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Hello Apple Music!

Es ist bei Apple mittlerweile Tradition, dass (mehr oder minder) signifikante Neuerungen in iTunes auch visuell gekennzeichnet werden (siehe iTunes 11 oder iTunes 10). Ein jeder soll schon anhand des neugestalteten Logos respektive App-Symbols erkennen können, dass sich etwas getan hat. Ich habe mir angeschaut, was genau sich verändert hat und wie Apple Music integriert wurde.

Als langjähriger Musik-Streaming-Nutzer komme ich nicht umhin, mir Apple Music anzuschauen, zumal Tim Cook angekündigt hatte, Apple Music würde die Art und Weise, wie wir Musik konsumieren, für immer verändern. Diesen Evolutionsschritt haben freilich viele Millionen Menschen dank Spotify, Simfy und anderen Musik-Streaming-Diensten schon längst vollzogen. Anders als etwa bei der Einführung des iPads betritt Apple einen Markt, der von anderen Unternehmen dominiert wird. Bei weltweit über 800 Millionen iTunes-Nutzern kann man jedoch davon ausgehen, dass Apple Music über kurz oder lang die Rolle des Platzhirschs wird einnehmen können, nicht, weil es die überzeugendere User Experience böte oder das bessere Musikangebot, sondern vielmehr deshalb, weil es integraler Bestandteil des geschlossenen Geschäftsmodells von Apple ist.

iTunes Logo – vorher und nachher
iTunes Logo – vorher und nachher

Vorweg sei gesagt, dass es mir bei derlei Streaming-Diensten tatsächlich um die Musik geht. Jegliche Anbindung an soziale Netzwerke interessieren mich nicht. Ich bin da offenbar nicht der Einzige. Apples erster Versuch diesbezüglich namens PING wurde nach zwei Jahren wieder eingestampft. Nun nimmt Apple gewissermaßen einen zweiten Anlauf und hofft, Nutzer und Musiker, wie es in der iTunes-12.2-Umgebung heißt, mit einander zu „connecten“. Wie dem auch sei. Mir geht es um die Musik und welche Möglichkeiten mir iTunes 12.2 bietet, diese zu konsumieren. Derzeit nutze ich sowohl Spotify wie auch Apple Music. Für meinen Einstieg in Musik-Streaming sorgte seinerzeit Grooveshark. Sicherlich ist Spotify nicht perfekt, im Vergleich zu Apple Music ist die Bedienung allerdings, wie ich finde, deutlich anwenderfreundlicher.

Los gehts, wie meist nach einem Update von iTunes, mit Abnicken der Geschäftsbedingungen.

iTunes Interface – Bestätigung
iTunes Interface – Bestätigung

 

Obwohl Apple Music in den ersten drei Monaten gratis ist, müssen Nutzer zunächst auf einen „Kaufen“-Button klicken. Das sorgt für Verwirrung. Die genannte Summe, 9,99 Euro für die Einzellizenz bzw. 14,99 Euro für die Familienlizenz, wird jedoch nicht in Rechnung gestellt. Das hätte man sicherlich geschickter umsetzen können. In den unfassbar langen iTunes-Geschäftsbedingungen wird auf die dreimonatige Testzeit nicht eingegangen.

iTunes Interface – Künstler auswählen

Anschließend wird man – Besitzer einer Apple Watch kennen das – von einer wabernden Tag-Wolke mit vielen Kreisen begrüßt. Abgeschnittene Genre-Bezeichnungen sehen nicht schön aus, zudem ist die Bedienung der Wolke furchtbar umständlich. Wer beispielsweise nur auf deutschen Rap oder meinetwegen Schlager steht, darf erst einmal alle anderen Bubbles wegklicken. Ständig verrutschen einem dabei die kleinen Kreuzsymbole zum Entfernen eines Genres. Da muss man durch als Nutzer, denn die Vorauswahl ist zwingend erforderlich; sonst funktioniert der Weiter-Button nicht.

iTunes Interface – Künstler auswählen

Bei Auswahl der Genres ändert sich die Größe der Blasen und es erscheinen Piktogramme von Musikinstrumenten. Eine Spielerei, ein nettes Gimmick. Häkchen in einer Liste hätten es auch getan. Zumindest optional sollte man, in Analogie zu anderen iTunes-Templates, auch die Darstellung als Liste anbieten, dann auch mit verbessertem Kontrastverhältnis, denn die kleine weiße Schrift in roten Blasen ist so gerade eben zu lesen. In einer Listendarstellung wäre zudem die Einschränkung auf nur wenige Genres/Künstler deutlich einfacher.

iTunes Interface – Künstler auswählen

Es folgt die Auswahl der Künstler. Erst nach einer gewissen Interaktion mit den roten Blasen füllt sich der „DU“-Ring im Fußbereich der Seite und die Vorauswahl ist abgeschlossen. Diese Auswahl kann zu jedem Zeitpunkt über das Menü „[Nutzername] > Künstler wählen“ zurückgesetzt und neu vorgenommen werden. Der Weg über eine solche Vorselektierung ist für all jene Nutzer umständlich, die über ein breites Interessenspektrum verfügen, hierbei jedoch die Möglichkeit zu schätzen wissen, die Eingrenzung auf bestimmte Künstler vornehmen zu können. Im weiteren Verlauf wird man feststellen, dass die Bubbles im Grunde genommen vollkommen nutzlos sind.

iTunes Interface – Für dich

Im nächsten Schritt gelangt der Nutzer zu einer Ansicht mit Covern (Abb oben). Das hier dargestellte Musikangebot basiert auf der in den beiden Schritten zuvor vorgenommenen Vorauswahl, zumindest sollte es. Selbst bei Auswahl von „Schlager“, „Helene Fischer“ und „Roland Kaiser“ erscheint zu oberst stets eine R&B-Sammlung. Da fragt man sich schon, weshalb man sich mit den Kreisen abmüht, wenn einem schließlich doch ein Standardkanal angezeigt wird. Insofern ist die Bezeichnung „Für dich“ im Hauptmenü geradezu absurd. Von der angekündigten „individuellen Empfehlung“ durch Musikredakteure keine Spur.

