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Die „menschliche Welt“ von Jörg Kachelmann, in der Designer Logos für lau entwerfen

Kachelmannwetter

Ex-Wettermoderator Jörg Kachelmann, seit Mai 2015 mit der eigenen Wetter-Plattform kachelmannwetter.com im Netz aktiv, offenbart im Rahmen einer Abstimmung auf Twitter, wie er sich das so vorstellt mit dem Honorar für Designleistungen: nur wenn die Entwürfe zusagen, wird bezahlt. Ja, von wegen!

Auf dem Twitter-Kanal Kachelmannwettr hatte man dieser Tage die eigene Community befragt, um das Logo für ein neues Produkt namens „Meteosafe“ zu ermitteln. Neben drei Entwürfen, die allesamt Varianten der gleiche Ursprungsform darstellen, einer Art sichelförmiger Wirbel, findet sich auch ein gänzlich anderer Ansatz, der von einem User als „Möge der Blitz in deine Hand einschlagen“-Zeichen beschrieben wird. Aus heiterem Himmel kam sodann ein vierter Wirbel noch dazu. Hier das Ergebnis:

Dialog auf Twitter

Meine persönlichen Eindrücke hinsichtlich der oben dargestellten Auswahl habe ich in einem Tweet formuliert.

Die Kritik wurde darauf hin von Jörg Kachelmann, der unter dem Kachelmannwettr-Account stets ohne zusätzlichem Namenskürzel schreibt, wie folgt beantwortet:

Was ein „Hämemass“ ist, ist mir nicht bekannt. Dafür weiß ich, dass Designer nicht übers Wetter schreiben. Ein Schwätzchen über den verregneten Sommer – das ja, aber das Schreiben über Inversionsschichten und Pollenflugbelastung überlassen wir gerne denen, die sich damit auskennen. Während hingegen Meteorologen sich auch schon mal an der Kreation von Logos versuchen, zumindest einige. Warum auch nicht!? Geht auch ohne Ausbildung. Ist doch keine Wissenschaft. Dann allerdings sieht es halt auch aus wie oben zu sehen. Und in dieser Einschätzung schwingt keinesfalls Häme oder Schadenfreude meinerseits mit. Wollte ich mit Häme reagieren, hätte ich geschrieben, die vorgestellten Logoideen passten doch ganz vorzüglich zum quirligen Gesamterscheinungsbild des Kachelmann’schen Wetterdienstes.

Gänzlich unpassend ist allerdings die Auffassung, die Herr Kachelmann in den darauf folgenden beiden Tweets vertritt.

Im Klartext: Herr Kachelmann möchte, dass man für ihn ein Logo entwirft, es ihm präsentiert und er es sich offen hält, ob er dafür etwas zahlt. Schon mal in einem Restaurant bei der Bestellung dem Kellner unverhohlen entgegnet, bezahlen werde man nur, wenns auch geschmeckt hat? Eher weniger. Es ist eben jenes in den Tweets dokumentierte verquere Selbstverständnis, das fragwürdige Logo-Ausschreibungen und inakzeptable Pitches entstehen lässt. Entwürfe für lau – ein Unding, und doch leider sehr verbreitet in der Kreativbranche.

Besserwessi? Nun gut. Die fehlende Political Correctness im zweiten Tweet außer Acht lassend habe ich mit dem Hinweis auf die #saynotospec-Kampagne geantwortet.

Woraufhin Jörg Kachelmann schrieb:

Angesichts der von Kachelmannwetter vertriebenen kostenpflichtigen App-Dienste entgegnete ich:

Die Reaktion von Kachelmann folgte in zwei weiteren Tweets:

In der Tat viel Unsinn, der über den Twitter-Account Kachelmannwettr in die Social-Media-Atmosphäre geblasen wird, zumal dies ein Unternehmensaccount darstellt. Der Wortwechsel mit dem Ex-Wettermoderator bringt allerdings etwas viel Wesentlicheres an die Oberfläche als ein paar Unfreundlichkeiten. Kachelmann, der die Arbeit von Meteorologenkollegen mitunter als Vollpfostenmeteorologie tituliert, steht in diesem Zusammenhang exemplarisch für so Viele.

Über die Jahre hat sich, ausgehend von der Fehleinschätzung, Designer machten gewissermaßen ihr Hobby zum Beruf und benötigten dafür im Grunde kein Honorar, gerade in der Kreativbranche eine Kultur des Abgreifens entwickelt, die insbesondere kleinere Agenturen in Existenznot bringt. Eine Parallelwelt ist entstanden. Hier die großen Netzwerkagenturen, die es sich leisten können, wie von Ausschreibenden verlangt, Entwürfe im Rahmen der unentgeltlichen Pitches vorzulegen, und dort alle anderen Kreativschaffenden, die weder zeitlich noch finanziell dazu in der Lage sind, ihre Arbeit zu verschenken. Was in dieser „menschlichen Welt“ tatsächlich noch gefehlt hat, sind Wetterexperten, die ihre Moral-Vorstellungen Designern aufdrängen.

