Das IT-Systemhaus Bechtle hat sich ein neue visuelle Identität zugelegt, erstmals in der über 40-jährigen Unternehmensgeschichte. Ziel des in Zusammenarbeit mit der Marken- und Designagentur Peter Schmidt Group entstandenen Rebrandings sei es, wie das Unternehmen mitteilt, die Marke zu stärken, die Bekanntheit zu erhöhen und den Auftritt insbesondere im digitalen Raum prägnant, barrierefrei und konsistent zu gestalten.
Bechtle ist, gemessen am Umsatz, Deutschlands größtes IT-Systemhaus und ein führender IT-E-Commerce-Anbieter in Europa. Das 1983 gegründete Unternehmen hat sich auf die Planung, den Vertrieb und die Umsetzung von IT-Infrastrukturen und -Lösungen spezialisiert. Die Bechtle AG beschäftigt an mehr als 100 Standorten derzeit rund 15.000 Menschen. Hauptsitz der Gesellschaft ist Neckarsulm, Baden-Württemberg.
Nun hat das Unternehmen, erstmals seit seiner Gründung, sein Corporate Design grundlegend modifiziert. Das neue visuelle Erscheinungsbild rücke den Markenkern von Bechtle in den Mittelpunkt und setze konsequent auf die Anforderungen moderner digitaler Kommunikation, wie es in der offiziellen Pressemeldung zum Rebranding heißt.
Auszug der Pressemeldung
Das neue Corporate Design von Bechtle wurde konsequent mit einem Digital-First-Ansatz entwickelt. Neben der Barrierefreiheit der Farben sorgen moderne Designprinzipien, ein fokussierter Illustrationsstil und zahlreiche Möglichkeiten zur Animation für einen digital unverkennbaren Eindruck. Dieser visualisiert, was Bechtle im Kern ist: ein fortschrittliches, erfolgreiches, digitales Unternehmen mit dem Anspruch, Zukunft mit IT zu gestalten.
„Das neue Corporate Design unterstreicht unsere Ambitionen, Bechtle als europäischen IT-Zukunftspartner und modernen Arbeitgeber zu positionieren. Wir schaffen einen visuellen Rahmen, der uns klar von unseren Wettbewerbern abgrenzt und eine hohe Wiedererkennung ermöglicht. Beste Voraussetzungen, um unsere Markenbekanntheit zu steigern und unser positives Image weiter zu stärken“, sagt Dr. Thomas Olemotz, Vorstandsvorsitzender, Bechtle AG.
Mit der Einführung des neuen Corporate Designs übersetze das Unternehmen das eigene Markenverständnis, so Sabine Brand, Leiterin Unternehmenskommunikation und Brand Management, in ein ganzheitliches Erscheinungsbild. „Wir verknüpfen unsere Werte anschaulich mit unseren strategischen Botschaften und treten konsistent und selbstbewusst im Markt auf“, so Brand. Im Logo steht der Unternehmensname künftig eigenständig neben der Bildmarke – dies entfalte eine stärkere Wirkung.
Das dem Ursprungslogo zugrundeliegende Parallelogramm wurde in eine zeitgemäße Formensprache übersetzt und als separate Bildmarke definiert. Ausgehend vom Markenverständnis – zukunftsstark im Kern, verbunden, unternehmerisch und erfahren – symbolisiert die aus zwei Segmenten bestehende kreisrunde Bildmarke „immer neuen Facetten eine starken Einheit“, etwa Erfahrung und Zukunft, Mensch und Technologie oder Empathie und Kompetenz, so der Gestaltungsansatz. Die in der Bildmarke dargestellte 19-Grad-Neigung prägt das gesamte Corporate Design.
