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Giro d’Italia: Jubiläumslogo zum 100.

Der Giro d’Italia, nach der Tour de France das zweitwichtigste Radsport-Etappenrennen der Welt, bekommt anlässlich der 100. Ausgabe des Rennens im kommenden Jahr ein neues Logo. Angesichts der Darstellung des Logos stellt man sich unweigerlich die Frage: fährt der Fahrer nun nach vorne oder fährt er zurück? Ein interessantes Fallbeispiel.

Im Mai 2017 wird der Giro d’Italia zum 100. Mal ausgetragen. Das runde Jubiläum zum Anlass nehmend hat der Veranstalter ein entsprechendes Logo aufgelegt, das speziell zu diesem Sportereignis zum Einsatz kommt. Ausgehend vom Giro-Ursprungslogo wurde die Zahl 100 in das Signet eingearbeitet. Die Darstellung eines Radrennfahrers und des Siegerpokals („Trofeo Senza Fine“) wurden, getreu dem italienischen Motto: „Amore infinito“, mit dem Unendlichkeitszeichen kombiniert.

Entworfen wurde das Logo von der Sport- und Mediaagentur RCS Sport, die den Giro d’Italia organisiert.

Kommentar

Mehr inhaltliche Aufladung geht bei einem Zeichen im Grunde nicht. Typisch für Jubiläumslogos. Alles und Jedes muss und soll im Logo dargestellt werden (siehe Logo-Herleitung). Manchmal bleibt dabei allerdings das Wesentliche auf der Stecke.

Radrennen haben bekanntermaßen einen Start- und einen Endpunkt, weshalb die Verwendung des Unendlichkeitszeichens furchtbar unlogisch ist. Ein solches Rennen wie der Giro d’Italia ist gewissermaßen Synonym für Endlichkeit. Sicher – wenn Amore im Spiel ist, fährt der Verstand mitunter Karussell. So auch hier.

Wahrnehmungspsychologisch ein höchst interessantes Zeichen. Das Logo suggeriert nämlich, als führe der Rennfahrer in die entgegengesetzte Richtung, und das obwohl dessen Bewegung doch nach rechts deutet. Der Rennfahrer scheint das Ziel aus den Augen verloren zu haben, bewegt dieser sich doch weg von der Spitze, die mit der vorgestellten Ziffer „1“ eine Art vorderen Fixpunkt definiert. Zu dieser Spitze weisen jedoch nicht Lenker und Helm, sondern der Hintern des Fahrers. Spiegelt man den Fahrer, entspricht die Darstellung schon eher einer als vorwärts fahrend empfundenen Bewegung, wie die folgende Darstellung zeigt:

gespiegeltes Logo Giro 100 (nicht offiziell)
gespiegeltes Logo Giro 100 (nicht offiziell)

Ein wunderbares Beispiel, um einmal über Gestaltungsregeln nachzudenken. Im Artikel „Über die Wahrnehmung von Zeichen und Logos“ beschäftige ich mich noch einmal eingehend mit der Wahrnehmung von Logos in Bezug auf die Leserichtung.

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Dieser Beitrag hat 32 Kommentare

  1. “Radrennen haben bekanntermaßen einen Start- und einen Endpunkt”

    Der Giro d’Italia ist kein Radrennen, sondern eine Radrundfahrt!

    1. Rundfahrten sind der Giro und die Tour nur vom Namen her. Faktisch sind jeweils Start und Ziel an unterschiedlichen Orten, womit die Strecken nicht ansatzweise einen Kreis beschreiben.

      1. Sorry, das ist aus meiner Sicht theoretische Wortglauberei. Giro und Tour (und alle weiteren Rundfahrten) sind nicht nur vom Namen her eine Rundfahrt, sondern vor allen Dingen inhaltlich und unterscheiden sich massiv von einem Radrennen.

        Aus aktiver und passiver Sicht eines Radsportlers (womit ich primäre Zielgruppe des Logos bin) erscheinen mir die Verwendung der Formen Linie und Kreis zur symbolischen Darstellung und inhaltlichen Unterscheidung von Radrennen und Radrundfahrt sehr logisch.

    2. Auch verstehe ich das Unendlichkeitssymbol als Referenz auf den Giro in seiner Gesamtheit. Also nicht im Sinne von «unendliches Rennen ohne Start und Ziel» sondern viel eher als Hinweis, dass es den Giro d’Italia ewig geben wird.

  2. Wenn man den Fahrer spiegelt, hat er aber keine freie Fahrt mehr, denn die 1 steht wie eine Mauer in seinem Weg. ;)

    In meinen Augen ist die Ausrichtung nach rechts, im Sinne des Leseflusses, eindeutig mit vorwärts verbunden.

