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Entdecke Alzey und sein Design

Alzey Stadtlogo

Rheinhessen hat offenbar nicht nur etwas für Weinkenner etwas zu bieten. Auch Designliebhaber kommen seit kurzer Zeit auf ihre Kosten. Das ist schon ein bemerkenswerter Schritt, den die verbandsfreie Stadt Alzey, gelegen im südöstlichen Rheinland-Pfalz, da gehen wird. Aus diesem Grund soll es hier vorgestellt werden. Eine ausgezeichnete Ikonografie und eine sehr gefällige Typographie findet man wo? Richtig, in der heimlichen Hauptstadt Rheinhessens.

Schon vor ein paar Jahren machte die Weinregion in Rheinland-Pfalz mit Design auf sich aufmerksam. Im Frühjahr 2007 wurde das neue Rheinhessen-Zeichen eingeführt. Jetzt tritt die Stadt Alzey, von der ich bis dato tatsächlich noch nie etwas gehört hatte, mit Hilfe eines Redesigns ins Rampenlicht.

Die Symbole des Wappens von Alzey aufnehmend, haben Gotschall und Gotschall in Kooperation dem Designbüro Kanzok eine Wortbildmarke entwickelt, die man als sehr gelungen bezeichnen kann. Das Signet zeigt den historischen Alzeyer Löwen und auch die Fiedel, die seit dem 15. Jahrhundert im Wappen enthalten sind. Entwickelt wurde jedoch nicht einfach eine neue Wappenform, wie man sie in zahlreichen Artikeln hier im dt entdecken kann (siehe rechte Spalte: “Verwandte Beiträge”), sondern es entstand eine völlig neue Interpretation, in der Heraldik und ein modernes Erscheinungsbild sich vereint finden.

Der Schwarzweiß-Stil ist für hiesige Verhältnisse ungewöhnlich, genau deshalb fällt er auf. Würde man das Logo in einem schweizer Kanton erblicken, wäre die Verwunderung vermutlich weniger groß. Hervorragende Ikonografie ist man hingegen von 55.000 Einwohner zählenden Städten in Deutschland eher weniger gewöhnt. Hier dominiert doch eher die Berge-Fluss-Turm-Idyllik in der Gestaltung, die keinesfalls ein Garant für Wiedererkennbarkeit ist aber dennoch und immer noch enorm populär ist, vielleicht auch zurecht, spiegelt sich darin doch nur wider, was in vielen Städten praktiziert wird: verwalten statt gestalten. Tschuldigung, wenn ich verallgemeinere aber das Design verführt zu dieser Annahme.

Löwe und Fiedel wirken auch in der verkleinerten Darstellung etwa auf Visitenkarten oder als Stempel. Es hat übrigens einen Grund, weshalb es an dieser Stelle keine Vorher-Ansicht gibt. Vielleicht verschaffen sich die dt-Leser einfach mal bei einem Besuch auf alzey.de einen Eindruck davon, wie groß tatsächlich der Sprung ist, der hier vorgestellt wird.

Das Logo gibt es sowohl in einer horizontal angelegten Version, mit und ohne Claim (letzteres für Werbemaßnahmen), sowie als Stadtlogo, das die unterschiedlichen Bereiche und Abteilungen der Stadtverwaltung abbildet. Das neue Erscheinungsbild kann also nach Innen, wie auch nach Außen wirken. Viele Städte unterscheide hier stärker. Großes Plus ist meines Erachtens der humorige Ansatz, der umso feiner erscheint, da das Design an sich betont sachlich und schlicht rüber kommt. Gerade diese Mischung machts! Wer den Claim richtig ließt, der erkennt darin eben keine amtlich diktierte Aussage einer gerne-größer-Stadt, sondern einen Slogan, der völlig ungekünstelt – und das ist mehr denn je eine Herausforderung –, die eigene Identität samt Eigenheiten auf charmante Weise ausdrückt. So zumindest meine Interpretation.

Aus klein mach groß. Großes Design in diesem Fall.

  • www.alzey.de
  • Arbeitsgruppe entwickelt Corporate Design für Alzey | allgemeine-zeitung.de

Dieser Beitrag hat 32 Kommentare

  1. @Rani Coellonia
    Richtig – der Gute, der gebürtiger Alzeyer ist, sass kürzlich wg. Drogenbesitz in der Türkei im Knast …

  2. @Stefan
    Über Emotionen und Design gibt es in Delft, NL ein sehr interessantes Projekt:
    https://studiolab.io.tudelft.nl/desmet/premo
    Dort probiert man die durch Produkte (oder den Umgang mit Produkten) erweckte Emotionen zu messen. Aus Erfahrung kann ich sagen das dies zumindest ein sehr vielversprechendes Projekt ist.

