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Affinity Designer – ein neues Vektorprogramm für den Mac

Affinity Designer App-Symbol

Seit Anfang Oktober gibt es Affinity Designer, ein Vektorprogramm, das – man höre und staune – speziell für den Mac entwickelt wurde. Eine solche Exklusivität erinnert an vergangene Tage, in denen Designer und Grafiker mit Aldus Freehand arbeiteten, das ebenfalls zunächst ausschließlich für die Mac-Plattform entwickelt worden ist. Ich hab mir das Programm, das als Alternative zu Adobe Illustrator positioniert wird, einmal etwas genauer angeschaut.

Während Designer und Grafiker weiterhin mehrheitlich den Mac als Arbeitsinstrument einsetzen, arbeitet mit Freehand fast keiner mehr (siehe Studie). Die Entscheidung, Freehand einzustellen, sorgte in großen Teilen der Kreativszene für Unverständnis und begründet das Misstrauen, das dem Monopolisten Adobe seitdem von vielen Kreativen entgegengebracht wird, so zumindest mein Eindruck. Die Befreiung von Freehand misslang. Eine echte Alternative zu Adobe Illustrator, dem seit langem leistungsfähigsten Vektorprogramm fehlt seitdem.

Die Software-Firma Serif, ansässig im britischen Nottingham und seit 1987 aktiv, macht sich nun auf, an der Quasi-Monopolstellung von Adobe zu rütteln. Affinity Designer (nachfolgend nur noch „AD“ genannt) ist das erste Produkt einer Suite, zu der später einmal Affinity Photo – (Bildbearbeitung) sowie Affinity Publisher (Layout) zählen sollen. Während AD nun veröffentlicht wurde, ist die Einführung der beiden anderen Programme für 2015 geplant.

Affinity Designer User Interface

Im App-Store war AD in vielen Ländern, darunter in Deutschland, den USA, Kanada, Frankreich und den Niederlanden, auch noch 10 Tage nach Veröffentlichung die meistverkaufte Software. Das Prädikat „Editors’ Choice“ dürfte diesen Verkaufserfolg beflügelt haben. Im eigenen Forum laufen tagtäglich zahlreiche Fragen zum Produkt an, was das große Interesse an AD zusätzlich belegt. Noch mehr Zuspruch findet derzeit der Thread mit Funktionserweiterungswünschen, was wiederum nicht unbedingt ein gutes Zeichen ist. Ein Eindruck, der sich beim Arbeiten mit AD bestätigt. Dazu gleich mehr.

Grundsätzlich macht AD für eine 1.0-Version eine gute Figur. Das Programm läuft stabil und vergleichsweise schnell. Das aufgeräumte Interface entspricht den hohen Erwartungen, die man an eine Software knüpft, die „High-end-Creatives“ adressiert. Im Verbund mit dem „Drumherum“ aus Produkt-Website, Support und Branding kann Affinity Designer bereits zu diesem frühen Zeitpunkt überzeugen, wenn auch mit Einschränkungen. Für 44,99 € wird AD derzeit in englischer Sprache im App-Store angeboten. Ein Mac mit mindestens Mac OS 10.7 wird vorausgesetzt. Hier die Detailinfos zu den Systemanforderungen.

Wer mit Adobe-Produkten arbeitet, braucht nicht lange, um auch mit AD klar zu kommen, auch dank ähnlicher Werkzeug- und Bedienelement-Symbolik. Erstgenannte sind in AD, im Gegensatz zu Illustrator, farbig und etwas verspielter. Transparenzen lassen sich beispielsweise mittels eines Sektglas-Symbols einrichten. Insgesamt jedoch eine vertraute Umgebung.

AD kennt zur Zeit nur EINE Zeichenfläche – weitere lassen sich momentan noch nicht anlegen. Mir klingen noch die Diskussionen in den Ohren, als Illustrator seinerzeit mit dem gleichen Defizit an den Start ging. Für Einige war dies Grund, erst gar nicht von Freehand auf Illustrator zu wechseln. Insofern dürfte für viele Kreative das Arbeiten in einem einseitigen Dokument einem „No-go“ gleichkommen. Sofern Serif mit AD langfristig erfolgreich sein möchte, sollte es diese Funktionalität schnellstens nachrüsten, am besten gleich im ersten Update.