Statt in Versalien ist der Unternehmensname fortan in Minuskeln gesetzt. Mit der Bechtle Pro legt sich das Unternehmen zudem eine neue Hausschrift zu (zuvor DIN). Grün bleibt als identitätsstiftendes Element erhalten. Im neuen Corporate Design wird das Spektrum auf unterschiedliche dunkle und helle Grünwerte erweitert (Experience, Progressive und Future Green). Ergänzend kommen als Akzentfarben Blau (Straight Blue), Lime (Energizing Lime) und Orange (Light Orange) zum Einsatz. Die neue Farbwelt entspreche den ab 2025 geltenden Vorgaben für den barrierefreien Zugang zu Unternehmenswebsites.
Die Einführung des neuen Corporate Designs erfolge zunächst in den digitalen Kanälen, ab 2025 sukzessive auch an allen Standorten der Bechtle Gruppe in Europa.
Kommentar
Eine Bildmarke bestehend aus Parallelogramm und Kreis hat sich kürzlich erst eine der wichtigsten Technologie-Messen der Welt zugelegt, die Consumer Electronics Show (CES). Die neue Bildmarke von Bechtle verfügt über jenen logisch nachvollziehbaren, zudem symmetrischen Aufbau, den das indifferente, nichtssagende CES-Zeichen vermissen lässt.
Aus derlei geometrischen Grundformen ein wiedererkennbares, identitätsstiftendes Markenzeichen zu kreieren, das obendrein schutzfähig im Sinne des Markenrechts ist, ist heutzutage herausfordernd, angesichts Millionen von Marken. Allein beim Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) sind 7,3 Millionen Bildzeichen als Unionsmarke (UM) registriert. Das alte Bechtle-Logo gehört auch dazu, die neue Bildmarke noch nicht.
Die neue Schrift Bechtle Pro mit ihren um 19 Grad geneigten Ink-traps empfinde ich als optisch ansprechend und zur Marke passend. Die Einkerbungen vermitteln Technikaffinität und verleihen der Typo „Edginess“. Das bisherige durch die Normschrift DIN getragene Schriftbild ist/war doch recht streng, geradlinig, schon auch mit Technikbezug, doch auf eine behördliche Weise. Die neue Type ist lebendiger, individueller. Ich bin gespannt wie sich die neue Designlinie im Kontext der Geschäftsliteratur machen wird – der Geschäftsbericht 2023 basiert noch auf dem alten Corporate Design; lediglich das neue Logo wurde eingebunden.
Kleinschreibweise, Gemischtschreibweise oder Versalien? Diese Frage stellt sich im Grunde bei jedem Corporate-Design-Projekt. Nach meinem Empfinden hätte die Bechtle-Wortmarke auch gerne mit einem Versal-B beginnen dürfen. Auf diese Weise wäre das Corporate Wording stringent – „Bechtle“ ist die vom Unternehmen gewählte Schreibweise in Texten. Zudem verliefe, subjektiv wahrgenommenen, der Übergang von der Bildmarke zur Wortmarke fließender; der Übergang wäre nicht so abrupt/stufig.
In Summe eine spürbare Verjüngung und Aufwertung als Marke.
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Zur im Eingangskommentar erwähnten möglichen “Großschreibung” habe ich einzuwenden, dass ich in der Bildmarke bereits ein kleines “b” (bestehend aus dem dunkelgrünen und weißen Bereich) sehe. Die Einkerbung am t-Strich vermittelt nicht nur “technisches”, vielmehr wird das Parallelogramm aus der Bildmarke aufgegriffen und verknüpft so beides miteinander. Die Kombi aus Wort- und Bildmarke finde ich daher gelungen. Stimme aber zu, dass es nicht die große Eigenständigkeit erlangt, die eine Marke haben sollte/könnte.
PS: Um das “b” in der Bildmarke erkennbarer zu machen, wäre mir spontan dies hier eingefallen:
Finde auch, dass der optische Bezug von Bild- zu Wortmarke etwas holprig wirkt. Kann aber auch verstehen, dass man nicht unmittelbar mit der x-Höhe abgeschlossen hat, da die Wortmarke sonst aufgrund der Oberlängen optisch noch oben weggeflogen wäre. Vielleicht hätte man die vier insgesamt bewusst einkürzen und wie von Paddy angeregt das b auch in der Bildmarke (evtl. auch einfach nur über eine Dreiecks-Kerbe oder in Anlehnung an die Visitenkarten einen heller werdenden Verlauf nach oben nur im hellgrünen Segment) integrieren können. Das hätte das Markenzeichen wirklich noch eigenständiger gemacht. Aber vielleicht wollte man ähnlich wie beim CES-Entwurf auch konsequent das Display-Thema spielen?