Was die Darstellung der Kanäle/Channels betrifft, ist die Umgebung in Spotify deutlich besser, auch weil anhand des dort genutzten Piktogrammstils deutlich wird, dass es sich um Kanäle handelt. In Apple Music wird jedoch suggeriert, die Auswahl beinhalte lediglich drei oder vier Alben.

iTunes 12 Interface

Was in Apple Music fehlt, ist ein einfache Darstellung der Genres und Kanäle. Leider ist die Genreliste im iTunes-Store vom Apple-Music-Angebot abgekoppelt, kann also als Navigationshilfe nicht genutzt werden. Was bleibt, ist die Volltextsuche. Etwas mager ist das schon.

iTunes Interface – Album-Detailseite

Album-Detailseiten (Abb. oben) sehen, im Gegensatz zu Spotify, alle unterschiedlich aus, erhalten eine auf das Album und den Künstler zugeschnittene persönliche Note. Viel Platz, kleine Schrift, typisch Apple, nicht immer schön. Auf größeren Displays zerfällt der Aufbau doch recht schnell. Ohne Interaktion ist nicht ersichtlich, ob Texte, wie etwa ein Songtitle, verlinkt sind, oder, wie bei der Genre-Bezeichnung, nicht. Die Usability ist … ausbaufähig. Abgesehen davon wünschte ich mir Genre-Bezeichnungen verlinkt, sodass man zu entsprechenden Übersichtsseiten gelangt. Vielleicht ja in iTunes 13.

iTunes Interface – iCloud-Mediathek

Womöglich nur ein Bug: Bei mir ist das Hinzufügen von Musik OHNE Nutzung der iCloud-Mediathek nicht möglich (siehe Abb. oben). Spätestens an dieser Stelle wird einem bewusst, wie sehr man als Nutzer des Streaming-Angebots in den Apple’schen Walled Garden gelenkt wird, aus dem es, hat man es sich hier erst einmal bequem eingerichtet, kein Entrinnen gibt. Wenn Cloud-Technologien verpflichtend für ein Angebot vorausgesetzt werden, ist dies ein Punkt, wo es für mich persönlich unbequem wird.

iTunes Interface – Beats 1

In iTunes 12.2 gibt es nun mit „Internetradio“ und „Radio“ gleich zwei Bereiche mit „echten“ Radioangeboten. Geschuldet ist diese Dopplung dem Umstand, dass Apple freilich das zeitgleich gestartet Musikradio Beats 1, das exklusiv von Studios in Los Angeles, New York und London aus produziert wird, pushen will. Sinnvoll aus UX-Sicht wäre allerdings die Auflösung dieser Redundanz und die Bündelung unter nur einer Bezeichnung.

Zum Stöbern lädt Apple Music insgesamt nicht wirklich ein. Das liegt einerseits an der noch überschaubaren Auswahl an Kanälen/Sendern wie auch an den eigenartigen Farbwelten, die eher ablenken, als dass sie der Orientierung dienten. Diesbezüglich macht das Interface von Spotify mehr her – es hat halt auch schon zig Iterationsstufen hinter sich. Einige werden sagen, zu viele.

Soweit mein erster Tag mit Apple Music. Derzeit kann Apples Musik-Streaming-Angebot bei mir noch nicht punkten. Für das sicherlich bald folgende Update wünsche ich mir weniger grafische Spielerei, eine umfassendere Funktionalität sowie eine verbesserte Usability. Das Musikangebot als solches ist erwartungsgemäß überzeugend. Was fehlt, ist ein ebenso überzeugendes Interface, das dieses Angebot auch zugänglich macht. Zumindest zum jetzigen Zeitpunkt gibt es für mich keinen Grund, Spotify „Good bye“ zu sagen.

Weitere Meinungen und Einschätzungen zum neuen iTunes/Apple Music werden auf n-tv.de unter Wie wird Apple Music beurteilt? gebündelt.

Dieser Beitrag hat 21 Kommentare

  1. Apple wird mittels ihrer Marktmacht und Werbepower wenigstens eines schaffen:
    Das Bewusstsein für Musikstreaming beim normalen User wecken und den Markt zu vergrößern, davon dürfte auch Spotify profitieren. Für mich persönlich gibt es keinen einzigen Grund, warum ich Spotify verlassen sollte…

    Im übrigen wird der Wallet Garden Apple mehr und mehr auf die Füße fallen. Vor allem bei Nutzern, die unvoreingenommen verschiedene Plattformen von Betriebssystemen nutzen. Ich habe seit 2 Monaten zwangsweise Apple (war vorher WIN-User und Androider). Und ich hasse den Apfel täglich mehr…

  2. 4 Wochen nach Launch von Apple Music die erste Anpassung: Alle Genre-Kategorien werden nun per zentral positioniertem Dropdown aufgelistet. Ich persönlich wünschte mir auch auf einer Kategorie-Seite ein solches Menü, mit dem sich Unter-Genres noch weiter eingrenzen lassen.

    apple-music

    Nach wie vor treten Fehlermeldungen wie die nachfolgende auf. Kurios: Der Ok-Button ist zwar sensitiv, jedoch bleibt ein Klick wirkungslos.

    Apple Music Fehler

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