Effekte basieren in der Regel auf unterschiedliche Darstellungen von Verläufen (Schatten, Kontur, Plastizität). Kunst-, Mal- oder Zeichenfilter, wie man sie aus Illustrator kennt, gibt es keine. Ein Set aus unterschiedlichen Pinselspitzen steht zwar zur Verfügung, die Möglichkeiten eigene, individuelle Pinsel anzulegen, sind allerdings limitiert. Bibliotheken, aus denen man auswählen kann, stehen zu diesem Zeitpunkt ebenfalls nicht zur Verfügung. Wer einmal mit Freehand gearbeitet hat, dem wird „Paste Inside“ sehr vertraut sein. Mit dieser Funktion lässt sich auch in AD ein Objekt, beispielsweise ein Foto, in eine andere Form, die somit als Maske fungiert, einfügen.

An die Funktionalität von Illustrator kommt Affinity Designer nicht ansatzweise heran. Standardfunktionen wie die Ausrichtung von Objekten und Text an Pfaden, sind derzeit nicht vorhanden. Ebenso lassen sich Objekte nicht, wie man es aus Illustrator und früher von Freehand kannte, angleichen. Die „feature roadmap“, sie ist lang. Und so dürfte es noch die ein oder andere Release-Stufe dauern, bis aus einem vielversprechenden Vektorprogramm ein leistungsstarkes Produkt wird.

Affinity Designer User Interface

Affinity Designer User Interface

https://vimeo.com/macaffinity/affinitydesigneroverview

Dieser Beitrag hat 51 Kommentare

  1. Danke für den Tip, das werde ich mir mal ansehen.
    Mit Freehand zu arbeiten hat mir früher immer unglaublich viel Spaß gemacht, gerade weil es eben für den Mac konzipiert war. Inzwischen habe ich mich aber an Illustrator gewöhnt, ging ja aufgrund mangelnder Alternativen auch nicht anders ;-)

  2. Ich habe den Verlust von FreeHand niemals richtig überwunden – bis vor kurzem hatte ich sogar noch eine VM mit Snow Leopard Server und einer FeeHand MX-Installation laufen. Seit dem letzten Update auf die neue PARALLELS-Version funktioniert das aber nicht mehr und ich habe mich schon oft mit dem Gedanken getragen, AFFINITY DESIGNER mal auszuprobieren.

    Es entsteht auch noch eine weitere Alternative aus dem alten FREEFREEHAND.ORG-Umfeld. Unter https://gravit.io kann man sich z. Zt. eine Beta-Version als Standalone- oder Browser-Version zum Ausprobieren ansehen. Ein echter Ersatz ist aber auch das noch nicht. Also werde ich weiter versuchen, meine täglichen gestalterischen Herausforderungen mit InDesign und Illustrator zu bewältigen, auch wenn ich AI immer noch nicht wirklich verstanden habe. Obwohl ich diverse Tutorials und Online-Seminare absolviert habe, ist der Workflow für mich nach wie vor nicht plausibel.

    Ich kann mich noch gut erinnern, wie sehr ich damals begeistert und mit wehenden Fahnen das QUARK-XPress-Lager verlassen habe, weil Adobe vieles richtig gemacht hatte und QUARK seine Nutzer einfach nicht mehr ernstgenommen hatte. Nun bewegt sich der Quasi-Monopolist ADOBE auf dem gleichen dünnen Eis und ich hoffe inständig, dass dieses Eis nach und nach weniger trägt und sich ernstzunehmende Alternativen auftun – die Hoffnung stirbt zuletzt.

    1. Gravit ist, vom Look & Feel, eher als eine Alternative für Fireworks gedacht. Darauf bin ich auch sehr gespannt, weil es bis jetzt viel flüssiger läuft als Fireworks bei mir auf dem Mac.

      Von daher würde ich nicht versuchen, Affiny Designer und Gravit miteinander zu vergleichen. Beide Programme könnten (hoffentlich) eine Alternative zu den Produkten von Adobe bilden. Muss man aber abwarten.

      1. Hey Arne, hey Kadir,

        wir haben gestern die 3. Version von Gravit gelauncht. Schaut doch wieder vorbei und lasst und wissen, was ihr denkt zu der neuen Version.