Jedenfalls bemerkenswert, wie schön dieses Parallelogramm auch in die Exklusivschrift deren Kursiven-Winkel und das Icon-Set überführt wurde. Sehr liebevoll und stringent.
Ich finde die Bildmarke OK, mehr aber auch nicht. Aber ich finde die Schriftauswahl für die Wortmarke nicht gut. Ich habe mir das gestern angeschaut und mir gedacht, dass ich mit einem Kommentar warte. Aber auch heute finde ich, dass die Bildmarke und die Wortmarke nicht harmonieren. Die Wortmarke wirkt für mich wie ein Fremdkörper, auch wenn als kleiner Bezug der um 19 Grad geneigte Ink-trap in die Schrift integriert ist.
Warum mich das so stört, weiss ich nicht, aber vermutlich eine Kombination aus unterschiedlichen Faktoren. Mir ist die Schrift zu rund, ein großes B hätte hier aber vielleicht schon gut getan. Oder doch Versalien? Zudem ist mir die Schrift zu sehr gesperrt, geringere Spationierung wäre sicher hilfreich. Aber grundsätzlich denke ich, dass diesem Logo eine kursive Schrift bessergestanden hätte – es gibt diesen Schriftschnitt ja auch. Und das sage ich, der kursiv eigentlich nicht mag.
Für mich passen die Bild- und die Wortmarke optisch nicht zusammen. Wie man anhand von Einkerbungen “Technikaffinität” erkennen möchte, ist mir schleierhaft.
Wort-Bild-Marke:
Isoliert man die Wortmarke, wirkt die Bildmarke wie ein Fremdkörper. Sie hat für mich keinen Wiedererkennungswert; sie wirkt “mal schnell” zusammengeschustert. Betrachtet man die Negativ- und S/W-Version im “Brandguide” von Bechtle, verschlimmert sich der Gesamteindruck.
In der Wortmarke soll das Parallelogramm im Buchstaben “t” wiederum was transportieren? Wiedererkennungswert? Identität?
Typografie:
Dann bekommt die Wortmarke trotz “Bechtle Pro” eine Individualität verpasst. Warum? Was ist der Sinn dahinter?
Zitat:
“Die Wortmarke Bechtle ist einzigartig. Sie darf nicht durch die Bechtle Hausschrift nachgesetzt werden, da sich die einzelnen Buchstaben der Wortmarke in ihren Details deutlich von den Buchstaben der Hausschrift unterscheiden.”
Die Hausschrift ist dann wohl auch so “einzigartig”, dass man dort mit vielen Einkerbungen arbeiten möchte / muss, um “Technikaffinität” zu vermitteln? Da wirkt die Ersatzschrift “Segoe UI” aus “Kompatbilitätsgründen” schon eher “harmonisch”.
Farbgestaltung:
Bei der Interpretation der beiden Grüntöne musste ich etwas schmunzeln: Das dunkle Grün (“Experience Green”) für “Erfahrung” und das hellere Grün (“Progressive Green”) für “Progressivität”. Das toppt man dann noch mit einem “Zukunftsgrün” alias “Future Green”. Die Farbverläufe wirken in einzelnen Gestaltungselementen fremd.
Hashtag:
“Das Markenfundament ist die Grundlage für das unverwechselbare Bild, das man sich von Bechtle macht. Es besteht aus dem Kern, der das Wesen der Marke auf den kürzesten Nenner bringt: zukunftsstark.
Und aus drei Attributen, die den Kern ergänzen und komplettieren, die ihn vorstellbar und erlebbar machen: erfahren, verbunden, unternehmerisch.”
