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Kritik an red dot design award und an Peter Zec

Die red dot design awards werden von jährlich wechselnden, vielköpfigen Jurys vergeben und nicht von Peter Zec selbst. Der Vorwurf, Awards seien quasi per Überweisung bei Zec zu erwerben, ist leicht zu widerlegen. Der Ball hierfür liegt allerdings bei der red dot GmbH & Co. KG und nicht bei mir. Offen gesagt erscheinen die Anschuldigungen und die Art und Weise, wie sie vorgebracht werden, etwas dick aufgetragen, um nicht zu sagen recht plump. Gut gebrüllt, Löwe, könnte man vielleicht wohlwollend sagen. Die Website ist ganz nett. Wer allerdings gute Argumente hat, braucht nicht zu brüllen.

Wie sieht es mit einem weiteren Kritikpunkt aus, dem der fehlenden Nachvollziehbarkeit? Meiner Ansicht nach eine Kritik, die nicht von der Hand zu weisen ist, denn nicht immer steht ein red dot award tatsächlich für gutes Design. Das muss man so sagen. Tatsächlich habe ich mich schon des öfteren gefragt, was die Jury veranlasst haben mochte, den ein oder anderen Preis zu vergeben. Ich denke da etwa an den vieldiskutierten Beitrag Flughafen Frankfurt Hahn CD – nachgefasst. Nicht selten überkamen mich beim Sichten der Preisträger-Galerie Zweifel, wie gerechtfertigt ein Preis ist. Auch das ein Grund, weshalb ich mit immer weniger Interesse red-dot-Wettbewerbe verfolge. Unternehmens- und Pressemeldungen, in denen mir ungefragt mitgeteilt wird, Firma X oder Marke Y hätten eine red dot erhalten, stapeln sich in meinem Postfach.

2011 erhielt das Design der Szenebar „Hoch 3“ einen Preis (red dot), der deshalb zweifelhaft erscheint, da das Hoch3-Logo wie eine Dublette des seit 2009 in Verwendung befindlichen Stadtlogos von Hildesheim anmutet. Vor allem jedoch ist es die schiere Masse an Preisträgern, die zur Folge hat, dass ein mit dem Award ausgezeichneten Entwurf mittlerweile kaum Strahlkraft aufweist, vor allem keine, die über die Designbranche hinaus reichte.

Ich wollte es genauer wissen und habe mir im Hinblick auf den Vorwurf „der inszenierten Flut von Preisen“ einmal die Zahlen und Fakten aus den vergangenen Jahren angeschaut. Hier das Ergebnis: Etwa jede fünfte eingereichte Arbeit erhielt 2011 eine Auszeichnung im Bereich product design, in der Sparte communication design ist es etwa jede zehnte Arbeit, die einen red dot erhielt. Mit dem Qualitätsmerkmal „best of the best“ werden jährlich zusätzlich etwa 1 bis 2 Prozent der Arbeiten bedacht. Angesichts solch einer Award-Schwemme von bis zu 830 red dots pro Jahr und pro Sparte darf die Frage erlaubt sein, ob der Award tatsächlich als Qualitätssiegel fungieren kann.

Zwar werden in den letzten Jahren, trotz wachsender Anzahl an Einreichungen, prozentual weniger Arbeiten ausgezeichnet – zumindest gilt dies für die Sparte product design –, das Verhältnis von Einreichungen zu Preisträgern erscheint jedoch immer noch sehr hoch. Warum gibt es so viele Preisträger? Hinter dem red dot award steht ein Unternehmen, das (natürlich) wirtschaftlich denkt und handelt. Mehr Einreichungen bedeutet mehr Umsatz und mehr Gewinn. Ein Designpreis als Geschäftsmodell. Es gibt gute Gründe, solch ein Modell in Frage zu stellen, insbesondere wenn es um Werte wie Unabhängigkeit und Glaubwürdigkeit geht. Die Juroren sind die entscheidende Instanz, die für beides sorgen sollen.

