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Anti-Schuppen-Anti-Werbung

Shampoo-Werbung, eine haarige Angelegenheit. Wenn das so weiter geht, fallen mir irgendwann die Haare aus. Das hat weniger mit meinem Alter und Gesundheitszustand zu tun, denn mit der Haarshampoo-Werbung der Marke Alpecin, die Dr. Kurt Wolff immer wieder auf die Konsumenten loslässt. Sie ist zum Haare raufen. Und das sage ich als jemand, der selbst Alpecin-Produkte gekauft hat, durchaus regelmäßig jedoch ohne Haarprobleme zu haben, wie ich nicht ganz uneitel ergänzen darf.

Das Aktiv-Shampoo A1 stand jahrelang auf meinem Einkaufszettel trotz Fernseh- und Print-Werbung. Ob kurioser “Glatzen-Rechner”, rumpligen Claims (Doping für die Haare), oder doppeldeutigen Aussagen wie “Stress und Leistungsdruck kosten einen Mann viel Energie. Auch sein Haarwachstum erschlafft”, die Peinlichkeiten wollen bei der Shampoo-Marke aus Bielefeld einfach kein Ende nehmen.

Was zählt, ist das Produkt, oder?

Bei keinem anderen Produkt wurde meine Markentreue dermaßen auf die Probe gestellt. Jeder neue TV-Spot warf die gleichen Fragen auf: Kann ich mich mit der Marke und die Art und Weise wie sie beworben wird identifizieren? Fühle ich mich als Zielgruppe angesprochen? Entspricht die Art der Werbung, die banal und oberflächlich aber vor allem peinlicher nicht sein könnte, meinem Gefühl von Qualität? Erscheint die Marke sympatisch? Bei jeder Konfrontation mit einer Anzeige oder einem TV-Spot lautete die Antwort natürlich stets: „Nein“. Aber immer wieder sagte ich mir: „Was solls. Das eigentliche Produkt um das es schließlich geht ist gut, außerdem mag ich den Duft.“ Das mag banal klingen. Es gibt aber Wissenschaftler, die der Ansicht sind, wir Menschen suchten uns unsere Lebens- und Sexualpartner aufgrund olfaktorischer Eindrücke aus. Firmen wie zum Beispiel Symrise profitieren ganz erheblich davon, dass viele Kaufentscheidungen aufgrund des Eindrucks unseres Geruchssinnes getätigt werden. Hier ist also nichts an den Haaren herbeigezogen.

Grenzwertig, in jederlei Hinsicht

Aber auch das beste Produkt hat es schwer zu bestehen, wenn die dahinter stehende Marke immer und immer wieder stümperhaft beworben und kommuniziert wird. Warum gelingt es den Werbern und Markenberatern, zu denen auch Brandmeyer zählt, nicht ein gutes Produkt schlicht und ergreifend auch gut zu bewerben? Eine bessere Ausgangssituation gibt es doch eigentlich nicht. Zugegeben, auch die Verpackung ist zwar schön gestaltet hat aber technische Defizite. Wenn man die Produktflasche zu stark in der Mitte drückt kommt es zu einer “Verbeulung”. Die Flasche wirkt dann wie implodiert und lässt sich nicht(!) mehr zurückformen. Auf Nachfrage beim Unternehmen erklärte man mir, man sei bereits an die Grenzen der Produktion gekommen. Eine Verbesserung sei nicht zu erwarten.

Tschüss Lieblings-Shampoo

Wie heißt es so schön: Der Krug geht solange zum Brunnen, bis er bricht. Die “Kopfhaut-Feuerwehr” ist eine Peinlichkeit zu viel. Ich meine, nicht nur schlechte Produkte sollten an der Kasse abgestraft werden, sondern auch Produkte, die miserabel beworben werden. Das soll bitte nicht als Boykottaufruf verstanden werden. Es ist keinesfalls meine Absicht jemandem das Haar zu krümmen. Ich möchte lediglich meine Haltung, insbesondere als Verbraucher kundtun. Ich werde mir jetzt ein neues Lieblings-Shampoo suchen müssen. Bin dankbar für jeden Verbrauchertipp.

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Dieser Beitrag hat 55 Kommentare

  1. den einwand an das produktdesign sowie die reaktion darauf finde ich am besten. » … man sei bereits an die Grenzen der Produktion gekommen …« kann doch keine ernsthafte antwort auf eine kundeanfrage sein oder? das design der alpecinflasche ist wirklich verbesserungswürdig. die zerbeulte flasche sieht für die dauer ihres duschlebens nicht angenehm aus und schränkt darüber hinaus die standfestigkeit auf der seifenablage enorm ein. desweiteren reicht der betont medizinische effekt von alpecin leider nicht an ein wirklich medizinisches produkt heran. über duft lässt sich denk ich nicht streiten, aber wer wirklich probleme mit haaren und kopfhaut hat, greift meiner erfahrung nach nicht überzeugt regelmäßig zu diesem produkt. vielleicht wäre bei einer besseren werbung die enttäuschung an das produkt noch größer … und vielleicht wissen das die werber auch?

    ich finde es übrigens richtig interessant sich ein wenig ins alltagsdesign zu begeben. alpecin ist doch dafür ein sehr geeignetes produkt um schwachstellen im print- und produktdesign zu beleuchten. freu mich schon auf das nächste beispiel …

  2. Die Werbung und auch die Produktverpackung sind im Fall von Alpecin meines Wissens sehr bewusst gewählt. Selbst das dort ästhetische Regeln gebrochen oder professionelle Werberstandards unterlaufen werden, gehört wahrscheinlich zum Konzept. Das Ergebnis ist hervorragend: Alpecin ist eines der profiliertesten Männer-Shampoos im Markt.

