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Fehlstart für neue Schleswig-Holstein-Marke

Schleswig Holstein – Der echte Norden

Das Wirtschaftsministerium des Landes Schleswig-Holstein präsentierte Mitte der Woche in Kiel eine neue Standortkampagne, die das Ziel verfolgt, „das Profil des Landes besser sichtbar zu machen, wie es in der entsprechenden Pressemeldung heißt. Wie sich zeigt, ist der Start offensichtlich deutlich missglückt, auch weil ein unfertiges Logo respektive Konzept präsentiert wurde.

„Längst überfällg“ sei der Schritt, Marketing-Aktivitäten unter einer gemeinsamen Marke zu bündeln, so das Ministerium; ein grundsätzlich lobenswertes Vorhaben. Wirtschaftsminister Reinhard Meyer möchte, dass „Schleswig-Holstein erkennbarer wird.“ Gegenüber dem NDR bemängelte er den uneinheitlichen Markenauftritt, so man denn von einem solchen sprechen kann. Das „Land der Horizonte“, so der bisherige Kampagnen-Claim, ist Schleswig-Holstein meist nur auf Autobahnschildern. Darüber hinaus fand Schleswig-Holstein in der Werbung unter dieser Klammer kaum statt.

Mit neuem Logo und Werbespruch soll sich dies nun ändern. Mit „Schleswig-Holstein – Der echte Norden“ soll zukünftig die Attraktivität des Landes beworben werden. Der erste Aufschlag in der lokalen Presse etwa auf shz.de oder den Kieler Nachrichten bescheinigt der Kampagne wenig Gutes. Der in 9 Monaten entstandene Slogan „Der echte Norden“ grenze aus, und das vorgestellte Logo erinnere eher an eine Polizeibehörde, so die ersten Reaktionen.

Beide Kritikpunkte sind nicht gänzlich von der Hand zu weisen. Das Logo erweckt eher den Eindruck eines Rebus, einem verspielten Bilderrätsel, denn einer prägnanten Marke. Das Auge benötigt eine ganze Weile, um alle Komponenten inklusive Text zu erfassen. Nicht, dass die Aufteilung des Wappens des Landes Schleswig-Holstein in seine Bestandteile nicht einen gewissen Charme hätte. Allerdings scheint die Idee nicht ganz zu Ende gedacht zu sein.

Tatsächlich handelt es sich bei dem am Mittwoch vorgestellten Logo (Abb. oben) um eine nicht-finale Fassung. Auf Nachfrage beim Wirtschaftsminister wurde mir mitgeteilt, dass noch „Feinheiten am Logo“ vorgenommen und „manche Rechtsfrage“ geklärt werden müssten. „Im Prinzip“ würde man jedoch sowohl am Logo wie auch am Slogan festhalten. Der NDR weiß zu berichten, dass die neue Dachmarke bislang rund 90.000 Euro gekostet habe, weitere 370.000 Euro stünden für Marketing-Aktivitäten in diesem Jahr zur Verfügung. Verantwortlich für die Kreation und die Kampagnenplanung ist übrigens die Agentur Boy.

Der verantwortungsvolle Umgang mit Steuergeldern darf gerne an anderer Stelle, durchaus ja zurecht, angemahnt werden. Mir geht es um eine andere Sache. Wie kann es denn sein, dass man nach 9 Monaten Kreativprozess vor die Presse tritt und ein unfertiges Logo und ein paar nette, aber doch unkonkrete Bilder präsentiert? Mehr als die unten aufgeführten Bilder hat das Ministerium nicht herausgegeben. Sicherlich müssen keine druckfertigen Proofs präsentiert werden, aber ein bisschen mehr als die mickrigen „Moods“ darf man schon erwarten.