Zum Donnerwetter! No!Spec

Dieser Beitrag hat 86 Kommentare

  1. Danke Achim, dass Du an dieser Stelle eine Diskussion vom Zaun gebrochen hast. Gerade ein Wetterexperte sollte dafür doch Verständnis haben. Er wird für seine Dienste ja auch pauschal bezahlt und nicht nur dann, wenn seine Prognose zugetroffen hat.

    Das Grundsatzproblem sind aber nicht Kunden, die versuchen unsere Arbeit für lau zu bekommen. Das Problem sind unsere Kollegen, die Qualitätsarbeit billig verkaufen und auch solche, die schlechte Arbeit teuer verkaufen oder mit Preisen auszeichnen. Schlechte Arbeit, die billig verkauft wird bewährt sich nicht. Das wird Herr Kachelmann auch bald lernen.

    »If you pay peanuts – you’ll get monkeys”

  2. Jeder Auftraggeber bekommt das Logo, was er verdient.
    Wenn man sich die Gestaltung rund um Kachelmanns Dienstleistungen anschaut, wird mir dies bestätigt.

  3. Ich fürchte nicht die Konkurrenz dieser Für-Lau-Designer und Honorar-Dumper in unserer Branche. Die sind meist massiv unterbeschäftigt, oft völlig talentfrei und im Umgang mit Kunden eher servil als beratungs-kompetent. Die KÖNNEN überhaupt keine Konkurrenz für uns Profis darstellen.
    Als »pain in the ass« empfinde ich sie aber trotzdem, denn sie machen den ganzen Markt kaputt, verderben potenzielle Kunden und sorgen dafür, dass unsere Welt mehr und mehr unter gestalterischer und typografischer Verschmutzung leidet.

    @ Benny Lava: Natürlich leidet auch ein 4-Sterne-Koch seelische Qualen, wenn er sieht, dass sich Menschen Kekse aus dem 3D-Drucker reinstopfen oder beim Mecki einen Burger essen, der Ammoniumsulfat, Silikonöl, Frostschutzmittel-Extrakt und Zellulose enthält.

    Wer billig kauft, bekommt eben Dreck und Billigmist. Wie beim Essen, so auch im Design.

    1. Die Servilität bis zum Umfallen ist in der Tat ein Problem und ein “Pain in the Ass”.

      Ich habe vor 2 Jahren ein vermutlich lukratives Coaching (da vermutlich von Monsieur Le Papan bezahlt) abgelehnt. Da wollte jemand – ein ausgebildeter Psychologe, Diplom – von mir ein Coaching, damit er in die Pop-Akademie aufgenommen wird.

      Ich habe das abgelehnt, denn seine servile Aussage “Ich erkenne sofort, was der Kunde will” aufgrund der sparsamen Tatsache, dass er bis dato lediglich ein einziges Logo für das väterliche Schreinerunterehmen entwarf und der Herr Papa hellauf begeistert war, für mich noch kein gültiges ehrliches Kriterium ist. Eher eines, dass Papa sozial erwünschte Aussagen macht, um dem Sohnemann förderlich zur Seite zu stehen. Was der psychologisch fertig studierte Sohnemann eigentlich sofort hätte erkennen und reflektieren müssen. MaFo-Institute stellen mit hoher Sicherheit keinen Psychologen ein, der aus Narzissimus diese einfach zu erkennende Grundtatsache nicht anerkennen oder nicht checken würde (noch schlimmr).

  4. Ein wenig off-topic: Danke für die Wiederholung des Hinweises auf Jessica Hinsches Grafik. Inhaltlich nach dem ersten Blick hervorragend, aber gestalterisch eine Katastrophe. Wie kann man eine Infografik in der Mitte beginnen lassen?! Wie kann man die zu verfolgenden Entscheidungswege so verqueren?! Das Zusammenbasteln hat sicherlich Spaß gemacht, aber das Ergebnis ist visuell eine Desinformationsgrafik.