Auch beim iF Design Award, der von der iF International Forum Design GmbH durchgeführt wird, verhält es sich nicht anders. Numerisch wie auch prozentual bringt das iF Forum sogar noch mehr Preisträger hervor. 2011 wurden in der Sparte „product design“ von 2.756 Einreichungen 993 Arbeiten ausgezeichnet. Jede dritte Einreichung erhielt also einen Preis. In diesem Jahr wurden in der Sparte „communication design“ von 1.054 Einreichungen 275 mit einer Auszeichnung bedacht, was einem Anteil von 26% entspricht. Dass es sich hierbei immer und ausschließlich um herausragendes Design handelt, ist schon aufgrund der hohen Anzahl an Preisträgern vor allem Branchenfremden schwer zu vermitteln, denn klar ist: je mehr Arbeiten „herausragen“, desto weniger stechen sie tatsächlich aus der Masse heraus.

Zum Vergleich: Beim Bayerischen Staatspreis nahmen 2010 insgesamt 311 Nachwuchsdesigner teil, 8 von ihnen wurden mit einem Preis bedacht. Das entspricht einem prozentualen Anteil von 2,6 %. Zwei weitere Beispiele, die jeweils nur am Rande Design betreffen: Bei den Webby Awards, die jährlich von der „International Academy of the Digital Arts and Sciences“ vergeben werden, wurden in diesem Jahr in insgesamt 70 Kategorien knapp 10.000 Projekte eingereicht. Jeweils 2 Preise wurden pro Kategorie vergeben (Jury + Publikum), was einem Anteil von 1,5% entspricht. Beim diesjährigen World Press Photo haben 5.247 Fotografen insgesamt 101.254 Fotos eingereicht. Nur 56 Teilnehmer wurden ausgezeichnet, was einem Anteil von gerade einmal 1% entspricht (Verhältnis Anzahl teilnehmender Fotografen zu Preisträgern). Das jährlich zum „World Press Photo of the Year“ gekürte Foto erreicht eine mediale Aufmerksamkeit, die nicht nur dem jeweiligen Fotografen zu weltweitem Ruhm und Ehre verhilft, sondern die darüber hinaus positiv auf die gesamte Fotojournalisten-Gilde abstrahlt. Ein vergleichbares Interesse der Medien und eine ähnliche Wirkung sucht man selbst bei namhaften Designpreisen vergeblich.

Es gibt genügend Wettbewerbe, deren Preisträger sich tatsächlich und eindrücklich aus der Masse hervorheben. Genau darin liegt der Wert eines Preises. Er deutet auf eine sprichwörtlich herausragende Qualität, zumindest sollte ein Preis dazu imstande sein. Ansonsten braucht es ihn nicht. Ein unverhältnismäßig hoher Anteil an Preisträgern mindert nicht nur den Stellenwert jeder einzelnen Auszeichnung, er gefährdet zugleich das Ansehen des Preises als solchen. Ein Leitspruch, der gerade von vielen Kreativen beherzigt wird, sollte meiner Meinung nach vor allem auch für Designwettbewerbe und ihre Preisträger gelten. Weniger ist mehr.

Ergänzend zwei Diagramme, die das Verhältnis von Einreichungen zu Preisträgern beim red dot award aufzeigen:

