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Flughafen Frankfurt Hahn CD – nachgefasst

Flughafen Frankfurt Hahn Logo mit red dot design award ausgezeichnet

Als mich heute eine E-Mail erreichte, war die Verwunderung groß. Das im März dieses Jahres im dt vorgestellte neue Corporate Design des Flughafen Hahn, zählt zu den Gewinnern des red dot design awards 2010 in der Kategorie communication design. Vor allem aufgrund des Maskottchens, einem „Hähnchen“, fand das vorgestellte CD hier im Blog kaum Zuspruch. Genauer gesagt, es wurde von den Lesern verrissen.

Trotz harscher Kritik und Häme und ungeachtet der offiziellen Pressemeldung, die an Peinlichkeit kaum zu übertreffen ist, wurde die Arbeit von Projekttriangle nun also mit dem red dot design award ausgezeichnet. Was ist nun der Hahn’sche Gockel? Ein Grund zum Fremdschämen oder ist er ein echter Siegertyp? Wie begründet sich die Unterschiedlichkeit bei der Bewertung des Corporate Designs? Das Beispiel zeigt, wie schwer die Suche nach gutem Design ist. Manchmal gleicht sie einer Gratwanderung zwischen Formvollendung und schlechtem Geschmack.

Ohne Zweifel lag der „hochrangig“ besetzten Jury rund um Prof. Kurt Weidemann eine umfangreiche Präsentationsmappe des CDs vor, die sie für die Beurteilung heranziehen konnte. Dagegen machen sich die beiden hier im Blog abgebildeten Grafiken natürlich sehr bescheiden aus. Ich frage mich, ob der international besetzten Jury auch eine Übersetzung der Pressemeldung vorlag, mit der das neue Erscheinungsbild im Frühjahr eingeführt wurde? Hier ein Auszug: „Als Maskottchen kommt ein lustiges Hähnchen zum Einsatz – mal als Flugkapitän Hans, mal als Urlaubsdame Gisela verkleidet.“

Unternehmenskommunikation, die einen sprachlos werden lässt. Ebenso wenig, wie man ein Corporate Design lediglich anhand eines Logos beurteilen kann, lässt sich die „Geschichte“, die immer auch ein Design umgibt, von dem Erscheinungsbild abkoppeln. Design will „verkauft“ und präsentiert werden. Kunden möchten nicht nur Entwürfe gezeigt bekommen, sie erwarten, dass wir ihnen eine Geschichte, eine Idee und die Herleitung zum Design präsentieren. Die meisten Kommentierer, die mit der Geschichte vom Gockel im dt konfrontiert wurden, halten sie zum Piepen.

Wie ich selbst in einem Kommentar im März schrieb, ist es ja nicht so, dass das Design, sieht man mal vom Maskottchen ab, komplett durchfiele. Typo und Farbgebung wissen durchaus zu überzeugen. Aber ist das Design auszeichnungswürdig? Der Gockel ist und bleibt eine Lachnummer, und zwar in erster Linie eine unfreiwillige. Ohne die handwerkliche Leistung schlecht machen zu wollen, ist das Konzept doch ein Witz. Ein Hahn – ein in der Vogelwelt als nicht gerade flugtechnisch begnadetes Tier bekannt –, als Maskottchen für einen Flughafen gleichen Namens!? Solch einen Kalauer hätte selbst Mike Krüger nicht gebracht.

Udo Preißner ist seit fast zwei Jahren Marketing- und Sales-Manager des größten rheinland-pfälzischen Flughafen und als solcher für das Ergebnis verantwortlich. Auch ihm suggeriert die Auszeichnung jetzt natürlich: Alles richtig gemacht! Das Ziel, den „Flughafen im Hunsrück weltweit zum Begriff“ werden zu lassen, so zumindest das mit dem damaligen Redesign verknüpfte Ziel, scheint deutlich näher gerückt. Immerhin bezeichnet das Unternehmen seinen visuellen Auftritt mittlerweile selbst als „eigenwillig“. Das freilich dürfte die Freude über die Auszeichnung kaum schmälern. Unverhofft kommt oft.

