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Buchvorstellung: Design ist mehr als schnell mal schön

Design ist mehr als schnell mal schön – Maren Martschenko, Quelle: Verlag Hermann Schmidt
Design ist mehr als schnell mal schön – Maren Martschenko, Quelle: Verlag Hermann Schmidt

Wenn Designer von Unternehmen konsultiert werden, etwa um ein visuelles Erscheinungsbild zu überarbeiten, eine Verpackung zu entwerfen oder den Webauftritt zu modernisieren, bestehen nicht selten bereits klar umrissene Vorgaben. Der Handlungsspielraum bei derlei Aufträgen begrenzt sich vielfach rein auf die Gestaltung von Oberflächen. Ein Dilemma, denn Designer können weit mehr als nur Oberflächen gestalten und Dinge aufhübschen. Davon ist die Autorin und Beraterin Maren Martschenko überzeugt, die mit ihrem Ende August erschienenen Buch „Design ist mehr als schnell mal schön“ Designern Mut machen möchte ein neues Geschäftsfeld zu erschließen: Gestaltende Beratung. Auf dt-Mitglieder wartet ein Gratisexemplar.

Ein unter Designern weit verbreiteter Wunsch ist es, dass Auftraggeber sie nicht erst konsultieren, wenn das Produkt bereits fertig entwickelt bzw. die Konzeption abgeschlossen ist. Denn die Rollenverteilung bei derlei Aufträgen ist meist sehr eindeutig: der Kunde gibt vor, die Agentur setzt um. Fragen nach dem Warum und Wozu sind unter diesen Rahmenbedingungen nicht vorgesehen. Für Designer, die nicht nur Gestaltungskosmetik betreiben möchten, sondern echte substanzielle Veränderung bewirken wollen, sind solche Aufträge in höchstem Maße unbefriedigend. Viele Kollegen wissen: damit Design in gewünschter Weise wirken kann, braucht es eine andere Herangehensweise und einen viel früher ansetzenden Veränderungs- und Gestaltungsprozess, der auch die Unternehmensstrategie einschließt. Was Designern jedoch oftmals fehlt, ist die Überzeugung, dass ihre Expertise über das Aufhübschen von Flyern und Websites hinausreicht. Diese Kompetenz, die oftmals ungenutzt bleibt, gilt es zu (re)aktivieren und gegenüber (potenziellen) Kunden ins Spiel zu bringen.

Genau hier setzt das kürzlich im Verlag Hermann Schmidt erschienene Buch „Design ist mehr als schnell mal schön“ an, das Maren Martschenko gezielt für die Berufsgruppe der Designer geschrieben hat. Mit dem Buch möchte Martschenko Gestaltern den Weg ebnen hin zu einem neuen Design- und Selbstverständnis. Schritt für Schritt wird beschrieben, wie sich Designer ein neues Terrain erschließen können: gestaltende Beratung. Ein Ratgeber und Begleiter, mit dem die strategische Neupositionierung der eigenen Profession gelingen soll.

Martschenko möchte ihre Leserinnen und Leser in die Lage versetzen, eine selbstbestimmte Entscheidung für die berufliche Zukunft als Designer und Kreativschaffender treffen zu können. Mit Hilfe des 4-Ebenen-Modells – SEIN – HABEN – SAGEN – TUN, wird die Grundlage für ein neues bzw. gefestigtes Selbstverständnis gelegt. Ein Selbstverständnis, das nicht erst beim WIE ansetzt, sondern das mit dem Warum und Wozu beginnt. In der Rubrik „Auf einen Espresso“ berichtet Martschenko immer wieder aus dem eigenen Arbeitsalltag, auch um so zu verdeutlichen, dass nicht nur Design, sondern auch der Weg hin zur gestaltenden Beratung ein Prozess darstellt, der kontinuierliches Verfeinern, Nachjustieren und Optimieren beinhaltet.

Am Ende der von der Autorin beschriebenen Neupositionierung stehen beratende Designer, die Lösungen nicht FÜR, sondern MIT ihren Auftraggebern entwickeln. Wer frühzeitig mit am Tisch sitzt, so resümiert die Autorin und studierte Diplom-Kauffrau, wird so mehr Verantwortung, Einfluss und mehr Gestaltungskraft erlangen. Die von vielen Designern lang gehegte Hoffnung, mit ihrer Arbeit nicht nur oberflächliche Veränderung herbeizuführen, sondern echten, nachhaltigen und substanziellen Wandel zu bewirken, bekommt mit Hilfe des Buchs wertvolle Impulse, Beratung als neues Geschäftsfeld für sich zu erschließen.