Gerade bei Standortkampagnen ist nicht unwesentlich, die eigenen Bürger ein Stück weit mitzunehmen, selbst wenn die Werbung in erster Linie die Nicht-Bürger des Landes adressiert, was viele Bürger vor Ort gerne übersehen. Positiv wirken kann die Kampagne nur, wenn Sie auch die eigenen Bürger anspricht. Nun lässt sich aufgrund des Fehlens entsprechenden Bildmaterials relativ wenig über die Qualität der Kreation und der Kampagne sagen. Was jeder sieht, ist, dass die Kampagne noch nicht fertig ist. Es gibt einen Slogan, ein Logo und ein paar Bilder, bei denen zum Teil das eingebettete Farbprofil zerschossen wurde. Derart Magentarot wird der Norden nicht sein.

Weil es so gut passt, sei der Verweis auf den letzten Absatz im folgenden Artikel erwähnt: Corporate Designs der Stadt Münster. Dass man auch in diesem Fall mit der Vorstellung der Kampagne noch ein paar Wochen hätte warten sollen, dürfte mittlerweile allen Involvierten klar geworden sein. Eventuell wird Wirtschaftsminister Meyer bis zu einem zweiten Anlauf ja auch in Erfahrung gebracht haben, dass Niedersachsen gar nicht mal so „weit weg von der Nordsee“ ist, wie er zu wissen glaubt.

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Dieser Beitrag hat 34 Kommentare

  1. Das SH und das Nesselblatt sind ja wahrlich nichts neues. Das sind Dinge die schon lange mit Schleswig-Holstein in Verbindung stehen. Aber man hat dies zu einem wunderbar modernen Logo vereinigt, bei dem ich als Niedersachse ganz neidisch bin. Unser bereits komisch abstraktes Logo wurde ganz einfallslos durch das Landeswappen ersetzt. Die Form des Löwen und des Nesselblatts und ihre gegensätzlichen Farben ergeben ein wunderbares Gegenspiel und wirken doch sehr harmonisch.
    Und außerdem wird das SH ja auch im Logo als Schleswig-Holstein ausgeschrieben.

    Auch die bis dahin präsentierten Nutzungsbeispiele gefallen mir sehr gut.

  2. @5

    Nein, hahaha!! So geht es mehreren! *brüll* Genial!!

    “SHIT – Der schlechte Norden” – da hat der Gestalter den Schleswig-Holsteinern (oder sagt man jetzt “SHer”?) ein richtig geiles Kuckucksei ins Nest gelegt!!

    Es muss ein Niedersachse gewesen sein.

  3. Jedes Bundesland hat eine offizielle Abkürzung für den Landesnamen:

    https://de.wikipedia.org/wiki/Deutsche_Bundesländer

    bzw. genauer ist das hier definiert:

    https://de.wikipedia.org/wiki/ISO_3166-2:DE

    Kurz gesagt, offiziell gilt gemäß ISO-Norm:

    Baden-Württemberg BW
    Bayern BY
    Berlin BE
    Brandenburg BB
    Bremen HB
    Hamburg HH
    Hessen HE
    Mecklenburg-Vorpommern MV
    Niedersachsen NI
    Nordrhein-Westfalen NW
    Rheinland-Pfalz RP
    Saarland SL
    Sachsen SN
    Sachsen-Anhalt ST
    Schleswig-Holstein SH
    Thüringen TH

  4. Okay, okay. Das Nesselblatt ist für Nicht-Einheimische echt schwer zu lesen. Aber das wars dann auch schon. Das sich hier über die Abkürzung muckiert wird find ich schon ziemlich fragwürdig. Wie oben beschrieben ist diese, genau wie NRW, absolut üblich. Außerdem steht es im Claim noch mal ausgeschrieben drunter, also kommt mal runter. (Ein Reim, ein Reim das kann nichts schlechtes sein. ;-))

    Ich find das Design sehr aufgeräumt, so wie man den Norden, das flache weite Land auch sehen kann. Also ist das meiner Meinung nach sehr passend. Und in seiner Einfachheit echt mutig! Ich kann deswegen die negativen Sichtweisen nicht nachvollziehen.

