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Alltäglichkeit ist die neue Vielfalt – aus Fachhochschule Köln wurde Technische Hochschule Köln

Seit dem 01. September firmiert die Fachhochschule Köln unter dem Namen „Technische Hochschule Köln“. Der Name soll in Verbindung mit dem neuen Corporate Design das neue Selbstverständnis der Hochschule widerspiegeln. Als Ergebnis eines langen Entwicklungsprozesses steht im Zentrum des Designs die in der Schrift Myriad gesetzte Wortmarke „Technology, Arts and Sciences, TH Köln“. Name und Wortmarke finden bislang wenig Anklang im Umfeld der Hochschuleinrichtung.

Beschlossen wurde die Umbenennung der Hochschule bereits im Herbst letzten Jahres. Der nun vollzogene Schritt markiere ein neues Kapitel in der Geschichte der Hochschule. Zum Start der neuen Identität wurde der Webauftritt relauncht. Weitere Anwendungen befänden sich, so wurde mir auf Anfrage von Seiten der Pressestelle mitgeteilt, derzeit noch in der Entwicklung, weshalb kein Anwendungsbeispiele gezeigt werden könnten.

Auf der Facebook-Fanpage der TH Köln werden sowohl der Name wie auch die Logogestaltung meist negativ bewertet. Der Name passe nicht zur Hochschule, das Logo schaue billig aus, und das sind noch die freundlichsten Stimmen. In der Tat erscheint der Schirm „Technische“ für Studiengänge beispielsweise in den Bereichen Pädagogik, Sprachen oder Sozialwissenschaften, wie sie die TH Köln anbietet, fragwürdig, zumal diese auch in der Wortmarke keinerlei Berücksichtigung finden.

Die Kritik ist wohl nicht neu, denn in der offiziellen Pressemeldung stellt Vizepräsident Prof. Dr. Klaus Becker klar: „Der Name ’Technische Hochschule’ bedeutet keine Verengung auf Leistungen im ingenieur- und naturwissenschaftlichen Bereich. Unser Verständnis von Technik umfasst Dinge, Verfahren, Kunstfertigkeiten, soziale und kulturelle Praktiken. ‚Technik’ steht also für eine gesellschaftliche Kraft, die Menschen befähigt, bessere Zustände für ihr Umfeld zu erreichen und unerwünschte zu vermeiden“. Nun gut. Alles eine Frage der Definition/Interpretation also?

„Namen sind Schall und Rauch“

„Namen sind Schall und Rauch“ , davon ist beispielsweise Prof. Dr. Hartmut Ihne überzeugt, Präsident der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg. Die Hochschule Bonn-Rhein-Sieg hatte, wie auch viele andere Fachhochschulen, vor einiger Zeit ebenfalls ihren Namen geändert. Das gute Image hänge nicht vom Namen ab, sondern von der Qualität der Lehre, so Ihne gegenüber der Süddeutschen. Meist versprechen sich Hochschulen vom klangvolleren Namen „Hochschule“ bessere Chancen im internationalen Wettbewerb. Kritiker bemängeln allerdings, es werde zuweilen auf diese Weise Etikettenschwindel und die Verwässerung des eigenen Hochschulprofils betrieben.

Zur Gestaltung: Da bis dato keine weiteren Anwendungsbeispiele veröffentlicht wurden, ist es noch ein bisschen früh, über das Corporate Design in Gänze zu urteilen. Aber bereits jetzt ist sichtbar: nicht nur im Silicon Valley frönt man dem Trend in Richtung Vereinfachung, auch in der Kölner Bucht scheint man verstärkt auf vergleichsweise generisch wirkende Wortmarken als Logo zu setzen. Ebay, Yahoo!, Microsoft, Facebook und zuletzt Google dienen gewissermaßen als Vorbild, als schlechtes, wie ich meine.