Eckdaten zum Buch:

  • Titel: Design ist mehr als schnell mal schön – Die Wirtschaft hat einen neuen Auftrag für Sie: Gestaltende Beratung
  • Von Maren Martschenko
  • Erschienen im Verlag Hermann Schmidt
  • 176 Seiten
  • Format 16,5 x 24 cm
  • Hardcover
  • ISBN 978-3-87439-937-1
  • Preis: 32,00 Euro

Weitere Infos zum Buch gibt es direkt beim Verlag unter:
Design ist mehr als schnell mal schön | typografie.de

Kommentar

Ein Buch, von dem ich mir wünsche, dass es insbesondere von angehenden Designern und Gestaltern gelesen wird. Denn all zu oft ist das Studium eher von der Vorstellung geprägt, coole Designs schaffen zu wollen, die von möglichst vielen Menschen gesehen werden. Das war offen gestanden, angefixt u.a. von Arbeiten von David Carson und Neville Brody, Mitte der 1990er Jahre auch meine Motivation. Nicht selten dauert es viele Jahre, auch weil entsprechende Lehrinhalte an Hochschulen fehlen, bis man erkennt, dass es im Design/Kommunikationsdesign doch um mehr geht.

Auch Designerkollegen, die schon längere Zeit in der puren Kreation, im Erbringen von Grafikleistungen kaum mehr Erfüllung finden und sich mehr direktes Miteinander mit Kunden wünschen, dürfen sich unbedingt vom Buch angesprochen fühlen. Für beide Gruppen ist „Design ist mehr als schnell mal schön“ ein hilfreicher Ratgeber und womöglich ein wichtiger Impulsgeber.

Dass das Buch auch von der Wirtschaft selbst, also der auftraggebenden Seite gelesen wird, wie der Verlag im Rahmen der Vorstellung erwartungsvoll erklärt, halte ich eher für unwahrscheinlich, denn dafür ist die inhaltliche Ausrichtung und die Ansprache doch zu sehr auf die Bedürfnisse und Fragestellungen von Designern/Kreativschaffenden ausgerichtet. Was ihnen allerdings zum Vorteil gereicht, denn so erhalten Designer Tipps und Anregungen, die gezielt auf sie zugeschnitten sind und ihnen bei der Neupositionierung helfen. Womit ich mit der Autorin keinesfalls übereinstimme, ist die Aussage, im inneren Dialog mit uns selbst könnten wir nichts lernen. Innerhalb der Persönlichkeitsentwicklung, womöglich durch Meditation und Achtsamkeit begleitet und gefördert, ist der innere Dialog, wenn es darum geht die eigenen Bedürfnisse zu hinterfragen, der zentrale Schlüssel.

Haptisch und gestalterisch ist das Buch, typisch für Lektüre aus dem Schmidt Verlag, ein Genuss. Claudia Siebenweiber zeichnet für die Gestaltung verantwortlich.

Womit ich mich persönlich ausgesprochen schwer tue, ist die Sprache im Buch. Der Verlag betont, dass dies das erste Schmidt-Buch sei, in dem die Verantwortlichen alles daran gesetzt haben, „gendergerecht zu formulieren“. In vielen Fällen musste ich Texte mehrfach lesen, da mir aufgrund der unendlich vielen Dopplungen und Redundanzen der Inhalt entglitten ist.

Zweifelsfrei ist gendersensible Sprache ein Thema von hoher gesellschaftlicher Relevanz. Die in dem Buch praktizierte Verwendung von Paarformen bei Personen- oder Berufsbezeichnungen führt allerdings dazu, dass Informationen teilweise schwer zu erfassen sind, etwa in Sätzen wie: „Sie werden das Vertrauen ihrer neuen Auftraggeber und Auftraggeberinnen gewinnen, wenn diese erleben, dass sie verstehen, was die Entscheiderin bzw. der Entscheider denkt, fühlt und braucht, woran sie oder er arbeitet und wo ihr oder ihm der Schuh drückt. Worunter sie oder er besonders leidet, wo sie oder er gerne hin möchte.“ Derlei Textstellen klingen schrecklich schwerfällig und holprig.

