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Britannia sendet Zeichen der Souveränität – neues visuelles Erscheinungsbild für Bank of England

Bank of England Logo / Britannia
Bank of England Logo / Britannia, Quelle: Bank of England

Die Bank of England, 1694 gegründet, hat ein neues visuelles Erscheinungsbild erhalten. Im Rahmen eines „Digital First“-Ansatzes wurde das komplette Corporate Design überarbeitet. Das neue Design sei inklusiver und zugänglicher und erfülle nun die Anforderungen hinsichtlich einer zeitgemäßen Kommunikation, so die Erklärung der Bank.

Die Bank of England (BoE) ist die Zentralbank von Großbritannien und Nordirland und als solche die zentrale Institution für die Geldpolitik und die Funktionsfähigkeit des Geldwesens in diesem Gebiet. Wesentlichste Aufgabe einer Zentralbank ist es, Preisstabilität zu gewährleisten, um so die Kaufkraft der Währung zu erhalten. 1946 wurde die Bank of England verstaatlicht. Seit März 2020 ist Andrew Bailey Gouverneur der Bank, zuvor Chef der britischen Finanzaufsicht.

In einer vor wenigen Tagen veröffentlichten Meldung betont die Bank, ihre Mission sei es, den Menschen in Großbritannien zu dienen. Also sei es wichtig, wie sie als Bank kommuniziere. Und zur Kommunikation gehöre auch der „Look and Feel“, also die Farben, die Typographie, das Logo und vieles mehr. Mit den am visuellen Erscheinungsbild vorgenommenen Anpassungen verfolge die Bank das Ziel, die Zugänglichkeit der Informationen zu verbessern. Gleichzeitig sei das Design inklusiver und verkörpere nun besser, wofür die Institution stehe. Die neue Hausschrift GilroyforBOE habe man beispielsweise gezielt im Hinblick auf eine bessere Lesbarkeit ausgewählt. Der Anteil von Menschen mit Leseschwäche liege in Großbritannien Angaben der Bank zufolge bei bis zu 10 Prozent.

Auszug der Pressemeldung

Our mission is to serve the people of the UK. So how we communicate is important. One part of how we communicate is the ’look and feel’ of our content. That includes things like our logo, and the colours and typography we use. We want to make these things more accessible and inclusive. So our in-house designers have worked with industry leaders to create a new, digital-first ’visual identity system’ for our website and publications. We will keep on working to improve the way we communicate because this will help us to carry out our mission.

Bank of England Britannia Logo – vorher und nachher
Britannia Logo – vorher und nachher, Bildquelle: Bank of England, Bildmontage: dt

Die Darstellung der Britannia, der Nationalfigur Großbritanniens, ist seit Anbeginn das Erkennungszeichen der Bank of England. In der über 300-jährigen Geschichte der Bank wurde die Darstellung viele Male verändert (siehe Evolution). Das bisherige Signet wurde 2004 eingeführt. Seinerzeit wurde die Sitzposition der Britannia und ihre Blickrichtung zugunsten einer nach rechts ausgerichteten Darstellung geändert. An diesem Aufbau wurde auch im Zuge des nun vollzogenen Redesigns festgehalten.

Neben einer grundsätzlichen Vereinfachung der Formgebung fallen vier Änderungen besonders auf: 1. die bislang zu Füßen der Britannia liegenden aufgeschütteten Münzen wurden komplett entfernt. 2. Anstelle des Georgskreuzes wird im Schild nun der Union Jack abgebildet, die Nationalflagge des Vereinigten Königreichs. 3. Der von Britannia in der linken Hand gehaltene Olivenzweig, ein Friedenssymbol, durchbricht den umgebenden, bisher geschlossenen weißen Ring. 4. Im Vergleich zur vorherigen Darstellung der weiblichen Figur lassen Körpersprache, Gesichtsmimik und Ausdruck der neuen Britannia Souveränität und Selbstbewusstsein erkennen.

