensch und dessen Bedürfnisse im Mittelpunkt. Wer sich beruflich mit Design beschäftigt, kommt nicht umhin, sich neben rein handwerklichen Fertigkeiten auch Wissen in Bezug auf die Wahrnehmungspsychologie und die Wirkung von Farben und Formen anzueignen. Erst dann nämlich lässt sich Wirkung gezielt steuern.

Designen heißt immer auch, sich mit (dem) Menschen zu beschäftigen. Als Designer einer Website beispielsweise schlüpfen wir in unterschiedliche Anwenderrollen und erarbeiten ein Interface Design, das auf die Bedürfnisse der Nutzer abgestimmt ist. Gutes Design führt den Nutzer durch die Website, verführt ihn zum Verweilen und erzeugt – im Idealfall – eine von Absender erhoffte Aktion (Kauf, Anruf, etc.). Was aber ist „gut“? Welches Design ist, im Sinne der vom Auftraggeber definierten Ziele, das jeweils richtige?

Regeln brechen oder doch besser Branchencodes einhalten?

Um diese Fragen beantworten zu können, hilft es, wenn man sich mit der Psychologie der Wahrnehmung, der Farben und der Formen und Flächen sowie den sich daraus ableitenden Gestaltungsgesetzen beschäftigt. Denn erst wenn man die Grundprinzipien der Wirkung etwa von Farben und Formen verstanden hat, lassen sich, was zuweilen sinnvoll bzw. notwendig ist, Gestaltungsregeln brechen. In vielen Fällen allerdings ist es auch ratsam, sich bei der Gestaltung an Regeln zu halten und bestehende Branchencodes anzuwenden (Versicherungen = blau, Bäckereien = braun, etc.).

Das im Rheinwerk Verlag (ehemals Galileo Press) erschienene Buch „Wie Design wirkt – Psychologische Prinzipien erfolgreicher Gestaltung“ widmet sich eingehend der Wirkung von Design. Die beiden Autoren Monika Heimann und Michael Schütz zeigen auf, wie sich bestimmte Themen, Eigenschaften oder Botschaften für eine spezielle Zielgruppe am besten in eine Designsprache übersetzen lassen. Dabei verzichten sie weitestgehend auf psychologische Fachbegriffe.

Auf dem Weg zum besseren Designer

Gute Designentwicklung ist immer auch angewandte Psychologie, so die Autoren. Schütz ist Diplom-Psychologe mit dem Schwerpunkt Markt- und Werbepsychologie, während Heimann viele Jahre als Artdirektorin im Mediendesign in verschiedenen Werbeagenturen und Filmproduktionen tätig war. „Mit diesem Buch werden sie ein besserer Designer!“, so ihr Versprechen in der Einleitung.

Tatsächlich fühlt man sich als Designer, so mein Eindruck nach vielen erhellenden Stunden des Lesens, besser vorbereitet. Vorbereitet auf die Kreation und die Ideenfindung, wie auch auf die Kommunikation und die Abstimmung mit dem Kunden. Denn eines ist klar: Entwürfe, die auf Basis gesicherter Erkenntnisse in Bezug auf die Wahrnehmungspsychologie entstanden sind, lassen sich gegenüber dem Kunden ganz anders verargumentieren/verkaufen.

Ein Handbuch; allerdings kein Nachschlagewerk, um schnell mal eine Antwort zu finden. Denn die insgesamt zehn Kapitel bauen jeweils auf das vorherige auf. Ein Zeit fressendes, 632 Seiten starkes Werk, das als Urlaubslektüre eher ungeeignet ist, nicht nur des Formates wegen, so jedenfalls mein Eindruck. „Wie Design wirkt“ will erarbeitet werden. Wer dazu bereit ist, wird mit unzähligen Tipps und unentbehrlichen Erkenntnissen belohnt, die womöglich die ein oder andere Wissenslücke aus dem Studium schließen.