  3. Mein erster Eindruck: Warum fährt der Mann rückwärts?
    Dito beim zweiten und dritten Blick.
    Die Leserichtung wurde hier scheinbar falsch interpretiert: Bei der “100” ist die “1” vorne, und in meinen Augen gibt es keine Möglichkeit das anders zu entschlüsseln: Eine Person sitzt auf der Zahl, und sie sitzt augenscheinlich rückwärts drauf.

    Hilarious!

    1. Interessant. Nimmst Du die „1“ als Teil des Rennrades wahr?

      Sie hat zwar die gleiche Farbe wie die beiden Nullen bzw. das Unendlichkeitssymbol, aber in meiner Wahrnehmung gehört sie überhaupt nicht zu dem Fahrrad. Wäre in meinen Augen ein komisches Anhängsel (Gepäckträger?) oder, in Achims Variante, eine Art Vorbau (Schutzblech? Oder Windschutzscheibe wie beim Motorrad?).

      1. Das ist sicher sehr subjektiv, aber ich sehe und erkenne zu allererst die “100”.

        Wir sind solche Zeichen ja gewohnt, vermutlich entschlüsseln wir alle Elemente merh oder weniger “gleichzeitig” – trotzdem aber funktioniert das Zeichen in meinen Augen nicht, wenn man die “1” von dem Rest trennt – mann muss und soll immer auch die “100” lesen.
        Und auf der “100” sitzt die Figur falsch herum.

        Da bin ich ganz pragmatisch: Ich habe drei verwobene Elemente: eine “100”, eine Figur, ein Unendlichkeitszeichen – Zwei dieser Elemente funktionieren nicht miteinander, bzw. wirken wie ein Fehler – Kann oder sollte ich als Gestalter das Logo dann trotzdem in der Form durchziehen? Ich hätts nicht gemacht :-)

          1. Ernstgemeinte Frage? Bei einer zahl ist die erste Ziffer “vorne” oder auch links, die letzte “hinten” oder auch rechts. Wäre die Zahl 100 also ein Fahrzeug würde sie von rechts nach links vorwärts und von links nach rechts rückwärts fahren.
            Nimmt man die “100” als Einheit wahr, dann hockt der Radfahrer rücklings darauf und droht zudem gleich abgeworfen zu werden….
            Ich erkenne anhand der vielen Meldungen an, dass wohl eine Mehrheit entweder die natürliche Ausrichtung der “100” nicht so eng sieht wie ich oder viel deutlicher die “00” getrennt von der Ziffer “1” wahrnimmt – Letzteres kann ich zwar nachvollziehen, es gefällt mir aber nicht: Eine “100” ist eine “hundert”, keine 99 und auch keine Doppel-0.

            Letztlich haben die Gestalter das alte Logo deutlich aufgehübscht (sehr gelungen wie ich finde!) und als Gag noch eine “1” vorne hingeklebt und das sich daraus ergebende Problem der Bewegungsrichtung ignoriert – kann man machen, muss man aber nicht gut finden :-)

      1. Da darf ich aber ganz kritisch bemerken, dass du etwas wahrnimmst, was so nicht zu sehen ist. In der statischen Form des Logos steht da eine “100” – die mag man ignorieren oder übersehen, aber dann wirds halt schnell unsachlich.

        Ich hab ja bisher auch ignoriert, dass die Gestalter wohl primär das bestehende Giro-Logo ergänzen wollten – die Spiegelung des Radfahrers wäre da ein großer Bruch gewesen.

        Dafür habe ich keine Lösung, bleibe aber dabei, dass das Logo in der vorliegenden Form eher was unfreiwillig komisches hat und in meinen Augen daher nicht ehrwürdig oder feierlich wirkt sondern ein bisschen peinlich (nicht mehr aber auch nicht weniger).

        1. Darfst du. :) Klar sehe ich auch die 100, aber eben auch schnell den Rennfahrer, und dabei blende ich die „1“ aus, sie wird zu einem Hintergrundelement. Und genau das wollte ich überspitzt mit der Animation darstellen.

          Nebenbei finde Logo gut gelungen.

  4. Auch ich würde die Variante mit gespiegeltem Fahrer – also Fahrtrichtung nach links – vorziehen. Es wäre in Kombination mit der »100« nicht nur logischer. Der Fahrer säße dann auch in der optischen Mitte, was das Logo in seiner Gesamtheit harmonischer und in sich runder hätte wirken lassen.

    Man wollte hier wohl die eierlegende Wollmilchsau schaffen und möglichst alles hineinpacken. Die 100, den Radrennfahrer und die Unendlichkeit. Aber manchmal überhebt man sich eben.

    Und musste es unbedingt ein Schweinchen-Rosa sein?

  5. Ich sehe da irgendwas mit Weihnachten. Mein Kopf will die ganze Zeit eine rote Bommelmütze hinein interpretieren.
    Liegt evt an der Farbwahl und das bald Weihnachten ist.