    Ich glaube gerade weil sie aussehen wie Pillendosen und Autopolitur und auch so werben.

    In diesem Sinn: Gestaltung ist hier Mittel zum Zweck. Wer meint es würde nur ums hübsch machen gehen hat etwas wesentliches nicht verstanden.

  3. ich seh das problem darin, dass produkt- und werbesemantik auseinanderklaffen. die verpackung kann man mit medizin und motorsport assoziieren, somit strahlt sie effektivität, leistung und männlichkeit aus. die werbung ist in der tonalität hingegen sehr klamaukig und mag mit dem glatzenrechner recht aufmerksamkeitsstark sein, bricht aber mit der seriösität der produktsprache.

    wozu gibt es markenberatungen wie den herrn brandmeyer, wenn die nicht in der lage sind, diese semantische ebene zu korrigieren. ich stell mal die these auf, dass brandingagenturen nicht nur mit wirtschaftswissenschaftlern funktionieren können :>

  4. @till:
    “ich stell mal die these auf, dass brandingagenturen nicht nur mit wirtschaftswissenschaftlern funktionieren können”

    …das wäre grausam. Bebrillte Büroklammern und Marktforschungsapologeten sind der Tod kreativer Ideen.

    Aber sag mal: Die Werbung von Autopolitur hab ich jetzt auch nicht als die genialsten kreativen Ergüsse in Erinnerung. Die sind genauso plakativ, direkt und tumb wie die Werbung von Alpecin. Genau darauf zielt Alpecin ja auch ab. Es muss gar nicht akademischer werden als pseudo-wissenschaftliche Belege wie der Glatzenrechner. Und es muss schön technisch-handwerklich daherkommen. Sprödes, schlaffes Haar = Coffein Shampoo ist die Lösung, brennende Kopfhaut = die löscht die Feuerwehr. Das funktioniert hervorragend, gerade weil es diese Tonalität hat und gestaltet ist wie Autopolitur.

  5. nichts gegen alternatives oder augenzwinkerndes produkt- oder verpackungsdesign, ganz im gegenteil.

    aber das umfeld muss passen. das hier passt nicht, das wirkt nicht gewollt und witzig, das wirkt unüberlegt und ahnungslos.

    “ah, für was brauchen wir eine agentur?! das können wir doch selber! DIE KOPFHAUTFEUERWEHR! das hat pepp! das ist gut, das verstehen die leute, das mögen sie, das suchen sie!”

    uäh …

  6. lvg: prinzipiell ist deine argumentation richtig. ich denke, die positionierung darf auch nicht allzu intellektuell sein, aber möchte man sich selbst trotz “als mann find ich dicke maschinen geil”-einstellung direkt komplett in die prollecke einsortieren? die gestaltung mit den brennenden haaren ist jedenfalls schon ziemlich billo. genauso doping für die haare: klar möchte man die wunderwirkung des dopings spüren, aber im sport sind die gedopten letztendlich die loser (siehe jan ullrich). das hätte man besser formulieren können.

    das wäre ja gerade das interessante: die verpackung benutzt eine kraftbetonende sprache, die textliche argumentation wäre aber intelligenter (der copytext macht das in der feuerwehranzeige ja auch). da wäre die schnittmenge der angesprochenen leute bestimmt größer, als wenn man sich nur als shampoo für automechaniker positionieren würde :D

  7. >> Bin dankbar für jeden Verbrauchertipp.

    Bin eigentlich mit “Ketozolin” ganz zufrieden, gibt es allerdings nur in der Apotheke und ist tatsächlich auch nicht für den alltäglichen Gebrauch bestimmt (nur 1-mal die Woche vorbeugend gegen Schuppen). Unter den Normal-Shampoos ist mein bisheriger Favorit eindeutig “Fructis”, duftet so schön :-)

  8. @Georg

    ich keine eine ganze Reihe Leute, die z.B. bewußt keine Saitenbacher-Produkte kaufen, weil die Werbung dafür so unterirdisch und nervtötend ist. Zumindest bei diesem Produkt funktioniert aus meiner Sicht die Negativ-Werbung nicht.

  9. @ Andre:
    Wenn man das Produkt vorher noch nie genutzt hat, ist es noch einigermaßen verständlich, da man dann schon eher von der Werbung/Verpackung/usw. beeinflusst wird.

    Aber Achim hatte das Produkt ja schon vorher (trotz nicht so gelungener Werbung) genutzt und war damit zufrieden.
    Nur weil die “Kopfhautfeuerwehr” das Fass nun zum überlaufen gebracht hat auf das Produkt zu verzichten und evtl. ein schlechteres Produkt zu nehmen?

  10. @till

    Niemand macht sich eine Markenwelt voll und ganz zu eigen nur weil er ein Produkt von ihr kauft. Man will ja nur ein bisschen von der Markenwelt haben, ganz ohne die negativen Dinge. Bei Alpecin will ich die kraftstrotzende Wunderformel für Proleten, bei Marloboro will ich die Freiheit eines Cowboys. Deswegen kleidet sich aber niemand wie ein Cowboy oder dummschwätzt wie ein Automechaniker.

    Ergo: Genau die Überzeichnung dieser Lebenswelten in ihren jeweiligen Auftritten sind es, welche die genannten Marken am Markt so trennscharf profilieren. Das weichzuspülen weil man sich individuell nicht in Gänze damit identifizierenn kann wäre fatal.

Kommentare sind geschlossen.

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