In Sätzen wie „Darüber hinaus sind sie in Beratungsprozessen je nach Situation als Moderatorin und Moderator, als Mediatorin und Mediatoren, als Teamentwicklerin und Teamentwickler sowie als Motivationstrainer und -Trainer gefordert“ geht jene ästhetische Dimension innerhalb der Sprache verloren, wie sie nach meinem Empfinden Bücher aus dem Hause Verlag Hermann Schmidt meist auszeichnet. Gendersensible Sprache sollte nach meinem Empfinden Kontext-sensitiv sein und den jeweiligen Textkorpus mitberücksichtigen. „Verwaltungsdeutsch“ in Fachliteratur zu überführen, halte ich für den falschen Weg, aus ästhetischer Sicht wie unter dem Aspekt der Lesefreundlichkeit.

Da mich das Thema gender- und diversityfreundliche Kommunikation und Sprache umtreibt, habe ich kurzer Hand eine Umfrage ins Leben gerufen, mit der ich herausfinden möchte, wie es anderen Lesenden ergeht. Ob es eine Präferenz hinsichtlich einer bestimmten Schreibweise gibt, insbesondere in Fachliteratur. Ich würde mich sehr freuen, wenn sich möglichst viele Leser daran beteiligen.

Verlosung

Ich möchte das Rezensionsexemplar gerne weiterreichen und stelle es deshalb zur Verlosung. Wer es haben möchte, hinterlasse bitte bis zum 25. September 20:00 Uhr einen Kommentar. Die Teilnahme an der Verlosung setzt eine dt-Mitgliedschaft voraus. Alle dt-Mitglieder nehmen automatisch an der Verlosung teil. dt-Mitglieder, die an dieser Stelle einen Kommentar hinterlassen, können auf diese Weise, da die eigene E-Mail-Adresse mehrfach* in den Lostopf wandert, ihre Gewinnchance erhöhen.

Mediengalerie

* Der Faktor hängt u.a. von der Anzahl der zum Zeitpunkt der Verlosung aktiven dt-Mitglieder ab. Da das Thema dt-Mitgliedschaft noch frisch ist, muss sich die Logik, die bei derlei Verlosungen greift, erst noch einspielen. Ziel muss es natürlich sein, dass dt-Mitglieder, die hier kommentieren und dadurch ihr Interesse artikulieren, signifikant größere Chancen haben, das Buch zu gewinnen als dt-Mitglieder, die nicht kommentieren.

Dieser Beitrag hat 21 Kommentare

  1. Das Thema des Buches ist top-aktuell und beschäftigt mich schon seit einiger Zeit. Da ich Maren Martschenko auch als Person bewundere, bin ich mir sicher, dass ein Exemplar dieses Buch zu mir wandern wird. Ich probiere es mal über diese Verlosung.
    PS: Danke für diese umfangreiche Rezession!

  2. Merci für die Rezension. Über die Chance reinblättern zu können würde ich mich sehr freuen 🙂

  3. Sehr interessantes und starkes Thema: Zum Design gehört nicht nur die Oberfläche. Für mich gehört der gesamte Prozess: Ideenfindung, Entstehung, Entwicklung und auch die Produktion und das Ziel dazu.

  4. Was das Buch sagt, ist richtig und wichtig.
    Zu lange hat man als Designer das für lau mitlaufen lassen.
    (Ohne geht halt null, schon allein aus echter ehrlicher und höflicher Fach-Notwehr, was sich da manche Klienten vorstellen.)

    Gestaltende Beratung mach ich selbst schon ewig, ziehe auch daraus selbstbewusst Honorar, wo es möglich ist, habe leider nur nicht feststellen können, dass mir ausgerechnet der Mittelstand genau deswegen gnadenlos die Bude einrennt. ;-)

    Sie sind zwar nachträglich doch irgendwie froh, dass man sie berät über das Umfeld in das ihr Logo kommt oder dass man ihnen – echt passiert – mit Engelszungen die Idee der – außerhalb von AfD-Kreisen sicherlich geschäftsschädigenden – “Marke” 88 für einen Gin ausgeredet hat.

    Aber gezeigt wird die Freude darüber trotz Honorar nur sparsam. So weit kommt’s noch ;-) Man wird statt dessen sogar im gleichen Projekt deswegen gefeuert, weil man angeblich nicht gesagt hat, dass man eine Illustration einzukaufen gedenkt und daher über die erweiterte Lizenz informiert hat, statt sie für Umme selbst in vielen Nachtstunden zu erstellen, am liebsten ohne Nutzungsrechte (auch echt passiert ;-).