    Die gespiegelte Variante finde ich auch besser.

  6. Als gestaltender Radsportler muss ich mich über ein solch selten dämliches Gelaber schon mächtig wundern.

    Bei diesem Logo wurde alles richtig gemacht. Fertig.

  7. Finde es ja toll, wenn sich Menschen treu bleiben und eine klare Linie erkennen lassen. Alle bislang von „Karl Hartt“ abgegebenen Kommentare im dt bestehen ausnahmslos aus inhaltsleerem Gemotze. Nur mit gestaltenden Radsportlern wie Hartt als Kommentatoren würden sich Diskussionen über Kommunikationsdesign, ähnlich wie nach meinem Empfinden der Radler auf der 100, ganz sicher in die falsche Richtung bewegen.

    Es geht gar nicht darum, wer recht hat. Es geht darum, aufzuzeigen, dass wir uns nach wie vor mitten in einem Lernprozess befinden, derlei Zeichen zu deuten. Konsens, das zeigt auch diese Diskussion, ist in vielen Fällen kaum zu erreichen.

    @Christian Z. Meine Wahrnehmung ist, wie ich bereits geschrieben hatte, eine ganz andere. Finde es aber toll, mit welchen Mitteln Du die deinige illustriert hast! Danke dafür.

    Danke an alle, die sich auf konstruktive Weise in die Diskussion einbringen!

    1. Selbstverständlich, der Ton macht die Musik und sollte sachlich und fair bleiben.

      Nichtsdestotrotz ist eine Diskussion über den Giro d’Italia ohne Wissen über Ablauf, Form und Tradition der Veranstaltung auch auf der reinen Gestaltungsebene müßig bis sinnlos.

      Die Kommentare spiegeln aus meiner persönlichen Erfahrung die oft mühsamen Diskussionen in Gremien der öffentlichen Hand und Organisatoren von Veranstaltungen mit öffentlichem Publikum zwischen Gestaltern/Agenturen und Auftraggebern wider.

      Den Auftraggebern wird oftmals mangelndes Gespür für Gestaltung vorgeworfen. In diesem Falle ist es einmal andersherum…

      1. Nichtsdestotrotz ist eine Diskussion über den Giro d’Italia ohne Wissen über Ablauf, Form und Tradition der Veranstaltung auch auf der reinen Gestaltungsebene müßig bis sinnlos.

        Ich bin sehr dafür, sich, bevor man bewertet und kommentiert, eingehend mit den Hintergründen zu beschäftigen. In diesem Fall wird in dem Kommentar allerdings indirekt unterstellt, man müsse dezidiert mit der Geschichte des Giro vertraut sein, bevor man sich ein Urteil über das Logo erlauben darf. Dadurch wird im Grunde all jenen ihr Urteilsvermögen abgesprochen, die nicht zu jener Gruppe gehören. Das freilich stellt das Wesen der Kritik auf den Kopf. Als dürfe man nur dann den Geschmack einer Torte beurteilen, wenn man weiß wie sie hergestellt wird. Ich traue es mich gar nicht zu sagen, weil es so selbstverständlich ist: auch ein Gestalterlaie hat das Recht auf ein Urteil in Bezug auf die Form eines Designs. Gestalterprofis neigen dazu ihm diese Fähigkeit abzusprechen. Ergo ist es auch anders herum müßig einzufordern, man müsse (als Gestalter) ein Radsport-Experte sein, bevor man sich ein Urteil zu dem hier vorgestellten Signet erlauben dürfe.

        Andreas, da Du dich bislang nicht zur Form des Logos geäußert hast: wie ist denn Deine Einschätzung diesbezüglich?

        1. Selbstverständlich, Kritik ist offen und von allen Seiten berechtigt. Aber eine Diskussion über die Farbe Rosa ist in diesem Fall aus meiner Sicht tatsächlich müßig. Mir gefällt das Logo sehr gut und vermittelt mir als Gestaltungslaie, Radsportfan und Person, die sich im Berufsleben mit Bewerbungen um Sportgroßveranstaltungen auseinandergesetzt hat klar und verständlich alle Elemente. Auch die Fahrtrichtung trifft meine gewohnte Wahrnehmung, da ich die Logos von Tour und Giro gefühlte 1.000.000.000 x gesehen habe. Eine Spiegelung des Fahrers hätte mich als Zuschauer gestört bis irritiert.

  8. Ich sehe es wie Christian Z. Der Radfahrer ist für mich richtig herum und ich kann mir tatsächlich nicht vorstellen, wie diejenigen die Figur interpretieren, für die sie falsch herum zu sein scheint. Davon ausgehend finde ich das Zeichen ebenfalls gelungen und gar nicht überfrachtet.

Kommentare sind geschlossen.

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