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Äthiopien ist jetzt „Land of Origins“

Ethiopia Tourism Logo

Mit dem kürzlich gelaunchten Webauftritt ethiopia.travel beginnt für Äthiopien die Zeit als Tourismusmarke. Ein denkbar schlechter Zeitpunkt für eine solche Geburtsstunde, denn das Land wird derzeit von der schlimmsten Dürre seit 30 Jahren heimgesucht. Branding als rettender Strohhalm?

Als wäre die extreme Trockenheit nicht schon Herausforderung genug, erschweren andauernde Flüchtlingsbewegungen die Gesamtsituation im Land. Äthiopien hat im vergangenen Jahr 800.000 Asylsuchende aufgenommen, die meisten von ihnen aus dem Südsudan und Eritrea, und gilt als eines der ärmsten Länder der Welt. Vor diesem Hintergrund wirkt es geradezu grotesk, dass ein solches von Krisen geschütteltes Land in Sachen Branding aktiv wird, um sich als Tourismusziel zu empfehlen. Und doch könnte ein anspringender Tourismus dazu beitragen, das Land zu stabilisieren und zu modernisieren, wie Ökonomen des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) Köln kürzlich in einer Studie nachweisen konnten. Dazu jedoch braucht es ein Mindestmaß an Marketing-Instrumenten – so absurd es in der jetzigen Situation erscheint.

Mit neuem Konzept positioniert sich Äthiopien nunmehr als „Land of Origins“. Bislang wurde als Slogan „Thirteen Months of Sunshine“ verwendet. Ergänzend zum Webauftritt wurde gut 4 Wochen vor Beginn der ITB Berlin eine App im Google-Playstore sowie ein Video veröffentlicht (siehe unten). Das Logo, das fortan im Zusammenhang mit der Reisedestination Äthiopien zum Einsatz kommt, soll der Musterung von Zebras nachempfunden sein. Eine Bewertung unter formal-ästhetischen Gesichtspunkten ist in diesem Fall nachrangig. Den Umständen entsprechend insgesamt ein sehr bescheidener Markenlaunch, an den jedoch nicht nur die direkt Verantwortlichen große Hoffnungen knüpfen werden.

https://youtu.be/BubzW-4f3hk?list=PLLqLEv7Qxu-1v5ckVVuiSsgQWtAjmFRze

Weiterführende Links

  • Land of Origins: A new Tourism Brand for Ethiopia | ethiopia.travel

Dieser Beitrag hat 18 Kommentare

    1. Eine gewisse Ähnlichkeit mit der Äthiopischen Schrift mag bestehen. Dass diese dem Logo als Vorlage diente, ist zunächst einmal eine Behauptung. Wahrscheinlicher ist jedoch, dass man, wie bereits im Artikel erwähnt, versucht hat die Musterung eines Zebras nachzuahmen. Daher auch die Darstellung in Schwarzweiß. Die im Artikel verlinkte Pressemeldung wie auch der Twitter-Account, wo jeweils ein Zebra als Bildmotiv zum Einsatz kommt, unterstützen diesen Eindruck.

      Der Baum ist kein nationales Symbol Äthiopiens – so viel lässt sich sagen. In verschiedenen afrikanischen Kulturen ist der Baum Symbol für Versammlungen. Traditionelle Stammestreffen beispielsweise fanden bzw. finden nach wie vor in ländlichen Regionen unter einem großen Baum statt. In der hier gezeigten Baumdarstellung werden die Nationalfarben Äthiopiens Grün, Gelb, Rot verwendet.

      Wenn Du den Blogeintrag als bescheiden einstufst, lieber David, hängt dies vielleicht damit zusammen, dass Du wohl gerne eine Diskussion über Details anstoßen möchtest, was ja nicht verkehrt ist, ich hingegen generell spannender finde, dass ein solcher Brandingprozess ausgerechnet jetzt in einem von Krisen geprägten Land wie Äthiopien stattfindet. Da haben wir beide wohl einfach einen anderen Blickwinkel.

      1. Ich musste tatsächlich auch sofort an die äthiopische Schrift denken, bevor ich die Erklärung mit dem Zebramuster gelesen habe. Letztere scheint mir eher weit hergeholt und im Nachhinein ausgedacht, da man den potenziellen Touristen vielleicht doch nicht das nötige Hintergrundwissen in Sachen Schrift zutraute.

          1. Nur weil sie ein nettes Bild von einem Zebra für ihr Twitter Account benutzen kommt man darauf das es dessen Muster nachempfunden sein soll? Das ist mehr als weit hergeholt.