Dieser Beitrag hat 73 Kommentare

  1. Aber gerne – für sachliche Diskussionen bin ich immer zu haben ;-)
    Das mit der Begründung mag durchaus sein – darauf hat ja die Jury keinen Einfluß. Allerdings ist es ehrlich gesagt nicht unerheblich Arbeit, gewissenhaft die vielen Einsendungen zu prüfen. Wenn ich dann noch zu jedem ausgezeichneter Arbeit eine fachliche Abhandlung schreiben sollte, dann würde ich mich keiner Jury mehr zur Verfügung stellen – wie schon geschrieben, es ist ja quasi ein “Ehrenamt”.
    Und es stimmt, das eine Arbeit meist mehrere Auszeichnungen bekommt. Das spricht doch aber nur für die Qualität der Arbeit, da verschiedene Jurys unabhängig voneinander zum gleichen Ergebnis kamen. Und über Qualität läßt sich nunmal selten streiten. Die Veranstalter stehen meist im Wettbewerb zueinander – eine “Absprache” ist daher eher abwegig.
    Was die Anzahl der Auszeichnungen angeht: Würden Sie bei einem Wettbewerb mitmachen, bei dem die Chance 1:6000 steht, eine Auszeichnung zu erhalten? Eine gewisse Einreicherzahl ist jedoch erforderlich, um einen Wettbewerb zu finanzieren …
    Hinzu kommt: Die eingereichten Arbeiten haben meist schon ein sehr hohes Niveau (denn ein Designer weiß meist genau, ob er gerade einen Bread&Butter-Job vor sich liegen hat oder einen, der aus der Masse heraussticht und damit “einsendewürdig” ist) – dies und alleine dies muß sich meiner Meinung nach in Wettbewerbsergebnissen widerspiegeln. Ich war aber durchaus schon bei Wettbewerben, die beispielsweise gar keinen ersten Preis vergaben. Das ist für den Ausschreiber nicht schön, zeigt aber, wie genau eine wirklich Fachjury hinsieht.
    Und dann gibt es Wettbewerbe, deren Niveau generell nicht so hoch ist – was also tun? Gar niemanden küren? Ich sehe das dann eher wie bei einem sportlichen Wettkampf: Wenn zehn Läufer antreten und der Schnellste schafft die 100 Meter erst nach 20 Minuten ist er trotzdem “Erster” – ich kann ja nur vergleichen, was auf dem Tisch liegt und nicht mit dem, was ich sonst so kenne …
    Wie gesagt, ich bin mit keinem Wettbewerb wirtschaftlich oder persönlich “verbandelt”, möchte aber nur einmal aufzeigen, daß Jurys die Preise keinesfalls auswürfeln, sondern viel Zeit aufwenden und sich ernsthaft den Einreichungen widmen. Ich für meine Person nehme jedenfalls solche Termine sehr ernst. Wie die Veranstalter letztlich kommunizieren, ist natürlich deren Sache und vielleicht gibt es hier noch Verbesserungspotential.

  2. Die Aufschneiderei, Peter Zec wäre ein Klischee aus Mafia-Filmen oder im Theater vorgeführten “Kiezgrößen”, dient nur der PR. Warum zugeben, dass man sich nur vor Verleumdungsklagen schützen will, wenn man mit der Anonymität auch dick auftragen kann? Eine kleine Gruppe, die ihre tatsächliche Größe hinter einem Spiegelkabinett avantgardistischer Ansprüche verstecken muss, wehrt sich gegen den “Ausverkauf” industriellen(!) Designs und gibt zudem noch durch ihre Philosophie der “reinen Lehre” vom Design, die sie wie eine Doktrin leben und durch Agitation verteidigen, die eigentliche Oberflächlichkeit ihrer kleinen kritischen Bewegung preis.

    Und wie alle Avantgardisten fürchten sie, dass ihnen durch eine andere Avantgarde der Rang abgelaufen wird – als ob der dumme Kunde nicht selbst einschätzen könnte, ob ein Produkt einen Award wirklich verdient, ob erst ein Award gutes Design als gutes Design erkennbar macht, so als ob man als Avantgarde den Geführten erklären muss, welchen Geschmack sie zu pflegen haben. Design ist doch und irgendwie auch nicht eine Frage des Geschmacks – industrielles Design richtet sich vor allem anderen ganz wesentlich nach der Funktion des Produkts. Gegeben, dass alle Designer im gleichen hohen Maß etwas von ihrer Arbeit verstehen – und deshalb auch Preise wie den red dot gewinnen – verbindet sich Design symbiotisch mit der Produktfunktion und trifft eine Aussage über die Zweckmäßigkeit des Produkts.

    Wenn man die Welt vor einer Schwemme an red dots retten will, geht man in das Award-Kuratorium, in die Jury oder wer auch immer über die Vergabe bestimmt, und ändert die Vergabekriterien. Es ist allerdings zu bezweifeln, dass es bei industriellem Design überhaupt möglich ist, kritischer an Design heranzugehen. Wie bei allen industriellen Verfahren ist auch beim Design gegeben, dass sich durch den Wettbewerb eine Schule herausbildet, sodass ein Verfahren allgemein wird. Wenn immer mehr ihre Produkte nach so einem Prozess qualitativ hochwertig gestalten, dann wird es für einen Industrie-Design-Preis auch immer mehr Nominierungen geben, sodass nicht nur der Geschmack des Zeitgeists, sondern auch der Zweck von Design höchster Güte massenfähig geworden ist.

    Diese eklektische Gruppe der Kritiker will allerdings weder eine breite Marktfähigkeit guter Produktgestaltung noch den Sieg der Relevanz von Design in der Industrie akzeptieren und beharrt auf die kritische Auslese durch eine Prämierung im Wettbewerb, statt die Prämierung einer praktizierten Philosophie, die sich immer weiter durchsetzt.

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