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Die gruseligsten Seiten im Netz – Deutsches Patent- und Markenamt (DPMA)

DPMA Spooky Award

Prolog

Ich hatte mir vorgenommen niemals eine Zeile über Eisbärenbabys namens Knut und Flocke zu schreiben. Es gibt kaum eine Ecke im Netz, wo man vor putzigen Glossen, süßen Fotostrecken und knuffigen Artikeln über weißpelzige Berliner und Nürnberger Zoobewohner sicher ist, warum auch immer.

Wozu soll eine Einleitung zum Eisbärenbabythema an dieser Stelle nun gut sein, wenn es soviel Sexappeal wie Second Life versprüht? Ich versuchs mal so. Bis zur Geburt von Flocke fanden sich im Register des Deutschen Patent- und Markenamtes 6 Eintragungen. Heute gibt es 22 Einträge, in denen das Wort Flocke vorkommt, darunter die Liebesbekundung I love Flocke. Wer hier ein Klingeln der Registrierkasse im Hintergrund hört, dürfte nicht ganz falsch liegen. Jeder versucht sich halt ein Stück von der Merchandising-Torte abzuschneiden. Das Markenamt kennt jeden Hype, jede Medienblase und jede Marke, die aufpoppt und nach einigen Jahren wieder von der Bildfläche verschwindet. Folgerichtig stammt der letzte Eintrag mit Second Life aus dem April 2007, was in den Online-Medien ein ziemlich langer Zeitraum ist. Ab ins Archiv!

Das Amt

Der Schutz einer Marke ist eine feine Sache. So kann man auf den Seiten des Deutschen Patent- und Markenamtes lesen: “Mit dem Markenschutz erwirbt der Inhaber ein ausschließliches Recht, das ihm die Möglichkeit bietet, sich gegen unerlaubte Nachahmung zur Wehr zu setzen.” Kreative Werke darunter Logos und sogar ein bestimmtes Design können so geschützt werden. Warum sollte man nun also hingegen und eine Einrichtung kritisieren, die sicher stellt, dass ein jeder von uns gegen verletzte Markenrechte gerichtlich vorgehen kann? Mach’ ich ja gar nicht. Zur Disposition steht lediglich die Art und Weise, wie sich die Bundesbehörde im digitalen Zeitalter in der Öffentlichkeit präsentiert. Diese ist uneinheitlich und wirr.

Der Auftritt

Der Webauftritt ist seit 8 Jahren(!) weitestgehend unverändert. Auf einer vorgelagerten Startseite, die funktionell die Aufgabe einer Tunnelseite einnimmt, befindet sich eine in Halbkreis angeordnete Navigation vor einer Drahtmodelloptik. Darunter in Banner-Anmutung die beiden neusten Topmeldungen sowie im gleichen Stil ein Themeneinstieg, aktuell eine Microsite, die sich mit Fußball und Technik befasst. In der Fußzeile sind zwei weitere Textmeldungen versteckt. Damit auch jeder die Chance hat die “Warnung” zu übersehen.

Die zweite Navigationsebene erscheint als Layer, so weit so gut. Jeder Klick führt den Besucher nun auf eine Seite mit gänzlich anderem Aufbau. Mit Hilfe dieses Templates, das eher an eine Druckansicht erinnert, wird nahezu der komplette Inhalt des Auftritts abgebildet. Wichtige Fragen wie: “Wo befinde ich mich?” oder “Wie komme ich zurück?” bleiben unbeantwortet. Ohne die browsereigenen Vor- und Zurück-Buttons ist ein Navigieren kaum möglich. Icons am linken Rand helfen da auch nicht weiter, da sie eher Verwirrung stiften als dass sie bei der Nutzerführung behilflich sind. Mehr muss man zum Auftritt eigentlich nicht sagen. Die Aufbereitung der Inhalte könnte staubtrockener nicht sein. Design findet nicht statt. Nirgends wird das Thema “Marken” langweiliger präsentiert, als an dieser Stelle im Netz.

Die Marke

DPMA Marke

Noch problematischer, als der antiquierte Look der Website, ist die grundsätzliche Corporate Identity der Behörde. Das Deutsche Patent- und Markenamt ist eine dem Bundesministerium der Justiz nachgeordnete Bundesoberbehörde, die den Gewerblichen Rechtsschutzes in Deutschland verwaltet. Insofern stellt sich doch die Frage, warum hier nicht das CD der Bundesregierung greift?

Der Webauftritt der Justizbehörde ist ordentlich. Warum nutzt man nicht die gleichen Templates und das gleiche CMS? Auch ohne Marketing-Leitung müsste doch eigentlich jemand mal auf die Idee kommen und sich Gedanken in dieser Richtung machen, oder? Gut strukturierte Unternehmen stellen sicher, dass das CD crossmedial und länderübergreifend umgesetzt wird. Selbstverständlich darf man diese Einheitlichkeit einer Identität auch von den Bundesministerien und ihren Behörden erwarten. Bereits der Blick auf die das Beispiel DPMA fördert allerdings Erschreckendes zu Tage. Die Vielfalt der Wortmarken, mit denen das Patentamtes auftritt ist erstaunlich groß. Beim Stöbern durch den Auftritt einschließlich der hinterlegten PDF-Dokumente stößt man auf die folgenden Absender:

DPMA Logos
Das nenne ich einmal gelebte Markenvielfalt! Ob für jede Wortmarke ein Markenschutz besteht? Mit nichten. Unter dem Aktenzeichen 30705082.3 oder der Bezeichnung “Markenamt” findet sich lediglich ein Eintrag. Der darin gewährte Schutz bezieht sich auf Deutsches Patent- und Markenamt PaTrAS Partner in den Farben Petrol, Gelbgrün und Schwarz. Wo kommen also all die anderen Schriftzüge her? Sollte man für jede Wortmarke einen Schutz vorsehen? Natürlich nicht. Hier wurde einfach über Jahre hinweg eine Einhaltung von Gestaltungsvorgaben verschlafen, die ein wichtiger Bestandteil jeder CI darstellen. Auch, oder vielleicht sogar in besonderem Maße, gilt dies für die Bundesregierung und ihren Ministerien.