Nicht immer teile ich die Meinung der Autoren, etwa wenn sie schreiben, dass aus Usability-Sicht für Websites eine rechte Menüleiste besser sei als eine linke. Eine Einschätzung, bei der der Aspekt der Leserichtung wie auch die im Web geltenden Konventionen meines Erachtens zu kurz kommen. Ich möchte zudem anzweifeln, ob Menschen tatsächlich Bildern mehr Vertrauen schenken als Texten, wie es die Autoren behaupten. Mittlerweile haben wir doch gelernt, ja sogar zum Teil schmerzhaft erfahren, dass das Medium Bild, das sich auch dank Apps mit nur wenigen Handgriffen verändern und manipulieren lässt, gleichermaßen wie Text, keine verlässliche Instanz mehr darstellt. Für meine positive Gesamtbewertung des Buches „Wie Design wirkt“, das einen wertvollen Beitrag im Kontext Design und Psychologie leistet, ist dies jedoch unerheblich.

Aufmachung/Gestaltung des Buches

Etwas schade finde ich, dass die Wahrnehmung von Farben und Formen und die in vielen Fällen unmittelbar damit verbundenen sensorischen, taktilen Eindrücke in einer solch standardisierten, für den Rheinwerk Verlag typischen Buchgestaltung/-aufmachung publiziert wurde. Anderseits bietet die nüchterne, zweckdienliche, mit dem Corporate Design des Verlags korrespondierende Buchgestaltung einen angemessenen Rahmen, um sich, gewissermaßen frei von gestalterischen Ablenkungen, mit dem Inhalt auseinanderzusetzen. Ein Fachbuch, das wie eines ausschaut.

Praktisch: wichtige Textstellen sind im Buch bereits unterstrichen (was mich in vielen Fällen nicht davon abhalten konnte diese nochmals farblich zu markieren). Hilfreich sind zudem die Zusammenfassungen in kompakter Form am Ende jedes Kapitels, insbesondere für diejenigen, die wenig Zeit mitbringen. Angesichts der zentralen Bedeutung der im Buch erörterten Themen, wäre es überaus betrüblich, würde man es als Leser dabei belassen. Insofern wäre meine Empfehlung, sofern man sich für den Kauf des Buches entscheidet, ein entsprechend großzügiges Zeitfenster fürs Lesen wie auch für die zahlreichen darin enthaltenen Übungen einzuräumen. Denn nur dann wird sich die oben erwähnte von den Autoren versprochene Wirkung entfalten können.

Basisdaten

Wie Design wirkt – Psychologische Prinzipien erfolgreicher Gestaltung

Autoren: Monika Heimann, Michael Schütz
632 Seiten, 2016, gebunden, in Farbe
erschienen im Reinwerk Verlag
ISBN 978-3-8362-3858-8
Preis: 39,90 Euro
Zu beziehen u.a. über den Onlineshop von Rheinwerk: hier die Detailseite zum Buch
Hier eine Leseprobe (PDF)

Verlosung

Für dt-Leser steht ein Gratis-Exemplar bereit. Um an der Verlosung teilzunehmen, bitte bis zum 09. Dezember 2016 einen Kommentar verfassen, der sich mit der folgenden Fragestellung befasst. Welches Design beeindruckt dich dermaßen, dass es deine Entscheidungen in Bezug auf die damit in Verbindung stehende Marke beeinflusst? Im positiven Fall also eine Kaufentscheidung auslöst, im negativen Falle eine bewusste Meidung der Marke nach sich zieht. Alternativ dazu: Nenne ein Beispiel, das, deiner Meinung nach, die einem Produkt zugesprochenen Attribute auf ideale Weise visuell verkörpert.

Dieser Beitrag hat 70 Kommentare

  1. Eigenmarken in Supermärkten sehen häufig ziemlich schrecklich aus. Obwohl sie günstig sind, sollten sie meiner Meinung nach nicht unbedingt hässlich sein müssen. Ich finde, dass Penny seit letztem Jahr ziemlich aufgestockt hat. Ich kaufe normalerweise keine Chips, aber das Design der Penny-Eigenmarke hat mich so sehr angesprochen (und war im ganzen Regal ohne Konkurrenz), dass ich sie doch gekauft habe. Auch andere Eigenmarken-Produkte sehen wesentlich besser aus, als bei der Konkurrenz.


    Nicht mein Foto, aber zeigt auch schön die Metallic-Farben.

  2. Ein sehr interessantes Thema. Ich behaupte(te) ja immer, dass ich kaum auf Werbung anspringe, was natürlich nicht (komplett) stimmt. Aber ich merke bei mir dass ich auf gewisse Werbemittel negativ reagiere und entsprechend die gegenteilige Wirkung erzielt. So z.B. mag ich extrem laute Werbemittel überhaupt nicht und kaufe entsprechend auch so gut wie nie in solchen Shops (z.B. Mediamarkt, kik, etc..) einkaufen.

