In diesen Tagen findet in Los Angeles die „Adobe MAX“ statt – mit 14.000 Teilnehmern ist dies die größte Kreativitätskonferenz der Welt. Adobe präsentiert auf der Konferenz alljährlich hunderte neue Features und gibt in zahlreichen Sneak-Previews einen Überblick, was Anwender der Adobe CC in den kommenden Wochen und Monaten erwarten dürfen.
Die Keynote der Adobe MAX wurde gestern Abend live im Internet übertragen und steht unter https://max.adobe.com/ nun als Video bereit. Zahlreiche Sessions stehen zudem unter https://max.adobe.com/sessions/max-online/ zur Verfügung. Wem die Zeit fehlt, die knapp dreistündige Keynote in voller Länge anzuschauen, für den fasse ich einmal einige aus meiner Sicht interessante Ankündigungen und Neuerungen zusammen.
Neuerungen bei Adobe-Produkten
- Photoshop CC steht im nächsten Jahr in vollem Funktionsumfang auch unter iOS und für das iPad zur Verfügung. Interessant ist auch, was nicht gesagt wurde: Entsprechende Apps für Android und Windows Mobile sollen erst deutlich später folgen. Im Rahmen der Adobe Max 2014 wurde, begleitet von einem Raunen im Publikum, die „phantastische Partnerschaft“ zwischen Adobe und Microsoft gefeiert. Vier Jahre später steht Phil Schiller von Apple neben Scott Belsky, Chief Product Officer bei Adobe, auf der Bühne, um auf die jahrzehntelange großartige Zusammenarbeit zwischen beiden Unternehmen zu verweisen. Das iPad Pro und dessen Leistungsfähigkeit insbesondere in Kombination mit dem Apple Pencil, lässt so manchen Streit scheinbar vergessen (fehlende Unterstützung von Adobe Flash unter iOS). Mehr zum Thema unter Photoshop CC on iPad.
- Photoshop CC: Ein Feature, das sich Anwender seit Jahren wünschen: Um mehrere Bearbeitungsschritte zurückzunehmen, musste man bislang die komplizierte Tastenkombination „cmd + alt + Z“ verwenden. Zukünftig lassen sich unendlich viele Schritte auch einfach mit „cmd + Z“ zurücknehmen. Mal ehrlich. Der Applaus in der Keynote ist verständlich, aber in Affinity Photo ist die einfache Tastenkombination seit je her implementiert. Proportionales Skalieren ist nun bei Transformationen vorausgewählt. Hilfreich ist auch die Live-Vorschau für Ebenen-Überblendungen per Mouse-Over.
- Project Gemini: Eine neue Zeichensoftware, die ebenfalls zunächst für das iPad entwickelt wird und die sich insbesondere an Grafiker, Illustratoren und Maler richtet. Bei der Entwicklung wurde viel Wert darauf gelegt, die App im Vollbildmodus nutzen zu können („minimal UI“). Gemini unterstützt sowohl Pixel- wie auch Vektor-Pinsel, sodass der Wechsel hinüber zu Illustrator in vielen Fällen nicht mehr erforderlich ist. „Live Brushes“ simuliert das Verhalten von echten Farben (Öl, Acryl, Wasser, etc.) in erstaunlicher Weise. Für mich ein echtes Highlight der Keynote!
- Neu und erwähnenswert ist auch der sogenannte „Content-Aware Fill“-Ansatz, der das Einfügen von Elementen innerhalb von Rahmen erleichtert (Photoshop, InDesign). Bilder werden fortan automatisch und passend im Rahmen eingefügt. Danke dafür.
- Illustrator CC: Neue Freiform-Farbverläufe. Zukünftig wird es in Illustrator CC möglich sein, multiple Farbverläufe in Echtzeit darzustellen. Möglich wird dies dank Adobe Sensei, einem Adobe-Framework für künstliche Intelligenz und Machine Learning. Mit Hilfe dieser Farbverläufe lassen sich auch in wenigen Klicks Objekte mit dreidimensionaler Anmutungen erzeugen. Das wird sicherlich viel Spaß in der Anwendung machen.
- Adobe Fonts: Bislang war die Nutzung der Adobe Fonts auf 100 gleichzeitig synchronisierte Schriften begrenzt. Nun können CC-Anwender unbegrenzt Fonts aktivieren (derzeit stehen 15.000 Adobe Fonts zur Verfügung).
Weiterführende Infos zu den Neuerungen bei Adobe gibt es unter MAX 2018: Adobe kündigt die nächste Generation von Creative Cloud an.