Eine Behörde = ein Absender

In vielen Fällen ist ein einheitlicher Auftritt durchaus gewährleistet. Ob Auswärtiges Amt, Justiz, Finanzen oder Gesundheit, alle Ministerien präsentieren sich im Netz in einer einheitlichen visuellen Sprache. Absender, Aufbau und die Gestaltung lassen trotz kleiner individueller Akzente die Zugehörigkeit zur Bundesregierung und ihrem CD erkennen. In diesem Rahmen dürfte sich durchaus auch der Auftritt des Patent- und Markenamtes bewegen. Der Umstand, dass unterstellte Behörden oftmals einen “eigenen Weg” gehen, sowohl visuell als auch konzeptionell, ist immer noch keine Legitimation für eine derart veraltete Aufbereitung der Inhalte in den digitalen Medien.

Ein Relaunch muss her

Die Markenwelt liefert täglich spannende Geschichten, über die in Print-, TV und Online-Medien berichtet wird. Wenn doch nur ein Hauch von dieser Spannung auch die Webpräsenz des DPMA transportieren würde. Raus aus der angestaubten und tristen Archivecke hinein in das Mitmachnetz! Gerade beim Thema Marken besteht doch ein riesiges Potenzial. Man stelle sich nun die zahlreichen (nicht immer ganz ernst gemeinten) Möglichkeiten innerhalb eines Relaunchs vor: Wortwolken mit den meist registrierten Namen, Abstimmungen für die beste Wortmarke des Monats und ein Markenbarometer, das den Wert einer Marke in Kooperation mit Interbrand anzeigt. Na ja, erst einmal würde ja schon ein halbwegs moderner Auftritt genügen. Über die Mehrwerte könnte man sich in einer zweiten Phase Gedanken machen. In der aktuellen Form des Webauftritts und in Bezug auf die Markenführung bleibt mir aber nichts anderes übrig, als dem DPMA folgende von mir patentierte Grußformel zu übermitteln.

Herzlichen Glückwunsch zum Spooky-Award des Monats Februar!

Recherche nach Marken

Hier geht es direkt in die DPMA-Datenbank zur Abfrage nationaler Marken. Die Startseite heißt im allerbesten Entwicklerdeutsch “Einstiegsmaske”. Ein Formular, das diesen Begriff halbwegs legitimieren würde, wird allerdings noch gar nicht abgebildet. Das Stöbern nach Namen und Marken macht aber dennoch viel Spaß und bringt einige Perlen zum Vorschein. Ach ja, “Der Service DPINFO ist täglich (Montag bis Sonntag) 24 Stunden verfügbar”, wie es dort so schön heißt. Ich möchte ergänzen weltweit!

Jemand, der sich zum Thema Markenrechte bestens auskennt ist Stefan Fuhrken vom Markenblog. Ein Verweis auf seine Site darf in diesem Zusammenhang natürlich nicht fehlen.

Ein weitere schöne Anlaufstelle für Markenfreunde ist das von Michael Paul geführte Markenmuseum.

Dieser Beitrag hat 18 Kommentare

  1. In der Mode, und davon kann ich mit Gewissheit sprechen, stehen Design und Funktion im engsten Zusammenhang.
    Nach meinem Verständnis ist das nicht nur in der Mode so, auch in allen anderen Design-Disziplinen.
    Wie dem auch sei,
    schaue ich mir die Online-Präsenz der DPMA an, so ist beides absolut fürn Axxxx… – naja miserabel halt.
    @ Guido, ein gutes, neues Design könnte die Usability doch sicherlich auch verbessern!?

  2. Vielleicht hat dieses Design ja einen Sinn: Man stelle sich vor, die Usability wäre exzellent und jedermann/frau könnte nach Marken recherchieren, unproblematisch eigene anmelden usw. Dann stiege der Anteil an Ausschussware (z.B. gar nicht markenfähige Begriffe, falsche Waren- und Dienstleistungsgruppen, wirre Versuche, generische Begrifflichkeiten in schrägen Schriften als Wort-Bild-Marken eingetragen zu kriegen usw. usf., sprunghaft an. Die Kollegen Beamten müssten unendlich viel erklären, z.B. warum die Marke nicht eingetragen wird, wieso es dennoch Geld kostet, an wen man sich wenden kann usw.
    Ist es da nicht sinnvoller, wenn die Seite so verstaubt aussieht, dass jeder “Kreative” sich schaudernd abwendet und hilflos den verständigen Anwalt um Hilfe bittet? Na?

  3. Es handelt sich hier doch um eine Behörde, fällt die dann nicht unter das BGG bzw. unter die BITV und muss somit barrierefrei etc. sein?

Kommentare sind geschlossen.

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