  3. Durchaus mutig. Die Ästhetik der aus dem Wappen entnommenen Symbole erinnern etwas an Tangram oder an Computerspiele (Pixelkunst).

    Lt. Wikipedia hat Alzey überigens nicht 55.000 sondern auch inkl. Eingemeindungen knapp 18.000 Einwohner.

  4. ich bin mir noch unschlüssig, ob ich das design für laien als besonders zugänglich einschätzen würde – aber möchte gern etwas zu dieser kosten-nutzen-diskussion sagen:

    100.000 euro sind sehr viel geld. allerdings sollte man sich mal als privatperson vor augen führen, dass die kostendimensionen bei unternehmen und städten eine andere sind als im eigenen geldbeutel.

    hier kann man einige summen zum vergleich sehen, 500m rad- und gehwege für 150.000 euro zum beispiel: https://www.stbaro.bayern.de/strassenbau/projekte/

    welches restaurant hat mehr besucher, in welchem restaurant würde man mehr für speisen zahlen: in einer heruntergekommenen, verhangenen dorfschänke oder in einem offen einsehbaren, frischen, einladendem, markanten restaurant?

    schafft eine stadt es durch kommunikationsmaßnahmen nur ein einziges unternehmen dazu zu bringen, nach alzey statt ins nächste kaff zu ziehen, und schafft dieses unternehmen nur 10 arbeitsplätze, so fließt _jährlich_ ein vielfaches der investierten summe zurück in die stadt.

    soviel zu “ins eigene erscheinungsbild zu investieren ist überflüssig”.

  5. Also ob ne Stadt attraktiv ist für Unternehmen oder nicht, dass wird sicherlich nicht durchs Logo entschieden… Diese Werber-Blender-Mentalität ist echt überholt. Ich finde, dass eine CI so ziemlich das unwichtigste für eine Stadt ist.
    Ich erinnere mich noch an die Situation am Bahnhof, wo kein Quadratmeter Dach wasserdicht war und die Planken mit Netzen vorm Herabfallen gesichert waren. Wurde es repariert? Nein, aber die komplette alte Beschilderung wurde durch die neue, blaue Bahn-CI ersetzt. Ärgerlich sowas.

  6. Die Ulmer Schule kann man halt überall draufrastern! Lang lebe Otl! Un-»heimlich« kreativ! Wohnst Du noch in Alzey oder schon in Stuttgart oder Schwäbisch Gmünd oder…?

    Das eine Stadt wie Alzey – wie alle anderen Städte auch – ein gutes Design verdient hat ist unumstritten, aber muß immer hinten das selbe rausfallen. Wissen die Alzeyer eigentlich, was sie da gekauft haben. Ist das das Ergebnis einer Arbeitsgruppe?

  7. @bashar: ohne substanz natürlich kein interesse. und ein corporate design (achim: wie wärs mit einem kleinen “CD ungleich CI” schild? :) ) ist sicherlich eins der unwichtigsten dinge in einer stadt – aber dennoch kann es hilfreich sein! es ist ein eindruck unter vielen.

    ein bahnhof ist sicher einer der wichtigsten kontaktpunkte in einer stadt,** aber schließt das aus, dass eine _IM VERHÄLTNIS_ kleinere summe* in einen vernünftigen medialen auftritt investiert wird?

    ich will nicht auf teufel komm raus die entscheidungen des stadtmarketings verteidigen und ich halte kritik an öffentlichen entscheidungen für essentiell in einer demokratie, aber das pauschale “was das wieder gekostet hat”-gebashe gegenüber gestaltung von immateriellen dingen (aka kommunikation) stört mich doch etwas.

    *https://www.welt.de/hamburg/article2605996/Bahnhof-Barmbek-soll-wie-Bayern-Arena-leuchten.html

    **einen halbwegs gepflegten bahnhof hat alzey schon: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Datei:Alzeyer_Bahnhof-_von_Bahnhofstra%C3%9Fe_aus_22.7.2009.jpg&filetimestamp=20091009190837

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