  5. Qualität, Erfahrung, Können und Bezahlung – hin oder her. Manchmal finde ich es aber von Seiten der zahlreichen “Profis” hier sehr überheblich, jedem, der nicht Design studiert hat und seine eigene Firma vorzeigen kann, vorzuwerfen, er würde nur Mist produzieren und stümperhafte Ergebnisse auf unterstem Niveau kreieren. Dass es oft auch zutrifft, will ich nicht leugnen, das zeigte u.A. das Thema der “Haltestellen-Schilder” sehr deutlich. Für den Vorwurf, jeder nicht Gelernte hätte zwei linke Hände, gibt es aber absolut keine Berechtigung und dafür habe ich kein Verständnis.

    Sorry, wenn ich mir hier oder anderswo manche vorgestellten “professionellen Designs” betrachte, welche für zigtausende von Euros dem Kunden von sogenannten “Fachleuten” untergejubelt wurden, dann kann ich auch verstehen, wenn man sich selbst als Laie mal daran versucht, die Branche auch mal kritisch in Frage stellt oder nicht einsieht, für manches Ergebnis zu bezahlen.

    Auch hier lässt sich nichts pauschal behaupten, denn ich bin von vielen professionellen Entwicklungen und vorallem dem, was zu einer gesamten CI drum herum gehört absolut begeistert und ziehe davor meinen Hut. Aber auch dort gibt es Unterschiede, nicht nur zwischen Firmen sondern natürlich auch zwischen einzelenen Projekten.

    1. Ich stimme zu 100% zu. Ein gutes Logo macht in erster Linie aus, daß es unterscheidbar ist von den abertausenden, die es bereits gibt. Und das ist nichts, was man sich bei seinem Prof abschauen kann.
      Das “Atomkraft? Nein Danke”-Logo etwa sieht vielleicht etwas krude aus, aber es hat schon Jahrzehnte überlebt und zeigt etwas, was vielen “professionellen” Entwürfen abgeht: Echtes Interesse für den Geist eines Projekts, ohne Rücksicht auf vermeintliche Trends.

  6. Damit hast Du (Paddy S.) vollkommen recht.
    Es gibt in jeder Branche Premium- und Billiganbieter. Muss es auch.
    Teuer ist nicht immer besser, sollte es aber eigentlich immer sein.

    Gute Gestaltung muss nicht immer von einer gut ausgebildeten Person kommen.
    Darum ging es hier auch nicht. Wir wissen ja gar, wer die Logos für Kachelmann gemacht hat.

    Die Diskussion dreht sich doch darum, was unsere Arbeit wert ist.
    Man kann sich bestimmt toll über den Preis eines Logos streiten.
    Das individuelle Handwerksarbeit prinzipiell bezahlt wird und nicht nach Gutdünken und Wohlgefallen sollte unstrittig sein. Das gilt nicht nur für Fliesenleger, Restaurants, Friseure und Schreiner. Das muss auch für Gestalter (ob teuer oder billig) gelten.

  7. Wo genau ist jetzt das Problem? Außer, dass der Designer eine Antwort des Meteorologen anscheinend nicht verstanden und darauf sehr überempfindlich reagiert hat und damit einen Wortwechsel startet. Meinen Eindruck unterstreicht, dass der Designer dieses peinliche Twittergefecht auch noch im Blog verwurstet um vermeintlich noch mehr Leute auf den “doofen” Herrn Kachelmann hinzuweisen.

    1. Der Designer beleidigt den Wettermann, welcher das nicht auf sich sitzen lässt und den Designer zu professionellem Verhalten ermahnt.
      Anstatt vielleicht seinen Fehler zu erkennen, zieht sich der Designer arschverletzt in seine Peergruppe zurück, um dort Anerkennung zu suchen.

      Jetzt darf natürlich der studierte Psychoanalytiker kommen und mir Vorwürfe machen, weil er als Profi so eine Analyse viel besser kann und ich nur die Preise versaue. :-)

      1. Eine Ermahnung zu professionellem Verhalten kann ich nur schwer erkennen.

        Der Anlass für den Blogbeitrag hier war ja die nachgeschobene Ergänzung Kachelmanns, dass seiner Meinung nach, bzw. verallgemeinernd, “in einer menschlichen Welt”, der Designer mit einem Entwurf in Vorleistung zu gehen habe und schreiben solle, “was es kosten würde, wenn mans möchte”. Der letzte Teil legt nahe, dass bei Nichtgefallen, trotz angefallener Arbeits, nicht gezahlt werden muss.

        Und dieser Auffassung widerspricht Achim. Meiner Meinung nach zu Recht.

        Den Eindruck, dass sich beide dünnhäutig verhalten haben, teile ich allerdings auch.