Entwicklung im Bereich Interface Design
Interessant sind die Adobe Keynotes schon allein deshalb, weil sie Einblick in die Entwicklung im Bereich Interface Design geben. Nennenswert ist diesbezüglich sicherlich die seit einigen Jahren anhaltende Entwicklung in Richtung Kontextualisierung des Interfaces. Hierbei werden jeweils nur jene Funktionalitäten über Menüauswahl, Werkzeugleisten und Icons angezeigt, die im Zuge der Interaktion seitens des Anwenders möglich sind. Anhand vieler Adobe-Anwendungen, insbesondere den für das iPad entwickelten, lässt sich genau diese Entwicklung sehr gut ablesen. Mit Hilfe von „Contextual Design“ ist ein minimalistisches Interface möglich. Weniger Ablenkung bedeutet eine stärkere Fokussierung auf die eigentliche Arbeit, die Kreation. So jedenfalls die Idee dahinter. Auch bei WordPress geht man mit dem Gutenberg-Editor einen ähnlich Weg. Unerfahrene Anwender sind allerdings in solch einer Umgebung oftmals überfordert, da Funktionsleisten ausgeblendet sind und erst nach einer Aktion erscheinen. Da Adobe ankündigt, mit den neuen Produkten auch Laien ansprechen zu wollen, muss man die zunehmende Kontextualisierung kritisch bewerten.
Adobe setzt nach wie vor stark auf die Weiterentwicklung mobiler Anwendungen, das zeigt auch die Ankündigung hinsichtlich Photoshop CC auf dem iPad. Während etwa einfache und intuitive Bildbearbeitung auf dem Smartphone, beispielsweise mittels Lightroom CC, eine feine Sache ist, ist für professionelle Anwender, wie etwa auch das dt-Umfrageergebnis „Software und Werkzeuge, die Designer nutzen“ belegt, der Desktop immer noch das wichtigste Werkzeug.
Adobe und andere Software-Unternehmen werden nicht müde zu betonen, dass Kreativschaffende ihre Kreativität möglichst an jedem Ort der Welt und zu jeder Zeit ausleben lassen können sollen. Die Frage ist, ob sich Kreativschaffende das überhaupt wünschen. Nicht, dass ich nicht auch Apps sehr gerne verwendete, Procreate ist eine meiner Lieblings-Apps und auch die iWork-Reihe hat sich erfreulicherweise positiv weiterentwickelt, sodass sich einige Tätigkeiten mittlerweile auch auf dem iPad ausführen lassen. Echtes produktives Arbeiten verbinde ich jedoch nach wie vor mit dem Desktop bzw. Laptop. Ich möchte in Bus, Bahn und Flugzeug jedenfalls lieber ein Buch lesen oder nur Musik hören und nicht die Zeit über Anwendungen hängen.
Umfrage
Mich würde interessieren, welche Vorlieben dt-Leser derzeit bezüglich ihrer Arbeitsumgebung haben und deshalb habe ich ein kleine Umfrage angelegt. Im Zuge der Beantwortung der Fragen werden keine Daten erhoben. Im Anschluss sind die Antworten für jeden Teilnehmer einsehbar.
1. Da fehlt doch was wichtiges in der Software-Frage: QuarkXPress als das weiterhin beste Layoutprogramm für längere oder textintensive Publikationen.
2. Schön, dass Adobe auch mal mitbekommt, dass es Software-Ergonomie gibt und einen Befehl ändert, wenigstens einen.
Auch auf die Gefahr hin das Ergebnis zu verfälschen habe ich QuarkXPress in die Umfrage noch mit aufgenommen.
Vielen Dank!
(So viele Antworten waren ja noch nicht eingegangen, das wird nicht viel machen.)
Also ehrlich gesagt finde ich, dass die Leistung von Adobe seit der Umstellung auf das Abo-Modell nachgelassen hat. Vor der Umstellung wurde mit einem großen und mehreren kleinen bis mittelgroßen Updates pro Jahr geworben. Das Jahresupdate sollte dabei in der Klasse der bisherigen Neuvorstellungen der Creative Suites spielen. In 2018 ist davon nicht mehr viel geblieben.
Die Adobe-Services werden zwar erweitert, was wirklich klasse ist, aber die klassischen Apps wie InDesign, Illustrator und Photoshop bleiben auf der Strecke. Sicher sind hier und da tolle Verbesserungen dabei – aber in Zeiten der Creative Suites hätte dafür niemand Geld in die Hand genommen.
Zudem gebe ich Achim absolut recht. Die mobilen Apps mögen gut und schön sein. Allerdings arbeite ich einfach nicht von unterwegs aus, bzw. wenn, dann mit Notebook. Kreativität und Ideen festhalten gut und schön – produktiv arbeiten geht jedoch nur am Desktop oder Notebook. Zumindest bei mir.