    Auf was ich hingegen positiv reagiere sind Werbungen mit Humor. Aber das ist natürlich sehr subjektiv (was soll es auch anderes sein :)) so sind wohl die Mediamarkt-Werbungen für andere auch sehr lustig.

  3. Als Student habe ich schon von Natur aus viel mit Tomatenmark zutun. Eine Marke die mich im Supermarkt vom Design so überzeugt hat, führte mich zu einer Kaufentscheidung. Wenn ich mir jetzt dennoch die Dose anschaue kann ich nicht wirklich beschreiben wieso ich das Design so ansprechend finde. Typografisch als auch gesamtgestalterisch ist die Dose nicht wirklich gut gestaltet. Vielleicht erinnert es mich an eine alte Dose aus Weltuntergangsfilmen, welche den Protagonisten das überleben sichern. Oder aber erinnert es mich an die Speisekammer meiner Oma bei der die Bolognese natürlich besonders gut geschmeckt hat.

  4. Wenn mein Geldbeutel es zulassen würde, hätte ich sicher bereits den ‘dyson Supersonic Haartrockner’ erworben. Mir gefällt der Gedanke, dass ein neuer Ansatz für’s Haare-Trocknen gedacht und umgesetzt wurde. Das futuristische Design unterstützt das ganze natürlich auch ;).

  5. Campbells Tomato Soup.
    Für mich nicht ohne Grund eine der berühmtesten Lebensmittel Verpackungen der Welt. Plakative und gut gesetzte Farben, die aus weiß und einem leckeren und tiefen rot bestehen. Durch das goldene Label und den Kalligrafischen Campbells Schriftzug bekommt die Dose eine edle Anmutung die weit weg von Omas Vorratskeller geht. Ohne Schnick und Schnack weißt uns das Wort TOMATO dann weiter zum Inhalt. Kleine Ornamente und das Wort SOUP runden das ganze ab. Eine Komposition aus 3 Schriften die einen dazu einlädt diese Suppe bei Kerzenschein mit Champagner in der Wanne zu essen. Danke Campbells, danke Andy Warhol.

  6. Ein für mich positives Beispiel, welches mich zu einem Kauf bewegt hat: Freitag
    Produkt und Corporate Design bilden hier eine Einheit durch Gemeinsamkeiten wie Minimalismus, Farbgebung, Humor (Video-Design, Spiel mit Farben und Formen). Diese Kreativleistung habe ich damals bewusst vom doch ziemlich hohen Preis abgezogen.

  7. Was mich immer wieder zum Kauf eines Produktes veranlasst bzw. “verführt” erheblich mehr zu zahlen, als das Tatsächliche oder für vergleichbare Produkte, sind Pantone-Artikel. Gerade vor wenigen Tagen kaufte ich mir noch einen 15€-Coffee2Go-Plastik-Becher, den ich wohl für weniger als ein Drittel des Preises bekommen hätte.
    Einerseits finde ich das Marketing bzw. den Umgang mit der Marke/den Produkten so clever – da kann wohl HKS und Konsortien nicht mehr nachziehen ohne zu kopieren. Und andererseits verbinde (wohl nicht nur) ich eine Identifizierung mit der gesamten (Druck-)Branche und dem öffentlichen Darstellung meiner Leidenschaft zu meinem Job – quasi das, was Apple vor einigen Jahren noch hatte, bevor sie anfingen Samsung zu imitieren ;)

  8. Nicht nur die Kampagnen von Fritz Kola lassen mein kleines Herz schneller schlagen, sondern auch die Fritz Kola selbst. Design und Kampagne beeinflussen mich in meiner Kaufentscheidung.
    Wenn man mal zu müde ist, um sich zu konzentrieren, trinkt man in der Regel Kaffee.
    Doch, wenn es über den Nachmittag hinaus geht, doch auch gerne mal etwas Kaltes.
    Wenn ich also über den Nachmittag hinaus schwarz sehen im Bezug auf meine Konzentration, dann sehe ich halt auch in meiner Kaufentscheidung schwarz und entscheide mich für die gute Fritz Kola.
    „Einfach wach werden“ wird durch die Symbiose von Produkt und dem Markenauftritt auf jeden Fall vermittelt. Mehr davon!

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