Was bitte ist “zukunftsstark”? Gibt es dann auch “zukunftsschwach”? Ist das eine Anspielung auf die Börsennotierung? Bechtle ist ein umsatzgetriebenes IT-Systemhaus. Wenn der Fokus vor allem dem Aktienkurs gilt, dann kann ich meiner Meinung nach nicht von “unternehmerischem Handeln” sprechen, denn die Renditen müssen erstmal erwirtschaftet werden.
Mein persönliches Fazit:
Das neue Design wirkt für mich alles andere als stimmig, in Verbindung mit der Wort-Bild-Marke schon eher einer Unwucht (irgendwie rund, aber mit Einschnitten und Höhen und Tiefen) gleichend. Man möchte “Erfahrung” (konservativ) mit “Progressivität” und “Zukunft” kombinieren. Liegt das Konservative nicht genau darin, dass Bewährte zu erhalten? Die Widersprüche sind perfekt. Es gibt nicht nur ein externes Image, sondern auch ein internes. Beide dürften wohl kaum in Harmonie bestehen können.
Herzlichen Dank Heiko.
Ich versuche mal einige der von Dir gestellten Fragen, für die Du teils selbst die Antworten gibst, zu beantworten.
Das Spiel der Zeichen (Semiotik) funktioniert nach gewissen Mustern. Muster und Mechanismen, die in der Wahrnehmungspsychologie verankert sind. Muster wie: Warme Farbtöne (rot, orange) wirken anregend, aktivierend. Fließende Formen werden als sanft, ruhig, weiblich angesehen. Eckige Formen hingegen als sportlich, dynamisch, maskulin. Kommunikationsdesign im Kontext Branding bewegt sich immer im Spannungsfeld zwischen Originalität auf der eigenen Seite, die es zu erreichen gilt, und dem Bedienen gewisser Klischees, um Botschaften überhaupt in verständlicher Weise kommunizieren zu können. Stereotype gilt es dabei zu vermeiden. Dies ganz allgemein gesprochen.
Eckige, winkelige Formen gehören zu jenen bildhaften Klischees, mit denen beispielsweise Sportlichkeit (Adidas), Mobilität (Mitsubishi) und eben auch Technikbezug kommuniziert werden, wie etwa das Bluetooth-Symbol oder Logos von Adobe, IBM oder Asus zeigen. Auch die Asus-Wortmarke verfügt, stärker noch als die Bechtle-Wortmarke, über Einkerbungen und Einschnitte. Diese Formgebung ist ein Stilmittel, mit der sich Technikaffinität vermitteln lässt.
Richtig. Genau das ist Sinn und Zweck. Individuelle Anpassungen der Lettern sorgen für Individualität, im besten Fall für Einzigartigkeit. Sich eine neue Hausschrift zuzulegen bedeutet nicht zwingend bzw. keinesfalls, dass auch die Wortmarke in dieser gesetzt sein müsste. Vielfach unterscheiden sich diese. Aus guten Gründen! Denn ein Logo hat ganz andere Aufgaben und Funktionen als geschriebener Text. Ein Text sollte zunächst einmal gut lesbar sein. Bei einem Logo hingegen ist Prägnanz und Wiedererkennbarkeit wichtiger. Logogestaltung und Schriftgestaltung sind zwei unterschiedliche Disziplinen.
„Zukunftsstark“ verstehe ich persönlich synonym als „zukunftsfähig“. Beides gebräuchliche und verständliche Begriffe, wie ich meine.
Was die von Dir attestierten Widersprüche betrifft, so kann man, denke ich, sagen, dass es derlei Widersprüche bei jeder Marke gibt. Einerseits wollen Marken als verlässlich, bewährt, fähig und lösungsbietend angesehen werden. Gleichzeitig sollte gute Markenkommunikation stets auch in die Zukunft gerichtete Botschaften senden, um zu verhindern, dass eine Marke als zu klassisch, bieder und verstaubt angesehen wird. Dieser Herausforderung, so oder in ähnlicher Weise, begegnet man im Grunde in jedem Corporate-Design-Projekt.