        Viele Grüße,
        Eva

  3. Affinity Designer hat im App-Store enorm gute Bewertungen bekommen, aufgrund derer ich mir das Programm vor ca. zwei Wochen gekauft habe. Als alter FreeHand-User und gezwungenermaßen Illustrator-Benutzer, bin ich seit langem auf der Suche nach einer professionellen Alternative. Und ich muss sagen, dieses Programm hat das Potenzial, ein ernsthafter Konkurrent zu werden. Logischerweise ist in der Version 1.1 noch manches nicht ausgereift und einiges fehlt. Aber man spürt sowohl die erfrischend kluge Denke, die hinter vielen Funktionen steckt (zum Beispiel im Umgang mit Pfaden, Ebenen und Schnittmasken), als auch die Freude der Entwickler am Dialog mit ihrer Kundschaft im Online-Forum. PlugIn-Entwickler wie Astute zeigen ja bereits jetzt, wie pfiffig mit Vektor-Funktionalitäten umgegangen werden kann und Affinity Designer baut dieses zu einer Komplettlösung aus, die später auch um eine PhotoShop- und InDesign-Alternative erweitert werden soll. Dazu kommt der wirklich günstige Preis (ohne Abo-Zwang!). Ich bin sehr froh, dass es am “ich-wünsche-mir-mein-altes-FreeHand-zurück-Himmel” endlich einen Silberstreif gibt!

  4. Ich sehe mir das auch gerade an. Mein Blickwinkel ist dabei Print-orientiert. Da gibt es ebenfalls noch etliche Patzer: CMYK-Dateien verhalten sich beim Import in Illustrator merkwürdig. Transparenzen sind ein Problem. Sonderfarben kennt AD nicht. Dokumentabmessungen ändern sich plötzlich. Nur in der aktuellen Betaversion sind 5cm auch 5cm und nicht 4,2 …

    Dennoch gefällt mir die Pfadbearbeitung deutlich besser als die von Illustrator. Und es gibt ein Forum, bei dem man den Eindruck hat, dass ein Austausch mit den Entwicklern möglich und erwünscht ist. :-)

    Ach ja; und AD soll Freehand importieren können. Das geht auch; aber in meinen Dateien fliegen etwa 2/3 der Elemente komplett weg. Ist also unbrauchbar.

    1. Hi Jason,
      Freehand-Dateien will AD erst gar nicht erkennen ?! Wie bekommst Du die auf ?
      (muss dazu sagen: hab’s nur kurz versucht)

  5. Ich bin immer noch bei 10.6.8 – wegen Freehand, das bei mir immer noch Programm N°1 ist.
    Mit Illustrator werde ich einfach nicht warm. Freehand flutscht einfach, wahrscheinlich weil ich das seit 20 Jahren benutze ;o)

  6. Ich bin auch immer noch bei 10.6.8 – wegen CS 2, die mit Tante Rosetta immer noch läuft. Ich mag kein Abo in der Wolke. Deshalb wäre eine Alternative hier auf Erden durchaus willkommen.

  7. Wie der Vergleich von AD zu Gravit (https://gravit.io/) ausfallen würde, fänd ich interessant. Das Tool ist ja schon länger am Markt und auf Mac/PC/Linux/Browser lauffähig. Find ich auch sehr spannend!

  8. Mein erster Eindruck ist extrem positiv. Man darf nicht vergessen, wir sehen hier die minimale Version, die die Entwickler als reif zur Veröffentlichung und zum praktischen Einsatz ansahen. Die Feature-Roadmap belegt, dass so ziemlich alle für den professionellen Einsatz essenziellen Dinge auch wirklich für die nahe Zukunft geplant sind und der Hersteller in der Tat weiß, worauf es ankommt und gleichzeitig noch auf Kunden-Feedback hört.

    Dazu kommt, dass einige der Funktionen, die bereits da sind, sehr schön umgesetzt wurden und einfach Spaß machen. Die Vorschau eingebetteter Dokumente wird in Echtzeit im umschließenden Dokument aktualisiert, Pathfinder-Operationen können nichtdestruktiv angewendet werden (Alt-Klick auf die Symbole), Maskierungen mit der Ebenenpalette sind fantastisch, die Integration von Vektor- und Pixelbearbeitung ist nahezu nahtlos (Fireworks-Benutzer werden hier vielleicht einen würdigen Nachfolger ihrer Software finden), das Anlegen und Exportieren von Slices für’s Web ist schön gelöst, bei Grundformen wie Sternen und Polygonen kann man nachträglich die Zahl der Ecken verändern, Rechtecke mit abgerundeten Ecken werden nicht verzerrt wenn man die Größe ändert usw., und sämtliche Live-Effekte wie Schlagschatten usw. sind wesentlich flotter als in Illustrator.