Noch dazu werden im Rahmen der Konferenz immer wieder Projekte vorgestellt und die Leute angefixt, die dann wieder eingestellt werden. Zum Beispiel “Project Faces”, ein Tool zur Erstellung von eigenen Schriften, ähnlich wie Prototype. Vorgestellt, angeteasert – und man hört nix mehr davon.
Mit der Einstellung von Adobe Muse, bei dem Adobe zugegebenermaßen einfach den Anschluss verloren hat, wurden viele Freiberufler und kleinere Agenturen vor den Kopf gestoßen. Ich persönlich auch. Allerdings bin ich froh darüber, da ich dadurch auf Webflow gestoßen bin.
Insgesamt frage ich mich aber, ob die monatlichen Abo-Kosten noch gerechtfertigt sind, oder ob man nicht doch eine nun wieder vorhandene Alternative in Betracht ziehen soll. Mit Affinity Publisher, Designer und Photo ist eine wirkliche und sehr viel günstigere Alternative auf den Markt gekommen. Allerdings ist dies nur eine echte Alternative, wenn Publisher InDesign-Dateien ohne Probleme handhaben kann. Ansonsten wäre der Aufwand bei einer Umstellung natürlich immens hoch (z.B. das Aktualisieren vorhandener Projekte etc.)…
Weiß da zufällig jemand wie der Stand ist. Meiner ist, dass Publisher InDesign-Dateien noch nicht handhaben kann, dies aber geplant ist.
Besten Dank für Deine Einschätzung und den ausführlichen Kommentar!
Dass nicht jedes Projekt, welches vorgestellt wird, es auch zum Produkt schafft, finde ich nicht schlimm. Was ich offen gesagt kritischer sehe, ist der Umstand, dass in der Fülle an Apps und Programmen, die in den letzten Jahren eingeführt wurden, einfach der Überblick verloren gegangen ist. Wissen die Anwender, was der Unterschied zwischen den Apps „Adobe Photoshop Express“, „Adobe Photoshop Sketch“, „Adobe Photoshop Fix“ und „Adobe Photoshop Mix-Fotomontagen“ liegt? Das möchte ich bezweifeln. Eine solche Zersplitterung kratzt letztendlich auch am Standing der Marke, in diesem Fall der Marke Adobe Photoshop. Denn die Fülle an Apps signalisiert vor allem, dass Photoshop auf dem iPad ziemlich leistungsschwach ist. Offenkundig will man diesen Eindruck nun mit dem Launch der „echten“ Photoshop-App ändern.
Und zu Deiner Frage: InDesign-Dateien lassen sich mit Affinity Publisher bislang nicht öffnen, das ist richtig, aber die aus InDesign heraus erstellten PDFs lassen sich problemlos in Publisher weiterbearbeiten, das gilt gleichermaßen für Schriften, Vektoren und Farben. Die Beta von Affinity Publisher kann derzeit kostenlos heruntergeladen werden. Probiere es einfach aus!
ID-Dateien (oder auch Illustrator) öffnen in anderer Software? Schau mal bei QuarkXPress, da hat Dein Hoffen auf eine »nun wieder vorhandene Alternative« gleich ein Ende. Beachte auch die Crossgrade-Angebote oder die Upgrade-Möglichkeit von jeder (jeder!) Vorgängerversion seit 3 (von 1991). Nein, ich arbeite da nicht, ich habe keine Aktien oder ähnliches.
Nebenbei: Warum wollen so viele von uns ihr Arbeitsgerät eigentlich am liebsten geschenkt? Jeder Handwerker und auch jeder Hobbybastler weiß gutes Werkzeug zu schätzen und zahlt einen entsprechenden Preis.
Die neue Inhaltsbasierend-Füllen-Funktion in PS finde ich absolut super. Hab mich früher schon gefragt, warum man eigentlich keinen eigenen Bereich für Informationen festlegen kann, was jetzt endlich geht. Dazu neue Einstellmöglichkeiten je nach Motiv, die das Ergebnis nochmal viel besser machen können.
Ich finde diese “produktiv arbeiten geht nur am Computer”-Debatte einfach etwas verfrüht. Solange es keine vollwertigen Apps für Tablets etc. gibt ist ein produktives Arbeiten ja schlicht und einfach nicht möglich. Daher begrüße ich den Schritt von Adobe und ich hoffe sie hören nicht bei Photoshop auf.
Das Tablet wird sicher nie das Hauptarbeitsgerät werden, aber gerade mal für unterwegs oder im Urlaub für “Notfälle” stelle ich es mir äußerst praktisch vor, den bei mir bleibt das MacBook im Urlaub grundsätzlich zuhause.
