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Relaunch von Sueddeutsche.de

Relaunch Sueddeutsche.de

Relaunch Sueddeutsche.de

Das Nachrichtenportal der Süddeutschen Zeitung wurde heute relauncht. „Schöner, schlichter, besser“ lautet das Motto und tatsächlich wird dieser Eindruck auch von Seiten der Stammleser bestätigt, die in einer SZ-eigenen Umfrage mehrheitlich (64%) die neue Umgebung als besser einstufen. Wer derlei Umfragen auf Nachrichtenportalen kennt, der weiß, dass solch ein positives Votum selten genug anzutreffen ist. Erzeugt der vollzogene Relaunch, für den „Facelift“ wohl die passendere Bezeichnung ist, tatsächlich einen so viel besseren Webauftritt? Schauen wir uns die neue Umgebung einmal an.

Am zweispaltigen Aufbau von Start- und Unterseiten wird auch weiterhin festgehalten. Am wenigsten verändert zeigt sich die rechte Spalte, wie sich auch anhand der Gegenüberstellung der Vorher- und Nachher-Ansicht ablesen lässt. Die hierin befindlichen Stile wie etwa der sandfarbene Hintergrund und ein Türkiston als Akzent wurden auch auf andere Bereich des Auftritts übertragen (z.B. Metanavigation und Hauptnavigation).

Sueddeutsche.de verfügt nunmehr über eine der längsten Startseiten im deutschsprachigen Nachrichtenumfeld. Auch die Vergrößerung der Bildformate ist verantwortlich für diesen Superlativ. Zum Vergleich: Der Webauftritt der Frankfurter Allgemeine, deren Relaunch im Oktober 2011 im dt besprochen wurde, ist gerade einmal halb so lang. Auf die KB-Größe übertragen stehen auf Seiten von Sueddeutsche.de nun satte 2.4 Megabyte während im Vergleich dazu FAZ.NET eine Datenlast von 1.4 MB erzeugt (Quelle: Web Page Analyzer). Am Ende des Artikels schreibe ich, weshalb die KB-Größe nicht nur aus Nutzerperspektive hinterfragenswert ist, sondern auch aus strategischer Sicht.

Der Auftritt wuchs um 40 Pixel in die Breite und misst nun 940 Pixel. Dabei sitzt er fortan mittig im Browserfenster statt bislang links angeschlagen. Das sieht gut aus. Vor allem anhand des neu gestalteten Header-Bereichs wird das Weniger-ist-mehr-Prinzip sichtbar. Aus der Wortmarke „sueddeutsche.de“ wurde samt Versal-S und Umlaut „Süddeutsche.de“. Der Schriftzug ist nun nicht mehr in inverser Fassung dargestellt, sondern erscheint analog zur Zeitungsausgabe schwarz auf weißem Grund. Die Beibehaltung der Domain-Endung erklärt Stefan Plöchinger, Chefredakteur Süddeutsche.de, mit dem Wunsch, die Unterschiede von Zeitung und Nachrichtenportal deutlich zu machen. Letztgenanntes sei ein „minutenaktuelles Nachrichtenportal“ und ein „Livemedium“, hingegen die Stärken der Zeitung seien Analysen und Hintergründe.

Relaunch Sueddeutsche.de

 

Das bisher praktizierte Farbschema innerhalb der Hauptnavigation (Politik = blau, Wirtschaft = orange, etc.) wurde vereinfacht. Während die meisten Ressorts nun ohne gesonderte Farbkennung auskommen und grau dargestellt sind, werden „München“ und „Bayern“ blau gekennzeichnet, die Ressorts „Auto“, „Leben“ und etwa „Reise“ hingegen mittels einem gelbgrünen Ton. Die blaue Hervorhebung ist noch nachvollziehbar, die gelbgrüne Kennzeichnung einiger weniger Bereiche erscheint hingegen doch eher zufällig, zumindest mir geht es so.

Von „München“ und „Bayern“ abgesehen fehlt in der Hauptnavigation nun die Kennzeichnung des jeweils angeklickten Bereichs. Lediglich im darunter befindlichen Brotkrumenpfad ist die Position innerhalb des Auftritts abzulesen, was freilich eine schlichte, allerdings keinesfalls die bestmögliche Lösung in Bezug auf die Nutzerführung darstellt. Zur schnellen Orientierung gehört unbedingt eine Hauptnavigation, der man auf den ersten Blick ansieht, in welchem Bereich des Auftritts sich man als Leser gerade befindet.