Wer Arbeiten kritisiert, die von Anderen mit einem Preis bedacht wurden, der muss sich vermutlich auch den Vorwurf gefallen lassen, von Missgunst getrieben zu sein. Schaut man sich allerdings die im dt vorgestellten Designs an, so sollte eigentlich nicht zu übersehen sein, dass in den allermeisten Artikeln – die Spookies einmal ausgeklammert – die Hochachtung und der Respekt vor der Leistung anderer Designschaffenden mitschwingt. Fairness liegt mir sehr am Herzen. Nicht Neid, sondern Wertschätzung ist DIE entscheidende Triebfeder für jeden Artikel in diesem Blog. Bei allem Respekt – die Jury liegt falsch, wenn sie dem Design eine auszeichnungswürdige „hohe Designqualität“ attestiert. Sie ist durchschnittlich, mehr nicht.

Ist letztendlich die Beurteilung, ob ein Design über eine hohe Qualität verfügt oder ob es eher mittelmäßig ist, einzig eine Frage des persönlichen Geschmacks? Menschen haben unterschiedliche Ansichten – eine Binsenweisheit. Ernüchternd ist nur, dass Design so wenig zu fassen scheint. Wie schwer es ist, gutes Design dem Laien gegenüber zu vermitteln, zeigt sich daran, dass nicht einmal eine Handvoll studierter Designer auf einen Nenner kommt. Preise sind keineswegs Garant für Qualität. Zuweilen ist ein Preis auch davon abhängig, ob man bereit ist, den hohen Preis wiederum zu bezahlen, der eine Teilnahme erst ermöglicht. Vielen Selbstständigen und Kleinstagenturen bleibt der Designpreis der Bundesrepublik Deutschland wohl auf immer verwehrt. Das ist schade und unfair zugleich. Die Fülle an Designpreisen in Kombination mit einer Flut an Auszeichnungen (beim if design wurde in diesem Jahr nahezu jede dritte Einreichung mit einer Auszeichnung versehen) bewirken das genaue Gegenteil. Ihre Leuchtturmfunktion bleibt aus. Statt Orientierung zu bieten, lassen sie einen immer öfter mit einer Ratlosigkeit zurück.

  • Corporate Design des Flughafens Frankfurt-Hahn überzeugt | hahn-airport.de

Dieser Beitrag hat 63 Kommentare

  1. Ich kann mich noch sehr gut an die ganzen Kommentare hier beim dt erinnern und stehe immer 100%ig zu meinen Worten, die ich seinerzeit gepostet hatte:

    “Zuerst dachte ich an einen Scherz, als ich den Hahn sah, leider ist es keiner.
    Dann fühlte ich mich, wie auch Kai, an Köln/Bonn erinnert – nur hier in ganz fies!
    Aber vielleicht funktioniert es ja: Wenn man überlegt, das Hahn für den Billig-Tourismus und Billig-Flieger ausgerichtet ist, dann passt es ja vielleicht wieder …
    Billige Flüge – “billiges“ Design, bzw. scheissegal-Design.”

    Unglaublich, was hier passiert ist! Der red dot ist in meinem Ansehen massiv gesunken!

  2. Ich bin schockiert. Ich erinnere mich noch genau an diese Geschichte mit dem Flughafen Hahn als ich es sah musste ich damals schmunzeln. Und wenn ich jetzt lese das die einen Red Dot bekomme, bin ich fassungslos, wieder ein Zeichen dafür das Preise nicht unbedingt die Meinung der Allgemeinheit wiederspiegeln, siehe Obama und den Friedensnobelpreis. Dennoch Frage ich mich was die Jury dazu bewegt hat diese Arbeit auszuzeichnen? Demnach müsste man ebenso jede 3. Auftrag auf designenlassen.de auszeichen, ich will hier nicht die Qualität der Arbeit schmälern oder Vergleichen, nur fehlte mir die Ernsthaftigkeit bei der Arbeit zum Flughafen, die Fernab aller Logik und Geschmack gemacht wurde.

    Preise sind fürdie die sie vergeben und nicht für die die sie erhalten,ich halte nichts von preisen, ich will meinen kunden ehrliche und passende arbeiten liefern, ein zufriedener kunde der mich empfiehlt ist meine beste Auszeichnung.