          2. Hier mal ein Zeichenvergleich – links jeweils der Buchstabe aus dem „Ethiopia“-Logo, rechts ein entsprechendes Zeichen aus dem Unicode-Block der äthiopischen Schrift. Noch viel offensichtlicher kann man meiner Meinung nach gar nicht den Charakter eines Alphabets auf ein anderes übertragen. Besonders klar werden sollte das beim „t“, beim „Schleifchen“ am „i“ anstelle des normalen i-Punktes und beim nach rechts aufsteigenden „o“.

            Zum Thema Zebra: Nun ja, eine Schrift hat nun mal generell die Eigenschaft, dass sich Weißraum und schwarze Streifen abwechseln – daher scheint mir das weit hergeholt. Dein Screenshot kann mich hier nicht vom Gegenteil überzeugen.

          3. 1A Simon. Danke, dass Du Dir die Zeit für die Gegenüberstellung genommen hast. So lassen sich die Ähnlichkeiten, die ich gar nicht geleugnet hatte, tatsächlich gut erkennen.

            Dass Du und andere Kommentierer hingegen die Ähnlichkeit mit Zebrastreifen nach wie vor nicht erkennen können, ist für mich nicht so recht nachvollziehbar. Wenn man sich die Tourismuslogos der Welt anschaut, wird man feststellen, dass die wenigsten davon einen solchen Schwarzweiß-Kontrast in der Typo aufweisen. Insofern greift der Einwand, Schrift würde generell einen solchen Kontrast bedingen, nicht. In der Regel sind derlei Tourismus-Wortmarken farbig. Deshalb steht für mich nach wie vor außer Frage, dass das Logo ganz bewusst die Assoziation Zebra wecken soll. Es scheint dies, so darf man auch das in den digitalen Medien verwendete Bildmaterial verstehen, die Leitidee zu sein.

            Aber seis drum. Gerne andere Meinungen. Gerne kontrovers.
            Danke für den Austausch!

          4. Achim, danke für deine Antwort! Mir ist jetzt beim nochmaligen Lesen klar geworden, dass die Diskussion gar nicht so sehr ein „Entweder–Oder“ sein muss, da sich Konstruktion (äthiopische Zeichen) und Assoziation (Zebra) ja nicht ausschließen.
            Guter Einwand: der Verzicht auf Farbe. Habe ich so noch nicht gesehen.

  1. Die weichen Buchstaben wabern vor meinen Augen wie in gleißend heißer Wüstenhitze… Das war meine erste Assoziation.

  2. Dochdoch, das ist schon eindeutig Ge’ez (die Schrift – scjau mal hier: https://www.moct.gov.et/index.php/en/component/content/article/8-ritgh-catagory/41-message2) – aber egal, wenn du ein Zebra siehst, auch gut.
    Zum Thema Krisenland – ich kenne Leute die schon in Äthiopien waren, als Touristen. Das Land hat ja einiges zu bieten. (https://www.dailymail.co.uk/travel/travel_news/article-3160651/Forget-sunny-Spain-enchanting-Thailand-romance-France-Ethiopia-named-World-s-Best-Tourism-Destination.html) Ich find gerade die Annahme, daß das Land zu arm ist, um sich zu vermarkten („grotesk“), seltsam – daß Tourismus Kohle bringt, hast du ja selbst anschließend festgestellt.

    Auf dem Designblog geht es ja um Gestaltung, dachte ich, ob da jetzt ein Land, ein Produkt, ein „böses“ Produkt wie Zigaretten oder Bier oder sonstwas beworben wird, ist schon interessant, es sollte aber nicht das ausschließliche Thema sein.

    Also zum Logo selber – den Schriftzug find ich gut, allerdings hat er das Problem, daß anscheinend hierzulande diese Schrift, auf die er sich bezieht, zu unbekannt ist (siehe M.s Comment). Der Rest vom Logo (Claim und Baum) fällt dann auseinander, das ist keine Einheit… deshalb frag ich auch wegen des Baumes.

    Aber sei nicht sauer, wenn ich den Beitrag kritisiere, ich bin ein treuer Leser deines Blogs.

