Der sportliche Niedergang des englischen Fußballvereins Aston Villa FC vollzog sich seit Jahren. Wenig Fortune haben die Villans offenkundig auch beim Branding. Die Vorstellung des neuen Vereinswappens erfolgte zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt, denn schon wenige Tage später muss das Gründungsmitglied der Premier League den ersten Abstieg seit 1987 verkraften. Schon allein deshalb mag sich kaum ein Fan mit dem neuen Signet anfreunden. Dabei könnte gerade der nunmehr wieder Krallen zeigende Löwe für den notwendigen frischen Wind im Verein sorgen.
Aston Villa ist gewissermaßen das englische Hannover 96. Der Abstieg deutet sich lange an. Wochen und Monate der Veränderungen stehen nun bevor. In Birmingham (Aston ist ein Stadtteil) wird die kommende Spielzeit 2016/2017 aus mehrfacher Hinsicht ein Neuanfang sein. Erstmals seit 2007 bekommt der Traditionsverein ein neues Wappen und darüber hinaus ein, was in der Berichterstattung in diesem Zusammenhang gerne unterschlagen wird, neues Erscheinungsbild.
Die vergleichsweise dezente Modifizierung des Wappens quittiert die britische Presse mit reichlich Spott. Die SUN titelt beispielsweise: „Aston Villa set to spend mega £ 2 million on new club crest… to change just ONE word“. Was gleich doppelter Unfug ist, weil die tatsächlichen Kosten seitens des Vereins mit £ 80.000 beziffert werden und diese natürlich nicht deshalb anfallen, weil man ein Wort im Wappen entfernt hat. Boulevard-Medien sind zuweilen, und das gilt für England wie für Deutschland, soweit von Journalismus entfernt wie Aston Villa vom Gewinn der Champions League. Auf Creativereview wird das Thema gerade gerückt.
Natürlich ist der Zeitpunkt der Präsentation des überarbeiteten Wappens, vorsichtig formuliert, ungünstig. Wichtig hierbei zu wissen: den Auftrag zum Redesign des Erscheinungsbildes des Vereins erfolgte bereits vor gut einem Jahr. Dennoch wäre der Verein gut beraten gewesen, den neuen Löwen erst zu Beginn der neuen Spielzeit zu präsentieren. Abstieg … sich sammeln … neue Spieler, ggf. Trainer, Mitarbeiter verpflichten … Mannschaft formieren … sportliche Ziele formulieren …, um dann mit einem neuen visuellen Konzept den Neuanfang zu untermauern. So hätte sich die Idee des Krallen zeigenden Löwen, der Selbstbewusstsein und Angriffslust signalisiert, in einer positiven Weise entfalten können: seht her, wir sind wieder da, stärker denn je. Ein auf diese Weise präsentiertes visuelles Konzept wirkt nach Außen wie nach Innen, wo es in beiden Fällen Verbundenheit stiftet. Stattdessen jedoch muss das neue Wappen nun alles Negative auf sich laden, steht es für all die Niederlagen, die die Mannschaft in der ablaufenden Saison kassiert hat.
Das Design und die Ausarbeitung der unterschiedlichen Medien ist nämlich in der Tat stark. Die Löwenkrallen hinterlassen in Buchstaben, Ziffern und Symbolen bleibende Spuren, wo sie für Einzigartigkeit sorgen. Die vom Künstler Christopher Wormell geschaffene Löwengravur lässt in jeder Linie handwerkliche Exzellenz erkennen. Wohl dem Verein, der sich in einer solchen Detailverliebtheit seinem eigenen Wappen, seinem Erscheinungsbild und seiner Identität widmet.
Für das Rebranding verantwortlich zeichnet die Agentur SomeOne. Im Sommer dieses Jahres soll die Vereins-Website avfc.co.uk relauncht werden. Zu diesem Zeitpunkt erfolgt dann auch die Implementierung des neuen Wappens. Zumindest hier stimmt das Timing. Für die Verantwortlichen bei Aston Villa beginnt in Bezug auf das Entstehen einer neuen Identität erst jetzt die Arbeit, wie auch die Agentur betont:
As part of the wider branding exercise and roll out, it’s now up to Aston Villa how and where they implement the new badge around the Club – certainly not with the large mosaic outside Villa Park itself. This in part, is the benefit of building a wider brand world, as well as retaining the badge shape.
Mediengalerie
Weiterführende Links
Für mich etwas unverständlich: Wozu wurde der Aufwand mit dem – wirklich sehr gelungenen! – Holzschnitt-Löwen betrieben, wenn das Wappentier im neuen AVFC-Badge doch nur wieder eindimensional (flächig gelb) verwendet wird?
Wenn man einen Blick auf die Anwendungsbeispiele wirft, fällt auf, dass beide Versionen sehr variabel zum Einsatz kommen “” übrigens ist sogar im gestickten Badge die detaillierte Version erkennbar:
Zum Design an sich: Die aggressivere Löwenform ist gut gelungen. Für mein Empfinden hätte es um den Löwen herum ruhig etwas mehr Luft vertragen. Ansonsten gefällt gerade der vielfältige Einsatz, der es sogar schafft, der in meinen Augen etwas kruden Farbigkeit eine hochwertige Anmutung zu verleihen.
So hätte Peugeot auch werden können.
Der Löwe wirkt in Schwarzweiß sehr anmutig, die Farbdarstellung reicht da bei weitem nicht ran.
[…] SomeOne (London). SomeOne zeichnet unter anderem auch für das Redesign der Vereinswappen von Aston Villa, Tottenham Hotspur, Manchester City und Wolverhampton Wanderers […]