Skip to content

Metaphern im Netz

metapher surfen

Das Medium Internet ist reich an Metaphern. Schon allein, wenn wir über das Netz sprechen bedienen wir uns einer Metapher. Jedem ist klar, dass nicht etwa ein Fischernetz gemeint ist, sondern das World Wide Web. Ok, in Küstennähe kann es hin und wieder zu Missverständnissen kommen.

Wellenreiten

Wir surfen im Netz. Was heute eine passende Formulierung ist, war zu Zeiten, in denen man sich mit 10 Arbeitsplätzen eine Modemverbindung mit 28 oder meinetwegen auch 64 Kilobyte geteilt hat, wie in den Anfängen meiner Studienzeit, der blanke Zynismus. Wie konnte nur jemand auf die absurde Idee kommen das nervenzehrende, manchmal schier endlos vorkommende Warten bis sich eine Seite aufbaut surfen zu nennen? Jean Armour Polly, der 1992 mit seinem Buch “Surfing the Internet” diesen Begriff geprägt haben dürfte war offensichtlich seiner Zeit weit voraus und vielleicht schon damals mit einem Breitbandzugang ausgestattet.

Metaphern sind allgegenwärtig

Metapher PapierkorbTäglich begegnen wir Metaphern im Umgang mit dem Computer und dem Internet. Schon allein nach Einschalten des Rechners wird uns mit Hilfe zahlreicher bildlicher Ausdrücke die Arbeit vereinfacht. Ganz selbstverständlich werden Dateien jeglicher Art in den Papierkorb geschoben, um sie zu löschen. Das tun wir bereits seit gut 25 Jahren, denn mit Einführung der Personal Computer hat sich die Systemmetapher Schreibtisch zwar optisch stark aber inhaltlich wenig verändert. Bereits in den allerersten Betriebssystemen wie zum Beispiel dem Xerox Star 8010 versuchte man bekannte und allgemein verständliche Gegenstände optisch nachzuahmen, damit die Bedienung erleichtert wird. Die heutzutage weit verbreitete “Reiteroptik” (Registerkarte) wie sie vor allem auch durch Windows (wenn auch teilweise sehr verwirrend) und im Netz unter anderem von Amazon geprägt wurde, stammt ebenso aus dem realen Büroumfeld, wie die Begrifflichkeiten Papierkorb, Schreibtischoberfläche, Ordner oder Etikett. In unserem Sprachgebrauch sind diese Wörter so fest verankert (auch eine schöne Metapher), dass es kaum einem mehr auffällt, wenn wir mit Hilfe dieser bildlichen Ausdrücke virtuelle Objekte beschreiben. Wenn der Kollege einem mitteilt: “Ich habe das Dokument in dem Ordner xy abgelegt” dann bedeutet dies nur noch in seltenen Ausnahmen, dass man zum Schrank mit den Aktenordnern gehen muss. Meist reichen ein paar Klicks mit der Maus, um die entsprechende Datei auf dem Server auszumachen.

Wie kommt das Buch in den Bildschirm?