Denn natürlich macht es einen Unterschied, ob der Absender solch eines Logos ein weltweit agierendes Dotcom-Unternehmen ist, das über eine Reichweite von mehreren Hundert Millionen Usern verfügt und somit einen entsprechend hohen Bekanntheitsgrad aufweist oder eine Hochschuleinrichtung, dessen Ziel lauten muss, im Wettbewerb mit anderen Hochschulen heraus zu ragen, aufzufallen, auch dank einprägsamen Erscheinungsbildes.

ja nicht anecken, nicht auffallen, nicht in Erinnerung bleiben

Als ich vor einiger Zeit im Rahmen des Artikels „Vereinfachung versus Beliebigkeit“ zahlreiche Wortmarken in der Myriad gesetzt hatte, die neben beispielsweise der Helvetica einer der am meist verbreiteten Schriften überhaupt ist, tat ich dies, um auf den damit einhergehenden Verlust visueller Identität aufmerksam zu machen. An die Stelle originärer Wortmarken rücken seit geraumer Zeit zunehmend Schriftzüge, die den Eindruck vermitteln, als wollten sie ja nicht anecken, nicht auffallen, nicht in Erinnerung bleiben.

Auch die TH Köln verfügt nun über eine in der Myriad gesetzten Wortmarke, die wie ein Schriftzug innerhalb eines Leitsystems am Flughafen ausschaut. Die Myriad, das muss man wissen, basiert zum Großteil auf der Frutiger, die Adrian Frutiger 1969 tatsächlich für das Leitsystem am Pariser Flughafen Charles de Gaulle entwickelt hatte. Die Frutiger ist auf Lesbarkeit getrimmt. Sie ist gewissermaßen das Maximum an typographischer Neutralität. In ihr gesetzte Wörter lassen sich selbst bei widrigen Lichtverhältnissen leicht und schnell erfassen. Genau das war das Ziel, das sich Frutiger seinerzeit gesetzt hatte. Aspekte wie Memorierbarkeit, Einzigartigkeit und Wiedererkennbarkeit, wie sie im Rahmen von Corporate Design von großer Bedeutung sind, spielten hierbei keine Rolle. Gleiches lässt sich auch über die Myriad sagen.

Bei der TH Köln unternimmt man nun den Versuch, Identität auf Basis einer Schrift zu entwickeln, die von Hause aus mit Identität nichts zu tun hat. Das ist, um es mal bildhaft vor Augen zu führen, als wolle man mit Handschuhen bekleidet eine Orange schälen: man gelangt nicht ins Innere, sondern kratzt nur an der Oberfläche. Um den Kern und das Wesen, die individuelle Identität zu erreichen, bedarf es jedoch anderer Werkzeuge und Hilfsmittel.

Typisch Düsseldorf-Kölner Gegensätze

Das Erscheinungsbild einer Hochschule, eines Unternehmens oder einer Marke besteht freilich aus weit mehr als nur aus einem Logo. Wenn schon das Logo nichtssagend zumindest aber unauffällig ist, dann sollten umso mehr Farbgebung, der weitere Umgang mit Gestaltung, Typographie, Rastern und Bildsprache einprägsam sein. Der jüngst relaunchte Webauftritt der TH Köln, in dem die Myriad als Webfont zum Einsatz kommt, ist solide. Von der Extravaganz etwa der Hochschule Düsseldorf, die für das Anfang Mai vollzogene Redesign zum Teil harsch kritisiert wurde, ist man weit entfernt. Typisch Düsseldorf-Kölner Gegensätze, könnte man sagen.

Lediglich die Farbgebung, bestehend aus Rot, Orange, Violett und Schwarz, die um einiges frischer wirkt als das bisherige vergleichsweise triste Blau-Grau, erzeugt eine gewisse Eigenständigkeit. Man kann nun entweder eine stärkere Eigenständigkeit und Wiedererkennbarkeit vermissen oder aber Gefallen an der Neutralität der Gestaltung finden. Ein wie auch immer definierter „besonderer Anspruch“ vermittelt das Design meines Erachtens jedenfalls nicht. Wo früher ein Punktesignet stand, das die Vielfalt des Lehrangebotes symbolisierte, steht nun eine Wortmarke, die über die Typographie Alltäglichkeit/Eintönigkeit vermittelt.