Ebenfalls spartanisch ist Süddeutsche.de in Bezug auf die Darstellung von Rollover-Zuständen. Zweifelsfrei wirkt ein Auftritt, in dem sensitive Elemente bei Rollover mit der Maus entsprechend hervorgehoben werden, anders und zwar attraktiver. Beim „Abtasten“ mit der Maus sind diese Art visueller Rückmeldung, unterstützend zum Cursor, wichtig, ist jede Rückmeldung doch eine Bestätigung, sich an der richtigen Stelle zu befinden. Zudem „fühlt“ sich ein Interface einfach besser an, wenn Links, Schaltflächen und Icons über eigene Rollover-Zustände verfügen. Gerne beschreibe ich diesen Teilaspekt der „User Experience“ auch als „Haptik“, eine Pseudo-Haptik gewiss, die jedoch entscheidend den „Look and Feel“ und auch die „Joy of Use“ mitbestimmt. Von einigen Ausnahmen abgesehen, wie etwa dem Einstieg zum neu aufbereiten Videobereich, ist das neue Sueddeutsche.de in etwa so interaktiv wie eine Zeitungsseite. Rollover, wie zum Beispiel die der Pfeile innerhalb von Fotostrecken, sollten nicht die Ausnahme sein, sondern die Regel.

Auch funktionell ist die Hauptnavigation vergleichsweise bescheiden ausgestattet. Lediglich der Sammelbegriff „mehr“ gibt bei Rollover subsumierte Begriffe und einen zweite Hierarchieebene frei. Das hätte ich mir als Nutzer auch für die alle anderen Ressorts gewünscht, da man auf diese Weise bequem in die Tiefe der Site einsteigen kann. Ein kleiner Bug: Beim Erstbesuch konnte ich in der Hauptnavigation diese Textüberlagerung ausmachen.

Zum Schluss will ich noch einmal auf die enorme Datenlast eingehen, die Sueddeutsche.de nun produziert. 2.4 Megabyte sind wahrlich ein Schwergewicht von Startseite. Je KB-lastiger ein Nachrichtenportal, umso wichtiger wird eine gesonderte Aufbereitung für mobile Endgeräte. Apps für Apple-Geräte und eine Mobillösung gehören zwar zum Portfolio des Verlags, allerdings untermauert der vollzogene Relaunch doch eher die bislang gängige Multiplattformstrategie, die für jedes Medium ein weiteres Kommunikationsinstrument vorsieht, ohne jedoch, dass sich dabei der Inhalt in nennenswerter Weise unterscheiden würde. Wie nachhaltig kann eine Strategie sein, die bei jeder Änderung eines Ausgabemediums (Bildschirmgröße, Betriebssystem, Browserupdate, etc.) umfangreiche Änderungsmaßnahmen innerhalb der Instrumente nach sich zieht? Während responsives Design zunehmend an Bedeutung gewinnt, praktiziert der Süddeutsche Verlag – als einer unter vielen – das Prinzip der Diversifikation und damit das genaue Gegenteil. Apps für Android-betriebene Geräte werden vom Süddeutschen Verlag wohlgemerkt noch nicht einmal angeboten. Die Bereitstellung von Apps und Lösungen speziell für mobile Endgeräte ist immer auch mit höheren Entwicklungs- und Pflegekosten verbunden und so dürfte es wohl nur eine Frage der Zeit sein, bis vor allem auch in der Verlagsbranche etwas Bewegung in die Sache kommt.

Beweglicher ist der Verlag da schon bei der Frage der Vermarktung. Weniger Werbung, dafür größere Formate sollen dazu beitragen, dass sich auf der einen Seite Leser nicht gestört fühlen, auf der anderen Seite die Einnahmen jedoch nach Möglichkeit weiter steigen. iq digital wurde als neuer Vermarkter gewonnen.

Fazit

Ein Relaunch, der einige Verbesserungen mit sich bringt, dessen Veränderungen sich allerdings in Grenzen halten. In Summe steht eine aufgeräumte Weboberfläche, die zwar um grafischen Ballast befreit erscheint, allerdings in Bezug auf die KB-Größe deutlich zulegt. Vielleicht fällt das Votum auf Seiten der eigenen Leser ja auch deshalb so überaus positiv aus, weil sich große Teile des Auftritts weitestgehend unverändert zeigen. Kritik an einer Gestaltung – und das ist eine Binsenweisheit – zielt nicht selten lediglich auf die Veränderung und gar nicht mal auf die gewählte Form. Wie es in dem begleitenden SZ-Artikel zum Relaunch heißt, stellt auch diese Veränderung des Webauftritts keinen revolutionären, sondern einen evolutionären Schritt dar. Die Richtung stimmt. Weitere Schritte werden folgen.

Dieser Beitrag hat 16 Kommentare

  1. Also ich muss zugeben das ich noch nie bewusst auf der Webseite der Süddeutsche war. Aber was ich auf dem Screenshot der alten Version sehe und dann gegen die neue Version gegenstellen kann ist der Schwarze Header und der blaue Navigationsbereich. Diese sind in der neuen Version wesentlich schöner und schlichter und das gefällt mir sehr gut.

