Der AC Mailand ist so etwas wie die Diva im italienischen Fußball – immer für eine Eskapade und eine Schlagzeile in den Medien gut. Unter der Führung von Barbara Berlusconi, Tochter Silvio Berlusconis, wird der Verein derzeit fit für die Zukunft gemacht.
Finanziell angeschlagen und sportlich zuletzt nicht eben erfolgreich will man den ehemals umsatzstärksten Fußballverein Italiens zurück an die europäische Spitze führen. Als Grundpfeiler hierfür dient „Casa Milan“, der Ende Mai dieses Jahres eröffneten Vereinszentrale. „Casa Milan“ ist vielmehr als eine Vereinszentrale, das neu errichtete Gebäude ist Dreh- und Angelpunkt einer aufwendig inszenierten Markenwelt, die das Erscheinungsbild des Vereins grundlegend verändert.
2010/2011 wurde der Verein, auch dank‚ Zlatan Ibrahimovic, italienischer Meister. Was folgte war ein bis heute ungebremster Absturz, wofür Management wie Spieler gleichermaßen verantwortlich waren beziehungsweise sind. In der vergangenen Saison erreichten die „Rossoneri“ (Die Rotschwarzen) lediglich Platz 8 der Serie A. Auch die Tatsache, dass der Verein in der Rangliste der 20 weltweit einkommensstärksten Fußballklubs vom Rivalen Juventus Turin überholt wurde, dies wohlgemerkt in nur drei Jahren, dürfte den erfolgsverwöhnten Mailändern nicht gefallen.
Mit 242 Millionen Euro ist der AC Mailand hochverschuldet, was die Verantwortlichen keineswegs davon abhalten konnte, in eine neue Vereinszentrale zu investieren. Unweit des Giuseppe-Meazza-Stadions wurde der vom Architekten Fabio November entworfene Komplex errichtet. „Casa Milan“ ist nicht nur der neue Sitz der Verwaltung, das Gebäude beherbergt darüber hinaus ein Museum („Mondo Milan“), ein Fanshop („Milan Store“) sowie ein vereinseigenes Restaurant („Cucina Milanello“). Das auf diese Weise entstandene Markenuniversum scheint die Verantwortlichen allerdings bislang noch zu überfordern, aber hierzu gleich mehr.
Jaap Kalma, Marketing-Leiter beim AC Mailand, gab während der Präsentation zur Einweihung von „Casa Milan“ das Motto der Markenstrategie aus: „We want to expand!“. Insbesondere in asiatischen und arabischen Ländern möchte man die Popularität der Marke AC Mailand steigern. Ein wenig überzeugendes und konstruiert wirkendes Markenleitbild, bei dem sich aus dem Namen „Mailand“ die Begriffe „Man“ » „Motion“ » „Emotion“ ableiten (siehe nachfolgendes Video), ist Ausgangspunkt des neuen Selbstverständnisses, das derzeit über alle Medienkanäle hinweg multimedial in Szene gesetzt wird. AC Mailand = Mann. Die Geschäfte des Vereins werden wohlgemerkt von einer Frau geleitet, zumindest nach außen hin.
Ein neues Vereinslogo? / Trikots 2014/2015
Als vor einigen Wochen die Trikots für die bevorstehende Spielzeit 2014/2015 vorgestellt wurden, spekulierten Fans in Foren und Blogs darüber, ob der AC Mailand, wie etwa zuletzt Inter Mailand, ebenfalls ein neues Logo bekommen wird, denn offenkundig fehlt sowohl auf dem Heimtrikot wie auch auf dem Auswärtstrikot das entsprechende Vereinsemblem. Mittlerweile steht jedoch fest, dem ist nicht so. Der AC Mailand behält sein traditionelles Emblem, allerdings kommt dies lediglich auf den sogenannten Ausweichtrikots zum Einsatz (in der Abb. unten gelb).
Dass Trikot-Sets der Vereine gerne schon einmal sehr unterschiedlich ausschauen können, ist nicht neu. Die Kombination allerdings wiederum mit unterschiedlichen Logos ist ein Novum. Ohne Hintergrundwissen würde man annehmen, bei den oben abgebildeten Trikots handele es sich um drei unterschiedliche Vereine. Auf dem Heimtrikot prangt in Anlehnung an das Stadtwappen Mailands das Sankt-Georgs-Kreuz, was nicht nur auf Seiten von Fans englischer Mannschaften für Verwunderung sorgen dürfte. Auf dem Auswärtstrikot dagegen findet sich ein Logo, das starke „hnlichkeit mit dem Signet eines Design-Awards aufweist.