Gestaltet wurde das Corporate Design der TH von den Studierenden Marius Barzynski, Anna Fitz und Benedikt Schmitz unter der Leitung von Prof. Andreas Wrede von der Köln International School of Design der TH Köln.

Noch der Hinweis: Nach wie vor kommt als Favicon das alte Punktelogo zum Einsatz. Ich bin offen gesagt gespannt, wie sich der komplexe Schriftzug auf diese Größe reduziert als Favicon macht.

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Dieser Beitrag hat 19 Kommentare

  1. Also, mich würde ja jetzt nach vier Monaten mal deine Meinung interessieren, lieber Achim. Der neue Webshop bspw. ist zwar immer noch nicht aktiviert (voraussichtlich im Februar erst), aber die Webseite ist ja weitgehend umgestellt. Und das Favicon ist ja inzwischen auch aktiv. (Puh!)
    Und: Gab es internationale Reaktionen und wie sahen die aus?

    Ich selber bin mir noch unschlüssig. Die Worte “Technology Arts Sciences”, die ja den Hauptteil des “Logos” (ob die TH DAS meint, wenn sie in ihrer Grundordnung von Siegel spricht?) ausmachen, wirken an sich zwar eher wie ein Claim, der ja für gewöhnlich unterhalb der Hauptmarke und auch in verkleinerter Form auftritt, aber als eine Art Versprechen gefällt mir das nicht so schlecht. Inzwischen. Zudem finde ich, anders als Du, die Sozial-, Kommunikations- und ähnliche Wissenschaften durch das Wort Sciences vertreten. Man hätte das ganze aber bspw. etwas, nun ja, künstlerischer und auch wertschätzender gestalten/aufbauen können: “Technology. Science. Art.” Zudem könnte man die Farbwahl hinterfragen. Und wenn man die drei Worte schon in unterschiedlichen Farben setzt, warum dann nicht untereinander? Da wirkt es wie eine Querbalkenflagge. Und kann so als Siegel dienen. Und sieht im Favicon auch noch entsprechend (ansprechend) aus.

    Ich störe mich zudem auch an dem Begriff “Technische Hochschule”. Mglw. auch eine rechtliche Frage (FH, TH, TU; Promotionsrecht). Ich verstehe den Wunsch der Leitung, finde die gegebene Definition des “Technischen” aber eher im Begriff “Polytechnisch” wieder. Aber auch das ist eine andere Diskussion.

    Und zu dem vorherigen Punktesignet-Logo kann ich “Index Logo, 2. Auflage” von Claudia Herling (née Leu) –studierte selbst an der KISD– Seite 324 f. empfehlen.

    Grüße aus Köln
    Rapha
    (Habe selber kurze Zeit an der FH/TH studiert und werde demnächst mglw. dort arbeiten.)

    1. Und: Gab es internationale Reaktionen und wie sahen die aus?

      Uuuh … das vermag ich nicht zu sagen. Das Kollegium vor Ort, die Studierenden oder auch die Asta wissen diesbezüglich sicherlich mehr zu berichten.

      1. Okay, dachte du hättest da vlt. zufällig so ‘ne Art Radar (also allgemein). Aber danke für deine Antwort. :)

        Was sagst du denn zur Begründung der Farben? Ist das auch Deine Erfahrung, dass die Farben in der genannten Weise konnotiert sind? (Mal abgesehen davon, dass “vermittelnd” [Orange] und “fürs Geistige stehend” [Violett] auch für ein und dieselbe Farbe stehen könnte.)

    1. Ich bin das Wagnis eingegangen: bieder, ja. Lachhaft? Eher nicht. Ich denke, es könnte sich ganz gut verkaufen, das ist keine Nebensache.

      Vielleicht wird die Kollektion auch zukünftig erweitert und es gefällt auch hipstern, Rockern und hip-hoppern … ? ! ? …

Kommentare sind geschlossen.

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