    Was ich launig damit sagen will: “Gestaltende Beratung” scheint eine interessante Monetarisieringsidee zu sein, die manche Kundenkreise sicher honorieren werden.

    Aber nicht alle. Das ist ein langer Weg, Zu oft gab’s das kostenlos – schon aus reiner Notwehr des Designers. Das Ding ist für die meisten durch.

    Vielleicht schafft es aber der eine oder andere Gestalter, der schon im Vorfeld mit Vorträgen oder eigenen Büchern (sic!) damit aufgefallen ist, sich Bekanntheit und ein Beratungspotenzial erarbeitet zu haben, ebenfalls sic!. Viele Klienten/Auftraggeber/Marketingleiter sind sehr überzeugt davon, dass sie die Superideen und die Ahnung haben und der Bursche oder die Lady am Rechner das bis vorgestern nur noch mit dem richtigen Programm.umzusetzen hat, sonst kassieren sie eine Ansage ;-)

  5. Ich hatte ein VideoTalk von ihr zu dem Buch gesehn und warte schon seit Monaten das ich es endlich bestellen kann.
    Der Vortrag war sehr inspirierend.

  6. “Wer durch des Argwohns Brille schaut, sieht oft die Maden im Sauerkraut.” “” Ich persönlich habe mich nicht an der gendersensiblen Sprache gestört, noch hat sie meinen Lesefluß erheblich behindert. Und genauso wenig haben mich die Rechtschreibfehler darin nicht vom Lesen abgehalten. Mir ist es ehrlich gesagt nur beim Lesen dieser Rezension wieder dann eingefallen, das dem (gendersensible Anrede) im Klappentext so war. Das Thema fand ich dann doch spannender, als die Auseinandersetzung mit der Ansprache des Lesers.

    Die Empfehlung der Autorin, gestaltender Berater zu werden, liest sich im Buch vielleicht etwas zu exklusiv. Man bekommt das Gefühl, entweder die Designerin bzw. den Designer [:^)] an den Nagel zu Hängen, oder zwischen den beiden Gewerken hin und her zu switchen. Das sich beides durchaus auch gegenseitig vereinen kann, kommt weniger heraus.

    Jedenfalls bin ich angefixt, von dem Gedanken beratender Gestalter. “The Value of Design” von Frank Wagner aus dem gleichnamigen Verlagshaus (übrigens sprachlich eine extrem sperrige Wuchtel) deutet ebenfalls schon auf mehr Verantwortung und Bewusstsein von Design hinsichtlich auf Erschaffung und Implementierung einer Marke bzw. Markenproduktes. Da sich das Buch eher an Solopreneure wendet, spiele ich gerade den Gedanken durch, wie es wäre, das Ganze auf ein kleines Agentur-Team zu übertragen.

  7. Leider im schwer verständlichen Verwaltungsdeutsch geschrieben. Dieses hilft Frauen, die tatsächlich in der Gesellschaft klein gehalten und an den Rand gedrängt werden, nicht; im Gegensatz zu Frauenquoten, mehr Teilzeitstellen und besserer Bezahlung von “Frauenberufen“. (Ehegattensplitting und Familienversicherung sind auch blöd.)

  8. Danke für die ausführliche Rezession des Buches. Da würde man sich doch auf einen Blick ins Innere freuen.
    Es stimmt ja schon, dass Unternehmen gerne einen Designer hinzuziehen, wenn es nicht mehr viel zu machen gibt und es heißt dann leider oft:” Mach es doch noch irgendwie präsentabler… und billig(!)”
    Aber mich freut es, dass dieses Thema immer mehr diskutiert wird. Zusätzlich kann ich mich noch mehr freuen, dass ich während des Studiums ein holistisches Konzept von Gestaltung mit auf den Weg bekommen habe, welches oft von Absolventen anderer Hochschulen oft belächelt wurde. Somit zeigt sich, anscheinend war meine Uni nicht so “altbacken” ;)

  9. Würde mich über das Buch freuen. Dein Hinweis auf die Sprachverständlichkeit schmälert allerdings schon im Vorfeld die Begeisterung. Da kann man wohl nur von Glück reden, dass man beim Verlag nicht auch noch das del-on-sel-System ausprobiert hat. Diese verunstaltende Methode habe ich in der dt-Umfrage zur gendersensiblen Sprache erstmalig kennengelernt und hoffe inständig, dass das ein verrücktes Experiment einiger Wenigen bleibt.

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