Skip to content

Wieviel Demokratie verkraftet das Design in Zwickau?

dummy

Die Bürger der Stadt Zwickau üben Kritik an ihrem neuen Logo. Ein Jahr nach dem das neue Logo und das neue Corporate Design der Stadt Zwickau hier vorgestellt wurden, lehnen sich Einige nun gegen diesen Entwurf auf. Es ist sogar von einer Unterschriftenaktion die Rede, die von offensichtlich aufgebrachten Bürgern – auf freiepresse.de wird von “Rentnern” gesprochen – initiiert werden soll. Wohlgemerkt, es geht nicht darum einen selbst für Laien erkennbaren, offensichtlich misslungenen Entwurf wie z.B. das Cottbus-Logo (fontblog berichtete) auszutauschen, sondern man möchte an dem sehr präzise von ö-Konzept ausgearbeiteten Gesamtkonzept wackeln und stellt es nun in Frage.

Den Verantwortlichen kann man nur wünschen: Seien Sie standhaft. Ein gelungenes Konzept tauscht man nicht aufgrund eines Anflugs von Kritik aus. Das Logo hielte selbst einem Sturm der Entrüstung stand, so in sich schlüssig ist es. Es gibt Kritik, die muss man sich zu Herzen nehmen und es gibt die Kritik, die man an sich abperlen lassen muss. Dies ist kein Zeichen von Arroganz oder Bevormundung, sondern von Souveränität.

Komplexe Gestaltungsaufgaben gehören in die Hände von Fachleuten, ebenso die Entscheidung darüber, welcher Entwurf umgesetzt wird. Bei Letzterem mag zugegebenermaßen eher der Wunsch Vater des Gedanken sein aber basisdemokratisch ist der Entstehungs- und Entscheidungsprozess für ein Logo nur bei den Grünen. Und das ist auch gut so. Mag sein, dass man die Kommunikation in Zwickau hätte verbessern können, um zumindest den Bürgern das Gefühl zu geben, man binde sie ein. Das kann ich aber nicht beurteilen, weil ich die komplette Presse nicht verfolgt habe. Es ist immer schön, wenn man als Bürger nicht den Eindruck hat “die da oben” entscheiden über die Köpfe hinweg. Aber der Vorwurf bezieht sich ja direkt auf die Gestaltung selbst, was in diesem speziellen Fall einfach nur absurd erscheint.

Dieser Beitrag hat 33 Kommentare

  1. Ich glaube, ich habs schon mal in einem Kommentar ausgeführt: Die Entscheidung einer Stadt, öffentlich nicht mehr mit ihrem Wappen in Erscheinung zu treten, berührt mehr als nur Designfragen. Hoheitliches Handeln sollte durch das Führen eines Wappens signalisiert werden. Mit einem wappenlosen Corporate Design sollte man nur dort agieren, wo die Stadt nicht hoheitlich handelt.

  2. In dem Beitrag sagt jemand: “So kann man mit einer 100.000-Einwohnerstadt doch nicht verfahren”.

    Natürlich kann man: Jede Geschäftsleitung von Großunternehmen tut dies. Und nicht nur in Fragen des Logos. Was wäre denn, wenn jeder Bürger nach seiner Meinung gefragt würde? Dann gibt es bei diesem Beispiel ziemlich genau 100.000 Meinungen.

  3. “Natürlich kann man: Jede Geschäftsleitung von Großunternehmen tut dies.”

    Du hast den entscheidenden Unterschied schon benannt. Eine Stadt ist kein Unternehmen und die Bürger sind vor allem nicht die Belegschaft oder die Kunden. Wenn man schon zu schiefen Metaphern und Vergleichen greifen will, entsprechen der Bevölkerung eher die Gesellschafter. Und auf die zu hören gehört bei entsprechenden Mehrheitsverhältnissen sehr wohl den Pflichten der Geschäftsführung.

  4. Zukunft braucht Herkunft. Allerdings sind die eigenen Bürger nicht immer die neutralsten “Entscheider”, da werden dann gerne eigene Befindlichkeiten reininterpretiert, der Golf Club will angemessen im Logo repräsentiert sein und die örtliche Feuerwehr sowieso. Fehlt nur noch der Hasenzüchter Verein e.V., der allerdings will, daß der gemeine Jäger & Sportschützen e.V., mit dem man seit 100 Jahren oder so nicht mehr spricht, keine Aufnahme ins Logo findet. Blubb, die Stadt hat hier durchaus richtig entschieden, Signet und Corporate-Design sind abgeleitet vom bisherigen, ein roter Faden ist jedenfalls für mich erkennbar.

  5. Eine Stadt, und gerade eine alte Stadt, sollte sein Stadtwappen nicht einfach durch ein Logo austauschen. Wobei die Gestaltung des neuen Logos sehr gelungen ist.