  3. Ich kann die harsche Kritik nicht ganz nachvollziehen. Der Gockel ist weder Logo noch Bildmarke. Er ist beim CD ein absolut untergeordnetes Element und wird für die Beurteilung der Preiswürdigkeit eine kaum über null liegende Bedeutung gehabt haben. Entsprechend seiner geringen Bedeutung ist der Gockel auch auf der Website des Flughafens kaum zu finden.

    Ich empfinde CD und Gockel nicht unbedingt als ästhetischen Hochgenuss und die Herleitung des Maskottchens vom Ortsnamen erscheint zunächst mal frappierend platt. Aber der Flughafen Hahn ist ein bisschen anders als die anderen Flughäfen. Warum soll das nicht auch beim CD zum Ausdruck kommen? Ich sehe das offensichtlich sparsam eingesetzte Maskottchen in Form des schrägen Vogels als ein kleines, sympathisches Augenzwinkern.

  4. Ich glaube, dass die großen Awards generell in ihrer Bedeutung deutlich gesunken sind. Während die Jahrbücher früher als Inspirationsquelle und Ansporn in jeder Agentur standen, holt man sich heute Ideen und Motivation für bessere Gestaltung eher bei ibelieveinadv.com, dem Pixelgangster oder eben in diesem Blog.
    Dass die Vergabekriterien für manche Awards eher an jene aus der Lebensmittelbranche erinnern (Jährlich DLG-Prämiert), macht die Sache nicht unbedingt bessser.

  5. hehe … wie schön. die auszeichnung ist endlich mal ein ordentlicher schuß vor den bug der ständigen nörgler. fehlt bloß noch das jetzt der red dot jury auch noch jegliche kompetenz abgesprochen wird. das wäre dann der absolute hit. geht ja auch in den ersten kommentaren schon wieder los … ich bin jedenfalls schon wieder gespannt ;)

  6. Ich würde der Reddot Jury keine Kompetenzen absprechen wollen, muss aber dennoch sagen, das ich diese Auszeichnung trotz aller (noch) Wertigkeit der Reddot Marke schlichtweg nicht nachvollziehen kann.

  7. Schönen guten Morgen!

    prinzipiell stimme ich natürlich der Mehrheit hier im Designtagebuch zu. Jedoch möchte ich daran erinnern nicht als Designer, sondern als einfacher Kunde zu denken. Des öfteren sollte es sich einfacher gemacht werden. Ein Designer denkt nunmal weiter, jedoch der Großteil von denen für die das Design ist nicht.

    Ein normaler Reisender sieht den Namen Hahn und denkt “Ach ja! Das Logo passt zum Namen!”. Er macht sich doch beim besten Willen keine Fantasien “Hahn = schlechte Flieger??”.

    Der Hahn ist form- und farbschön umgesetzt. Gibt es nicht viel dran zu bemängeln. Sehr ansprechend für jung und alt und in meinen Augen ein netter Begleiter für den Aufenthalt am Flughafen.

    Ob nun reddot seriös oder nicht ist, darüber lässt sich streiten, aber auffällig ist auf jeden Fall, dass viele Produkte einen reddot-Award haben, bei denen man sich fragt.. “Okay. Und was ist daran jetzt besonders?”

    Liebe Grüße aus Bonn
    SeanMartin

  8. Sehe ich genau so. Viele hier vergessen einfach, dass gutes Design nicht heißt, dass man damit vor Kollegen prahlen kann. Es muss funktionieren.

  9. Guten Morgen,

    ich bin der Meinung, dass das Zeichen an sich und die Kommunikation außergewöhnlich sind. Allerdings – und das ist dann Kommunikation und nicht mehr Design – sollte man ein Unternehmen nie ins lächerliche ziehen.

    Wenn ich lese „Als Maskottchen kommt ein lustiges Hähnchen zum Einsatz – mal als Flugkapitän Hans, mal als Urlaubsdame Gisela verkleidet“ – dann frage ich mich ernsthaft, ob das denn positiv zu bewerten ist, oder ob dieser Flughafen es einfach nicht nötig hat gute Kommunikation zu benötigen, weil er eh von Ryanair gepushed wird.

    Beim Red Dot wird meiner Meinung nach mehr auf die außergewöhnliche Idee Wert gelegt als auf Kommunikation.

Kommentare sind geschlossen.

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