Na ja, so wie Du es formulierst klingt es, als sei diese Aussage aus einer Verweigerungshaltung heraus getroffen. Ich für meinen Teil kann sagen, dass ich durchaus intensiv ausprobiert habe, auf dem iPad Pro produktiv zu arbeiten. Es sind allerdings banal erscheinende Dinge wie eine übersichtliche Dateiverwaltung, eine einfache, intuitive Zwischenablage oder eine gute Tastatur, die produktives Arbeiten möglich machen und die ich unter iOS vermisse. Die Tastaturen, die es für das iPad gibt, sind weit ab von der Qualität der Desktop-Versionen. Eine überzeugende Haptik beim Schreiben ist mir jedoch extrem(!) wichtig. Die Dateiverwaltung ist ein graus – das Konzept scheint darauf ausgelegt, schlichtweg alles über die iCloud zu verwalten. Das ist keine Option für mich. Stichwort Datensicherheit und Datenschutz. Ich schätze durchaus den Komfort der iCloud insbesondere der Sychronisierung wegen. Alles was Apple seinerzeit mit MobileMe falsch gemacht hat, funktioniert nun wunderbar. Auch mit der universellen Zwischenablage (Continuity) hat sich in den letzten Jahren einiges bewegt.
Schriften auf dem iPad zu installieren ist nach wie vor umständlich. Gleiches gilt für den Austausch von Daten per FTP. Zu all dem kommt dann die zum Teil wenig überzeugende Funktionalität innerhalb von Apps hinzu. ProCreate sei von dieser Kritik einmal ausgenommen, ebenso Affinity Photo und Affinity Designer.
Ein echtes Photoshop für das iPad wird meines Erachtens nur dann Anklang auf Seiten von Pro-Usern finden, wenn auch an oben genannten Schwächen bezogen auf das iOS gearbeitet wird und wenn Apple und andere Anbieter überzeugendes Zubehör bereitstellen. Der Pencil, so gut sich damit arbeiten lässt, reicht nicht. Skizzieren, malen, zeichnen … alles wunderbar. Präzise mit Vektoren arbeiten, schnell mal zehn neue Schriften installieren oder einen neuen Drucker anschließen/verbunden, sollten, so wie es sich derzeit darstellt, für Anwender keine hohen Hürden darstellen.
Wer zudem über einen Arbeitsplatz mit zwei Monitoren verfügt, wird, so geht es jedenfalls mir, es als ein riesiges Defizit ansehen, lediglich auf einen kleinen Tablet-Screen vor sich schauen zu müssen, Retina-Display hin oder her.
Ich sehe jedenfalls noch jede Menge Todo’s, bevor das iPad, so wie man es sich bei Apple wünscht, ein Werkzeug wird, mit dem Designer dauerhaft produktiv arbeiten können.
Man kann mit dem iPad die normalen Bluetooth-Tastaturen verwenden. Ich habe das iPad fürs Studium als Laptop-Ersatz genutzt. Zum Schreiben/Mailen/Recherchieren ist das ok. Produktiv Arbeiten geht (noch) nicht. Ich arbeite auch mit zwei Monitoren, allerdings nicht für die Palletten, eher für Hilfsprogramme. Ein 27″ Monitor bietet für meine Zwecke ausreichend Platz.
Richtig. Meine Kritik bezog sich auf die Smart Keyboard und baugleiche Tastaturen, die über Smart Connector direkt mit dem iPad verbunden sind.
Zu den Updates kann ich nur sagen:
– Das neue Illustrator produziert wieder, wie schon beim 2017 Update, Fehler und macht ein flüssiges Arbeiten zur Nichte! Die 2018er Version wurde wieder deinstalliert und gegen die 2017er ersetzt.
– InDesign kann immer noch nicht vernüftig mit Fußnoten umgehen, ich kann bei eingebundenen InDesign oder PDF Dateien immer noch nicht nachträglich die Seiten ändern (nur die Ebenen), Formulardateien sind immer noch äußerst kompliziert zu erstellen, etc. p.p.
– Die Verwaltung und das Arbeiten mit der CreativeCloud Bibliothek ist ein wahrer Graus. Allein die Darstellung und die Handhabung. Das der Punkt unterschiedliche Benennungen besitzt, sei mal dahingestellt.
Generell frage ich mich, wieso werden Geräte wie z.B. das iPad Pro nicht als Erweiterung gesehen? Astropad (https://astropad.com/) ist ein schönes Beispiel wie sowas aussehen könnte.
Wieso wird das überall als tolles Feature angepriesen und soll ein Applaus wert sein??
Da wissen sehr, sehr viele Leute nicht, dass man sich die Shortcuts über die Einstellungen beliebig zurechtlegen kann… übrigens auch die Menüs usw… und das schon seit langem (pre-CC)…
Aber schön, dass Adobe das für die Gelegenheitsnutzer (die hier wohl überwiegend im Publikum saßen) standardmäßig ändert.
Wo wird die neue Tastenkombination als tolles Feature angepriesen? Hier im dt jedenfalls nicht.