    Wenn das, was nachkommt, genauso durchdacht ist und genauso viel Spaß macht, haben wir da meiner Ansicht nach in nicht allzu ferner Zukunft ein sehr interessantes Programm, das Illustrator für viele Standardaufgaben durchaus ersetzen oder zumindest ergänzen kann. Für eine Version 1 ist das Ganze jetzt schon sehr beeindruckend – besonders wenn man das mal mit Version 1 von Illustrator vergleicht. Ich werd mir wahrscheinlich die aktuelle Fassung kaufen, schon allein um die weitere Entwicklung zu unterstützen. Für kleinere Dinge, besonders wenn es nicht um Print geht, ist die aktuelle Version schon mehr als einsatzfähig. Und die mittelfristig geplante iPad-Version dürfte noch einmal einen ordentlichen Workflow-Gewinn bringen. Im Vergleich dazu ist Adobes derzeitige Tablet-App-Strategie ein Witz.

    Die Frage ist jetzt nur, wie lange so ein kleines Team in der Praxis braucht, um die Feature Roadmap auch wirklich umzusetzen, zumal sie ja noch parallel an der angekündigten Bildbearbeitung und der Layoutsoftware arbeiten.

  9. Ich bin kein Programmierer, deswegen die Frage: Könnte man nicht sowas wie Rosetta programmieren, das auf den neuen OS läuft und damit die alten Programme lauffähig machen?

  10. @Hugo: Da sind Welten unterschied. AD, FreeHand und Illustrator sind funktionsmäßig weit überlegen und zudem native Programme, was bedeutet, dass sie deutlich schneller sind. Eine Browser-App wie Gravit in der Komplexität wie Illustrator wäre unbenutzbar langsam, speicherhungrig und wenig robust und für den professionellen Einsatz einfach nur sehr bedingt geeignet.

    @Joe: Das erfordert tiefgehende Einbettung ins OS, was unter Betriebssystemen wie Windows und Mac OS sehr schwer durch Drittherstellern zu realisieren sein dürfte weil man Komponenten des Betriebssystems wie den Programm-Loader durch eigene ersetzen müsste. Abgesehen davon ist die Komplexität der Emulation von PowerPC recht groß, besonders in Anbetracht des zu erwartenden Nutzens und Nutzerkreises. Dazu kommt, dass sämtliche Aufrufe an Systembefehle (z.B. Cocoa) an die nativen Intel-Bibliotheken übersetzt und weitergeleitet werden müssten. Das heißt für Carbon-basierte Software wie FreeHand außerdem, dass man seine eigene Version von Carbon für 64-Bit OS X entwickeln müsste, das dann jeden einzelnen, noch so obskuren Carbon-Befehl in Cocoa-Code umsetzt, was oft nur mit viel Aufwand 1:1 zu machen ist und aufgrund des Umfangs von Carbon ein schier unmögliches Unterfangen wenn man nicht Apple ist. Dazu kommt, dass PowerPC-Software nur auf OS X-Versionen bis maximal Snow Leopard getestet wurden und höchstwahrscheinlich mit neuen OS X-Versionen gar nicht ohne Probleme kompatibel ist (deshalb veröffentlichen ja die Software-Anbieter immer Kompatibilitätsupdates wenn ein neues Betriebssystem veröffentlicht wird). Und jedes einzelne Apple-Update würde erfordern, dass man alles komplett in allen Facetten neu testet und gegebenenfalls die Kompatibilitätsschicht aus Emulator, Übersetzer und Carbon-Nachbau anpasst.

    Im Großen und Ganzen ist es wesentlich sinnvoller, FreeHand in einer SnowLeopard VM laufen zu lassen oder in der Zeit, die die Entwicklung einer modernen Rosetta-Version verschlingen würde, FreeHand sozusagen nachzuprogrammieren bzw. eine bessere, modernere Alternative zu schaffen, zumal sich in den letzten FreeHand-Versionen doch deutlich das Alter der Software gezeigt hat, besonders nachdem Macromedia mit dem Fokus auf Web FreeHand nur noch stiefmütterlich behandelt hat. Mit Affinity Designer sehe ich da jetzt einen sehr aussichtsreichen Kandidaten.

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