  2. Schöner, schlichter: ja. Besser: nur bedingt. Generell freut mich der Trend zu schlichterem Design, hier ist aber fast schon zu wenig Kontrast geboten. Da versumpft teilweise die Übersichtlichkeit und die Struktur, aber auch der Wiedererkennungswert schrumpft. Von mir aus hätte man gerne noch diesen Türkis-Ton häufiger einbauen können, ganz schlicht, aber gekonnt. Mehr stört mich persönlich allerdings, dass ich auf dem ersten Blick außer der Hauptstory und ner kleinen Anzeige rechts, nicht viel Information bekomme. Aber das mag die sueddeuschte.de … Pardon: Süddeutsche.de-Philosophie sein, immerhin ist jetzt der Name jetzt passend zur Zeitung (ein guter Trend – siehe FAZ).

    Übrigens, ein Relaunch jüngeren Datums, der mich überrascht hat, aber sehr positiv, ist jener von http://www.youtube.de

  3. Die Website ist nicht schlecht, aber auch mir erscheint sie jetzt etwas zu trist und leblos. Der Guardian macht es geradezu umgekehrt: viele bunte Farben als Leitfarben für die Rubriken. Deren Konzept erscheint mir zwar insgesamt überladen und gedrängt, aber die Farbnavigation finde ich sympathisch. Sie geben den Rubriken einen eigenen Touch, der durchaus eine zeitgemäße Übertragung der Form auf den Inhalt ist, dass die Teilredaktionen einer großen Zeitung oft ja auch ihren eigenen Charakter haben.

  4. Aktuell 2,8 mb (incl. Werbebannern) sind schon ‘ne Marke und ein schlechter Witz. Zum gewichtigen Vergleich: ksta.de kommt derzeit auf 3.6 mb.
    Ich weiß schon, warum ich zu 95% Javascript abgeschaltet hab …

  5. Hmm. Also das von Achim erwähnte fehlende visuelle Feedback (Rollover) ist wirklich irritierend. Es ändert sich zwar der Cursor, aber eine Website aus dem Jahr 2012 ohne Rollver-Effekte? Das gehört zum 1×1. Ansonsten ist es ein schön leichter Auftritt, der jedoch sehr monochrom daher kommt. Da ist noch Potential.

    @Darius: Die Sache mit den farbigen Rubriken ist auch wieder etwas retro. Ehrlich gesagt spreche ich Nutzern die Fähigkeit ab, sich anhand von Farben durch eine Website zu navigieren. Da jede Website das anders macht bin “ich” nicht in der Lage da irgendeine Zuordnung zu sehen. Im Falle des Guardians ist es wirklich zu viel. Viel schlimmer ist noch der Werbebanner über dem Logo und noch darüber eine Crosslink-Leiste. Oha.

  6. Die Farbigkeit des Guardians (Ansicht) ist allerdings nicht allein ein Farbcode, der die Nutzer bei Ihrer Navigation unterstützen soll, sondern viel mehr Bestandteil des Corporate Designs. Eben die Farbigkeit, die sich in der Zeitungsausgabe ebenso findet wie im Web und auch in den Apps, unterscheidet das Guardian-Angebot von vielen anderen. In dieser Konsequenz angewandt ist es nur eine Frage der Zeit bis man als Stammleser den Farbcode erlernt hat und etwa den Grünton beim Sport vermisste würde er einmal fehlen.

  7. Was ich ja bei sämtlichen Artikeln auf sueddeutsche.de unheimlich störend finde, ist diese (wohl SEO-bedingte) Unsitte, Schlagworte im Artikel mit (als solche deutlich sichtbaren) Links zu versehen, welche jedoch nicht zu einer externen Seite oder einer weiterführenden Information, also einem Nutzen für den Leser, führen, sondern zu einer internen Sammelseite nach dem Schema http://www.sueddeutsche.de/thema/Schlagwort.
    Das ist beim Lesen sehr störend und führt einen nur in die Irre.
    Zum Beispiel aktuell ein Artikel über die Cartier-Bresson-Ausstellung, im Artikel wird der Begriff “Kunstmuseum Wolfsburg” mit einem Link versehen. Doch anstatt dass der Link zur Homepage des Museums oder einer Information über das Museum führt, geht es nur zu http://www.sueddeutsche.de/thema/Kunstmuseum_Wolfsburg, ist also für den Benutzer der Seite völlig nutzlos.
    Das ist ein Ärgernis, welches in letzter Zeit sämtliche Artikel betrifft und einem guten Webdesign schon sehr widerspricht.

  8. Wie auch den meisten anderen Nutzer gefällt mir das neue Design – schlicht, modern und übersichtlich. Mich würde interessieren, wie hoch die Klickraten im unteren Drittel der Startseite sind. Anscheinend noch ganz ordentlich, ansonsten wäre die Seite wohl deutlich kürzer.

    @Jakob: Diese Unsitte irreführender Links finde ich auch sehr nervig. Dabei scheinen Suchmaschinen, wie man mit ein paar Suchanfragen herausfinden kann, diese Links ohnehin automatisch zu entwerten und die Schlagwortseiten nicht allzu prominent zu positionieren. Kein Wunder, denn das Verlinkungsschema ist auch sehr unnatürlich.

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