  6. “Das Signet verkörpert hohen Wiedererkennungswert.” (freie presse)

    Wirklich? Swushes sehe ich überall.
    Soll ich mal? (…welche posten). Bitte ruft Gnade.

    Natürlich ist komplexes Design keine demokratische Angelegenheit.
    Auf der anderen Seite darf sich die “Geschäftsführung” (Bürgermeister et al.) nicht wundern, wenn starke Abstrakta wie diese zwei roten Bögen, die schwierig herleitbar sind (und ich hab viel Phantasie: bei den minimalsten Strichen geht bei mir nirmalerweise ein gegenständlicher Autopilot los…, ich sehe aber nur rote Wasserwellen. blutiges Wasser? Rote Killeralgen? Apokalypse?), von einigen “Gesellschaftern”, die dinglicher denken, als seelenlos oder sonstwas abgelehnt werden. Ist logisch.

    Auf klardeutsch: Etwas einfallsreicher als rote Wasserwellen wäre das Logo von diesen Profis schon auch gegangen. Aber das Ding ist durch, denn man hat von Städten schon Übleres gesehen. Nachtreten überflüssig und Renterberichte auch.

  7. “…um zumindest den Bürgern das Gefühl zu geben, man binde sie ein.” Naja – das ist ja wohl auch nicht die feine Englische.

    Ich denke auch, Design ist ein Handwerk. Es wurde ja wohl auch nicht drüber abgestimmt, wie stark die Mauern vom Rathaus in Zwickau werden sollen. Das hat hoffentlich ein Statiker oder Architekt durchgerechnet.

    Trotzdem gehört es bei einem öffentlichen Projekt auch dazu, sich an den Bedürfnissen der Bevölkerung zu orientieren. Das heißt natürlich nicht, dass auf Einzelmeinungen Rücksicht genommen werden soll. Ich denke aber eine Tendenz ist schon ermittelbar.

    Wenn in einem Unternehmen die Entscheidung bezüglich eines Produktdesigns gefällt wird, wird ja letzlich auch überprüft, welches Design den Kunden überzeugt.

  8. Wolfgang, mit der Einbindung meine ich, einen offenen Dialog zu führen. Pressemeldungen vor, während und nach der Umstellung herauszugeben, die den Gestaltungsprozess transparent macht und den Verzicht des Wappens dokumentieren. Ein kleine Ausstellung im Rathaus, samt ausgesprochener Einladung zu einem Gespräch mit den verantwortlichen Städtern und den Kreativen hilft zudem Vorbehalte abzubauen. Die Bürger würden zwar kein Mitspracherecht erhalten, aber sie werden aktiv in den Umstellungsprozess mit eingebunden, wodurch “Konflikte” sicher nicht ausgeschlossen aber zumindest reduziert werden könnten.

  9. Wenn man die Masse entscheiden lässt kommt bei einem Logo nicht viel gutes dabei rum, dafür ist das Thema zu subtil. Deshalb ist die aktuelle Aktion – vor allem wenn sie sich auf die Gestaltung bezieht – nicht sinnvoll. Den Vorschlag aus 3 Gestaltungen zu wählen, halte ich für durchaus sinnvoll.

    Eine Möglichkeit wäre ein Gremium aus Profis gewesen, die eine kleine Anzahl an Gestaltungen zur Auswahl stellt, also der klassische Pitch. Diesen Weg finde ich bzgl. öffentlichem Design auch am besten, jeder hat eine Chance und das “Volk” kann ebenfalls mitbestimmen. Zudem kann das Logo danach kaum noch angefechtet werden.

    Ich finde das neue CD gelungen, aber ob es Wert war das Wappen abzuschaffen ist nochmal eine andere Frage. Städte und Wappen gehören aufgrund der langen Tradition so gut wie zusammen – lediglich bei explizit sehr jungen oder modernen Städten kann man andere Wege gehen. Wenn man Köln bspw. sein Wappen nimmt, oh oh – die arme Agentur :-) Da muss das Volk als Teil der Stadt einfach mitbestimmen – allerdings unter Anleitung von Fachleuten.

    Also obacht beim nächsten Stadt-CD!

    Viele Grüße
    Till

  10. Also ich finde es sehr solide.
    Selbst wenn es sich um eine Stadt handelt, die ihre Bürger nicht vor den Kopf stoßen möchte: Wo kämen wir denn da hin, wenn ein Konzern bei der Gestaltung ihres CD die Meinung jedes Aktionärs berücksichtigen würde?!
    Das die Wappen einfach ausgetauscht werden liegt ganz einfach daran, dass ganzheitliches Design für Städte ein verhältnismäßig neues Gebiet ist und die Logos nicht durch den Wandel der Zeit entstehen, sondern von 0 auf 100 in zeitgemäße Form gebracht werden.

Kommentare sind geschlossen.

An den Anfang scrollen