    1. Du ziehst die falschen Rückschlüsse, David. Die im Artikel formulierte Verwunderung ist keineswegs Ausdruck einer Annahme, dass das Land zu arm sei, um Werbung für sich zu machen. Es liegt auf der Hand, dass es derzeit wesentlich größere Herausforderungen gibt, die es im Land zu bewältigen gilt. Vor diesem Hintergrund einen Tourismusmarkenauftritt zu launchen, hat auf den ersten Blick schon etwas Groteskes und Abwegiges. Mag sein, dass man dies umso eher erkennt, je weniger man sich selbst mit Branding beschäftigt. Ich stelle mir gerade vor, welch Aufschlag ein solches Thema machen würde, ließe man Nutzer von Boulevardmedien darüber richten.

      Der kulturelle und landschaftliche Reichtum des Landes wird keineswegs in Abrede gestellt. Dank Dir für die entsprechende Verlinkung hierzu.

      Was Deine Ausführungen hinsichtlich dieses Blogs betrifft, worum es im dt Deiner Ansicht nach gehen sollte oder nicht, muss ich Dir sagen, dass ich Dir leider nicht folgen kann.

      Abgesehen von der stärkeren visuellen Nähe des Logos mit „Zebrastreifen“ im Vergleich zur Ge’ez: Was würde denn mehr Sinn ergeben? Sich bei einem Logo auf eine Schrift zu beziehen, die, wie Du treffend bemerkst, außer den Äthiopiern den wenigsten Menschen geläufig ist, oder auf ein Tier, das jedes Kind in der Welt kennt?

      1. Unabhängig davon, dass mir die Idee mit dem Zebra ebenfalls enorm konstruiert vorkommt, halte ich es immer für äußerst problematisch, wenn jemand behauptet es gäbe “Wichtigeres” zu tun, Achim. Was ist wichtig, was ist unwichtig? In welcher Reihenfolge muss oder sollte ein Land, eine Gemeinde oder eine Institution Herausforderungen anpacken? Kann es diese nicht gleichzeitig erledigen? Braucht beispielsweise eine verschuldete Großstadt ein griffigeres Wappen samt repräsentativer Flagge, damit sich ihre Bürger mit dieser Schmücken, ein visuelles Gemeinschaftsgefühl entwickeln, der Stadt versuchen etwas zurück zu geben und sie am Leben zu halten (zu diesem Thema gab es mal hier Beträge und Diskussionen)? Wenn ja, wieso kann dann ein gebäuteltes Land (das übrigens schon seit Epochen mit Krisen zu kämpfen hat und diese womöglich auch noch in mehr als hundert Jahren zu bewältigen haben wird), nicht eben neben dem Kampf gegen Leid und Armut auch dafür sorgen, dass es auf Touristen ansprechender wirkt? Wie in Deutschland, wird es sicherlich auch im 97 Millionen Einwohner zählenden Äthiopien mehrere staatliche Behörden, Ministerien und dergleichen geben, die verschiedene Aufgaben erfüllen und nicht alle für das Meistern der “wichtigsten” Probleme zuständig sein können. Und gerade weil vermutlich die Schrift nicht so bekannt ist, kann doch jeder Versuch, dies zu ändern, nur begrüßt werden. Das Land dürte eh nur Leute ansprechen, die mal über den Tellerrand schauen wollen und Neugierde zeigen. ;)

        1. Braucht beispielsweise eine verschuldete Großstadt ein griffigeres Wappen samt repräsentativer Flagge, damit sich ihre Bürger mit dieser Schmücken, ein visuelles Gemeinschaftsgefühl entwickeln, der Stadt versuchen etwas zurück zu geben und sie am Leben zu halten (zu diesem Thema gab es mal hier Beträge und Diskussionen)?

          Die Frage könnte genauso lauten: wer sagt denn, dass das bisherige Wappen nicht griffig genug ist, als dass es nicht auch die von Dir angesprochenen positiven Impulse für eine Stadt setzen könnte? Wichtiger als ein verändertes Logo ist ein verändertes Bewusstsein.
          Um beim Beispiel zu bleiben: ein neues Logo einzuführen, ohne entsprechend im Vorfeld(!) Verbesserungen hinsichtlich der Sicherheit, der Infrastruktur und des touristischen Angebotes zu leisten, ist meiner Ansicht nach verschenkte Liebesmühe. Ansonsten würde das Logo etwas versprechen, was es nicht einhalten kann.
          Abgesehen davon kann auch das beste visuelle Erscheinungsbild aus einem schlechten Produkt kein gutes machen; es kann lediglich aus einem guten Produkt ein noch besseres machen. Im Gegenteil dazu braucht ein gutes Produkt nicht zwangsläufig ein ausgezeichnetes Erscheinungsbild. Wenn im vergangenen Jahr für den Tourismus in Deutschland Rekordzahlen generiert werden konnten, dann ganz sicherlich nicht deswegen weil der Tourismusmarkenauftritt germany.travel (derzeit wieder mal offline) so überzeugend wäre.