Bank of England Logo Wordmark – vorher und nachher, Bildquelle: Bank of England, Bildmontage: dt
Bank of England Logo Wordmark – vorher und nachher, Bildquelle: Bank of England, Bildmontage: dt

Entwickelt wurde das neue „digital-first visual identity system“ von einem Inhouse-Designerteam unter Beteiligung nicht weiter namentlich genannter Branchenexperten, so die offizielle Presseerklärung.

Kommentar

Der Umstand, dass die Zentralbank Großbritanniens eine Woche nach Ausbruch des Ukraine-Kriegs, in Zeiten dramatischer Entwicklungen auch auf den weltweiten Finanzmärkten ihr Corporate Design und damit ihre Logo ändert, hat so manch Banker zu einem süffisanten Kommentar verleiten lassen. Als gäbe es momentan nichts wichtigeres. Aber ein solches Redesign ist das Ergebnis jahrelanger Arbeit. Der umfassende Prozess im Hintergrund, der dieses Ergebnis ermöglicht, wird gemeinhin gerne übersehen. Aber schauen wir uns die Veränderung an.

Die grafische Überarbeitung der Britannia ist, so oder so, ein deutliches politisches Signal: das weibliche Geschlecht nicht mehr als eine antike, verklärte, auf ihre Anmut/Schönheit reduzierte Gestalt, sondern ein als entschlossen handelndes, feminines Individuum. Idealisiert ist die illustrative Darstellung nach wie vor, nur wurde die allegorische Figur der Britannia in das heutige 21. Jahrhundert überführt und neu interpretiert. Gesichtszüge und der Duktus der Haare nähren Assoziationen mit Christine Lagarde, Präsidentin der Europäischen Zentralbank oder auch mit Ursula von der Leyen, Präsidentin der Europäischen Kommission. Vor vier Jahren noch gehörten dem 12-köpfigen Court of Directors, dem Direktorium der Zentralbank, zwei Frauen an. 2022 sind es fünf. Immerhin. Die Gesellschaft ist in Bewegung. Und wenn sich Vorstellungen, Werte und Ziele der Menschen ändern, muss sich auch die Art ändern, wie wir miteinander kommunizieren, in Wort, Bild und Ton. Vor dem Hintergrund des von Russland geführten Angriffskrieges erfährt das Redesign eine zusätzliche politische Aufladung. Denn die britische Zentralbank sendet so, nach Innen wie nach Außen, ein Zeichen gewachsenen Selbstbewusstseins und der Souveränität. Wer jetzt meint, ein Logo (einer Bank) könne wohl kaum politische Geschehnisse beeinflussen, unterschätzt die universale Kraft der Symbolik.

Bessere Lesbarkeit von Texten und eine optimierte Nutzerführung mit Hilfe von Farben (Usability), wie sie bei diesem Redesign verfolgt wurden und, wie ich finde, tatsächlich auch gut umgesetzt worden sind, sind Leistungen, von denen Anwender/Gebraucher profitieren. Die Website bankofengland.co.uk trägt klar die Handschrift der britischen Regierung, welche seit Jahren Standards in Bezug auf Design für digitale Medien setzt. Das eigene Werteverständnis in eine zeitgemäße visuelle Entsprechung überführen, ist wiederum eine Maßnahme, die gerade auch nach Innen entsprechende Botschaften sendet. Dafür stehen wir! So positionieren wir uns im 21. Jahrhundert! Die damit verbundene Kommunikation überträgt sich auf die Mitarbeiterschaft, welche, indem sie als Markenbotschafter aggiert, diese Botschaften multipliziert und zur Stärkung der Bank beiträgt. Und starke, souveräne Zentralbanken waren vermutlich selten so wichtig wie in diesen politisch-wirtschaftlich unsteten Zeiten. So gesehen ein ziemlich guter Zeitpunkt, um Entschlossenheit zu signalisieren.

Randnotiz: dass das begleitende Typo-Visual mit den Lettern „bfg…“ beginnt, gehört unbedingt zusätzlich gewürdigt. Typisch britischer Humor.

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Dieser Beitrag hat 13 Kommentare

  1. Sehr schön. Gelungen. Tolle Werte, gut umgesetzt. I like.
    Spannend aber wie chaotisch die Website ist und … warum das
    Großbritannien Wappen und nicht das “England”-Kreuz …
    bei Bank of England (ja ich weiß das die in ganz GB agieren etc. :P)

  2. beeindruckend was inhouse auch
    möglich ist… nur der zweig ist jetzt
    vll. etwas dünn beblättert.