        1. “bzw. verallgemeinernd, „in einer menschlichen Welt“, der Designer mit einem Entwurf in Vorleistung zu gehen habe”

          Hat Kachelmann so nie gesagt. Er wurde von einem Designer angepöbelt und entgegnete darauf (sinngemäß) dass er sich wünschen würde, dass man statt Pöbelei Hilfe anbietet. Woraufhin der besagte Pöbler ihm das Wort im Mund rumdreht und behauptet, Kachelmann wolle, dass alle Designer gefälligst kostenlos zu arbeiten hätten.

          Wie sich der Herr Designer dann als Opfer geriert ist ehrlich gesagt: widerlich.

          1. “In einer menschlichen Welt würde der Berufsdesigner einen Entwurf skizzieren und schreiben, was es kosten würde, wenn mans möchte, So bleibt dem Startup nur etwas schaler Nachgeschmack nach Besserwessi.”
            Das ist das Zitat. Das “in einer menschlichen Welt” ist nicht allein auf Herrn Schaffrinna bezogen, sondern auf den “Berufsdesigner” im Allgemeinen.

            Und ich muss mich entschuldigen, aber jetzt drehen Sie die Worte von Herrn Schaffrinna herum. Es wird nirgendwo behauptet, dass ein Designer gänzlich kostenlos arbeiten solle. Es geht darum, dass Herr Kachelmann den Designer nur dann vergüten möchte, wenn ihm das Logo auch gefällt,.

    2. Das Problem ist dann dass es Leute gibt wie Sie die dann daraus solche Beiträge schreiben obwohl sie nichtmal die Hälfte der Geschichte verstanden haben :)

  8. Könnt ihr das Persönliche bitte herauslassen! Es geht doch hier weder um Jörg K. noch um Achim S. und auch nicht um ein bestimmtes Verhalten in einem sozialen Netzwerk. Ich würde lieber das Thema »Arbeit für lau« diskutieren.

    1. Gute Idee. In grauer Vorzeit warnte ver.di https://www.manager-magazin.de/politik/deutschland/a-864822.html einmal vor den allerschlimmsten Auswüchsen.

      Nur, muß man eben mit der Zeit gehen, und die Clowns waren sich dann tatsächlich nicht zu schade, Jovoto so etwas wie eine kostenlose Werbekampagne zu finanzieren:

      https://www.jovoto.com/projects/verdi/landing

      Es führte dann leider zu diesem erbärmlichem “Wettbewerb”, bei dem es der Nomalfall war, daß jemand seine Seele verkauft und die “Moderatorin” (wie üblich eine Kreatur ohne jeden Sachverstand) dazu lustig in die Hände klatscht.

      Das schlimme an diesen “Wettbewerben” ist nicht, daß die Entlohnung ins bodenlose sinkt, sondern daß sie aus den Mitmenschen seelenloses Fleisch macht. Und, jawohl, das ist beweisbar.

      Ekelhafterweise versuchen sich diese Unternehmen einen netten Anstrich zu verleihen, indem sie Non profits hinterherlaufen, aber speziell Jovotos “Wettbewerb” für das Stanford University Peace Project ist so widerlich entlarvend für komplette Entmenschlichung.

  9. Ich kann ja durchaus verstehen, dass insbesondere junge und noch unerfahrene Grafikdesigner/-innen angesichts nicht sehr rosiger Berufsaussichten auf dem Markt schnell in Panik geraten. Sie greifen nach jedem noch so kleinen Job-Strohhalm und sind deshalb eher bereit, ohne Vorschuss in grafische Vorleistung zu treten.
    Damit geben sie aber ihre individuellen Ideen preis und verschießen ihr ganzes Können, ohne von der Gegenseite auch nur einen einzigen Cent an Bezahlung dafür erhalten zu haben.

    Aber was noch schlimmer ist: Sie legen damit die Entscheidung darüber, was ihre präsentierte Arbeit wert ist, ganz in die Hände des Auftraggebers, machen sich von seiner Wertschätzung und Fairness völlig abhängig. Und was, wenn dieser Kunde keine Wertschätzung empfindet? …wenn er ein gutes Logo nicht von einem schlechten unterscheiden kann? …oder gar ein geiziges A-loch ist? Dann heißt es: Der Mohr hat seine Schuldigkeit getan, der Mohr kann wieder gehen.

    Umsetzen lässt er die besten Ideen, die ihm dumme und billige Grafiker gratis vor die Füße gelegt haben, von noch dümmeren und noch billigeren Grafikern. Oder er setzt sich gleich selbst an seinen PC und strickt sich aus allem etwas zusammen.

    1. Und wenn der dumme und billige (und wie du schreibst unerfahrene) Grafiker diese Erfahrung einmal gemacht hat, hat er was gelernt und machts beim nächsten Mal anders.

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