  3. Zuerst schien mir der Gedanke “Zebra” bei diesem wabernden Schriftzug arg weit hergeholt.
    (Erster Gedanke: Wieviel Kath haben die Kreativen dort gekaut?)

    Zusammen mit einem Zebrabild erschließt sich der Sinn jedoch.

    Diese bildmalerische* Typo ist allein für sich stehend für einen westlichen Touristen vermutlich ein Stück weit zu abstrakt und erlaubt ihm seltsame Interpretationen (s.o. ;-) . Sie wird eine weitere visuelle Stützung immer brauchen, damit es in dem Kopf klingelt, der nicht weiß, dass Äthiopien nicht nur Kathsträucher-Anbau, sondern ebenfalls eine Menge Zebras hat und nicht nur die bekannte Serengeti et al.

    *analog: lautmalerisch in der Musik

  4. Ich finde auch, dass es ein interessanter Punkt ist, dass sich Äthiopien gerade jetzt die Bemühungen um den Tourismus erhöht, auch wenn die Attraktivität aufgrund der beschriebenen Umstände wegen nicht die Höchste sein wird. Nichtsdestotrotz finde ich es richtig, dass dem Tourismus dort ein großer Stellenwert und Zukunftsperspektive beigemessen wird. Das Land hat viel zu bieten, nicht nur aus geschichtlicher Sicht, kämpft aber seit Jahrzehnten mit Kriegen und Dürren, leider.

    Zum Logo: Jetzt wo es benannt wurde, sehe ich auch deutliche Bezüge zur äthiopischen Schrift, auch wenn es nicht explizit von in der PM benannt wurde. (das war ein echt guter Einwand, da wäre ich nicht drauf gekommen, Chapeau). Etwas irritiert bin ich aber von dem angefügten “a” es scheint nicht so recht zum Rest zu passen, vergleicht man es bspw. mit dem “o”. Ist das Absicht? Eventuell ist es eine Referenz zu den i-Punkten, harmonisch ist es aber für mich dennoch nicht.

  5. Ohne jetzt den Haushalt von Äthiopien zu kennen (oder beurteilen zu können):
    Ich finde es interessant, dass wir Designer selbst (und ich schließe mich da explizit mit ein) doch oft den Wert unserer Arbeit anzweifeln.

    Klar sollte Äthiopien kein Geld verschwenden für beliebige Grafikbasteleien. Aber wenn es darum geht, die Wahrnehmung des Lands zu verändern, kann das viele positive und wichtige Auswirkungen für das Land haben: mehr Geld durch Tourismus, mehr Interesse für Produkte aus Äthiopien, andere Wahrnehmung in internationalen Beziehungen, Selbstbewusstsein im Land, neue Assoziationen neben “Afrika & Armut”.

    Also ist die Investition in die Marke gerade für ein Land (oder Unternehmen) in einer Krise durchaus wichtig (und schwierig).

    Nur – wie wir alle wissen – ist das Ergebnis leider sehr viel häufiger enttäuschend als zufriedenstellend. Und vielleicht liegt das auch daran, dass nicht nur Auftraggeber, sondern auch wir selbst Corporate Designer/Brand Designer noch einiges in unserer Disziplin entwickeln und professionalisieren müssen. Es gibt noch viel zu lernen über die Themen, die wir gestalten.

    Formal zum Logo: Brrrr… da hätte man bestimmt viel mehr draus machen können.

    1. Wie ich weiter oben schon schrieb, ist die Frage nach “Wichtigkeit” oder “Geld” immer recht problematisch. Vor allem in der Politik, oder eben mit der Politik verbundenen Prozessen, geht es um die Nutzung unterschiedlichster Gelder auf verschiedenen Kanälen. Wir können daher auch bspw. gar nicht wissen, ob das Geld für diesen Auftritt nicht aus einem speziellen Fond stammt, der eben aus vertraglichen Gründen nur für derlei Maßnahmen genutzt werden kann. Aber bei uns ärgert man sich ja auch gerne und schnell, wie angeblich in der Nachbarschaft unnötigerweise ein neues Pflaster gelegt wird oder die Stadt sich einen neuen Slogan samt Logo zulegt. Dass für diese Projekte Zuschüsse verwendet werden, die sonst verfallen oder eben nur hier eingesetzt werden können, übersieht man gerne.

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