  3. Das neue Logo allein wirkt auf mich eher wie eine Anwaltskanzlei für Rollstuhlfahrer… aber ja, ich mag die Weiterentwicklung und empfinde den Gesichtsausdruck für gelungen (nie leicht zu treffen).

  4. Die Engländer sind bei illustrativen Marken führend in der Welt. Da sind gute Designer am Werk. Das Re-Design ist gelungen. Ob es nötig war, ist eine andere Frage. Die alte Illu war ja auch nicht schlecht.

      1. Die Logos der englischen Premier oder Football League zum Beispiel. Dort findet man viele gute Tier-Illustrationen. Aber wer mehr auf nüchtern-kühle Deutsche Bank Logos steht, den spricht sowas wohl nicht an. Ich finde die gut, komme ja selbst aus der Illustration und mag Logos mit Tieren.

  5. Furchtbar. Vorher hatte die Figur Anmut, Würde und Weiblichkeit. Jetzt sieht es aus als würde eine sehr muskulöse Frau (?) mit Lippenstift irgendein Grünzeug einem Tier zum Füttern hinhalten. Das ist doch keine Verbesserung!

    1. Zitat Jörg Hansen: “Vorher hatte die Figur Anmut, Würde und Weiblichkeit” – das entspricht auch meiner (Verbraucher-)Wahrnehmung, es wurde eine Teilentweiblichung vorgenommen. Das mag ja mit Bewusstheit geschehen sein, hätte dann aber folgerichtig zu einer eindeutig androgynen Figur führen müssen. Dem stehen im derzeitigen Logo allerdings die, wenn auch nur angedeuteten, aber doch knapp erkennbaren sekundären Geschlechtsmerkmale entgegen.

      Ferner vermitteln mir die Gesichtszüge eine eher comicartige, weniger eine “heraldische” Anmutung. Die Figur hat insgesamt eine etwas comicmäßige Zeichnung, dazu passend das fließende Gewand – im Gegensatz zur vorherigen streng-straffen Linienführung – und das Halbprofil (Gesicht).

      Noch etwas: Der Olivenzweig (?) im neuen Logo wird dem seitwärts stehenden Betrachter nicht zugewandt angeboten (altes Logo), sondern regelrecht fordernd entgegengestoßen: “…und bist Du nicht willig, so brauch ich Gewalt” (Faust und Speer!)

      Fazit (Normalverbraucher-, nicht Designersicht):
      Zu starke Zeitgeistdurchtränkung durch verkrampft wirkende Vermännlichung bzw. Androgynisierung einer ehemals in Bild und Gestus als weiblich mit dementsprechender Attribuierung erkennbaren Figur. Man merkt die Absicht und ist verstimmt.

  6. Das neue Sigent erinnert wirklich sofort an eine Rollstuhlfahrerin, finde ich dramatisch missglückt.

    1. Musste ich auch sofort dran denken, in klein oder von weiter weg sieht das Schild sogar aus wie ein Rollstuhlrad.

  7. Britannia ist zwar modernisiert und vereinfacht, aber ihre Anmut hat tatsächlich gelitten. Abgesehen von mE zu muskulösen, irgendwie auch eingedellten Oberarmen und einem unnötig massiven Griff am tatsächlich mageren Ölzweig, empfinde ich manche anatomisch-perspektivische Details als merkwürdig: Warum sind die Oberschenkel so aufsichtig, wenn gleichzeitig das Gesicht so untersichtig ist? Warum ist die rechte Hand so groß? Warum ist der linke Oberarm so lang, bzw. ist so viel von der linken Schulter sichtbar? Im Video gibt es eine kurze Sequenz, in der eine gezeichnete Grundlage zu sehen ist. Die hat einen kürzeren/passenderen linken Oberarm.

    Gut gelungen finde ich die äußere Kontur, die sich zum Ölzweig-Durchbruch hin verjüngt.

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