Metapher BuchHandbücher sind in den seltensten Fällen noch reale Bücher. Software, die wir erwerben, werden heutzutage mit einer PDF-Datei auf einer CD geliefert. Diese Dateien nennen sich auch Handbücher. Bücher in denen man blättern kann, kosten nicht selten extra und werden nur auf Nachfrage geliefert. Vorbei ist die Zeit, in der große Regale mit Schubern von Adobe, Macromedia, Quark oder gar Aldus gefüllt waren. Insbesondere die Buchmetapher erfährt seit geraumer Zeit eine enorme Popularität. Immer öfter findet man auf Webseiten den realen Büchern und Katalogen nachempfundene Lösungen, in denen man dank Flash die einzelnen Seiten umblättern kann. Hier einige Unternehmen, die bereits solch einen “Blätterkatalog” einsetzen: Neff, Vergölst, Corporate Express, Bertelsmann oder auch Karstadt. Als Ausgangsmaterial dienen meist PDF-Versionen der Printflyer, die von Anbietern wie Blätterkatalog.de, dzmag.de, powerflasher.de oder cataloglister.com dementsprechend aufbereitet werden. Der Aufwand ist also recht gering, was mit ein Grund ist, weshalb man diese Anwendungen aktuell branchenübergreifend in jeder Ecke des Netzes findet. Aber ein weiterer Grund ist sicherlich auch die sehr plastische und vertraute Anmutung. Die Buchmetapher verbunden mit der Blätterfunktionalität erzeugt fast schon ein haptisches Erlebnis. Sicher, man hat immer noch die Maus in der Hand, mit der man die Seiten umblättert aber man ist schon etwas näher am realen und gedruckten Katalog, als noch vor 5 Jahren. Bei Karstadt wird das Umblättern sogar noch akustisch begleitet. Na ja, wer’s mag.

Die Abbildung der realen Welt

Metapher WarenkorbDer Wunsch, möglichst glaubhaft und wirklichkeitsnah die Realität abzubilden, spiegelt sich unter anderem auch in der Beliebtheit von Second Life wider. Dieses Bestreben kann man schon als Trend bezeichnen. Keiner der großen Shops möchte auf realitätsnahe 3D-Ansichten seiner Produkte verzichten. Nicht nur Modeartikel sondern z.B. auch Mobiltelefone und Automobile sind so zum Greifen nah. Sie lassen sich drehen, kippen und sogar einfärben. Selbst Häuser können von Außen und Innen besichtigt werden, um einen möglichst realitätsnahen Eindruck des neuen Eigenheims zu vermitteln – virtuell versteht sich.

Gestaltungsmittel wie Schattenwurf, Einfassungen oder Rahmen sollen zudem helfen eine Website nicht mehr als etwas Technisches oder Steriles aussehen zu lassen, sondern sie sollen Vertrautheit signalisieren. Auch die Verbindung zum bekannten Printmedium wie unter anderem zuletzt der Relaunch des Time Magazins gezeigt hat, wird so verstärkt. Insofern unterstützen alle Bemühungen dem realen Produkt in Form von Metaphern näher zu kommen gleichzeitig auch den crossmedialen Marketing-Ansatz. Offline- und Online-Welt werden vernetzt, wo wir begrifflich wieder beim Anfang diese Beitrags wären.

Visuelle Metaphern können die Usability verbessern

Metapher RinguchIm Übrigen lässt sich anhand des Design Tagebuch und der von mir betreuten Projekte erahnen, dass ich mich selbst als überzeugter Unterstützer sowohl der visuellen, als auch der funktionellen Analogie von Metaphern sehe. Was man kennt, braucht man nicht neu zu lernen. Das wiederum verbessert die Usability und damit auch den eigentlichen Nutzen (Utility) z.B. von einer Website. Eine Herausforderung liegt meines Erachtens als Designer darin, nicht jede Site meinetwegen wie ein Ringbuch aussehen zu lassen, sondern die Metaphern in eine originäre und gleichzeitig verständliche Formensprache zu überführen.

Weitere und umfassendere Informationen zum Thema Metaphern liefert unter anderem Henrik Arndt in seinem Buch “Integrierte Informationsarchitektur”. Außerdem habe ich am Ende der Link-Liste zwei informative Sites zu diesem Thema aufgespührt.

Nachfolgend eine Sammlung an Auftritten, in denen unterschiedliche visuelle Metapherntypen eingesetzt werden.

Beispiele für Registerkartenmetaphern / Reiteroptik

Beispiele für Buch- bzw. Ringbuchmetaphern

Beispiele für Pinnbrettmetaphern

Beispiel für Kartenmetaphern

  • Trans-Ost-Expedition / denis-katzer.com

Weiterführende Informationen

Dieser Beitrag hat 21 Kommentare

Kommentare sind geschlossen.

An den Anfang scrollen