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Berliner Festspiele mit neuem Erscheinungsbild

Berliner Festspiele Logo

Berliner Festspiele Logo

Die Berliner Festspiele haben seit wenigen Tagen ein neues Erscheinungsbild. Anlass hierfür ist der Antritt des neuen Intendanten Thomas Oberender, der dem ungeschriebenen Gesetz folgt, wonach ein Wechsel auf dem Intendantenstuhl stets mit dem Redesign des Außenauftritts verbunden zu sein hat. Noch bevor die erste Inszenierung zu sehen ist, wird auf diese Weise eine Duftmarke gesetzt, die einen Ausblick auf das bevorstehende neue Programm verheißen soll. Folgt man der Sprache des Designs, wird es für die Künstler wenig Freiheiten geben.

„Wir wollen uns öffnen in ein Haus für Künstler. Wir wollen, dass der Ort wieder strahlt, dass er auch zwischen den Festspielen leuchtet und sich fühlbar ins Stadtleben einbringt.“ so Oberender bei der Vorstellung seines Konzepts. Dieser derzeit in den Medien vervielfältigen Aussage Oberenders steht ein neues Corporate Design gegenüber, das zumindest formalästhetisch einen Widerspruch zum Gesagten darstellt. Die zentrale Komponente des neuen CDs, ein roter Rahmen, ist nicht gerade die ideale Form, um Offenheit zu signalisieren. Genau genommen symbolisiert sie das genaue Gegenteil – Abgeschlossenheit. Die Signalfarbe rot verstärkt die Bedeutung dieser sehr konkreten, bestimmenden und eingrenzenden Form.

Berliner Festspiele Design

Von Seiten des Hauses möchte man das neue Design freilich anders verstanden wissen. „Mit dem Wechsel des Intendanten und des Leitungsteams möchten die Berliner Festspiele einen sichtbaren Neustart erzielen. Auf der visuellen Ebene ist das eine Edition, eine neue Startseite im Internet und ein neues Erscheinungsbild,“ so Presseleiterin Jagoda Engelbrecht. „Das neue Erscheinungsbild, der rote Rahmen als visuelles Zeichen der neuen Berliner Festspiele, betont die Verbindung zwischen den Festivals und den Festspielen als Ganzes. Gleichzeitig verweist er auf stets neu zu setzende Schwerpunkte, wechselnde Perspektiven und einen Blick nicht nur aufs Zentrum, sondern auch auf die Ränder.“

Offenheit meinen und Offenheit zeigen, und das zeigt dieses Redesign wunderbar, sind zwei paar Stiefel. Der rote Rahmen gibt die Form vor. Er setzt die Grenzen, bis zu denen der Inhalt reichen darf, frei entfalten darf er sich nicht. Der rote Rahmen verbindet nicht, er trennt. Schön zu sehen ist das Begrenzungsprinzip auf der frisch relaunchten Website, auf deren Startseite zahlreiche Rahmen in loser, ja chaotischer Struktur unterschiedliche Inhalte einfassen und dabei in vielen Fällen dem Duktus von Traueranzeigen nicht unähnlich sind.

Berliner Festspiele Relaunch

Auch wenn das neue Logo, eine reine Wortmarke gesetzt in der Brown aus dem Hause Lineto, frei im Raum steht und keinerlei Aussage trifft, die in Richtung Abgeschlossenheit gedeutet werden kann, vermittelt das zentrale Gestaltungselement, der rote Rahmen in Analogie etwa zum Deutsche-Bank-Logo, genau dies. Das geschlossene Quadrat, der geschlossene Rahmen stehen für Bewahrung und Werterhaltung – Ausdruck einer ur-konservativen Haltung.

Mit dem neuen Erscheinungsbild gelingt die Unterscheidung zum Bisherigen, in dem modische Accessoires (Abbildung) ebenso ihren festen Platz einnahmen wie ein Logo, dessen farbige, Barcode-ähnliche Bildmarke dem Betrachter Rätsel aufgab. Zweifelsfrei ist die neue Wortmarke typographisch ein Gewinn, strahlt sie doch viel besser Klasse und Festlichkeit aus als ihr Vorgänger, fraglich ist nur, ob der durch das neue Erscheinungsbild kommunizierte Konservatismus tatsächlich die entscheidende Kraft hinter dem Programm der Festspiele sein wird, wie es sich im Design als erste Duftmarke ankündigt.

Entwickelt wurde das Design vom Schweizer Studio CRR. Die Website wird von Kuhmedia betreut.

Dieser Beitrag hat 47 Kommentare

  1. die wortmarke finde ich schlicht und gelungen. der rote rahmen wirkt sehr stark für sich.
    andererseits habe ich beim blick auf die website das gefühl auf eine ansammlung von todesanzeigen zu kucken. oder geht das nur mir so?

  2. Ich find es irgendwie ziemlich langweilig. Man hat überhaupt nicht das Gefühl, als steckt da irgendeine Idee dahinter, noch irgendetwas Liebevolles oder mühevoll Gemachtes. Und vom Wiedererkennungswert her könnts auch besser sein.

    Ich find das alte Logo jetzt auch nicht unbedingt super, aber ich würde das neue Logo als Rückschritt bezeichnen.

  3. die schrift wirkt sehr “retro”, wie aus den 1920er jahren (vielleicht beabsichtigt) – wie heißt die?

  4. Also die Website sieht für mich aus als wäre sie mit Traueranzeigen übersät… Lust auf Festspiele macht das nicht gerade – ich finde aus dem alten Logo hätte man definitiv mehr rausholen können!

  5. achim, ich finde die gegenüberstellung der zwei logos sehr missverständlich. dem westlichen lesestil nach ist neue nach dem alten zu finden – nicht andersrum.

  6. Sowohl die alte als auch die neue Webseite sind wirklich interessant. Die neue ist jedoch eindeutig schlechter. Die Navigationsidee ist jedoch verwertbar, wenn auch nicht in dieser jetzigen Form.

    Ich hätte gerne gewusst, was der Relaunch gekostet hat.

  7. Am Kerning könnte man noch was machen. *zick*

    Satire:
    Früher machte der Grafiker, wenn ihm nichts Gescheites einfiel, einen Swoosh um alles.
    Heute ein Kästchen. Das ist reto-retro, denn den altgedienten Kästchengrafiker gab es schon vor dem Swoosh-Grafiker.
    Ihnen aber gemeinsam ist die Nichtidee.

    Dann gibt es noch auch die Spezies der Ein-Idee-Grafiker …
    Aber ich bin schon ruhig.

  8. Irgendwie sagt die Wortmarke nicht arg viel aus. Es sind 2 Wörter in einer schönen Schrift, liebevoll gesetzt in einer angenehmen Farbe, aber wie Festspiele oder zumindest wie Kunst sieht das nicht aus. Wäre doch eigentlich mal ne coole Idee, die neue Wortmarke mit den alten “Balken” im Logo zu mischen. Farblich dann noch abschmecken.

    Die Website ist ne tolle Idee für sowas und diese Kasten-Geschichten tauchen doch immer öfters auf, aber mit den Traueranzeigen muss ich meinen Vorrednern total recht geben. Sieht schick aus, passt gut – aber die Traueranzeigen ziehen doch schon einiges ins negative Licht.

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