    Etwas eigenartig, sich widersprechend find ich teilweise auch den Text von Achim. Was jetzt, soll man die Bürger daran beteiligen oder doch lieber nicht weil die ja auch nicht die Zielgruppe sind. Welcher normale Bürger kann mit Blick auf die Zielgruppe so eine Kampagne abstrahiert beurteilen?

    Und sonst noch: Der Zeitraum der Bearbeitung steht ja, wie man weiß, oft nicht in Zusammenhang mit dem quantitativen Resultat. Warum da hier schon wieder so eine grundlegende Verurteilung stattfindet versteh ich nicht. Könnte ja sein das es schon viel mehr Sachen gibt man sich aber dafür entschieden hat erstmal vorsichtig mit ein paar Beispielen die Reaktionen anzutesten. Was ich ja für völlig legitim halte auch im Bezug auf die Beteiligung der Bürger, vielleicht ist das diesbezüglich ein sinnvoller Weg.

  5. @Schrägstrich Tatsächlich scheint besagtes „Antesten“ der Beweggrund für die, aus meiner Sicht, verfrühte Präsentation zu sein. Wenn man ein offensichtlich noch unfertiges Konzept antesten möchte, dann gäbe es hierfür doch deutlich bessere Wege, als den über die Presse. Auftraggeber und Kreative setzen sich mit Interessenvertretern aus der Wirtschaft und Verbänden zusammen, darunter auch gerne ein zusätzlicher Designprofi, um ein Basiskonzept – im Idealfall gemeinsam – weiter feinzuschleifen.

    Solch eine Runde – und hier, lieber Schrägstrich, löst sich womöglich auch Dein Eindruck der Widersprüchlichkeit auf –, ermöglicht zudem den Austausch mit den Menschen vor Ort. Es geht ja nicht darum, den Bürger auf der Straße für die Kampagne zu begeistern, sondern etwa den Geschäftsführer aus der Hotel- oder Gastronomiebranche. Mehr Partizipation mag aus Sicht einiger Bürger vor Ort vielleicht wünschenswert sein, ist allerdings, zumindest vor dem Hintergrund einer Standortkampagne, wenig zielführend.

    Denn nie wird es gelingen, Alle unter einen Hut zu bekommen. Je mehr Personen ein Mitspracherecht einfordern, desto weichgespülter wird das Ergebnis sein. Da eine Standortkampagne allerdings nicht der kleinste gemeinsame Nenner sein sollte, sondern eine aufmerksamkeitsgenerierende Maßnahme, gilt es in erster Linie die direkt Involvierten für die Idee zu begeistern, die selbstredend von entsprechenden Fachleuten entwickelt wird.

    In der Presse ist nun zu entnehmen, dass es besagte Einbindung der Interessenvertreter im Vorfeld nicht gab. Dass diese nun, ob des wenig erquickenden Präsentationsmaterials nicht in Jubelstürme ausbrechen, ist nachvollziehbar. Der zweite Aufschlag müsste nun schon überzeugender sein, will man SH glaubhaft als wirtschaftlich und touristisch attraktiven Standort vermarkten. Der Start ging jedenfalls „echt“ daneben.

    Abgesehen davon teile ich die Ansicht von Arne, dass „wahre“ das bessere, weil vielschichtigeres, gleichsam weniger ausgrenzendes Eigenschaftswort ist, sagt man den Norddeutschen doch eine unverfälschte, ehrliche und direkte Art nach.

  6. Volle Zustimmung! Spontan wirkt der Claim auf mich negativ, weil ausgrenzend. Das Wappentier erinnert an das Logo des USK (Unterstützungskommando der Polizei)

    Bild/Grafik einfügen

  7. Was mich an dieser Marke stört ist, dass der Löwe und das Nesselblatt stilistisch sher untschiedlich sind, so als wollte man zeigen, dass Schleswig und Holstein nicht so wirklich zusammengehören.
    Die einzelnen Bestandteile der neuen Marke sind in der Tat etwas unglücklich aneinandergereit. Im ersten Moment habe ich auch an eine stylische Zensur eines gewissen englischen Wortes gedacht.

Kommentare sind geschlossen.

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