Die dynamische, globen-ähnliche Form folgt sowohl dem Leitgedanken der „Bewegung“ wie auch der strategischen Ausrichtung, der Idee einer globalen Marke. Und so wird der rotschwarze AC-Milan-Ball offensiv für Marketing-Zwecke verwendet. Nicht nur das – auch innerhalb der Architektur von Casa Milan, Mondo Milan und dem Milan Store spielt der Ball, der den Anschein erweckt, als sei er, wie die Schale eines Apfels, in ein Band geschnitten, eine wichtige Rolle. Genauer gesagt ist der Ball mit seinen Segmenten das zentrale Gestaltungselement innerhalb des neuen Branding-Konzepts. Nicht das Corporate Design des Vereins wurde weiterentwickelt, sondern stattdessen rund um Casa Milan eine eigene Gestaltungslinie samt neuer Typo entworfen. Im Ergebnis wirkt das traditionelle Vereinsemblem fast wie ein Fremdkörper.
Sicherlich bedeutet der Neubau des „Casa Milan“ einen Meilenstein in der Geschichte des Vereins. Allerdings ist fraglich, ob ein solcher Logo-Mix das richtige Mittel ist, um das Markenbild des Vereins zu stärken. Wer vom Neubau der Zentrale nichts weiß, wird sich ob der Platzierung des Balls auf dem Trikot wundern. Womöglich verspricht sich der Verein von der Maßnahme, Besucher auf das Museum oder das Restaurant aufmerksam zu machen.
Was die Darstellung des Sankt-Georgs-Kreuzes auf dem Heimtrikot betrifft: vielleicht ist diese Reminiszenz an die Insignien der Stadt eine Art Handreich an die Oberen der Stadt, denn schließlich hat der Verein bereits das nächste Bauvorhaben im Visier. Å“ber kurz oder lang soll ein neues Stadion her. Ein eigenes Stadion, das der AC Mailand dann nicht mit dem Stadtrivalen Inter, wie derzeit der Fall, teilen muss. Und da schadet es sicherlich nicht, wenn der ein oder andere Stadtrat Milan wohl gesonnen ist. So ausgelegt wäre die Verwendung des Sankt-Georgs-Kreuzes reines Kalkül und ein Sportpolitikum mit Geschmäckle. Eine offizielle Erklärung diesbezüglich findet sich weder im Netz, noch wurde mir eine solche auf Nachfrage zugesandt.
Die ersten Spiele mit dem Ball auf dem Trikot liefen übrigens alles andere als zufriedenstellend. Nach einer 2:3-Niederlage gegen Olympiakos Piräus blamierte sich die Mannschaft vor wenigen Tagen gegen Manchester City kräftig, wo es eine 1:5-Packung gab. Es wird wohl noch etwas dauern, bis der AC Mailand mit den wirklich großen Fußballmarken wie Real Madrid oder dem FC Bayern wird mithalten können. In Sachen Vermarktung lässt der Verein jedenfalls nichts unversucht.
Casa Milan – Architekt Fabio November
Mediengalerie
Weiterführende Links
- A Look to the future | acmilan.com
Schöner Artikel.
In Ergänzung zur Nutzung des Sankt-Georgs-Kreuzes auf dem Heimtrikot: Das Rot-weiße Wappen ist weniger Kalkül, als eine Reminiszenz an die Historie des Vereins. Das Wappen erschien bereits auf dem allerersten Trikot zu Gründungszeiten, als der Verein 1899 von zwei Engländern als Cricket Club gegründet worden ist (Daher auch die englische Bezeichnung des offiziellen Vereinsnamens – AC Milan und nicht AC Milano). Zum 100-jährigen Jubiläum hat es seinerzeit auch schon den Weg zurück auf die Trikots gefunden. Da der Verein in diesem Jahr 115 Jahre alt wird, denke ich, dass es ganz einfach dem Jubiläum geschuldet ist, auch wenn es nicht ganz rund ist. Zu sehen auch hier.
Weshalb jedes der Trikots jedoch ein unterschiedliches Logo zeigt macht für mich nicht viel Sinn…
Mit dem Stern erinnert mich das rot-schwarze Logo an Sarotti Schokolade. :)
[…] zulassen. Oder einfach alle drei benutzen, quasi je Trikot auch ein unterschiedliches Logo nutzen, wie neuerdings beim AC Mailand. (WTF!?) Ohne dass der FSV Frankfurt in der neuen Saison auch nur ein Spiel bestritten hat, hat […]
[…] AC Mailand auf Marken-Expansionskurs […]